Lennart Burke und Melwin FinkDas neue deutsche Dream-Team in der Class 40

Andreas Fritsch

 · 28.03.2023

Lennart Burke (l.) und Melwin Fink beim Winter-Training auf ihrer Pogo 40 S4, der Baunummer 7, vor Lissabon
Foto: YACHT/A. Lindlahr
Den beiden Mini-Transat-Seglern Lennart Burke und Melwin Fink ist der Umstieg in die nächsthöhere Liga gelungen. Nun segeln sie gemeinsam mit einem Neubau in der Class 40. Ein Bordbesuch

Es gibt so unfassbare Glücksmomente im Leben, dass man sie kaum begreift, wenn sie geschehen. Für Lennart Burke gab es 2021 einen solchen Moment, als einer seiner größten Wünsche wahr wurde: Er beendete erfolgreich das Mini-Transat, kam als Achter der zweiten Etappe an. Mit gerade mal 21 Jahren hatte sich der Stralsunder aus der Melges-24-Klasse in drei Jahren einen Lebenstraum erfüllt. Noch im Adrenalinrausch nach der Ankunft klingelte dann in der Karibik sein Telefon.

„Es war ein deutscher Segler und Unternehmer dran, Joachim Wünning, der mein Mini-Transat-Projekt verfolgte und den ich von einem Performance-Training auf seiner Pogo 10.50 kannte.“ Beide waren sich damals auf Anhieb sympathisch gewesen. Und dieser Segler sagte dann am Telefon, er habe eine brandneue Class 40 S4 von Pogo bestellt und würde sie gern Burke gegen eine Chartergebühr zur Verfügung stellen, damit dieser in die wohl aktivste und technisch professionellste Offshore-Bootsklasse unter den Imocas einsteigen kann.

„Ich konnte das in dem Moment gar nicht so recht realisieren, ich war total geplättet. Ich habe natürlich sofort zugesagt. Aber danach habe ich erst mal alle meine engsten Vertrauten angerufen und mit denen lange darüber gesprochen. Ich musste echt aufpassen, dass ich auf dem Boden bleibe.“

Die Class 40s sind nach den Open 60s der Vendée Globe die wichtigste Stufe, die es zu nehmen gilt, wenn man zu den ganz Großen des Offshore-Regattasegelns aufschließen will. Auch Boris Herrmann ist wie so viele diesen Weg gegangen.

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Schon im Hafen wirkt die Class 40, als wolle sie gleich abheben

Jetzt, eineinhalb Jahre später, steht Lennart Burke im portugiesischen Cascais am Steg vor seiner brandneuen „Meganisi“, benannt nach einer griechischen Insel, auf der sein Unterstützer Wünning zukünftig ein Segelzentrum aufbaut. Und man hat noch immer das Gefühl, dass er sein Glück nicht so recht fassen kann. Wintertraining steht auf dem Programm, das Boot kennenlernen, beherrschen in jedem Wetter. Die YACHT segelt einen Tag mit.

Und was für ein aggressives Design da am Steg schwimmt. Die Pogo 40 S4 hat den bulligen, brachial wirkenden fülligen Bug, den alle Top-Boote der Klasse mittlerweile zeigen. Der Mast steht weit achtern, hat beeindruckende neun Grad Fall, der hochgezogene Bug schwebt die ersten 1,5 Meter weit über der Wasserfläche. Schon im Hafen wirkt die Class 40, als wolle sie gleich abheben, könne vor Kraft kaum laufen.

Und dann kommt Melwin Fink um die Ecke, der Überraschungsdritte des letzten Mini-Transats, der mit einem Husarenritt im Sturm die erste Etappe furios gewinnen konnte. Denn tatsächlich ist aus dem Duo Burke und „Meganisi“ nun ein Trio geworden. Und wieder passte es wie die Faust aufs Auge. „Nach dem Mini-Transat wollte ich eigentlich direkt eine neue Kampagne für die nächste Auflage starten, das klappte aber nicht, und so hatte ich ein Studium begonnen“, so der mittlerweile 20-Jährige. Und dann kam auch bei ihm ein Anruf. Von Lennart Burke.

Zwei der besten deutschen Offshore-Nachwuchssegler in einem Team

„Wir sind Freunde seit dem Mini-Transat, und viele der Regatten der Class-40-Szene sind doublehanded. Da ich mitbekommen hatte, dass Melwin sein Projekt aus Geldmangel auf Eis legen musste, lag es auf der Hand, ihn zu fragen, ob wir das zusammen machen wollen.“ So kam es dazu, dass zwei der besten deutschen Offshore-Nachwuchssegler nun ein schlagkräftiges Team bilden.

Obendrein ist es aber auch eine Budget-Frage, wie beide ganz unumwunden zugeben. Sie wollen in diesem Jahr allein fünf große Rennen segeln, das Normandie Channel Race, Spi Quest, Les Sables-d’Olonne– Horta, Fastnet und im Herbst als ganz großes Highlight das Transat Jacques Vabre, und müssen erst einmal in der Klasse Fuß fassen, mit dem Boot warm werden. Das hat seinen Preis.

