ARC 2023Falken, Fische & Forscher – Alltag auf dem Atlantik

Pascal Schürmann

 · 24.11.2023

ARC 2023: Falken, Fische & Forscher – Alltag auf dem AtlantikFoto: World Cruising Club/Yellow Brick
Fast schon ein Kunstwerk: das Kursgewirr der ARC-Flotte fünf Tage nach dem Start in Las Palmas
Wache gehen, Ausruhen, Backschaft, Bootskontrolle – nach bald einer Woche auf See hat sich auf den meisten Teilnehmerbooten der Atlantic Rally for Cruisers (ARC) Bordroutine eingestellt. Die wird mitunter allerdings unterbrochen, und das auf teils unerwartete Weise

Im Tracker ist zu erkennen, dass die Crews, die sich für die nördlichere Route entlang der Loxodrome, also der kürzesten Route von Las Palmas nach Saint Lucia entschieden haben, nun zunächst in ausgesprochen schwachen Winden unterwegs sind. Exakt so, wie es der Wetterspezialist vom World Cruising Club, Chris Tibbs, am Tag vor dem Start vorhergesagt hatte. Diejenigen, die sich für eine südöstlichere Route entschieden haben, kommen nun in den Genuss günstigerer Bedingungen. Sie dürfen darauf hoffen, dass die Passatwinde in den nächsten 24 Stunden auffrischen werden.

Angeführt wird die Flotte derzeit von der großen Swan 90 “Berenice Cube”, die unter italienischer Flagge segelt. Ihr dicht auf den Fersen ist “L’Ondine”, eine britische Southern Wind 100. In der Cruising Division hat die ebenfalls unter britischer Flagge segelnde Oyster 82 “Bare Necessities” den Bug vorn.

Noch knapp 2.000 Seemeilen bis Saint Lucia

Die Rangfolge dürfte sich in den kommenden Tagen immer wieder ändern, die Abstände sind eng, und noch liegen fast 2.000 Seemeilen bis zum Ziel voraus.

Zeit genug für die Crews, sich in den Alltag auf See einzufinden. Der ist offenbar keineswegs langweilig, auch wenn die seglerische Herausforderung der Atlantikpassage angesichts der moderaten Bedingungen derzeit nicht allzu groß ist. So versetzen beispielsweise einige blinde Passagiere die Crews in Erstaunen. Allen voran sind auf mehreren Booten Grillen gelandet. Man könnte auch sagen: gestrandet. Die Tiere sind wohl mit dem Saharawind der vergangenen Tage hinaus aufs Meer geweht worden. Eingestaubt hat der Wind die Schiffe obendrein.

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Auf der Windelo 50 “Joule” hat sich darüber hinaus ein ganz besonderer Gast eingefunden: ein Turmfalke. Der rund 30 Zentimeter große Vogel hat es sich inzwischen offenbar an Bord des Katamarans gemütlich gemacht. Ob er bis in die Karibik mitreist, bleibt abzuwarten. Ein Poblem dürfte auch die Ernährung des Falken werden, der in der Regel größere Insekten frisst. Aber wer weiß, vielleicht sind ja auch auf der “Joule” Grillen gelandet.

Meeressäuger, Fische und Forscher

Weniger überraschend sind die Sichtungen zahlreicher Delphine und Wale. Die Crew der “Asante” entdeckte gar eine ganze Gruppe von Zwergwalen.

Mancher Fliegender Fisch hingegen landet auch mal unfreiwillig an Deck. Andere Artgenossen kommen gar in die Pfanne. Die ersten Segler berichten über Angelerfolge und präsentieren stolz beeindruckende Mahi Mahi.

Auf ganz andere Weise beschäftigen sich derweil verschiedene Crews, die sich am SeaLab-Programm beteiligen. Einige Boote sind mit wissenschaftlichem Equipment ausgerüstet worden, um unterwegs Meeresdaten zu messen und zu sammeln. Auch Kinder machen mit, wie etwa der elfjährige Seth an Bord der “Saltair”.

