Die 23,99 Meter lange Baltic 80 Custom wurde von einem erfahrenen Segler in Auftrag gegeben, der erstmalig bei Baltic Yachts geordert hat. Die finnische Werft formuliert den Bauauftrag so: ein schneller Offshore-Cruiser, der das Leistungspotenzial hat Mittelmeerregatten zu gewinnen. Diese Vorgaben überführte Judel/Vrolijk & Co in Linien und leichte Strukturen. Der Carbonrumpf läuft im Heck mit der maximalen Breite von 6,27 Metern aus und ist im Gegenzug auf Höhe der Wasserlinie stark eingeschnürt. Das Bremerhavener Konstruktionsbüro zeichnete einen dezent negativen Steven und zum Deck hin verjüngte Bordwände, die in einen langen Bugspriet übergehen.
„Ursprünglich lag der Fokus auf Performance, wir entwickelten das Konzept mithilfe umfangreicher CFD- und Rating-Studien“, erklärt Konstrukteur Rolf Vrolijk. „Mit der Einbeziehung des Kunden gewannen Cruising- und Wohnbelange an Bedeutung. Wir haben uns entschieden, die breiten Rumpflinien für hohe Stabilität im Racing und Cruising beizubehalten. Der Freibord wurde so niedrig wie möglich konzipiert, um den Raumanforderungen an das Interieurs gerecht zu werden. Im Vordergrund standen ein schlankes Aussehen und ein besserer vertikaler Schwerpunkt.“
Als Anhänge dienen Doppelruder und Liftkiel, der Tiefgänge von 3,50 Meter bis 5,30 Meter ermöglicht. In der Heckgarage parkt ein Williams Sportjet 395. Im Race-Modus wird die J1 über eine Querschiene gefahren, für leichte Bedienbarkeit wird im Cruising-Modus auf die Selbstwendefock gewechselt. Das Großsegel rollt sich aus dem Baum. Eine große Luke im schieren Vordeck ermöglicht den Zugang zu einer geräumigen Segellast, die nicht – wie sonst üblich in diesem Größensegment – von einer Vorschiff-Kabine eingeschränkt wird.
Judel/Vrolijk & Co erhielt für das Exterieurdesign Unterstützung vom deutschen Produktdesigner Jens Paulus, der auch maßgefertigte Objekte für Hermès entwirft und für den mallorquinischen Konstrukteur Javier Jaudenes arbeitete. Daraus entstanden für Baltic bereits „WinWin“ (33 m, 2014) und zuletzt das 68-Fuß-Kleinserienmodell Café Racer. Aus dem Austausch mit Paulus erwuchs der flache Aufbau mit umlaufendem Fensterband, der auf dem Deck zu schweben scheint. Auch dürfte die roséfarbene Lackierung aus der Kooperation hervorgegangen sein, die das Carbon-Rigg und weitere tiefschwarze Details akzentuieren.
Die Gestaltung unter Deck ist eine Gemeinschaftsarbeit von Jens Paulus und Axel Vervoordt. Sie setzen auf Details aus Sichtcarbon und ließen das Gros der Oberflächen lackieren oder mit Stoff beziehen, lediglich Türen und Böden sind mit Holz verkleidet. Einen neuen Weg gingen die Gestalter bei der Raumaufteilung: Statt als Mastersuite im Vorschiff legten sie die Eignerkabine achtern an der Steuerbordseite an. Gegenüber ist sogar noch Platz für die Crew-Kabine für zwei Personen, die ähnliche Abmessungen hat wie die größere der beiden Doppel-Gästekabinen vor dem Mast. Baltics Projektleiter Lars Gripenberg beleuchtet die Vorteile des ungewöhnlichen Layouts: „Es ist sehr vielseitig und eignet sich gut für das Segeln auf hoher See. Sie wird unter Segeln bemerkenswert schnell sein und auf dem Wasser atemberaubend aussehen. Man könnte sie in Nordeuropa segeln sehen, bevor sie nach Süden in Richtung Mittelmeer fährt.“
Die Baltic 80 Custom entstand in Carbon-Epoxid-Bauweise. Der Rumpf und die strukturellen Schotten bestehen aus Sprint-Laminaten mit Schaumkern und Prepreg-Carbon-Verstärkungen. Für das Deck verwendeten die finnischen Yachtbauer Prepreg-Carbon mit einem Kern aus Nomex. Die gesamte Decks-Struktur wiegt nur 6,5 Tonnen. Heckkorb, Relingstützen und die Pop-up-Klampen sind aus Titan, um Gewicht und Wartungsaufwand zu reduzieren. Das Ankersystem ist übersichtlich und einfach, mit einer Aussparung im Bugspriet, die das Eisen während der Fahrt sicher und sofort einsatzbereit hält. Zudem befindet sich auf dem Vordeck eine einziehbare hydraulische Festmacherwinde.
Bei Flaute erfolgt der Antrieb konventionell über einen 172 Kilowatt starken Dieselmotor. Zusätzlich zum Hauptgenerator verfügt der Motor über eine zweite Lichtmaschine, die speziell für das Laden der Batterien vorgesehen ist. Bei typischer Nutzung soll die Batteriekapazität ausreichen, um die Klimaanlage die ganze Nacht hindurch zu betreiben, ohne den Generator nutzen zu müssen.
In den neuen Baltic-Hallen am nun alleinigen Ostsee-Standort in Jakobstad wird am dritten Café Racer (68 Fuß) und einem 65-Fuß-Einzelbau mit klassischen Linien gearbeitet.