YACHT-Redaktion
· 04.03.2023
Die erste Regatta bestreiten, eine Nachtfahrt wagen, einmal im Leben Strandkat segeln oder gar auf Foils abheben – jetzt ist die perfekte Zeit, den eigenen Horizont zu erweitern. Tipps für ein Sommerprojekt
In diesem Artikel:
Gennaker sind nicht nur Spaß-Potenzierer, sondern bei modernen Riggs auch eine logische Ergänzung des Segelplans. Und wirklich jeder kann mit ihnen umgehen
Nur wenige Chartercrews ordern einen Gennaker. Wie viele Eigner über so ein buntes Tuch verfügen, ist nicht erhoben. So viel mehr werden es prozentual jedoch nicht sein, ausgehend davon, wie viele der großen Blasen im Sommer auf Raumschots-Kursen zu sehen sind. Doch warum trauen sich so wenige an dieses Segel heran? Handfeste Gründe dagegen gibt es nicht, nur Vorurteile – dafür aber eine Menge Fakten, weshalb ein Gennaker heute dazugehört.
Da wäre zuallererst einmal der Spaß, das gute Gefühl. Eine bunte Blase vor dem Mast lässt das Ansehen der bedienenden Crew um mehrere Punkte klettern. Ein wenig Ehrfurcht vor dem soliden Handwerk an den Winschen und Klemmen, ein wenig Neid wegen der deutlich höheren Geschwindigkeit werden automatisch bei denen erzeugt, die auf der Raumschots-Einbahnstraße in den Hafen nachmittags um drei überholt werden. Wobei wir schon beim ersten Vorurteil sind. Denn einen Gennaker zu fahren erfordert nicht viel mehr Können als die übliche Seemannschaft an Bord.
Wer sonst raumschots die Genua über die Winsch richtig einstellt oder den Kurs passend zum Anstellwinkel der Segel wählt, macht mit dem Gennaker genau dasselbe. Denn das Raumschots-Segel ist im Grunde genommen nichts anderes als eine Genua. Nur eben etwas anders geschnitten, um auf Kursen zwischen 90 und 140 Grad Einfallswinkel des wahren Windes Geschwindigkeit zu erzeugen. Es kann auch höher oder tiefer gesegelt werden, je nach Schnitt, der angegebene ist aber der Haupteinsatzbereich.
Gerade bei modernen Riggs mit ihren schmalen, hohen Vorsegeln ist ein Gennaker ein Muss. Denn schon bei einem leichten Schrick in den Schoten drehen diese oben auf und verlieren viel Wirkung. Ein Gennaker kann dieses Manko beheben. Bedient wird die Blase wie eine Genua. Ein Umlenkblock achtern, zur Not auch mal die Klampe, eine Schot und ein kurzer Stropp als Halsleine – mehr ist an Zusatzausrüstung nicht nötig. Die Genua wird eingerollt oder geborgen und auf der nun freien Winsch die Gennakerschot gefahren. Fieren oder anluven, bis das Vorliek leicht einfällt, dann abfallen oder dichtkurbeln. In Böen generell etwas abfallen. Das war’s an nötigen Trimmtipps.
Ist der Gennaker mit einem Bergeschlauch versehen, erledigt sich ein weiteres Vorurteil. Mit ihm ist Setzen und Bergen kein Problem, das Tuch muss nicht zusammengerafft werden und kann nicht ins Wasser fallen – einfach die Wurst in den Mast ziehen, Schlauch hoch, Schot dicht. Umgekehrt erst bis etwa 160 Grad Windeinfallswinkel abfallen, damit die Blase im Windschatten vom Groß zusammenfällt, Schlauch mit der Bergeleine drüberziehen, die Wurst ins Vorschiffsluk oder den Segelsack fallen lassen. Fertig. Durch den Bergeschlauch verringert sich auch die Gefahr von Rissen, weil der Gennaker nicht mehr mit scharfen oder spitzen Gegenständen in Kontakt kommt.
Also, mehr als genug Gründe, es einmal auszuprobieren. Beim Chartern den Gennaker mitzuordern kostet meist zwischen 100 und 250 Euro Aufpreis; manche Anbieter verlangen aber auch nichts dafür. Am besten eine Kautionsversicherung mit abschließen, da häufig eine Extra-Kaution fällig wird. Ein Eigner bekommt das Komplettsystem für eine Zehn-Meter-Yacht schon ab 2.000 Euro, dieser Preis lässt sich durch hochwertige Beschläge und gutes Tuch aber leicht verdoppeln.
