Revier SchwedenKompass für die Schären

Nico Krauss

 · 29.01.2023

Die Schäre Gubbö im  Gryts Skärgård lockt mit wunder­schönen Ankerplätzen in teils unberührter Natur
Foto: YACHT/N. Krauss

Wer vom Kalmarsund gen Norden segelt, kann eine der schönsten Küsten Schwedens mit ungeahnter Vielfalt erleben. Offene See oder geschützte Buchten, winzige Felsen oder große Inseln, Fischerdörfer oder pulsierende Städte – die Möglichkeiten für den Törn sind meist größer als die verfügbare Reisezeit

In diesem Artikel:

Wenn Segler von der deutschen Ostseeküste mit einem typischen Ferienzeitfenster einen Törn nach Stockholm und zurück planen, bedeutet dies meist Augen zu und Meilen schinden. Schließlich sind es pro Strecke je nach Starthafen rund 400 Seemeilen bis zur skandinavischen Metropole. Das hat für viele durchaus seinen Reiz. Die andere Möglichkeit besteht darin, in ein Paralleluniversum einzutauchen. Und das geht so: Windrichtung checken, eine Schäre ansteuern, den Heckanker klarieren und langsam zu den Felsen vortasten. Wenn der Grund tief genug und ein Stein einladend für den Ausstieg ist, noch mal rückwärts raus, Anker fällt, Boot fährt wieder zum Felsen, und die Bugleinen werden an Haken oder Ösen fest. Und dann? Geschieht alles weitere von selbst. Durchatmen, den Graureiher beim Fischfang beobachten, den Geruch von Kiefern inhalieren und gemütlich durch die Bucht schwimmen. Um danach auf einem warmen Stein zu dösen und sich von der Sonne trocknen zu lassen. Willkommen im Schärenparadies!

Wenn in den Schapps der Pantry genug Essbares und der Wassertank noch gut gefüllt ist, können die Tage auf einer Schäre unbekümmert vergehen. Der Weg wird zum sprichwörtlichem Ziel.

Und es gibt Tausende dieser Orte auf der rund 180 Seemeilen langen Strecke zwischen Kalmar und Stockholm. Wenn die Entdeckung eines neuen Törnziels ansteht, geht’s weiter: ein Badestrand für die Kleinsten, eine Insel mit Lotsenturm weitab vom Fahrwasser oder ein Café, wo man der Fika huldigen kann – die schwedische Kaffeepause ist eine soziale Institution –, inklusive einer Überdosis Kanelbullar, dem legendären Hefegebäck mit Zimt und Kardamom. Mit dieser Reisegeschwindigkeit kommt natürlich keine Feriencrew je in Stockholm an. Aber es ist Erholung und Abenteuer pur. Wer Sorge hat, sich dabei im Schären-Meer zu verlieren, findet nachfolgend zwei Dutzend Tipps.


Die besten Segel-Tipps für Schwedens Ostküste

Diese Segel-Ziele stellen wir vor:

Foto: YACHT

1 Kalmar/Kalmarsund: Frieden und Festivals

Direkt am Kalmarsund, wo sich die Brücke weit nach Öland spannt, liegt die historische Hafenstadt mit dem geschützten Gästehafen Gamla Hamnen nahe der Altstadt und dem Schloss. Vom Sund kommend, kann das industriell geprägte Stadtbild erst einmal abschreckend wirken, doch dahinter liegt das schöne Stadtzentrum auf der Insel Kvarnholmen mit verwinkelten Gassen und vielen Restaurants, Cafés und Kneipen. In den Sommermonaten wird es hier lebendig mit Livemusik, Schauspiel und Märkten. Das aus dem Mittelalter stammende Schloss liegt nur wenige Gehminuten entfernt. Hier wurde nordische Geschichte geschrieben: 1397 gründete sich die Kalmarer Union, die Schweden, Dänemark und Norwegen für mehr als 120 Jahre Frieden brachte.

Die Versorgung im Hafen ist sehr gut. Ein Einkaufszentrum und Restaurants sind direkt am Kai, und es gibt zwei große Sanitäreinrichtungen mit Sauna für Segler.

