Hauke Schmidt
· 20.03.2023
Größe und Güte der Matratzen haben großen Einfluss auf die Liegequalität. Wie sich die Koje für erholsamen Schlaf verbessern lässt
In diesem Artikel:
Sanft und gleichmäßig schmatzen kleine Wellen gegen den Rumpf, irgendwo wünschen sich ein paar Möwen leise gute Nacht, sonst ist kaum ein Laut zu hören. Durch das offene Vorluk blinken die Sterne – nach einem ereignisreichen Segeltag ist alles zur Ruhe gekommen. Eigentlich optimale Voraussetzungen für eine ungestörte Nacht.
Dank der entspannten Grundstimmung findet die Crew in der Regel leicht in den Schlaf – doch erholsam ist der leider nicht immer. Die Probleme sind komplex. Zum einem muss die Koje genug Platz bieten. Wie viel Raum man genau zum Ruhen braucht, ist wie vieles rund um die optimale Nachtruhe eine individuelle Frage.
Zudem sind Form und Größe der Liegefläche in der Regel durch den Bootstyp vorgegeben und lassen sich im Nachhinein nur mit viel Aufwand verändern. Daher sollte dieser Punkt schon bei der Bootssuche beachtet werden. Die YACHT bewertet in den Bootstests den Komfort in den Kojen nicht nur im Vergleich zum Standard der Klasse, sondern auch bezüglich festgelegter Mindestmaße für durchschnittlich große Erwachsene in Einzel- oder Doppelkojen.
Wesentlich einfacher lässt sich der von den Polstern gebotene Liegekomfort verbessern. Das fängt schon mit der Aufteilung an. Zuweilen sind Einzelteile optimal geschnitten, um an die unter der Koje verbauten Stauräume zu kommen, aber nicht, um darauf bequem liegen zu können. Dann vermag ein sogenannter Topper Wunder zu wirken.
Serienpolster können nicht den Liegekomfort einer individuellen Matratze bieten. „Platzhalter“ nennt Stefan Bolz vom Matratzenhersteller Laroma aus Schleswig die Grundausstattung der Werften wenig schmeichelhaft. „Die Polster sollen vor allem schön aussehen“, so Bolz. Tatsächlich wird dem Liegekomfort werftseitig oft wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Selbst auf teuren Langfahrtyachten ist äußerst selten etwas anderes als eine aus Schaumstoff geschnittene Einlage vorhanden. Je nach Bootsgröße und Anspruch sind sechs bis elf Zentimeter Materialstärke üblich, vereinzelt zwölf und mehr.
Das ist weit weg von den rund 20 Zentimetern einer Mehrzonen-Matratze fürs heimische Bett. Kein Wunder also, dass an manchem Morgen das Kreuz zwickt, weil Nackenmuskeln verspannt oder Bandscheiben gestaucht sind. Selbst sonst robust gebaute, von keinen Wirbelsäulenschäden geplagte Segler berichten, dass sie an Bord zwar rasch in den Schlaf geschaukelt werden, nach einer im Grunde ruhigen Nacht im Hafen jedoch nicht so erholt aufwachen wie zu Hause.
Damit der Körper im Schlaf gut regenerieren kann, müssen sich die Muskeln entspannen können. Dafür ist eine möglichst natürliche Position der Wirbelsäule nötig. Orthopäden empfehlen hier die Seitenlage mit leicht gebeugten Knien. Voraussetzung dafür ist eine punktelastische Matratze, die zum Schläfer passt. Denn für die optimale Lage der Wirbelsäule müssen Schulter und Becken im Schlaf unterschiedlich tief einsinken können, während der Rumpf gestützt wird.
Um das zu erreichen, ist eine gewisse Mindestdicke nötig. „Selbst mit unseren hochwertigen Materialien sind 17 Zentimeter das Minimum. Ansonsten kann die Schulter nicht weit genug einsinken, und der Liegekomfort leidet“, so Bolz.
In der Serienausstattung kommt häufig ein weiterer Aspekt hinzu: Die ohnehin dünnen Polster sind oft zu hart. Denn die Dichte des eingesetzten Schaums reicht nicht aus. Um mangels Masse dennoch eine gewisse Festigkeit zu erreichen, wird leichtem Schaumstoffen reichlich Härter beigemischt. Das funktioniert zwar eine Zeit lang, aber nach einigen Jahren fallen solche Polster regelrecht in sich zusammen. Zudem zwingen zu harte Polster den Schläfer automatisch in die Rückenlage, erklärt Bolz. Dann ist die Wirbelsäule zwar entspannt, dafür droht das Schnarchen. Ebenfalls keine guten Voraussetzungen für eine erholsame Nacht.
Zu weich dürfen die Polster im Übrigen auch nicht sein, denn dadurch kann nicht nur die Wirbelsäule durchhängen, es wird auch die natürliche Schlafbewegung behindert. Im Verlauf der Nacht wechselt der Mensch die Liegeposition mehr als 30-mal. Wird dieses Umlagern gestört, kann es zu Verspannungen kommen, oder die Schlafphasen werden unterbrochen. Laut Matratzenexperte Bolz sind gerade die nötigen Schaumhärten und deren Verteilung über die Liegefläche höchst individuell – sie hängen von der Größe, dem Gewicht und dem Körperbau des Schläfers ab. Letztere unterscheidet sich in der Regel zwischen Mann und Frau. Männliche Schläfer mit breiterem Kreuz benötigen eine ausgeprägtere Schulterzone, während bei Frauen meist das Becken weiter einsacken muss.
