Ein Tagestörn zur Osterzeit reicht oft aus, um sich einen Sonnenbrand im Gesicht zu holen. Aber wer denkt in diesem Moment ans Boot? Wer weiß, dass die Yacht nicht nur am Wochenende Sonne abbekommt, sondern rund 180 Tage im Jahr? Dass sie 24 Stunden täglich draußen steht? Für Segelschiffe gilt wie für Menschen: Vorbeugung erhöht die Lebensdauer.
Auch in nördlichen Regionen wird die UV-Strahlung immer stärker. Ein jährliches Wachstum von etwa einem Prozent wirkt auf dem Papier gering, hat aber spürbare Folgen: Kunststoffe verspröden, Lacke verwittern schneller und Stoffe altern rascher. Zehn Prozent mehr Strahlung pro Dekade, an sonnigen Sommertagen ist die Belastung mittlerweile vergleichbar mit dem Mittelmeerraum. Es ist verständlich, dass Klarlacke auf Rümpfen und Decks klassischer Yachten heute früher versagen als noch vor einigen Jahren. Manche Eigner übertreiben es jedoch und versehen jede Hutze mit einem maßgeschneiderten Mini-Überzug. Das macht das Verpacken des Bootes zu einer stundenlangen Prozedur, wobei der Schutzeffekt solcher Maßnahmen gering ist.
Im ersten Teil haben wir gezeigt, worauf es beim Sonnenschutz der Crew ankommt. In diesem zweiten Teil geht es darum, wie das Boot gegen die materialmordenden UV-Strahlen geschützt werden kann. Auch die Suche nach passenden Sonnensegeln stellt Segler immer wieder vor Probleme. Wir haben Dutzende Lösungen untersucht – vom in die Wisch gesteckten Sonnenschirm bis zur Hightech-Persenning. Die Testergebnisse können Sie hier downloaden.
Was beim Neukauf farbkräftig strahlte, ist oft schon nach zwei Saisons nur noch ein blasses Stück Leine. Doch die Farbstoffe eines Seils sind nur die unwichtigsten Anteile, die unter der immerwährenden Sonnenstrahlung schwinden. Deutlich weniger augenfällig ist der schleichende Verlust an Festigkeit, wenn die Fasern altern und spröde werden.
Besonders betroffen sind Hightechfasern wie Vectran, Aramid (Kevlar) oder PBO (Zylon); Letzteres ist gerade aus diesem Grund mittlerweile nur noch ein seltener Exot in den Katalogen der Seilereien. Schon nach wenigen Wochen verliert diese Faser einen Großteil ihrer Festigkeit. Aramide schaffen es immerhin noch gut eine Saison, bis sie 50 Prozent ihrer Belastungsfähigkeit einbüßen. Schoten mit Kevlar im Mantel sollten bewusst vor unnötiger UV-Belastung geschützt werden.
Eine Lösung können Taschen sein, welche die Schoten zumindest im Cockpit vor der Sonne schützen. Bei allen Tauen, die sich leicht wieder aufziehen lassen und ohnehin auf absehbare Zeit nicht benötigt werden, empfiehlt sich der schnelle Abbau vor längerem Verlassen des Bootes.
Nach einer Saison schon schlapp: Aramid hat dann nur noch 50 Prozent der Festigkeit
Schoten und Fallen aus Polyester und auch Dyneema sind insgesamt UV-resistenter. Sie erreichen meist auf mechanische Art und Weise das Ende ihrer Lebensdauer, bevor das Tageslicht die Festigkeit in kritischem Maße beeinflusst hat. Trotzdem sorgt das Licht für das Verhärten des Seils, die Fasern des Mantels werden grau und spröde. Tauwerk auf Polyester-Basis bleibt in puncto Haltbarkeit dennoch die bessere Wahl.
Die Segel einer Yacht sind nicht nur Wind-, sondern vor allem auch Sonnenlichtfänger. Allerdings sind die Fasern in erster Linie auf Zugbelastungen ausgelegt. Spätestens nach fünf Jahren sind erste UV-Schäden zu erwarten, ohne vernünftigen Schutz auch deutlich schneller. Erste Anzeichen sind sich auflösende Nähte, dann folgen Brüche an mechanisch stärker belasteten Partien. Bei Rollvorsegeln ist es immer das Achterliek, das die Lebensdauer bestimmt, weil es der Sonne selbst im eingerollten Zustand ausgesetzt ist.
Faustregel: je dicker das Garn, je schwerer der Stoff, desto besser der Schutz vor schädlicher UV-Strahlung.
Dabei gibt es einen einfachen Trick, die teure Garderobe zu bewahren: eine andere Lage Stoff zum Schutz darüber ausbreiten. Persenninge für Vor- und Großsegel sollten auf jedem Schiff vorhanden sein, solange die Tücher nicht nach dem Segeln komplett abgenommen und unter Deck gelegt werden. Beim Rollvorsegel gibt es auch Aufdopplungen oder schützende Farben. Der Effekt ist jedoch nicht so lang anhaltend wie eine Hülle aus kräftigem Tuch.
Ein Cover für die Edelstahlwinsch? Das ist eher etwas, um spontane Langfinger abzuschrecken, als die Lebensdauer der Winde zu verlängern. Nötiger hätten es Kunststoffblöcke, Luken, Fenster oder Hutzen – Kunststoffe verlieren mit der Zeit ihre Weichmacher, werden spröde. Dann brechen schon einmal die Griffe der Hebelklemmen, oder ein Block verliert seine Scheibe. Ein Überzug auf der teuren Winde sieht zwar lustig aus, ist aber für deren Haltbarkeit absolut überflüssig. Ganz anders verhält es sich mit den Leinen, die auf genau diesen Winschen belegt und bedient werden sollen – sie sind die mit Abstand empfindlichsten Gegenstände an Deck und sollten den größtmöglichen Schutz genießen. Die einzige Lösung: eine (allerdings teure) Komplett-Persenning.
Davon profitiert in jedem Fall auch das Deck, unabhängig ob Teak oder Kunststoff. Dabei gelten bei Holzdecks ohnehin eigene Regeln. Ein unlackiertes Stabdeck, trocken und dreckfrei, wird zwar grau, niemals aber kann es die Sonneneinstrahlung zerstören. Allerdings kann es seine Farbe ändern – mancher Betrachter mag das dann weniger schön finden als noch auf der Bootsmesse. Komplexer wird es, wenn das Holz behandelt ist, mit Lacken, Ölen oder Harzen. Dann kann die Sonne sehr wohl zerstörerische Kraft entfalten, Lacke reißen und Epoxide vergilben lassen. Daher gilt: Wer große Holzflächen an Bord hat, spart sich viel Pflegeaufwand, wenn er diese Bereiche mit einer Persenning abdeckt.