Über Kalmar wacht ein im­po­santes SchlossFoto: YACHT/N. Krauss
Über Kalmar wacht ein im­po­santes Schloss

2 Pataholm/Saltor: Atmosphäre wie in alter Zeit

Das malerisches Örtchen hat seinen Charakter aus dem 19. Jahrhundert bewahren können, die gut erhaltenen Holzhäuser um den Marktplatz sind eine Augenweide.

Frisch gebackenen Kuchen und andere Köstlichkeiten gibt es im Café „Förlig Wind“, benannt nach einem der letzten Schiffe, die auf der örtlichen Werft gebaut wurden. Im Heimatmuseum (Hembygdsgårdar) ist Wissenswertes über die Geschichte gesammelt. Es gibt keine Marina oder Anleger. Ankern ist eine halbe Meile vor dem Ort möglich, danach wird es sehr flach, und kleine Grasinseln begrenzen die Durchfahrt. Der alte Anleger im Süden des Dorfes vor dem ehemaligen Sägewerk darf für Sportboote gegen Gebühr benutzt werden. Mit Heckanker oder längsseits. Elektrizität vorhanden, aber keine weitere Versorgung oder WC. Die südöstlich angrenzende Halbinsel Saltor hat tolle Wanderwege und einen parkähnlichen Baumbestand.

In Pata­holm liegen kleine klassi­sche Boote am StegFoto: YACHT/N. Krauss
In Pata­holm liegen kleine klassi­sche Boote am Steg

3 Solberganäset: Steinbruch für deutsche Bauwerke

Wo vor über 100 Jahren rosafarbene Granitblöcke für Deutschland und die USA aus dem Fels geschlagen wurden, ist heute das beeindruckende Zeugnis vorindustrieller Handwerksarbeiten zu sehen. Der Wanderpfad des Freilichtmuseums „Stenhugagar“ führt durch schroffe Felsabbrüche und Geröllhalden, Texttafeln und Fotos erklären die Arbeiten der Sprengteams und Steinmetze, Reste des Schienennetzes zur Verladung sind noch vorhanden.

Yachten mit bis zu 2,50 Meter Tiefgang kommen in der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Själevik unter – ankern oder am Felsen festmachen. Die von Nadelbäumen umgebene Bucht ist bei allen Windrichtungen geschützt. Die enge Einfahrt in die Själevik erfordert volle Aufmerksamkeit.

Das Museum der Steinmetze lohntFoto: YACHT/N. Krauss
Das Museum der Steinmetze lohnt

4 Furö: Brutplatz mit Premiumausblick

Ein ungewöhnlicher, flacher Haufen aus Sandstein, der kaum aus dem Meer ragt. Von hier bietet sich ein fantastischer Blick auf die Insel Blå Jungfrun. Auf dem für diese Region exotisch anmutenden Eiland befindet sich im östlichen Teil ein Vogelreservat, das zur Brutzeit gesperrt ist. Statt dichter Nadelholzwälder wie sonst auf den Schären üblich, wird die Insel von niedrig wachsenden Wacholderbüschen dominiert. Sie beherbergt neben einigen Sommerhäusern auch Artefakte historischer Besiedlungen, die bis in die Bronzezeit zurückreichen. Zu sehen sind Grabstätten, Grundmauern eines mittelalterlichen Fischerdorfes und ein künstlicher Kanal.

Bis in die 1960er Jahre waren hier Lotsen stationiert, und das Leuchtfeuer Finnrevet warnt die Schifffahrt vor dem gleichnamigen Riff. Die Untiefe wurde früher vielen Schiffen zum Verhängnis. Anlanden ist nur in der kleinen südlichen Bucht möglich. Dort längsseits oder mit Heckanker an der alten Lotsenanlegestelle festmachen. Die anderen Stege sind lokalen Wassersportlern und Fischern vorbehalten. Versorgung gibt es keine, in der Hauptsaison sind freie Plätze dennoch rar.

5 Blå Jungfrun: Besuch bei den Meerjungfrauen

Auf den ersten Blick kann er wie eine Fata Morgana wirken, doch der Granitbrocken mit einer Höhe von 86 Metern mitten im nördlichen Kalmarsund ist echt. Als Blåkulla, blauer Hügel, ist die Insel Teil vieler Sagen und Legenden. Hierhin werden die Osterhexen verjagt. Außerdem tummeln sich Meerjungfrauen und göttliche Wesen auf dem glatten Felsen. Die Insel kann nur bei sehr moderaten Wetterbedingungen angelaufen werden, und auch dann sorgt der Schwell der Gotlandfähre für Unruhe am Liegeplatz. Wer ankert, sollte wegen des felsigen Grundes das Geschirr unbedingt mit einer Tripleine versehen. Alternative: die Yacht in Oskarshamn parken und mit der Fähre übersetzen. Ist die Insel erreicht, wird jeder Aufwand belohnt: Rundwanderungen mit Weitblick und Siedlunsgreste aus der Steinzeit zeichnen den kleinen Nationalpark aus.

