Der Anker ist nach einem schönen Segeltag gefallen, eine einfache Mahlzeit im Cockpit mit Blick auf den Sonnenuntergang gegessen, und dann geht es so erschöpft und gleichzeitig glücklich, wie es nur Segler sein können, früh in die Koje. Nicht selten wacht man dann mitten in der Nacht von einem summenden Achterstag oder einem schlagenden Clubstander auf, wenn der Wind plötzlich aufgefrischt hat. Dann geht es barfuß und frierend an Deck, die Lärmquellen identifizieren und beruhigen. Danach ist die Müdigkeit aber erst einmal verflogen, und mit besonders geschärftem Gehör werden jetzt auch die leisesten Rigggeräusche wahrgenommen.
Was kann da nicht alles im Wind klappern, brummen, pfeifen, scheppern und summen! Als langjähriger Eigner kennt man jedes Geräusch und seine Ursache sofort. Mit neuem oder gechartertem Boot hilft nur planvolles Vorgehen, und das am besten noch bei Tageslicht, noch bevor es in die Koje geht.
Denn vieles vom Deck aufwärts in den Mast kann zur störenden Lärmquelle werden. Der Klassiker ist das an den Mast schlagende Fall. Wurde das Großfall nicht abgeschlagen und mit deutlicher Entfernung zum Mast, etwa an der Baumnock oder dem Heckkorb, befestigt, so sollte es zumindest mit einem Zeiser vom Mast weggespannt werden. Auch Spifall und Toppnant sind häufig am Püttingeisen eingeschäkelt. Hier stören sie nicht im Manöver und wahren einen gewissen Abstand zum Mast. Frischt der Wind aber kräftig auf, reicht das besonders weiter oben eventuell nicht aus und es kann dennoch schlagen. Dann muss der Abstand erhöht werden, etwa mit einem Anschlagpunkt auf dem Vorschiff, am Bugkorb oder einem Decksauge.
In einer einsamen Ankerbucht reißt das Geklapper nur die eigene Crew aus dem Schlaf, im Hafen hält es aber viele andere Besatzungen im Umkreis wach. Daher ist das Fall nur ein Punkt von vielen, die direkt beim Aufklaren der Yacht nach dem Törn durchgegangen werden sollten. Wie zum Beispiel die Vorsegelpersenning. Sie schützt das wertvolle Tuch vor allem vor schädlicher UV-Strahlung. Ist die Hülle aber nicht stramm gezogen, flattert sie störend im Wind. Dabei ist nicht nur die Geräuschentwicklung nervig, es leiden auch Persenning und Segel enorm unter der Reibung. Zudem kann sich durch das Flattern auch das gesamte Rigg aufschaukeln. Dann kommen Geräusche hinzu, die vielleicht an Deck gar nicht besonders laut scheinen, unter Deck aber umso mehr Lärm machen. Das können klappernde Kabel sein, die im rüttelnden Mast gegen das Profil geschlagen werden.
Hier hilft es, die Quelle der starken Vibrationen (die flatternde Persenning) zu beruhigen, aber auch die Kabel sollten so verlegt sein, dass sie möglichst wenig schlagen können. Da kann ein Kabelkanal helfen. Ist der aber schon voll und es muss eine neue Leitung verlegt werden, sollte hier direkt vorgesorgt werden: Das geht mit Kabelbindern, die sternförmig abstehend angebracht werden und alle 50 Zentimeter entlang des Kabels als Abstandshalter zum Profil fungieren.
Aber auch das alleine hilft nicht immer, denn der Mast kann sich auch durch den Luftzug aufschaukeln und von sich aus summen, selbst wenn kein Kabel oder Fall zusätzlich schlägt. Dann können auch mehrere Maßnahmen zusammen die Nachtruhe wiederherstellen: Ein Fender, in den Mast gezogen, beeinflusst den Luftstrom positiv, mehr oder weniger Achterstagspannung und ein improvisiertes Babystag mit dem Toppnant auf der Vorschiffsklampe unterbinden das Aufschaukeln. Hier muss eventuell mit der Höhe des Fenders im Rigg und den Spannungen der Stage etwas gespielt werden, bis Ruhe einkehrt.