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Per se sind auch bei der ARC eine Reihe Familiencrews dabei. Die meisten Eltern, die mit Kindern auf große Fahrt gehen, entscheiden sich zwar für die Variante der ARC plus, also für den Zwischenstopp auf den Kapverden. Auf diese Weise lässt sich der lange Weg über den Atlantik in zwei Etappen unterteilen, und die Kinder haben unterwegs Gelegenheit, ihre in Las Palmas gewonnenen Freunde noch einmal zu treffen. Doch auch bei der regulären ARC, die nonstop Kurs auf die Karibik nimmt, sind Kinder dabei, vom Säugling bis zum Teenager.

Ship-Schooling und Nachtwache

Etwa auf der „Waymaker“, einer Fountaine Pajot Saona 47 des Skipperpaars Todd und Danielle Weiden, beide 42, aus Florida. Sie segeln mit drei Jungs und einem Mädchen im Alter von 7, 9, 11 und 14 Jahren über den Atlantik. Als Nannys und zur Unterstützung beim Segeln haben sich die Eltern zwei zusätzliche Crewmitglieder an Bord geholt. Schließlich müssen die Kinder unterwegs beschult und bisweilen auch bespaßt werden. Die älteren beiden Kinder beteiligen sich zudem bereits an der Schiffsführung, hatte Todd Weiden vor der Abfahrt berichtet. Sie übernähmen bisweilen das Steuer und gingen auch mit auf Nachtwache.

Auf der „Vitamin Sea“, einer brandneuen Lagoon 42-2, sind die Kinder bereits im oder kurz vor dem Erreichen des Erwachsenenalters. Zu viert segelt die Hamburger Familie Hegemann bei der ARC mit: Vater Peter, 52, Mutter Doreen, 50, Sohn Nicolas, 19, und Tochter Anna, 16, bilden die Crew. Fünftes Crewmitglied ist “Flash”, die Bordkatze.

Eine Familie sucht das Abenteuer

Doreen Hegemann hatte kurz vor der Abfahrt berichtet: “Wir sind im Grunde Segelanfänger. Aber wir sind eine Familie, die das Abenteuer sucht. Wenn wir Urlaub machen, dann stets auf eigene Faust in meist entlegene Regionen. Pauschalreisen finden wir eher langweilig, das ist nichts für uns. Unsere Kinder ziehen da übrigens mit und sehen das genauso.“

Vier Jahre hatte sich die Familie auf das Vorhaben vorbereitet. Dann folgte der Schiffskauf. Vater und Kinder machten den Sportbootführerschein und besuchten in Las Palmas in den Tagen vor dem Start die zahlreichen ARC-Langfahrtseminare.

Kinder sind in Schiffsführung integriert

Die Kinder sind voll in die Segelarbeit und Schiffsführung integriert. Peter Hegemann: „Anna etwa fährt die Hafenmanöver, das kann sie richtig gut.“ Für die Atlantikpassage wurden feste Sicherheitsregeln aufgestellt: Rettungsweste, einpicken, und nachts geht keiner allein aus dem Cockpit. „Wir haben außerdem fleißig MOB-Manöver trainiert“, ergänzt die Tochter.

Die ARC segelt die Familie mit, weil „es das perfekte Vehikel für unser Vorhaben ist“, so Vater Peter Hegemann. Ohne die ARC hätte sich die Familie die Atlantiküberquerung nicht zugetraut, sagte er. Warum es sie überhaupt auf Langfahrt zieht? Peter Hegemann: „Mich hat dieses Konzept von Freiheit begeistert.”


Eindrücke vom Start der ARC 2023

Start der ARC 2023, hier als Erste die Gruppe der Multihulls
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Der ARC-Starttag in der Video-Zusammenfassung:

Der Start im Re-Live:

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