Noch ein Tipp für den Anfang: Es reicht eine Leeschot. Einfach ein langes Stück suchen und los! Halsen ist zwar ebenfalls einfach, das hat aber Zeit bis später.
Die meisten Crews, die Nachtfahrt fürchten, haben noch keine gemacht. Doch richtig geplant, ist sie in der Regel eine der faszinierendsten Erfahrungen des Segelns
Es bedarf gar nicht unbedingt des elegischen Schwärmens, um einen Schlag durch die Nacht plausibel zu machen, so viele objektive Vorteile bietet er: Ein unattraktiver Reiseabschnitt wird auf diese Weise erledigt oder am Anfang oder Ende eines Törns ordentlich Strecke gemacht, um den Aktionsradius zu erhöhen. In manchen Revieren mit viel Wind aus einer Richtung wie der griechischen Ägäis kann man so dem tagsüber oft stark wehenden Meltemi einmal aus dem Weg gehen. Eine anstehende Am-Wind-Bolzerei gegen den am Tage deutlich höheren Seegang wird so entschärft, wofür zur Seekrankheit neigende Mitsegler dankbar sind.
Aber natürlich gibt es auch eine ganze Reihe von „weichen“ Argumenten, die eine Nachtfahrt erstrebenswert machen: das Meeresleuchten von Bugwelle und Hecksee, der oft beeindruckende Sternenhimmel abseits der Lichtquellen an Land, vom ersten auf See erlebten Sonnenaufgang ganz zu schweigen. Und Sinn und Zweck von Abstrahlwinkeln in Sachen Lichterführung versteht man bei keiner anderen Gelegenheit so intuitiv wie bei einer Nachtfahrt.
Wer den ersten Törn im Sommer plant, kann mit etwas Glück sogar in kurzer Hose und T-Shirt die Nacht verbringen. Um Wachpläne braucht sich kein Skipper große Gedanken zu machen, wenn drei oder mehr Mitsegler an Bord sind. Meist sind beim ersten Nachtschlag sowieso alle derart aufgekratzt, dass vor ein Uhr kaum jemand freiwillig in die Koje geht. Zäh wird erfahrungsgemäß die Zeit von zwei bis etwa vier, fünf Uhr morgens, doch meist klärt sich an Bord kurz nach Mitternacht recht schnell, wer wann wen ablöst. Faustregel: je mehr Leute an Bord, desto kürzer die Intervalle am Ruder. Oft ist es in einer lauen Sommernacht aber so warm, dass die Crew einfach im Cockpit döst. Fit hält Mitsegler sonst auch das obligatorische Kaffeekochen oder die Zubereitung von Snacks; Perfektionisten bereiten die allerdings vor.
Damit die Nachtfahrt nicht zum Stress wird, sollten stark frequentierte Berufsschifffahrts-Routen wie etwa Verkehrstrennungsgebiete gemieden werden. Natürlich kann man sich auch für einen „Nachttörn light“ entscheiden: Nach einem relaxten Tag in Hafen oder Bucht spät lossegeln oder – meist noch besser – in die Nacht hineinfahren und dann in einer geeigneten Bucht oder Hafen im Dunklen ankommen. Ist die Premiere um ein, zwei Uhr nach Mitternacht beendet, sind meist alle noch so munter, dass die Crew gemütlich im Cockpit das Erlebte auskosten kann und am nächsten Tag relativ fit ist. Morgens in einer im Dunklen angelaufenen schönen Bucht zu erwachen ist eines der schönsten Erlebnisse des Segelns.
Einmal allein mit der Yacht unterwegs sein – viele träumen nur davon. Doch ein Schiff ohne Crew zu bewegen ist bei guter Vorbereitung nicht weiter schwer
Von allen Projekten, die sich ein Segler vornehmen kann, ist das Einhandsegeln wohl das mit den meisten Facetten. Denn wer allein unterwegs ist, muss alle Aspekte vom An- und Ablegen über die Segelmanöver bis hin zur Navigation selbst erledigen. Keine Mitsegler, keine Arbeitsteilung, keine Ausreden ist das Motto.