Ist es dann an Bord schön ruhig, klappert das Fall auf dem Nachbarboot: Bing, bing, bing! Der Eigner hat vielleicht bei wenig Wind festgemacht, ist gegangen, und jetzt bei mehr Wind schlägt das Großfall ohrenbetäubend. Darf oder sollte man an Bord gehen und das Fall wegbinden? Uneingeladen auf ein fremdes Boot steigen verbietet sich eigentlich. Und nur weil man wegen leichten Geklappers genervt ist, entsteht nicht automatisch eine Ausnahme von dieser Regel. Oder doch? Spätestens wenn zu der Geräuschentwicklung noch ein Problem kommt, das zu Schäden am Nachbar- oder sogar am eigenen Boot führt, ist Handeln angesagt.
Eine flatternde und sich langsam weiter ausrollende Genua kann schnell auch ins eigene Rigg schlagen, wenn man in Lee festgemacht hat. Wird hier das Vorsegel so weit aufgerollt, dass ein paar Törns der Vorschot die Segelwurst umschließen und die Rollleine und Schoten fest belegt, dankt es einem der Eigner des Nachbarbootes sicher sogar. Oder wenn schlagende Fallen das Rigg in derartige Vibrationen versetzen, dass sich ein ungesicherter Wantenspanner lose schüttelt, ist definitiv ein Eingreifen erforderlich. Als Erstes sollte der Hafenmeister angesprochen werden. Fällt das Problem aber erst spät oder mitten in der Nacht auf, dann erscheint in so einem extremen Fall Handeln sogar geboten. Wenn nur ein Fall vernehmlich schlägt, könnte man mit einem Augenzwinkern argumentieren, dass man größeren Schaden verhindert, indem sich nicht der allgemeine Unmut der umliegenden Crews auf dieses Boot richtet. Und es entsteht ja auch kein Schaden, wird ein Fall am Spibaumbeschlag oder Segelkopf ausgeschäkelt und an der Reling, schön weit weg vom Mast, wieder befestigt.
Spannend wird es, Geräuschen auf die Spur zu kommen, die an Deck gar nicht hörbar sind. Unter Deck können sie aber umso deutlicher wahrzunehmen sein. Hier sorgen schon kleine Bändsel an der Reling – etwa mit einem Kunststoffhaken, um den Gennakersack zu fixieren – für laute Klickgeräusche im Salon. Dann hilft es, das Bändsel oder Gummiband unter Spannung zu befestigen, sodass es nirgendwo mehr gegenschlägt. Auch Fallen, die an einem gemeinsamen Punkt gesichert sind, können gegeneinanderschlagen. Das ist an Deck fast nicht zu hören, da es keinen Resonanzraum wie das Mastprofil gibt. Die Erschütterung überträgt sich dann aber über das Decksauge oder den Bugkorb unter Deck, wo es sehr stören kann. Das passiert meist, wenn die Leinen sehr stramm durchgesetzt sind. Wird etwas Lose gegeben, fehlt die Kraft und sie schaukeln sich auch nicht rhythmisch auf.
Aber auch auf See können allzu laute Rigggeräusche stören. Schäkel aus Metall, am Schothorn der Genua etwa, sorgen in der Wende für laute Einschläge am Mast. Das klingt nicht nur martialisch unter Deck, es geht auch einher mit der Gewissheit, dass jedes Manöver Kratzer hinterlässt. Das muss nicht sein. Einfach die Schoten per Palstek anschlagen oder einen Softschäkel anbringen, am schönsten sogar in die Schot spleißen, und schon gibt es weniger Verschleiß.
Ebenfalls eher auf See eine Quelle lauten Summens sind Achter- und Backstage aus Dyneema. So schön leicht das Material auch sein mag, unter Last kann es auch sehr laut werden. Hier sorgen Gummibänder schneckenförmig auf einer Länge von etwa 1,50 Meter um das Steg gewunden für deutlich reduzierte Schwingungen und damit auch für weniger Lärm.