Die Insel Blå Jungfrun wirkt wie eine Fata MorganaFoto: YACHT/N. Krauss
Die Insel Blå Jungfrun wirkt wie eine Fata Morgana

6 Figeholm: Versorgung für Boot und Crew

Rote Lagerhäuser und ein Schifffahrtsmuseum zeugen von der einstigen Seefahrtshistorie der kleinen Stadt. Ein gemütlicher Hafen hinter vorgelagerten Schären bietet bei allen Windrichtungen Schutz. Versorgung mit Lebensmitteln, Diesel und Yachtzubehör vorhanden. Beim Einlaufen aus dem Kalmarsund wird es teilweise eng und flach, das Fahrwasser ist aber dank der Betonnung sicher befahrbar. Wer lieber vor Anker geht, bringt das Geschirr in Tväggesholmen aus. Das ist eine tiefe Bucht etwa 1,4 Seemeilen südöstlich des Hafens.

Liebevoll gestal­te­tes Hafenschild in FigeholmFoto: YACHT/N. Krauss
Liebevoll gestal­te­tes Hafenschild in Figeholm

7 Äspklubben und Kråkelund: Pause am Fahrwasser

Ein kleines Felsenarchipel nahe dem Nord-Süd-Fahrwasser in den äußeren Schären. Je nach Wind gibt es hier überall gute Plätze zum Ankern. Andernfalls macht man an einer Boje oder direkt am Felsen fest.

Typisch Schweden: mit Heckanker und Leine zum Fels festmachenFoto: YACHT/N. Krauss
Typisch Schweden: mit Heckanker und Leine zum Fels festmachen

8 Älö/Lyckfjärden und Uvholmen: Naturhafen vom Feinsten

Der Lyckfjärden ist steingewordener Abrahams Schoß, die Einfahrt sehr schmal und mit wachem Blick zu befahren. Eine Vielzahl schöner und sicherer Plätze am Fels oder vor Anker sind der Lohn. Ein alter Bauernhof und Ferienhäuser säumen das Ufer. Einsamer ist das Inselgebiet östlich der Insel Älö. Bei Uvholmen findet sich ein natürlichen Granitanleger, an dem Yachten längsseits gehen können.

9 Idö/Norra Bockholmen: Lotsenblick über den Inselgarten

Der alte Lotsenhafen von Idö ist ein ruhiger Platz fürs Boot. Die Crew kann sich auf den Weg um die Insel machen oder die Aussicht vom alten Lotsenturm genießen. Auf Felsen am Hafen thront das beliebte Restaurant „Skärgårdskrog“, wo sich auch Duschen und Toiletten befinden. Ein kleines Einkaufsangebot gibt es im Laden-Café direkt am Hafen. Die Insel selbst bietet sonst wenig guten Ankergrund oder Felsanleger, doch mit etwas Erfahrung findet sich immer ein Platz. Zum Beispiel in dem flachen Kanal zwischen Norra Bockholmen und Mellan (nur bis 1,50 Meter Tiefgang!).

10 Huvudet Händelöp Fiskehamn: beschauliches Original

Ein urig kleiner Fischereihafen, in dem die Kutterkapitäne noch das Sagen haben. Es gibt etwas Platz für Yachten längsseits an der Mole oder nach Absprache an einem Fischereifahrzeug. Wer weniger als 1,70 Meter Tiefgang hat und einen Platz ergattert, darf sich glücklich schätzen: Die Schäre ist fast an der offenen See und hat tolle Badeplätze und Wanderwege. Keine Versorgung, nur ein WC. Im Norden der Insel ein guter Naturhafen, außer bei Nordwind.

