Segel-TrimmDas Großsegel richtig einstellen - so geht es ganz einfach

Lars Bolle

 · 29.07.2024

Segel-Trimm: Das Großsegel richtig einstellen - so geht es ganz einfachFoto: YACHT/N. Krauss
Großschot, Achterstag und Traveller sind für den Großsegeltrimm wichige Einstellmöglichkeiten
Auch mit älteren Großsegeln lässt sich deren Einsatzbereich deutlich erweitern, wenn man weiß, mit welchen Trimmeinrichtungen es beeinflusst werden kann. Wir stellen alle einzeln vor.

Der perfekte Segeltrimm wird manchmal als perfektionistische Spielerei von Regattaseglern abgetan. Dabei bringt die korrekte Segeleinstellung nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch Komfort. Denn wenn die Segel zu viel Druck erzeugen, entsteht starke Krängung – für Segler kein anzustrebender Zustand. Mit der Krängung nimmt auch die Luvgierigkeit zu. Die Folgen sind mehr Ruderdruck und ein insgesamt unruhiger Fahrtzustand. Der richtige Trimm ist also mitnichten nur für ambitionierte Regattasegler interessant.

Die Teile in diesem Segel-Trimm-Spezial:

Für den Erfolg aller Trimmbemühungen beim Segeln ist ein richtiger Grundtrimm des Riggs nötig. Dafür ist es nie zu spät – es kann und sollte auch während der Saison jederzeit nachgestellt werden, sobald es nötig erscheint. Für Segler, die auf dem Wasser eher trimmfaul sind, ist der korrekte Grundtrimm also umso wichtiger.

Zunächst widmen wir uns dem Trimm des Großsegels.

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Großschot

Ihre Spannung ist die wichtigste Trimmeinrichtung an Bord

Wichtigster Indikator für die Schotspannung ist das Achterliek des Segels. Kleine Windbändsel, am besten an den Enden der Lattentaschen befestigt, geben präzise Auskunft über die Anströmung des Segels in unterschiedlichen Höhen. Auch wenn die Fäden gerade bei Rollgroßsegeln oft abreißen, sollten sie schnellstmöglich nachgeklebt werden.

So soll es sein: Die Windfäden am Achterliek sollten gerade nach achtern auswehen, lediglich der oberste Faden darf ab und an nach Lee wegklappen.

Das Großsegel von unten und von achtern gesehen. Die erste Variante zeigt jeweils die Grundeinstellung. In der Mitte wurde die Großschot gelöst, der Baum kann steigen und das Segel twistet, es erhält einen Verdrehungseffekt. Je mehr Schotzug ausgeübt wird (dunkelgrau), desto mehr schließt sich das Achterliek, zusätzlich erhöht sich der RuderdruckFoto: YACHT/L. BolleDas Großsegel von unten und von achtern gesehen. Die erste Variante zeigt jeweils die Grundeinstellung. In der Mitte wurde die Großschot gelöst, der Baum kann steigen und das Segel twistet, es erhält einen Verdrehungseffekt. Je mehr Schotzug ausgeübt wird (dunkelgrau), desto mehr schließt sich das Achterliek, zusätzlich erhöht sich der Ruderdruck

Wenn auch die unteren Fäden nach Lee klappen, ist die Schot zu dicht und kann langsam bis zum gewünschten Ergebnis gefiert werden. Allerdings sollte dabei der Großbaum etwas steigen, um das Achterliek leicht zu öffnen. Der Niederholer darf also nicht zu dicht sein.

Bei böigem Wind ist darauf zu achten, die Schot so zu belegen, dass sie jederzeit schnell losgeworfen werden kann – entweder, um Druck aus dem Achterliek zu nehmen oder um den Anstellwinkel zu verringern. Das reduziert die Krängung in der Bö und die Gefahr, aus dem Ruder zu laufen.

Die Großschot ist sehr dicht genommen, das Achterliek des Großsegels schließt
Foto: YACHT/N. Günter

Großfall/Cunningham

Die Lage der maximalen Profiltiefe lässt sich mit der Vorliekspannung beeinflussen. Dabei kann oben und unten gezogen werden

Mit zunehmendem Wind verlagert sich die größte Profiltiefe des Groß­segels, der Bauch, nach achtern und nimmt zu, zu erkennen an waagerechten Falten im Vorliek. Das Segel wird weniger effektiv. Ein stärkeres Durchsetzen des Großfalls wirkt dem entgegen.