Häufiger Irrglaube in Sachen Einhandsegeln ist, dass dies größere technische Umbauten am Boot nötig macht. Doch eigentlich braucht nur ein vernünftiger Autopilot an Bord zu sein. Ohne ihn werden die Arbeitsabläufe wie Segelsetzen, das Boot für Hafenmanöver klarmachen und Ähnliches schon ziemlich grenzwertig. Manche Skipper bewältigen selbst das auch mit feststellbaren Pinnen- oder Ruderanlagen, gute Kursstabilität des Bootes vorausgesetzt.
Sinnvoll, ohnehin auf dem Großteil der Yachten Standard sind außerdem Roll-Vorsegel. Alle übrigen Dinge an Bord können bleiben, wie sie sind, zumindest zum Einstieg. Natürlich gibt es für Perfektionisten eine lange Liste von möglichen, durchaus praktischen Ergänzungen, etwa Lazy-Jacks, damit das Groß nicht gleich gestaut werden muss, ins Cockpit umgelenkte Fallen, vom Steuerstand gut erreichbare Genuawinschen oder Cockpit-Displays für Plotter – aber da setzt eher der Geldbeutel die Grenze.
Viel wichtiger ist: Suchen Sie sich ein machbares Ziel. Natürlich kann ein erfahrener Eigner mit seiner Yacht auch gleich auf Einhand-Urlaubs- oder gar -Langtörn gehen, aber warum nicht erst einmal mit dem naheliegenden Schritt beginnen? Ein Wochenendtraining im Sommer: Bei ruhigem Wetter zunächst nur mit Ankerbuchten als Ziel, um nicht gleich sämtliche Manöver fahren zu müssen. Oder eine Überführung an den Liegeplatz zum Saisonende oder -auftakt.
Oder aber vorweg eine häufig lehrreiche Übung: Einhandsegeln mit Crew. Klingt blödsinnig, aber wer einmal versucht, Ableger, Segelmanöver und Ähnliches mit an Bord befindlicher untätiger Crew zu fahren, riskiert wenig und lernt erfahrungsgemäß enorm viel. Probleme, die zuvor nicht erwartet wurden, sind so schnell ersichtlich, ohne dass „Lehrgeld“ in Form von Schäden gezahlt werden muss – vielleicht einmal abgesehen von den Kommentaren einiger Zuschauer ob der „faulen“ Mitsegler.
Über eins müssen sich Einhand-Interessierte klar sein: Alle Manöver dauern deutlich länger. Und ihre Planung vor allem in Details ist viel wichtiger als beim Segeln mit Crew. Fehlt eine wichtige Leine kurz vor dem Anleger oder ist sie nicht richtig angeschlagen, werden Zeit und unter Umständen auch Raum im Hafen schon mal knapp. Deshalb: Gehen Sie die Schritte des geplanten Manövers genau durch, überlegen Sie, wo Leinen, Fender, Zeisinge und alles andere, was benötigt wird, liegen muss. Natürlich sollte auch klar sein, dass der Autopilot an Bord richtig funktioniert und das Boot beispielsweise bei Welle und Wind vernünftig auf Kurs hält. Dasselbe gilt für das Im-Wind-Halten der Yacht zum Bergen und Setzen der Segel. Ist der elektronische Steuermann also nicht schon Routine, erst Tests absolvieren!
Mehr Augenmerk muss naturgemäß der Sicherheit an Bord geschenkt werden, schließlich fahren Autopiloten keine MOB-Manöver für über Bord gegangene Skipper. Auf die Fragen, ab wann Rettungsweste tragen, wie einpicken beim Verlassen des Cockpits und wo Streckgurte spannen, sollte vor dem ersten Solo-Ableger jeder seine persönlichen Antworten gefunden haben.
Die größten Bedenken haben angehende Einhand-Skipper interessanterweise eigentlich nicht unbedingt vor dem Segeln des Bootes auf See, sondern vor den Hafenmanövern. Kein Wunder, riskiert man dort doch die größte Blamage vor den Augen der kritischen Stegsegler. Und wer will schon durch verpatzte Manöver ärgerliche Schäden am eigenen oder gar fremden Boot zu verantworten haben?
Deshalb einige Tipps. Fehlte vor dem Anleger die Zeit, das Boot klarzumachen oder ist die Lage im Hafen unübersichtlich, kann es lohnen, die Yacht zunächst einmal in Lee eines Dalben mit nur einer Vorleine festzumachen und alles in Ruhe vorzubereiten. Nützlich für Häfen oder Buchten, in denen geankert wird: Der Heckanker, mit Gurtband über Rolle oder mit Kettenvorläufer und Tau, kann ideal vom Steuerstand bedient werden oder später zum Bug verholt werden. Generell viel Zeit für die Suche nach einem guten Platz lassen.