Altes Holzboot im Fischer­dorf HuvudetFoto: YACHT/N. Krauss
Altes Holzboot im Fischer­dorf Huvudet

11 Västervik: Festivalstadt am Wasser

Umgeben von rund 5.000 Inseln des Schärengartens von Tjust, liegt Västervik von See kommend verborgen hinter Tannen und Granit. Ein Törn zur Stadt durch den Lucernafjärden lässt sich unter Segeln erledigen, der Fjord ist breit genug zum Kreuzen. Direkt vor den stadtnahen Marinas wird es zwischen zwei Inseln allerdings eng, und spätestens an der Schlossruine und Hotelanlage – im Besitz von ABBA-Mitglied Björn Ulvaeus – ist kein Durchkommen mehr. Es sei denn, die Klappbrücke öffnet und gibt den Weg frei. Doch weiter zu segeln ist auch nicht notwendig, die moderne Slottsholmen Marina mit bester Versorgung ist ein idealer Platz zum Festmachen. Ein Bummel durchs Stadtzentrum, den Proviant auffüllen, ein Museumsbesuch, baden gehen, das alles ist von hier in wenigen Minuten möglich. Berühmt ist das Visfestivalen, eines der ältesten Musikfestivals in Schweden. Immer Mitte Juli treten bekannte Bands auf und lassen die Schlossruine erzittern.

Alte und neue Architektur sind in Västervik vereintFoto: YACHT/N. Krauss
Alte und neue Architektur sind in Västervik vereint

12 Jungfruskär/Tvarholmarna: klein, aber fein und sicher

Am Innenfahrwasser gelegen, punktet diese Schärengruppe mit einigen geschützten Naturhäfen. Auf der größeren Jungfruskär gibt es einen Rundweg, die südliche Tvarholmarna bietet tolle Klettermöglichkeiten. Keinerlei Versorgungsmöglichkeiten.

13 Stora Askö/Flatvarp: Ausflug in die Natur

Wenn es nach einem langen Segeltag einfach und schnell an Land gehen soll, ist das hier ein guter Spot. In rustikaler Umgebung liegt man am westlichen Teil der Fischereipier längsseits. Die Waldlandschaft erwandert sich am besten auf den kleinen Pfaden. Oder die Fahrräder auspacken und direkt vom Boot aus auf geteerten Wegen starten.

14 Åsvikelandet/Kolmosö: Wandern mit Wasserblick

Zwischen der Halbinsel Kolmosö und der kleinen Insel Trollholmen befindet sich eine tiefe Bucht mit gutem Grund zum Ankern. Oder man liegt mit dem Schiff direkt an den Felsen. In dem Naturreservat gibt es Feuerholz, einen Grillplatz und eine Trockentoilette kostenfrei. Ein 14 Kilometer langer Rundweg entlang der Inseln und Fjorde sorgt für Bewegung. Wer westlich ins Torrö-Naturreservat wandert, kann sich dort schon die nächste Ankerbucht im Ålgårdsfjärden anschauen. Die kleine Fischersiedlung im Süden Torrös ist wunderschön.

Anker-Idylle: Es gibt überall solche PlätzeFoto: YACHT/N. Krauss
Anker-Idylle: Es gibt überall solche Plätze

15 Gubbö: tolle Aussicht im Schärengarten

Bester Spot im Gryts Skärgård ist der Granitfelsen mit der alten Steinbake. Früher war hier ein Signalfeuer, um die Navigation in dem Schärengebiet zu erleichtern. Außer dem ehemaligen Leuchtfeuerhäuschen oben am Seezeichen gibt es keine Bebauung. Die Schäre bietet gute Liegeplätze am Fels oder vor Anker in der Södervik, in der nördlichen größeren Bucht Gubbö Kupa und an der östlichen Inselflanke. Abwechslungsreiche Landschaft samt einem kleinen Binnensee und vielen Badeplätzen. Hier ließe sich problemlos ein ganzer Sommerurlaub verbringen.

