Felix Keßler
· 07.03.2018
Ein gut getrimmtes Rigg bringt Sicherheit und ermöglicht optimale Segelleistungen. So wird zumindest die Grundeinstellung zum Kinderspiel
Der richtige Riggtrimm ist eine Grundvoraussetzung für optimale Segelleistung. Ziel dabei ist, bis auf wenige Ausnahmen, Spannung auf das Vorstag zu bringen, damit das Vorliek der Genua auf Amwindkursen nicht zu stark durchhängt, was fast immer mit Verlust an Höhe einhergeht. Zugleich beeinflusst die Mastbiegung auch das Großsegel. Ein in der Mitte nach vorn biegender Mast zieht das Groß in der Mitte flacher, was bei zunehmendem Wind Druck abbaut und den Reffpunkt hinausschiebt. Ebenso kann ein nach achtern und Lee biegender Masttopp Druck aus dem Groß nehmen, da das Achterliek öffnet.
"Wenn man durch die Häfen geht und sich verschiedene Riggs ansieht, kann man nur staunen, dass sie noch stehen" – Trimm- und Segelexperte Albert Schweizer.
Korrekter Riggtrimm ist aber auch ein wichtiger Sicherheitsaspekt. Grundsätzlich sind die Wanten und Stagen nur dazu da, den Mast vor dem Umfallen zu bewahren. Das lässt sich unter statischen Bedingungen, wie im Hafen ohne gesetzte Segel, schon mit sehr wenig Zug auf den Drähten erreichen. Offenbar verleitet dies auch viele Eigner dazu, ihr Rigg genau so zu belassen – mit einer zu geringen Vorspannung. Dabei lassen sich mit der simplen "Zollstockmethode" gute Ergebnisse erzielen – ganz ohne teure Präzisionswerkezeuge. Wir erklären sie ausführlich auf der fünften Seite.
Ein Trugschluss ist, dass dauerhaft stark gespannte Wanten die Struktur der Yacht zu stark beanspruchen. Das stimmt zwar grundsätzlich. So verändert eine Yacht über die Saison durch die Riggspannung geringfügig ihre Form, das sollte aber in der Konstruktion einkalkuliert und im Bau berücksichtigt worden sein. Besonders Holzboote sind hiervon betroffen. Das bedeutet jedoch nicht, lieber auf diese Spannung zu verzichten, sondern eher, auch während der Saison den Grundtrimm öfter zu überprüfen und bei Bedarf nachzutrimmen. In der Wintersaison sollte die Yacht dann entlastet in ihre Ausgangsform zurückkehren.
Riggs mit neutralen Salingen, die also ohne Pfeilung gerade vom Mast wegstehen, sind am besten zu trimmen; die Oberwanten übernehmen nur die seitliche Verstagung des Mastes. Der Längstrimm erfolgt vor allem durch das Achterstag, die achteren und vorderen Unterwanten, manchmal auch als Babystag ausgeführt, sowie durch Backstagen.
Diese kommen verstärkt bei Partialriggs zum Einsatz, bei denen das Vorstag nicht am Masttopp, sondern etwas unterhalb ansetzt. Je nachdem, wie groß dieser Abstand ist, wird von 7/8-Riggs, 9/10-Riggs oder 19/20-Riggs gesprochen, wobei dies meist keine genauen Längenangaben sind.
Ein Nachteil von Riggs mit neutralen Salingen ist, dass sie während des Segelns aufmerksamer getrimmt werden müssen, ohne Trimm in der Mastmitte stark arbeiten können und es durch Fehlbedienungen zum Mastverlust kommen kann.
Der Hauptunterschied zwischen der Topp- und der Partialtakelung besteht darin, dass bei Letzterem das Achterstag deutlich mehr Einfluss auf die Mastbiegung in Längsrichtung hat. Durch den Abstand zum Vorstagsansatzpunkt entsteht ein Hebel, womit gleichzeitig beim Anziehen des Achterstags das Vorstag gespannt und der Mast gebogen wird. Beim toppgetakelten Rigg dagegen geht fast die gesamte Zugleistung des Achterstags auf das Vorstag über. Deshalb ist es beim toppgetakelten Rigg besonders wichtig, eine leichte Vorbiegung zu erzeugen, da sonst eine Mastbiegung durch das Achterstag kaum möglich ist.
Die vor allem beim Partialrigg zu findenden Backstagen wirken wie ein zusätzliches Achterstag. Werden sie unter Zug gesetzt, geht dieser direkt auf den Anschlagpunkt des Vorstags, es dient also zur Regulierung der Vorstagsspannung. Das Achterstag wird dann in erster Linie zur Mastbiegung eingesetzt, dies vor allem bei viel Wind, um durch die größere Biegung das Großsegel flacher zu trimmen.
Riggs mit gepfeilten Salingen, die also etwas nach achtern vom Mast wegstehen, haben einen großen Vorteil gegenüber solchen mit neutralen Salingen: Sie sind deutlich einfacher zu bedienen. Backstagen und vordere Unterwanten oder Babystagen können entfallen, sie werden nicht zum Längstrimm des Mastes benötigt. Wenn die Pfeilung der Salinge stark genug ist und zudem die Oberwanten ganz außen am Rumpf ansetzen, ist zumindest bei kleineren Booten kein Achterstag nötig. Dann sind sehr weit ausgestellte Großsegel möglich, sogar mit sogenanntem Squarehead, da das Achterliek des Großsegels bei Manövern nicht am Achterstag hängenbleiben kann.
Durch den Anstellwinkel der Salinge setzen die Oberwanten etwas achterlich vom Mast an. Damit ist ihr Zug nicht direkt querab zum Mast gerichtet, sondern etwas nach hinten. Sie übernehmen also zusätzlich zur seitlichen Verstagung des Mastes zum Teil die Funktion des Achterstags oder ersetzen dieses sogar. Das ist ab einem Pfeilungswinkel von zirka 18 Grad möglich. Zudem lässt sich durch die Oberwanten die gewünschte Vorbiegung des Mastes deutlich einfacher erreichen als bei neutralen Salingen, da die Wanten über die Salinge den Mast nach vorn drücken.
Schon gewusst? Die Zollstockmethode:Etwas Tape, ein Zwei-Meter-Zollstock und ein Messschieber: Das sind die Utensilien, mit denen jeder die richtige Vorspannung auf die Oberwanten bringen kann. So erzielen Sie auch ohne teure Präzisionswerkzeuge beim Trimmen gute Ergebnisse.