Wer in Boxen einläuft, sollte die Fender nicht zu früh außenbords hängen, da diese sich gern an Dalben oder Nachbarbooten verhaken und Relingsstützen verbiegen. Vorleinen sind schon lose über den Bugkorb zu legen, sodass helfende Hände an Land sie direkt greifen können. In vielen Situationen sind Anleger mit dem Heck zuerst die bessere Lösung: Der Skipper hat die Heckleinen direkt in Griffweite, kann den Abstand zur Pier besser einschätzen als beim Vorwärts-„Einparken“, und zur Not kann die Yacht auch zur Stabilisierung in die Achterleinen „eindampfen“, bis eine Bug-Leine ausgebracht ist.
Ist das Einhandsegeln derart um den befürchteten Stress gemindert, gibt es kaum noch Gründe, es nicht zu probieren. Forscher und erfahrene Solisten sind sich jedenfalls einig: Das Alleinsein auf See mit dem Boot sorgt bei vielen sehr schnell zu einer mit Crew kaum erlebbaren Tiefen-Entspannung. Das Alleinsein in der Natur, die Konzentration auf sich selbst setzt teils Glückshormone wie bei Langstreckenläufern frei. Es gibt sogar ein psychologisches Fachwort dafür: „Flow-Effekt“. Klingt doch vielversprechend, oder?
Einige der schönsten Törnziele liegen in Gezeitenrevieren. Viele Skipper stilisieren das zur fast unüberwindlichen Hürde. Doch den Schwierigkeitsgrad kann man variieren
Zwei Fakten zum Nachdenken vorweg: Gezeitenreviere sind von einem größeren biologischen Reichtum als solche mit wenig Einfluss der Mondphasen. In vielen dieser Reviere tummeln sich Robben, Delphine, legt die Ebbe riesige Muschelfelder frei. Und zweitens: Viele Inseln, Buchten, Golfe oder Fjorde zeigen im Halbtages-Rhythmus der Tide zwei völlig unterschiedliche und dennoch gleich reizvolle Gesichter. Dann werden Wasserflächen plötzlich zu strukturierten Felslandschaften, Sandbänken oder riesigen Tangfeldern. Dass Landschaften wie die des Wattenmeers mit den deutschen und niederländischen Inseln, die Bretagne in Frankreich, die Südküste Englands oder exotische Ziele wie die Küste Kanadas zu optischen Highlights gehören, ist unumstritten.
Umso erstaunlicher, dass so wenige deutsche Crews sich in solche Reviere trauen, die für britische, holländische und französische Segler selbstverständlich sind. Gewiss sind Gezeitenreviere anspruchsvoller als die Ostsee oder weite Teile des Mittelmeers; viele Crews unterschätzen aber, dass der Grad des Anspruchs gut variiert werden kann. Und das gilt für alle drei der befürchteten Komplikationen des Segelns im Strom: die Sorge, zu wenig Wasser unter dem Kiel zu haben und mit der Yacht ungeplant trockenzufallen, sich den halben Tag mit komplizierter Anwendung von Gezeitentabellen, Stromkarten und Stromdreiecken herumzuschlagen oder nach dem Tidenkalender fahren und so vermeintlich zu nachtschlafender Zeit auslaufen zu müssen.
Natürlich kommt der Skipper um die Grundzüge der Tidennavigation nicht herum (siehe Kästen), doch tatsächlich fällt heute zum Beispiel das Zeichnen von Stromdreiecken, wie in der Segelausbildung, fast immer weg. Wer mit Plottern unterwegs ist, kann Strom und Abdrift mit Hilfe der Elektronik bequem im Blick behalten. Der Gebrauch der übrigen Handbücher und Tabellen ist in der Regel nach kurzer Zeit so selbstverständlich geworden, dass dafür kaum eine halbe Stunde pro Tag fällig wird. Zwar kann es vorkommen, dass ein Tagesziel das Auslaufen nach der Uhr nötig macht. Aber wer nicht zu lange Etappen plant, wird das während eines Törns auf ein-, zweimal beschränken können. Verinnerlicht die Crew den Grundsatz, eher mit als gegen den Strom zu arbeiten, entdeckt man schnell, dass Tidennavigation relativ simpel sein kann: Führt der Weg zum Ziel über ein Nebenfahrwasser oder gar ein trockenfallendes Flach, gibt es oft eine alternative Route, die eben eine längere Strecke erforderlich macht, etwa bei einigen Nordseeinseln den Weg „außen“ herum statt in ihrer Seegangs-Abdeckung.