Das alte Seezeichen von Gubbö war früher einmal befeuertFoto: YACHT/N. Krauss
Das alte Seezeichen von Gubbö war früher einmal befeuert

16 Harstena: die Mutter aller Schären

Schmaler Fjord und rote Häuser, grüne Tannen, saftige Wiesen und farbiger Granit: Die Insel im Gryts Skärgård hat alles, was es für einen Schwedenurlaub braucht. Der kleine Gästehafen im Lindholmsundet kann nur etwa ein Dutzend Yachten aufnehmen, aber dafür gibt es vor der engen Durchfahrt im Mörka Hålet Ankerplätze sowie an den Felsen einige passable Stellen für die Schärenhaken. Ein Spaziergang durch das malerische Dorf auf die Ostseite der Insel sollte vor allem ein Ziel haben: die Inselbäckerei. Der Bäckermeister mit Hauptsitz in Göteborg beherrscht die Herstellung französischer Landbrote und saftiger Obstkuchen ebenso wie die der weltberühmten schwedischen Kanelbullar (Zimtschnecken).

Im Restaurant „Loftet“ direkt neben dem Anleger wird es hingegen herzhaft: geräucherter Hering, Bouillabaisse, halber Hummer – alles sehr lecker! Garantiert werden die Gäste satt und die Bordkasse geleert. Im Norden von Harstena liegt der geschützte Flisfjärden, eher ein Binnensee als eine Bucht, mit reichem Angebot an Fels- und Ankerplätzen. Von hier ist es nur ein Katzensprung zum Bäcker und ins Dorf. Da die Schäre ein echtes Highlight auch für die einheimischen Segler ist, wird es in der Saison rappelvoll. Doch dank der vorteilhaften Küstenlinie mit vielen kleinen und großen Einschnitten und ausreichenden Wassertiefen findet sich immer ein Platz.

Historische Inselfähre bei HarstenaFoto: YACHT/N. Krauss
Historische Inselfähre bei Harstena

17 Lundarna: Badeplattform aus Granit

Nordöstlich von Arkösund liegt lang gestreckt die Insel Lunda mit einer eindrucksvollen, blank polierten Ostküste zur offenen See – ein ungewohntes Bild für die Ostschären. Die Granitplatten führen sanft ins Wasser, komfortabel wie an einem Badestrand. Unterschiedliche Gesteinsarten bringen bunte Farben selbst an wolkenverhangenen Tagen zur Geltung. Der grüne Vegetationsstreifen aus Gras, Schilf und Bäumen an der geschützten Westseite ist ein Tummelplatz für Seevögel aller Art. Die vorgelagerten Inseln bieten guten Schutz vor westlichen Winden, ob vor Anker oder an den zahlreichen Felsanlegern.

Die letzte Eiszeit hat die Granit­felsen in ihre heutige Form geschliffenFoto: YACHT/N. Krauss
Die letzte Eiszeit hat die Granit­felsen in ihre heutige Form geschliffen

18 Hävringe: Außenposten im Meer

Ein hoher Funkmast und ein eckiger rotweißer Turm zeigen sich über der Kimm: Hävringe weit draußen vor dem Oxelösund-Archipel ist seit dem 15. Jahrhundert Fischereistandort. Später kamen Lotsen hinzu, die den Hafen ausbauten. Obwohl das Eiland den Elementen ausgesetzt ist, bietet der kleine Hafen sehr guten Schutz und Platz für etwa sechs Gastboote. Festmachen hinter dem Molenkopf an Backbord vor Heckanker. Alle anderen Plätze sind einheimischen Skippern vorbehalten. Es gibt keinerlei Versorgung, der weite Blick aufs Meer, unzählige Vogelarten und die urigen Fischerhütten der Insel sorgen für ein unvergessliches Erlebnis. Zum Erhalt des Anlegers wird um eine Spende gebeten.

Der alte Lotsenort Hävringe wird von einem Turm überragtFoto: YACHT/N. Krauss
Der alte Lotsenort Hävringe wird von einem Turm überragt

19 Stendörrens Naturreservat: Über diese Brücken musst du gehen!

Wenn der Crew der Sinn nach Landgang steht, darf der Skipper entscheiden: Konsum in Nyköping oder Sonderurlaub im Schärengarten. Argumente für das Naturreservat sind die Wanderwege an der Küste mit abenteuerlichen Abstechern über Hängebrücken auf die Schären oder Feuerplätzen mit bereit liegendem Brennholz. Weitere Abwechslung bringt der Besuch im Naturum. Erbaut oberhalb des Anlegers von Aspnäset in Form eines Schiffes mit Segel, werden hier naturkundliche Ausstellungen über die Fauna, Flora und das Ökosystem des Schärengartens gezeigt.

