Felix Keßler
· 11.01.2018
Schon die Angst vor einem Unfall auf See kann die Freude am Segeln nehmen. Eine klare Aufgabenverteilung schafft Sicherheit - und rettet im Ernstfall Leben
Auch wenn es für Anfänger häufig anders wirkt: Segeln ist ein sicherer Sport. Erst recht, wenn es um schwere Verletzungen oder gar tödliche Unfälle geht: Nur etwa zwei bis drei davon gibt es hierzulande im Jahr. Dennoch: ein falscher Tritt auf dem nassen Deck, schon ist der Knöchel verstaucht, der Segelspaß dahin, der Urlaub möglicherweise gelaufen. Gänzlich ausschließen lassen sich solche Malheure zwar nie, doch mit einer guten Versorgung lässt sich der Schmerz noch an Bord lindern. Und: Wer um die Gefahrengebiete an Bord weiß, kann sein Verhalten dementsprechend anpassen – und so etwa seinen Kopf vor dem herüberschwingenden Großbaum retten.
Trotzdem sollte man sich nicht scheuen, ärztlichen Rat einzuholen, wenn Unsicherheit über die Schwere der Verletzung besteht. Und: Wird ein Crewmitglied ohnmächtig, ist der Griff zum Funkgerät das einzig Richtige. Gleichzeitig ist es wichtig, dass alle Crewmitglieder in die essenziellen Sicherheitseinrichtungen und -abläufe an Bord eingewiesen sind. Auch wenn niemand seine kurze Urlaubszeit mit einer allzu umfangreichen Einweisung "verschwenden" mag; Ausbildungsprofis mahnen, die Prozedur nicht zu sehr zu verkürzen.
Ob geprellter Zeh, verstauchter Knöchel oder gebrochener Arm – der Experte von Seadoc zeigt, wie man mit diesen schmerzhaften Verletzungen an Bord umgeht
Wir haben die häufigsten Verletzungen an Bord nachgestellt und uns von Seadoc-Arzt Philipp Stalling über die korrekte Erstversorgung beraten lassen.
P - Pause
Das betroffene Körperteil, meist Sprung- oder Handgelenk, ruhigstellen, wenn nötig stabilisieren. Spezielle Lagerungsschienen wie die hier gezeigte Splintschiene eignen sich ideal, es können jedoch auch Latten, Bretter, Handtuchrollen oder Ähnliches verwendet werden. Sie sind jedoch immer deutlich unkomfortabler. Bei Arm- und Rippenverletzungen empfiehlt sich die Verwendung des Dreieckstuchs. Lagekorrekturen – das sogenannte Repositionieren – sollten nur vom Facharzt an Land vorgenommen werden.
E – Eis
Kühlen ist das Wichtigste, je schneller nach dem Unfall, desto besser. Selbstkühlende Beutel eignen sich dafür sehr gut, ebenso die Bierdose aus dem Kühlschrank oder andere kalte Gegenstände. Aber nicht übertreiben, sonst kann es zu Kühlschäden kommen. Deshalb zwischen Kühlpad und Haut ein Tuch legen, es reicht Küchenkrepp.
C – Compression
Mit elastischen Binden die Verletzung umwickeln, nicht zu fest, aber doch so, dass spürbar Druck ausgeübt wird.
H – Hochlagern
Danach den betroffenen Körperteil immer wieder erhöht lagern. Beides soll ein Anschwellen des Gewebes minimieren.
Tabletten helfen: Ein Depot an Schmerzmitteln sollte an Bord sein. Beim Hexenschuss helfen sie, die verkrampfte Muskulatur zu lockern. Bei anderen Verletzungen sollten sie genommen werden, um Schonhaltungen mit anschließenden Muskelverhärtungen zu vermeiden.
Selbst kleine Schnitte sehen bei großem Blutverlust schnell furchteinflößend aus. Zudem sind sie meist enorm schmerzhaft und stellen manchmal (wie hier an der Fußsohle) eine echte Behinderung für den Betroffenen dar. Mit unserer Bilderstrecke können Sie immerhin erste Hilfe leisten, die Wunde desinfizieren und die Blutung stoppen. Eine gründliche Wundreinigung und Behandlung größerer Wunden sollten Sie dann an Land von einem Arzt durchführen lassen.
Ob durchrauschende Schot oder kochendes Wasser aus dem Teekessel - kurze Momente der Unachtsamkeit lassen die Betroffenen meist wochenlang an Verbrennungen zehren. Mit der richtigen Erstversorgung lassen sich Schmerzen lindern und Infektionen vermeiden.
Im zweiten Teil unseres YACHT-TV-Spezials mit Seadoc-Arzt Dr. Philipp Stalling zeigen wir, wie Sie heftigen Sonnenbrand, Hexenschuss und Platzwunden unkompliziert mit Bordmitteln versorgen können. Die entsprechende Ausgabe der YACHT (13/2015) können Sie hier nachbestellen.
Wenn sich Großbaum und Kopf treffen, gibt es meist üble Verletzungen.