In Sachen Häfen und Ankerplätze bietet außerdem fast jedes Revier die Wahl: Zwar gibt es Plätze, die trockenfallen, aber auch immer genug tidenunabhängige Marinas oder Ankerplätze an Schwimmpontons oder Bojen in tiefem Wasser. Dann muss man sich eigentlich nur noch entscheiden: das Naturschauspiel des Gezeitenwechsels im Cockpit oder in der Hafenkneipe genießen?
Viel Wind = Hafentag – so sieht es in der Realität häufig aus. Dabei sind Vorbehalte oft lediglich auf Erlebnisse aus schlecht geplanten Törns zurückzuführen
Die Übertreibung in Sachen wahrer und erlebter Windstärke ist wohl so alt wie die Seefahrt: Zurück im Hafen, hat es immer mindestens 1 bis 2 Beaufort stärker geweht, als es tatsächlich der Fall gewesen war. Anders lässt sich wohl nicht erklären, warum man schon bei vorhergesagten 4 bis 5 Beaufort immer weniger Schiffe auslaufen sieht. Zur Erinnerung: Bei 5 Beaufort weht noch kein Starkwind, der beginnt erst ab deren 6.
Warum soll man dann eigentlich überhaupt auslaufen? Tatsächlich gibt es mehr gute Gründe, als viele denken. Zum einen natürlich den Faktor Zeit: Chartercrews müssen manchmal ihr Schiff zurückbringen und haben praktisch keine andere Wahl als auszulaufen. Aber auch für Eigner besonders an der Ostsee kann es nervtötend sein, teils tagelang in einem Hafen „eingeweht“ zu sein, zumal wenn der vielleicht wenig Freizeitangebot hat, wie in Dänemark durchaus öfter der Fall. Manchmal kann auch der ganze mühsam erarbeitete Törnplan für den Urlaub durcheinandergeraten, oder die Crew geht sich rasch mächtig auf die Nerven.
Doch keine Sorge, natürlich will niemand, dass Sie in den nächstbesten Sturm segeln (der erst ab 8 Beaufort beginnt). Doch warum nicht einen zeitlich eng begrenzten, streckenmäßig überschaubaren Schlag wagen? Sozusagen sprichwörtlich nur einmal etwas die Nase in den Wind stecken. Denn wer einen kurzen Schlag von zwei, maximal drei Stunden plant, läuft kaum Gefahr, die Crew zu überfordern. Wichtig: Die Crew muss den Schlag mittragen und wollen. Sprechen Sie das mit den Mitseglern durch. Viele Vorbehalte gegen das Segeln bei etwa 5 bis 6 Beaufort – und mehr sei für Crews, die zuvor nur bei Schönwetter unterwegs waren, nicht empfohlen – beruhen auf ungewollten Starkwindtagen: Eine Wettervorhersage war übersehen, eine Düse oder Wolkenfront unterschätzt worden. Die nicht vorbereitete Crew erlebt dann das schwere Wetter oft als Drama, auch wenn es objektiv betrachtet vielleicht nicht einmal so schlimm war. Solche Erlebnisse prägen. Sie können aber auch blockieren, versuchen Sie das im Gespräch vorher auszuloten. So weiß ein guter Skipper, um welches Crewmitglied er sich am meisten kümmern muss.
Ganz wichtig ist die Vorbereitung. Die Sicherheitsregeln (Westenpflicht, Anleinen) müssen geklärt, andere Standards erledigt sein: unter Deck alles gut gestaut, Seeventile geschlossen, Imbiss vorbereitet, jeder schon mit der geeigneten Kleidung am Körper. Auch törntaktisch und an Deck sollte schon so viel Arbeit wie möglich im Hafen erledigt sein. Später auf See fällt sie sonst nur unnötig schwer.
Ein nicht zu unterschätzender Angstfaktor bei vielen Crews ist der An- und Ableger bei den herrschenden Windbedingungen, oft überwiegt er deutlich das Unbehagen vor dem Wetter „draußen“. Den Ableger kann man in der Regel nicht mehr beeinflussen, doch für den Zielort oder die Bucht lohnt es, einen Hafen mit gutem Windschutz, genug Platz und möglichst nicht unbedingt quer zur Windrichtung liegenden Boxenreihen zu suchen. Dann kann eigentlich kaum noch etwas danebengehen – außer vielleicht der gefühlten Windstärke.