Nur im Notfall sollte ein Baum als Poller herhaltenFoto: YACHT/N. Krauss
Nur im Notfall sollte ein Baum als Poller herhalten

20 Fifång: ein Park in der Ostsee

Ein idealer Naturhafen und eine schöne parkähnliche Landschaft mit einem Baumbestand aus uralten Eichen. Dazu wild lebende Tiere wie Elche, Hirsche und Hasen. Das alles macht diese Schäre so besonders.

1999 wurden Fifång und die umliegenden Inseln zum Naturschutzgebiet erklärt. Der Södertalje-Segelverein, der auch den kleinen Hafen betreibt, übernahm die Überwachung und Pflege des Reservats. Liegegebühren werden freiwillig gezahlt, Nutzung von Trockenklo, Müllbehälter und einer Sauna sind darin enthalten. Am Mittsommerabend organisiert der Bootsclub hier das sehr beliebte Mittsommerfest. Die nördliche Bucht Fladen hat guten Ankergrund bei drei Meter Tiefe, und zahlreiche Felsliegeplätze sind ebenfalls vorhanden. Die südliche Bucht Sörviken bietet dagegen Platz an Stegen für etwa 100 Boote. Geankert werden kann auch hier, aber möglichst weit innen in der Bucht, um ruhig vor Schwell zu liegen. Bei Südwestwind kann es ungemütlich werden. In der Hochsaison geht es auf Fifång turbulent zu. Zirka 3.000 schwedische und ausländische Boote machen hier fest. Die Navigation zur Insel ist einfach, wenn man von Osten oder Süden kommt. Im Südwesten weist das Gewässer allerdings Untiefen auf.

Der histo­rische Trecker steht in FifångFoto: YACHT/N. Krauss
Der histo­rische Trecker steht in Fifång

21 Trosa: vom Fischerdorf zur Filmkulisse

Erst wohnten hier die Fischer, dann kamen die Sommerfrischler aus Stockholm, und jetzt ist die Kleinstadt mit den romantischen Holzhäusern das perfekte Filmset für Inga Lindströms Liebesdramen. Dabei lag der Ort früher gar nicht an dieser Stelle. Infolge einer Landhebung nach der Eiszeit kamen die Fischer einst nicht mehr über den Fluss ans Meer. Sie siedelten deshalb näher an der Küste. Nun jedoch kam es den Einwohnern so vor, als ob sie am „Ende der Welt“ wohnen würden – ein Beiname, der das mondäne Örtchen bis heute schmückt. Segler stoßen hier auf einen spannenden Kontrast zu der einsamen Natur des Schärengartens. Sie können sich unbekümmert in den Trubel stürzen. Trosa lockt mit Cafés und Restaurants, Boutiquen und Bibliotheken. Und in den Sommermonaten gibt es Konzerte und Märkte. Das Boot liegt sicher im Gästehafen an den Heckbojen. Die Serviceanlagen sind modern, Geschäfte für jeden Bedarf fußläufig entfernt. Eine Werft mit Motorenservice und ein Yachtzubehörladen finden sich auf der anderen Seite des Flusses. Schiffe mit mehr als 1,90 Meter Tiefgang gehen in der Mündung an die westliche Mole längsseits.

22 Dragetskanal: Abkürzung durch den Fels

Eine gute Verbindung zwischen Södertälje und Nynäshamn ist dieser sehr enge, 200 Meter lange und nur etwa sieben Meter breite Kanal. Befahrbar für Boote mit moderatem Tiefgang. In den Karten wird die Tiefe des Kanals mit 1,50 Metern angegeben, die Schilder an den Einfahrten zeigen aber 2,00 Meter an. Ein lokaler Skipper berichtet, dass er mit 2,20 Meter Tiefgang den Kanal passiert hat.

Die Abkürzung ist nicht nur ein atemberaubendes Törnerlebnis, sondern sie hat auch eine lange Geschichte in der Küstenseefahrt der Region. Im 13. Jahrhundert war der Wasserstand rund drei Meter höher, und Draget wird als Meerenge zwischen der Insel und dem Festland erwähnt. Segelschiffe konnten die Stelle passieren und dadurch damals wie heute die längere und gefährlichere Passage rund um Landsort vermeiden. Landhebung und Verlandung machten die Durchfahrt später unpassierbar, weshalb Mitte des 19. Jahrhunderts die Meerenge ausgebaggert und später von der Marine tiefer gesprengt wurde. Das Gebiet um den Kanal und der Insel herum hat viele geschützte Buchten und Liegeplätze.

