ARC 2023156 Crews zur Atlantiküberquerung gestartet

Pascal Schürmann

 · 20.11.2023

Start der ARC 2023, hier als Erste die Gruppe der Multihulls
Foto: WCC/J.Mitchell
Gestern Mittag hat sich die Flotte der Fahrtensegler mit der Atlantic Rally for Cruisers (ARC) von Las Palmas de Gran Canaria auf den Weg in die Karibik gemacht. Das Ziel, die Rodney Bay im Norden von Saint Lucia, liegt 2.700 Seemeilen entfernt. Die meisten Yachten werden aber wohl deutlich mehr Meilen loggen müssen, bis auf der anderen Seite des Großen Teichs Land in Sicht kommt

Die gute Nachricht für die Veranstalter und Teilnehmer der diesjährigen ARC hatte sich schon länger abgezeichnet: Das Fernweh lockt immer noch enorm viele Segler über den Atlantik. Die Covid-Pandemie und die damit verbundene Zwangspause, die auch Langfahrer in den zurückliegenden Jahren hatten einlegen müssen, hat daran nichts ändern können.

Die Zahl der Boote und Crews, die gestern mit der ARC und auch schon vor 14 Tagen im Rahmen der ARC plus in Las Palmas die Leinen losgeworfen haben, liegt wieder auf dem hohen Niveau der Vor-Corona-Jahre. Auch die Stimmung unter den Seglern in den letzten Tagen vor dem gemeinsamen Start war gewohnt gut. Sie reichte von entspannt bis freudig erregt.

Kurs Süd, bis die Butter schmilzt

Die weniger gute Nachricht: Die Chancen für eine schnelle Überfahrt stehen in diesem Jahr eher schlecht. Das Wetter beziehungsweise der Passat spielt noch nicht so richtig mit. Daher werden die meisten Crews wohl zunächst weit südlich segeln, um dann erst ungefähr auf Höhe der Kapverden gen Westen abzubiegen. Auf der in den vergangenen Jahren meist schnelleren Nordroute blockieren derzeit diverse Tiefs den Weg.

Das konnte der gestrigen Partyatmosphäre im Hafen von Las Palmas, die wie gewohnt bei der mehrere Stunden andauernden Auslaufparade der Teilnehmerboote herrschte, aber nichts anhaben. Bei einer leichten Südbrise von acht bis zehn Knoten, ruhiger See, strahlendem Sonnenschein und 28 Grad Celsius Lufttemperatur sammelten sich um die Mittagszeit die 156 Yachten der 38. Atlantic Rally for Cruisers an der Startlinie. Verabschiedet wurden sie von einer jubelnden Zuschauermenge, die sich ab den Morgenstunden auf den Molen beidseits der Hafenausfahrt eingefunden hatte, um den Crews zuzuwinken.

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Dann wurde es Ernst. Der veranstaltende britische World Cruising Club schickte die Boote in drei Klassen nacheinander über die Linie. Als Erste waren um 12.30 Uhr Ortszeit die Multihull- und Open-Divisionen dran. Das beste Timing hatte der Outremer „Piment Rouge“ aus Frankreich, gefolgt von gleich drei Katamaranen des Typs Excess 15s, die allesamt mit Kojenchartercrews der kroatischen More-Sailing-Flotte besetzt sind.

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Danach folgte ein weiterer heißer Anwärter auf die schnellste Passage, der Marsaudon ORC50 „Ti ana“. Von diesem Multihull-Geschoss ist mit der „Calamity“ ein zweiter Anwärter gleichen Typs auf die Line Honors dabei.

Als zweite Gruppe starteten die 13 Boote der IRC-Racing Division. Hier überquerte Marjolijn van Oordts Swan 52-3 „Gaia“ aus den Niederlanden als Erste die Linie. Dahinter folgten die Latini 52 „Solano“ sowie die Swan 90 „Berenice Cube“.

Fahrtensegler sind das Herz der ARC

Um 13 Uhr ertönte schließlich das Startsignal für das traditionell größte Feld der Cruising Division. 91 Boote umfasst es in diesem Jahr. Trotz der vor ihnen liegenden Meilen gab es einen rasanten Start, den die Farr 65r „Celeste of Solent“ unter Skipper Svante Jacobsson für sich entscheiden konnte. Es folgten die Hallberg-Rassy 57 „Saltair“ und die Swan „Saida“, mit Baujahr 1973 das älteste Boot der ARC 2023.