Sollen beide bequem im gleichen Bett liegen, ist ein angepasstes Polster nötig, wobei im Grunde drei Härtezonen ausreichen, so Bolz. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass der meist in drei Stufen angegebene Härtegrad kein absolutes Maß ist – sprich, die harte Matratze des einen Herstellers verhält sich anders als das gleich eingestufte Polster eines zweiten Produzenten. Bezüge, Polster und Unterbau müssen besonders atmungsaktiv sein. Da der Mensch über Nacht durch Schwitzen im Mittel einen halben Liter Wasser verliert, im Sommer auch leicht das Doppelte, darf es nicht zu einem Wärme- und Feuchtigkeitsstau kommen; sonst durchnässt die Matratze, und binnen kürzester Zeit bilden sich an der Unterseite Spak und Schimmel. Die lassen sich nicht einmal durch Waschen der Bezüge beseitigen, weil die Sporen in den Polstern selbst siedeln.
Die Folge: Es riecht unangenehm – der typische Muff, der einem auf vielen Booten entgegenschlägt. Aber das ist nicht alles. Auch hygienisch bilden solche Feuchtigkeitsschäden eine Dauerbaustelle. Nicht nur für Allergiker stellen sie eine fortwährende Belastung dar.
Gründe, über einen Austausch der Polster nachzudenken, gibt es also genug. Spätestens wenn die alten Matratzen durchgelegen sind, stellt sich die Frage: Was nun? Einfach die bestehenden Schäume durch neue Ware ersetzen oder doch zur eigens optimierten Matratze greifen?
Gegenüber einem Bett zu Hause sind gute Kojenpolster Maßarbeit. Erstens erfordern sie praktisch immer einen dreidimensionalen Zuschnitt, weil die Schräge der Bordwand und die Einschnürung des Rumpfes im Bug und Heckbereich keine rechtwinkligen Formen erlauben. Zweitens sind sie wegen der Bauhöhe häufig beschränkt. Vor allem in den Achterkammern unter der Cockpitwanne kommt es mitunter auf jeden Zentimeter Luft nach oben an, gerade bei älteren Booten mit geringem Freibord und tiefer Plicht. Je dünner aber die Polster, desto schlechter in der Regel der Schlafkomfort. Zuweilen wird die Bauhöhe der Polster auch durch ungünstig angebrachte Schapps oder Schränke zusätzlich begrenzt.
Davon weiß Maria Emmrich von Calypso Schafsysteme ein Lied zu singen. „Wir arbeiten dann mit abgeschrägten Bereichen oder mobilen Einlagen, denn jeder Zentimeter Schaumhöhe verbessert den Liegekomfort. Für besonders knappe Situationen hat der Anbieter aber auch eine nur elf Zentimeter dünne Matratze im Programm.
Trotz der oft beengten Platzverhältnisse an Bord ist eine ausreichende Belüftung von großer Bedeutung. Individuell angefertigte Matratzen verfügen in der Regel von Haus aus über integrierte Belüftungskanäle und atmungsaktive Bezugsstoffe. Ein spezieller Unterbau, etwa ein Lattenrost, ist daher nicht erforderlich. Spezialmatratzen für Yachten lassen sich auch direkt auf die Kojenbretter legen, ohne dass ein unerwünschter Feuchtigkeitsstau zu befürchten steht. Die heute gängige Lösung ist in die Matratze oder den Bezug selbst integriert: ein gitterartiges Abstandsgewebe, das Distanz zur Auflage sowie zur Bordwand schafft und Nässebildung effektiv entgegenwirkt.
Dieses Abstandsgewirk gibt es auch einzeln zu kaufen, beispielsweise von Gisatex. Unter dem Polster platziert, lässt sich die Belüftung einfacher Serienpolster verbessern. Kommt es trotz dieser Maßnahmen zu Kondenswasserbildung, hilft mitunter eine simple Fleecedecke weiter. Nach unseren Erfahrungen verbessert eine dünne, als Bettlaken auf das Polster gelegte Decke die Situation deutlich, da sie die Feuchtigkeit seitlich abtransportiert, bevor diese in den Schaum zieht.
Negativ können sich auch Baumwoll-Bettlaken auswirken, vor allem, wenn ihr Schnitt nicht zum Polster passt und das überschüssige Material einfach daruntergestopft wird. Ein derartiges Stoffknäuel behindert den Luftaustausch und sorgt damit für Spak.
Die mit Abstand beste Belüftung bietet eine Unterfederung. Neben den klassischen Lattenrosten, die mitunter den Zugang zum Stauraum erschweren, sind inzwischen diverse Tellerfeder-Systeme erhältlich. Allen gemein ist, dass sie zwischen drei und sechs Zentimeter Bauhöhe benötigen. Für den optimalen Liegekomfort sollte man diesen Raum allerdings besser in eine Spezialmatratze stecken, rät der Experte Bolz.
Fazit: Ein Investment in gute Matratzen lohnt sich immer und macht den Bordaufenthalt noch erholsamer.
Um die Härteverteilung der Matratzen individuell anzupassen, gibt es diverse Konzepte
Federsysteme können den Liegekomfort verbessern, sorgen aber vor allem für gute Belüftung
Was bei der Ermittlung der Polsterform wichtig ist
Die Schmiege beachten! Um die Grundfläche der Auflagebretter zu messen, zunächst die Länge, dann an mindestens vier Punkten die Breite notieren. Alternativ kann die Fläche mit einer soliden Kunststofffolie quasi abgepaust werden. Damit das Polster passgenau bis an die Bordwand reicht, muss die Schmiege ermittelt werden. Dazu einen Holzklotz – oder Ähnliches – in der Höhe der neuen Matratze auswählen und an mindestens vier Punkten die Zugabe vom unteren Rand aus bis zum Rumpf bestimmen. Angeben, ob die Polster längs oder quer geteilt werden sollen und wo Einlagebretter nötig sind.