Der Dragetskanal ist nichts für schwache NervenFoto: YACHT/N. Krauss
Der Dragetskanal ist nichts für schwache Nerven

23 Sågviken und Raholmsundet: der Wald als Windschutz

Die Buchten um die Insel Järflotta bieten perfekte Möglichkeiten für das sichere Liegen von Yachten. Hohe Bäume und tiefe Gewässer um fünf Meter Wassertiefe in der Sågviken und sieben Meter im Raholmsundet. Der beliebte Sandstrand von Järflotta im Süden der Insel ist zu Fuß erreichbar.

Segeln in den engen Schärenfahrwas­sern verlangt viel Umsicht, ist aber durchaus manches Mal möglichFoto: YACHT/N. Krauss
Segeln in den engen Schärenfahrwas­sern verlangt viel Umsicht, ist aber durchaus manches Mal möglich

24 Nynäshamn: Sprungbrett nach Stockholm

Die schwedische Großstadt hat alles zu bieten, was für Segler auf einem Törn wichtig ist. Neben Einkaufszentren und kleinen Boutiquen gibt es zahlreiche Cafés und Lokale fürs leibliche Wohl. Auch direkt im Hafen befinden sich Fischrestaurants, Kneipen und ein Bäcker.

Im großen Gästehafen der Stadt liegen die Yachten an Heckbojen oder längsseits an den Schutzmolen, die den Fähranleger abgrenzen. Der Servicebereich ist modern und das Hafenpersonal sehr freundlich und um die Gäste bemüht. Zudem eignet sich Nynäshamn sehr gut als Sprungbrett nach Stockholm, der Bahnhof befindet sich unmittelbar in Hafennähe, und die Zugverbindungen sind eng getaktet. Nach knapp 60 Minuten erreicht man das Zentrum der Hauptstadt – auf eigenem Kiel wären dafür viele Meilen unter Maschine nötig.


Kleines Schären-Einmaleins

Saison ohne Stau

Wenn Mitte Juni bis August die zentralen Sommerferien in Schweden das Land lahmlegen, werden Häfen, Buchten und Anleger sehr voll. Wer die Einsamkeit schätzt, sollte einen alternativen Zeitraum für den Törn wählen. Im September kann es noch warm sein, die Wassertemperatur angenehm und der Wind moderat, bevor es dann im Spätherbst ungemütlich wird.

Festmachen am Fels

Die schönste Art, um die Landschaft zu genießen. Nur ein Schritt vom Bug an Land, schon ist man in der Natur. Dafür sind Heckanker, Felshaken, Hammer und lange Leinen obligatorisch. Eine Bugleiter verbessert den Komfort. Oder frei ankern in den Buchten oder zwischen den Schären und mit Dingi oder SUP übersetzen. An der Küste gibt es rund 150 blaue Muringbojen, die Mitglieder des Svenska Kryssarklubben (SXK) nutzen dürfen. Deutsche können Mitglied werden (www.sxk.se/) und müssen sich registrieren; mit Stander und Jahresflagge wird die Nutzung legitimiert. Bäume möglichst nicht als Festmacher nutzen.

Sicher durch die Schären

Die Fahrwasser in den inneren Schären sind meist gut betonnt oder beprickt und erlauben wegen des Landschutzes auch bei schwerem Wetter eine sichere Passage. Individuelle Kurse durch den Schärengarten, entlang steil abfallender Granitfelsen, sind ein unvergessliches Abenteuer. Seekarten aus Papier und Pixel müssen natürlich ständig vor Augen sein, am besten konzentriert sich ein Crewmitglied darauf, die Route zu verfolgen.

Landfall für jedermann

In der schwedischen Natur dürfen Spaziergänger dank Jedermannsrecht fast überall hin („Aallemansrätt“). Das ist ein fester Bestandteil der schwedischen Kultur. Eingezäunte Privatgrundstücke sind jedoch tabu, und offenes Feuer ist nur an gekennzeichneten Plätzen erlaubt. Jeglicher Müll muss selbstverständlich wieder mitgenommen werden. Schweden ist Zeckengebiet, ein FSME-Impfschutz sinnvoll. Mückennetze für die Luken sind wichtig.

Literatur & Seekarten


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