Schlagende Lieken sind ebenfalls eine extrem störende Geräuschquelle unter Segeln. Die Lösung, das Liekband leicht durchzusetzen, fällt eigentlich schon in die Kategorie Segeltrimm, sorgt aber für Ruhe und schützt zudem das Tuch vor schweren Beschädigungen. Doppelter Nutzen.
Abgesehen von ungestörtem Schlaf und dem weitverbreiteten Wunsch, an Bord gerne Ruhe zu haben, gibt es noch einen Spezialfall für riggberuhigende Maßnahmen, und das ist Sturm im Hafen. Spätestens ab 30 Knoten Windgeschwindigkeit und mehr ist Pfeifen und Klappern gar nicht mehr zu vermeiden. Dann geht es nicht mehr um das Reduzieren störender Geräusche, sondern um den Schutz des Materials vor Schäden.
Da dies auch die Zeit betrifft, in der die Yacht unbemannt im Hafen liegt, sollte bei jedem Verlassen des Bootes so vorgegangen werden, als wollte man als Eigner in Ruhe unter Deck schlafen können. Im Extremfall, bei schwerem Sturm, sind dann im Einzelfall auch noch weiterführende Vorkehrungen sinnvoll. Etwa die Genua abzuschlagen, wenn die Hülle schon bei weniger Wind kaum fest genug gezogen werden kann. Auch die Großsegelpersenning kann im Ernstfall mit einem Festmacher umwickelt und so zusätzlich vor Schlagen oder gar Wegwehen geschützt werden.
Der Fender im Rigg kann bei Sturm auch eher kontraproduktiv sein und mehr schlagen, als Vibrationen zu reduzieren. Dann ist bestimmt die Variante mit dem Ruckdämpfer zum Vorstag vorzuziehen.
Von diesen besonderen Maßnahmen abgesehen ist es sinnvoll, sich eine zum Boot passende Routine beim Aufklaren nach dem Törn zu überlegen. Wo stören die Fallen am wenigsten und schlagen nicht, welche Spannung bei Großschot und Achterstag ist ideal gegen Aufschaukeln des Mastes, sind die Lazyjacks weit genug weggebunden und die Vorsegelpersenning fest genug angezogen?
Denn die frische Brise kommt bestimmt hin und wieder auch mitten in der Nacht. Und wenn dann alle Ursachen für Rigggeräusche schon abgestellt wurden, muss man nicht nachts barfuß und frierend an Deck gehen.
Gegen brummendes stehendes oder laufendes Gut hilft, den Luftstrom zu verändern. Ein Leser hat das mit einer Bommel erreicht. Dazu werden zwei Pappscheiben mit großem Loch in der Mitte so eingeschlitzt, dass sie über die Dirk geschoben werden können. Anschließend wird ein Wollfaden um die Scheiben geschlungen. Danach die Wolle entlang der Scheiben aufschneiden und mit ein paar Wicklungen zwischen den Scheiben fixieren.
Fall lösen, hinter den Haken schwingen und wieder festziehen. So einfach ist die Leine weggebunden. Die Haken können entweder aus Handtuchhaltern, wie in diesem Lesertipp improvisiert, oder als Fallenabweiser von Pfeiffer im Fachhandel gekauft werden. So ist schnell Ruhe im Rigg und kein Zeiser zum Wegbinden der Fallen nötig.
Der Fender am Mast, der das Brummen und Klappern verringern soll, ist recht bekannt. Dieser Lesertipp geht noch weiter und schlägt nicht nur zwei Fender vor, diese liegen dazu auch noch waagerecht. Erreicht wird das per Hahnepot über und unter den Stoßfängern. Die Positionierung ist entscheidend. Denn schlagen die Fender gegen die Salinge, kann das eventuell noch lauter werden als der brummende Mast ohne Fender. Hier muss etwas experimentiert werden, um die richtige Stelle im Rigg zu finden.