Auffällig ist in diesem Jahr die große Zahl an Mehrrumpfern: 42 Katamarane und ein Trimaran sind dabei. Das ist ein neuer Rekord. Und das machte sich an den Tagen zuvor auch rein optisch bemerkbar. Waren in den Jahren zuvor die Mehrrumpfer in einem separaten Teil des Hafens untergebracht, lagen sie diesmal mehrheitlich mit an den Stegen, die stets den Einrumpfyachten vorbehalten gewesen waren.

Schon aufgrund ihrer schieren Größe fielen sie ins Auge und überragten manch anderes Boot nicht nur hinsichtlich der Breite, sondern auch der Länge und Höhe um ein Vielfaches. Da musste man mitunter schon genauer hinsehen, um zwischen all den gewaltig großen Rümpfen die vielen kleineren Fahrtenyachten überhaupt noch auszumachen, die traditionell das Bild der ARC prägen.

Diese Cruising Division der Einrumpfboote ist auch laut World Cruising Club das „Herz der ARC“. Die Spanne der Boote reicht in diesem Jahr von David Ceccarellis nur 10,1 Meter langer Grand Soleil 34 „Lady Eleonora“ bis zur 32 Meter langen „Irelanda“ von Alloy Yachts. Dazwischen Boote aller Größen und mit Baujahren von 1973 bis 2023.

Mit dabei sind rund 900 Segler aus 39 Nationen

Besetzt sind sie mit rund 900 Seglerinnen und Seglern aus 39 Ländern im Alter von einem bis knapp 90 Jahren. Darunter viele Familien, Chartercrews, alte Freunde und auch manch Tramper zur See. Der älteste Segler der ARC, der 89-jährige Joff Hutchinson, sagte: “Ich segle seit 82 Jahren und wollte schon immer den Atlantik überqueren. Jetzt, wo meine Söhne im Ruhestand sind, gibt es keinen besseren Zeitpunkt mehr.”

Dem Start vorangegangen waren zwei Wochen angefüllt mit Blauwasser-Seminaren, geselligem Beisammensein und Sicherheitsinspektionen. Auf den Stegen summte und brummte es, herrschte reges Treiben. Bis zur letzten Minute waren die Boote noch ausgerüstet und verproviantiert worden.

Vor dem Start der ARC 2023: viel Energie in der Luft

„Man kann die Energie in der Luft spüren”, sagte ein Besatzungsmitglied der X-Yachts X4.6 „Ipanema“. Und wie immer säumten gestern dann zahlreiche Familienangehörige, Freunde, Unterstützer und Einheimische die Wellenbrecher des Jachthafens, jubelten, winkten und vergossen auch manche Träne, als die Boote zur Startlinie vor dem Hafen von Las Palmas fuhren.

Als sie nach dem Start in Richtung Süden der Insel segelten, nahm der Wind zu und drehte auf Ost. Da die Passatwinde derzeit durch Tiefs im Norden gestört werden, wird die klassische Route “Nach Süden segeln, bis die Butter schmilzt” die beliebteste sein. Das allerdings macht es unwahrscheinlich, dass der ARC-Rekord von 8 Tagen und 6 Stunden, aufgestellt von George David auf „Rambler 88“ (USA) im Jahr 2016, unterboten wird.

Das Ziel: die grünen Berge von Saint Lucia

Sobald die Kanarischen Inseln hinter den Seglern liegen und auch die Kapverden passiert sind, sollten die grünen Berge von Saint Lucia als nächstes Land in Sicht kommen. Der Pigeon Island National Park bildet dort die faszinierend tropische Kulisse für die Ziellinie. Das Gros der Flotte dürfte sie zwischen dem 7. und 12. Dezember queren. Am 16. Dezember ist dann der große ARC-Abschluss in der IGY Rodney Bay Marina.

Viele Crews werden danach noch Zeit auf der Insel verbringen. Der Direktor der Tourismusbehörde von Saint Lucia, Thomas Leonce, warb bereits in Las Palmas für sein Land: “Saint Lucia hat für jeden etwas zu bieten: Schwefelquellen, das Piton-Gebirge, unsere fantastischen Strände und natürlich tolle Partys.” Andere werden aufbrechen, um die Nachbarinseln zu erkunden, um an den karibischen Regatten teilzunehmen oder aber, um ab Januar mit der von Saint Lucia startenden World ARC um die Welt zu segeln.

Der Geschäftsführer des World Cruising Club, Paul Tetlow, sagte: “Wir sind stolz darauf, einen kleinen Teil dazu beizutragen, die Träume so vieler Segler zu verwirklichen.“


Der ARC-Starttag in der Video-Zusammenfassung:

Der Start im Re-Live:

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