Die Veränderung des Profils bei zunehmendem Wind. Die Anschnittkante wird flacher, die größte Profiltiefe verlagert sich nach achtern. Die Wirksamkeit des Großsegels nimmt ab. Wird das Vorliek straff durch­gesetzt (unten), regeneriert sich das ProfilFoto: YACHT/L. BolleDie Veränderung des Profils bei zunehmendem Wind. Die Anschnittkante wird flacher, die größte Profiltiefe verlagert sich nach achtern. Die Wirksamkeit des Großsegels nimmt ab. Wird das Vorliek straff durch­gesetzt (unten), regeneriert sich das Profil

Je nach Reibung in der Keep geht jedoch Zugkraft verloren, sodass oft in der unteren Segelhälfte kaum noch etwas passiert. Da hilft der Einsatz eines Cunninghams. Meist ist das dafür benötigte Auge im Segel etwa 30 Zentimeter über dem Großbaum schon vorhanden, es muss nur noch ein Strecker eingeschoren werden. Mit diesem lässt sich das Vorliek durchsetzen, sodass sich der Bauch wieder nach vorn verlagert. Bei Rollsegeln fehlt der Cunningham konstruktionsbedingt, dafür sind sie im Anschnitt flacher.

Ist das Vorliek zu lose, wandert das Profil nach achtern
Foto: YACHT/N. Günter

Achterstag

Sein Zug beeinflusst die Mastbiegung und hat damit starken Einfluss auf das Profil des Großsegels

Neben der Mastkrümmung beeinflusst die Achterstagspannung auch den Durchhang des Vorstags, siehe Vorsegeltrimm. Für das Großsegel bedeutet mehr Mastbiegung eine deutliche Profiländerung. Wie stark ein Mast gebogen werden kann, hängt von der Art des Riggs und dessen Einstellung ab. Werden gepfeilte Salinge gefahren, ist meist mehr Biegung im mittleren Bereich möglich, da beim Biegen der Mast auch gestaucht wird und so die Oberwanten etwas Lose bekommen. Bei Riggs mit neutralen Salingen bildet der Anschlagpunkt der Salinge den Drehpunkt. Sie biegen mehr im dar­überliegenden Bereich.

Moderne Fraktionalriggs, bei denen das Vor­stag tiefer ansetzt als das Achterstag, lassen sich deutlich besser biegen als ältere, toppgetakelte Masten. Das liegt zum einen an der fehlenden Hebelwirkung, wenn beide Stage, Achterstag und Vorstag, auf gleicher Höhe ansetzen, zum anderen am Material. Ältere Masten sind oft deutlich stärker dimensioniert als moderne und aufgrund einer anderen Segelphilosophie auch nicht auf starke Biegung ausgelegt und geriggt.

Ein Galgen am Masttopp kann helfen, die bie­gen­­de Wirkung des Achter­stags zu erhöhen.

Das Achterstag ist lose, das Achterliekschließt, das Segel wird bauchiger
Foto: YACHT/N. Günter
Die Veränderung des Großsegelprofils beim Durchsetzen des Achterstags aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Das Achterliek öffnet, wodurch Druck verloren geht, was bei zunehmendem Wind erwünscht ist. Zugleich biegt sich der Mast, der Abstand zwischen Keep und Achterliek verlängert sich, das Segel wird gestreckt und das Profil abgeflacht. Das ist ebenfalls ein gewünschter Effekt bei zunehmendem Wind, da überflüssiger Druck abgebaut wird, ohne dass gerefft werden muss. Das Achterstag ist zu dicht, wenn diagonale Falten vom Schothorn aus entstehenFoto: YACHT/L. BolleDie Veränderung des Großsegelprofils beim Durchsetzen des Achterstags aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Das Achterliek öffnet, wodurch Druck verloren geht, was bei zunehmendem Wind erwünscht ist. Zugleich biegt sich der Mast, der Abstand zwischen Keep und Achterliek verlängert sich, das Segel wird gestreckt und das Profil abgeflacht. Das ist ebenfalls ein gewünschter Effekt bei zunehmendem Wind, da überflüssiger Druck abgebaut wird, ohne dass gerefft werden muss. Das Achterstag ist zu dicht, wenn diagonale Falten vom Schothorn aus entstehenDer Effekt des Achterstags auf das Großsegel, von 
unten betrachtet. Deutlich sind das Öffnen des Achterlieks sowie die Abflachung des Profils zu sehenFoto: YACHT/L. BolleDer Effekt des Achterstags auf das Großsegel, von unten betrachtet. Deutlich sind das Öffnen des Achterlieks sowie die Abflachung des Profils zu sehen

Niederholer

Die Schot kann Raumschots und vor dem Wind nicht mehr das Achterliek kontrollieren. Der Kicker übernimmt.

Je weiter die Großschot gefiert wird, desto geringer wird der Anteil ihrer vertikalen Zugkräfte. Sie regelt spätestens ab halbem Wind, abhängig von der Länge des Travellers, nur noch den Anstellwinkel zum Wind. Eine Kon­trolle des Zugs auf das Achterliek und damit des Segelprofils ist nicht mehr möglich. Diese übernimmt der Niederholer, auch Kicker genannt. Ohne ihn würde der Großbaum stark steigen und sich das Profil so vertwisten, dass das Segel kaum noch Wirkung hätte. Das komplette obere Drittel dreht dann oft so weit auf, dass es im Wind killt und keinen Vortrieb mehr erzeugt. Dann muss das Segel insgesamt dichter genommen werden, was den Segeldruckpunkt nach achtern verlagert und die meist auf Halbwindkursen ohnehin starke Luvgierigkeit zusätzlich erhöht.