Zugegeben, der Traum vom Fliegen unter Segeln ist nicht jedermanns Sache, und ein Mindestmaß an Sportlichkeit, Jollenerfahrung und Lust, die eigenen Grenzen auszutesten, gehören dazu. Aber die Zeiten, in denen foilen nur konnte, wer auf 49er-Niveau segelte, sind vorbei. Boote wie die Skeeta, der iFly (Kat), die Quant 23 oder Whisper sind derart ausgereift in ihren Flugeigenschaften, dass sie auch von Laien beherrschbar sind. „Der Highfly flasht jeden“, sagt beispielsweise YACHT-Redakteur Lars Bolle. Ideal sind Foil-Camps wie das von Stickl am Gardasee.
Mal ehrlich: Schlafsack, Isomatte, Zelt, Camping-Kocher hat fast jeder noch irgendwo herumliegen. Dazu von irgendeinem Verleiher oder Segelkumpel eine alte Jolle besorgt, schon kann das Abenteuer vor der Haustür beginnen! Wer in den vergangenen Jahren nur noch Kielschiff gesegelt ist, wird überrascht sein, wie viel Spaß die kleinen Schwertboote bereiten, mit denen man noch dazu in jede einsame Bucht gelangt. Dort dann angeln, Lagerfeuer entzünden und das einfache Leben ausprobieren. Ja, der Rücken zwickt morgens, aber die Erlebnisse und Eindrücke sind unvergleichlich. Und mit dem Smartphone samt aufgespielter Navi-App ist die moderne Zivilisation unterwegs ja auch nie wirklich ganz weit weg. Nach der Rückkehr sehen Sie den Komfort daheim jedenfalls garantiert mit ganz anderen Augen.
Es gibt kaum etwas, das so viel Spaß macht und Adrenalin ins Blut pumpt wie ein moderner Strandkat bei gutem Wind, der in Fahrt kommt. Starkwind braucht es dafür längst nicht mehr – dank kinderleicht zu bedienender Gennaker-Einleinensysteme, bei denen der Turbo einfach mittels Zug gesetzt, geborgen oder gerollt wird. Kats liegen aufgrund ihrer Breite zudem ruhiger als Jollen im Wasser und sind zu Beginn daher leichter zu beherrschen. Der kitzelige Moment, wenn es gelingt, das Boot zum ersten Mal mit einem Rumpf in der Luft zu segeln, ist unbeschreiblich. Am besten eine gute Segelschule in der Nähe suchen und abheben.
Der Effekt ist schwer zu beschreiben: Wer im skandinavischen Juni in den höheren Breiten, etwa ab Stockholm, nordwärts segelt, erlebt die nur wenige Stunden kurzen Nächte mit großem Staunen. Plötzlich kommt der Körper mit fünf Stunden Schlaf aus, man schaut beim Segeln auf die Uhr und nimmt stirnrunzelnd zur Kenntnis, dass es 22 Uhr abends ist, es sich aber anfühlt wie 17 Uhr. Das Licht schwindet einfach nicht, der Körper ist ein bisschen wie auf Droge. Der längste Tag ist der 21. Juni, aber auch ein paar Wochen davor und danach ist der Effekt noch verblüffend. Obendrein feiern die Schweden Mittsommer ausgelassen mit großen Feuern und Party im Freien mit Freunden und Bekannten. Das sollte jeder Fahrtensegler einmal erlebt haben.
Wer immer nur von seinem Heimathafen oder Charterstützpunkt aus den Urlaub mit den üblichen 20-bis-30-Meilen-Schlägen plant, verstellt sich den Horizont. Warum das Boot nicht einmal in einer zwei- oder mehrtägigen Nonstop-Etappe zu entfernteren Zielen verholen, damit ein bislang unerreichtes Revier in den Fokus rückt? Stockholm, die Südküste Norwegens – alles kein Problem, wenn man bei gutem Wind auch einmal „Meilen frisst“. Seglerisch reift die Crew durch solch eine Erfahrung enorm. Allein mit Wachsystem zu segeln ist für viele ja schon eine ganz neue Aufgabe. Trauen Sie sich!