Pascal Schürmann
· 25.04.2023
Für Segler dürfte es in Zukunft noch enger vor den Küsten der Nordsee-Anrainerstaaten werden, als es mancherorts jetzt schon ist. Auf dem „North Sea Summit“ im belgischen Ostende haben die Energieminister von neun Ländern sowie die EU-Energiekommissarin Kadri Simson gestern vereinbart, künftig hybride Offshore-Kooperationsprojekte zu entwickeln, um Verbindungen zwischen Offshore-Windparks in verschiedenen Ländern zu schaffen und diese für den internationalen Stromtransport zu nutzen
Die neun Nordseeanrainer haben sich insgesamt Ausbauziele für Offshore-Windenergie von rund 120 Gigawatt bis 2030 und 300 Gigawatt bis 2050 gesetzt. Gleichzeitig soll die Kooperation bei der künftigen Erzeugung grünen Wasserstoffs aus Offshore-Windenergie und beim Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur in der Region verstärkt werden.
Ferner haben Dänemark, die Niederlande und Deutschland eine konkrete Vereinbarung getroffen, um Offshore-Windparks mit einer Leistung von 10 Gigawatt gemeinsam voranzubringen. Vor allem dies dürfte dann Segler in hiesigen Nordseerevieren in den kommenden Jahren unmittelbar betreffen.
In einer Erklärung betonte Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck, dass seit dem Gipfel in Esbjerg im vergangenen Jahr die Zusammenarbeit in der Nordsee ganz oben auf der politischen Agenda stehe. Die jetzt in Ostende getroffenen Vereinbarungen seien “wichtige und zentrale Ansätze, um das große Potenzial grüner Energie gemeinsam zu nutzen”, so Habeck.
An dem Gipfeltreffen in der belgischen Küstenstadt nehmen die Staats- und Regierungschefs sowie die Energieminister von Deutschland, Dänemark, der Niederlande, Belgien, Norwegen, Irland, Großbritannien, Frankreich und Luxemburg teil. Sie wollen den Ausbau der Windenergie auf See vorantreiben, und zwar so sehr, dass die Nordsee bis 2050 zum größten Energielieferanten Europas wird.
Fraglos führt an regenerativer Energie kein Weg mehr vorbei. Und damit auch nicht an Windrädern, die insbesondere draußen vor den Küsten mit hoher Zuverlässigkeit Strom erzeugen. Nicht erst seit dem Ukrainekrieg war klar, dass der Ausbau entsprechender Offshore-Windparks vorangetrieben werden muss.
Kritiker bemängeln zwar weiterhin die noch fehlende Infrastruktur an Land, um den auf See erzeugten Strom bis dorthin transportieren zu können, wo er benötigt wird. Tier- und Umweltschützer sorgen sich um das Wohl von Fischen und Vögeln. Und die Tourismusbranche fürchtet um die Attraktivität mancher Küstenorte, wenn plötzlich riesige Windmühlen den Ausblick aufs weite Meer trüben. Doch vormachen darf man sich nichts, der Ausbau der Windenergie ist wichtig und auch nicht aufzuhalten.
Damit müssen nicht zuletzt wir Segler uns arrangieren. Schon vor gut zehn Jahren wies der ehemalige Verbandspräsident der See- und Hafenlotsen, Gerald Immens, in der YACHT darauf hin, dass es „ganz schön eng auf dem Meer“ werde. Mancher tat das seinerzeit noch als Panikmache ab. Und tatsächlich, die allermeisten Crews, deren Heimatrevier die Nord- oder Ostsee ist, nehmen die bislang existenten Windparks nur in Einzelfällen als ernsthaft störendes Hindernis wahr: etwa auf dem Weg an den dänischen Inseln vorbei nach Südschweden. Oder von Rügen oder der Küste kommend hinüber nach Bornholm. Doch das sind Ausnahmen. Zum einen, weil sich die meisten Räder weit draußen auf See drehen und damit fern der Küstengewässer befinden. Vor allem aber, weil ihre bisherige Anzahl noch recht überschaubar ist.
Und so nehmen sich in den betreffenden Seekarten die mit Windrädern belegten Flächen gegenwärtig noch entsprechend bescheiden aus. Bezieht man nun aber all jene Gebiete mit ein, die in den nächsten Jahren ebenfalls mit Windparks und der zugehörigen Infrastruktur wie Umspann- und Speicherstationen bestückt werden sollen, wird klar: Mit der freien Fahrt in vielen bei hiesigen Seglern beliebten Bereichen der Nord- und Ostsee wird es bald vorbei sein.
Welche Reviere, nicht nur auf der Nordsee, sondern auch auf der Ostsee in den kommenden Jahren am stärksten vom Windenergieausbau betroffen sein werden, haben wir in mehreren Karten detailliert zusammengetragen. Sie zeigen, welche Parks schon in Betrieb sind, wo gebaut wird sowie welche Flächen in Zukunft gleichfalls mit Windrädern bestückt werden können. Und welche Befahrensregeln für Segler dort gelten.