Der Niederholer ist dicht, das Profil des Segels bleibt erhalten
Foto: YACHT/N. Günter

Da der Angriffspunkt des Niederholers am Baum weit vorn liegt, ist seine Hebelwirkung recht gering. Er muss große Kräfte übertragen und ausreichend dimensioniert sein, wie auch der Baum selbst, um Bruch zu vermeiden. Je stärker der Wind weht, desto mehr sollte der Niederholer dichtgenommen werden. Windbändsel helfen bei der Einstellung (siehe Großschot).

Stellung des Großbaums raumschots mit und ohne Niederholer. Je loser er gefahren wird (rechts), desto mehr steigt der Baum und das Segel vertwistetFoto: YACHT/L. BolleStellung des Großbaums raumschots mit und ohne Niederholer. Je loser er gefahren wird (rechts), desto mehr steigt der Baum und das Segel vertwistet

Traveller

Ein wichtiges Hilfsmittel am Wind im Zusammenspiel mit der Großschot

Bei leichtem Wind wird der Traveller etwas nach Luv gezogen und ermöglicht das Dichtholen des Großbaumes mit der Schot bis mittschiffs, ohne dabei das Achterliek zu sehr zu schließen. Denn je dichter der Baum kommt, desto stärker wird der vertikale Zug und desto geringer die Veränderung des Anstellwinkels. Bei zunehmendem Wind soll das Großsegel-Achterliek wieder geschlossener gefahren und gleichzeitig der Anstellwinkel vergrößert werden, was der Traveller durch Fieren ermöglicht. Fehlt er, kann auch der Niederholer benutzt werden, er ist jedoch durch die Biegung des Baumes weniger effektiv. Ein breiter Traveller im Cockpit ermöglicht vor allem bei böigem Wind ein schnelles Auffieren.

Drei Stellungen des Travellers – normal, nach Luv ge­zogen und gefiert. In der Luv-Stellung ermöglicht er Twist bei leichtem Wind, da die Großschot gefiert werden kann, ohne den Anstellwinkel zu verändern. Bei mehr Wind bleibt beim Travellerfieren das Profil er­halten, da die Schot nicht mitgefiert wirdFoto: YACHT/L. BolleDrei Stellungen des Travellers – normal, nach Luv ge­zogen und gefiert. In der Luv-Stellung ermöglicht er Twist bei leichtem Wind, da die Großschot gefiert werden kann, ohne den Anstellwinkel zu verändern. Bei mehr Wind bleibt beim Travellerfieren das Profil er­halten, da die Schot nicht mitgefiert wirdEin Traveller auf dem Kajütaufbau hält das Cockpit frei, lässt sich jedoch nur sehr schwer aktiv bedienenFoto: YACHT/N. GünterEin Traveller auf dem Kajütaufbau hält das Cockpit frei, lässt sich jedoch nur sehr schwer aktiv bedienen

Unterliekstrecker

Der Strecker am Schothorn hat großen Einfluss auf die Profiltiefe in der unteren Hälfte des Großsegels

Außer bei ganz leichtem Wind kann das Unterliek von Standard-Großsegeln bei Kursen hoch am Wind so dicht gefahren werden, dass es am Großbaum anliegt. Die meisten Segel sind so geschnitten, dass sie dann ihre optimale Form erreichen. Bei Rollgroßsegeln gilt diese Regel jedoch nicht. Sie haben im Unterliek weniger Tuch, weil sich sonst beim Aufrollen im Mast ein Wulst bilden und die Spindel beklemmen würde. Sie sollten so eingestellt werden wie rechts gezeigt. Dabei täuscht die Optik: Das Profil darüber hat dieselbe Form wie ein Standardsegel.

Für beide Varianten gilt: Mit zunehmendem Wind sollte das Unterliek immer straffer durchgesetzt werden.

Mehr Profiltiefe wird mit losem Unterliek erreicht
Foto: YACHT/N. Günter
Die Veränderung des Unterlieks in zwei Varianten. Wird es gelöst (Mitte), entsteht ein rundes, tiefes Profil, gut für Raumschots- und Vormwindkurse. Straff durchgesetzt (unten), flacht sich das Profil ab und erzeugt weniger Druck hoch am WindFoto: YACHT/L. BolleDie Veränderung des Unterlieks in zwei Varianten. Wird es gelöst (Mitte), entsteht ein rundes, tiefes Profil, gut für Raumschots- und Vormwindkurse. Straff durchgesetzt (unten), flacht sich das Profil ab und erzeugt weniger Druck hoch am Wind

Video Großsegeltrimm


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