Wir machen bislang alles selbst. Das hält man ein Jahr aus, danach bist du ausgebrannt.“ (Melwin Fink)

„Wir suchen ein Budget von idealerweise 150.000 Euro für ein Jahr.“ Und noch fehlt der Hauptsponsor. Zurzeit kommen die beiden über die Runden, Burke hat seinen Mini verkauft, Fink seinen verchartert. Beide machen neben dem Training noch Jobs, überführen Yachten, bieten Trainings an, nehmen Gäste mit auf der Pogo auf der Strecke von Frankreich ins Winter-Trainingslager bei Lissabon. Die Starts in den Regatten sind so gesichert. Doch: „Das ist aber natürlich nicht nachhaltig“, erklärt Melwin Fink. „Wir machen bislang alles selbst, sind Bootsmann, Manager, Skipper und basteln ständig am Boot für Verbesserungen. Das hält man ein Jahr aus, danach bist du ausgebrannt.“

Die Class 40 von Pogo ist eine echte Waffe

Und zunächst einmal müssen sie richtig schnell werden mit der Class 40, schließlich ist das eine ganz andere Welt, die Pogo eine echte Waffe. Die französische Werft hat mit dem Guillaume-Verdier-Design von 2021 einen Volltreffer gelandet. Es segelte beim letzten Transat auf das Podium, danach explodierte die Nachfrage.

„Das war echt schräg“, erzählt Lennart Burke. „Der Werftchef wollte mich erst kennenlernen, bevor auch wirklich klar war, dass wir das Boot bekommen. Sie wollten, dass es jemand mit Ambitionen segelt“, erklärt er schmunzelnd.

Diese „Waffe“ wollen wir kennenlernen. Es geht raus auf den Atlantik bei schönstem Sonnenschein und zunächst nur um die zehn Knoten Wind. Schon erstaunlich gut eingespielt wuseln die beiden über das Boot, setzen Groß und J2, später den sehr futuristisch wirkenden transparenten Code Zero. Im Leichtwind ist das eine seltsame Erfahrung. Mit wenig Fahrt, noch so um die sieben Knoten, patscht der voluminöse Bug der „Meganisi“ regelrecht in die Wellen. Das ganze Schiff vibriert und arbeitet, das Rigg schüttelt sich. Plump und zäh fühlt sich das an, besonders wenn die Welle von schräg vorn kommt.

Doch als wir weiter aus der Windabdeckung der Küste kommen und der Wind stetig zunimmt, dazu etwas abgefallen, kommt plötzlich Leben ins Schiff. Der Bug beginnt, sich auf seine Welle zu schieben. Erst erhöht sich die Frequenz der noch sehr spürbaren Schläge, dann ist es plötzlich so weit: Das Boot schüttelt spielend leicht seine Heckwelle ab, und die Bugwelle links und rechts wird immer höher. Dann kommen die ersten 18er-Böen, dann 20er, und das Schiff schüttelt sich und rast dann los wie eine wild gewordene Bulldogge. Dabei wirft es monströse Wellenberge links und rechts weg, die bis hoch über das Unterliek des Code Zero ins Segel spritzen. Alle klassische Segelerfahrung schreit, dass dies nicht schnell sein kann, aber das Gegenteil ist der Fall. Mit einem Windeinfallswinkel von etwa 90 bis 100 Grad fegt die Pogo S4 in den Böen von 23, auch mal 25 Knoten mit 18,7 Knoten Speed dahin.

Die neusten Class 40s sind schneller als alte Imocas

Kein Wunder, dass die neusten Class 40s mittlerweile in guten Bedingungen schneller sind als die älteren Imocas ohne Foils. Top-Speed der beiden bisher: 21 Knoten. Genau wie die größeren Racer segelt das Schiff dabei unter Autopilot mit der Doppelruderanlage wie auf Schienen. Obwohl: Meist ist das am Heck angehängte Luvruder hochgeklappt.

Burke und Fink sehen mein ungläubiges Staunen und Grinsen. „Das ist schon ein geiles Boot, was?“ Allerdings. Wie sie als Mini-Segler nach nur vier Monaten Training den Umstieg erleben, wollen wir von ihnen wissen. Wird das eine lange Lernkurve? Wie tastet man sich ran an so ein neues Geschoss?

Das ist viel körperlicher, wir müssen beide mehr Muskelmasse aufbauen!“ (Melwin Fink)

„Das ist schon anders, viel körperlicher, wir haben bereits festgestellt, dass wir beide mehr Muskelmasse aufbauen müssen“, erzählt Melwin schmunzelnd. „Die Segelflächen sind hier schnell 200, 300 Prozent größer. Wenn beim Mini etwas schiefgeht, kannst du auch mal ein beim Bergen über Bord gegangenes Segel aus dem Wasser ziehen. So etwas geht hier nicht mehr!“ Doch ansonsten segle sich das Schiff eigentlich wie ein Mini. Nur eben wie auf Steroiden.

Der volle Bug ist für jemanden, der das Prinzip noch nicht erlebt hat, wirklich eine Offenbarung. Das Boot kommt einfach irre schnell mit dem Bug hoch aus dem Wasser. Und das obwohl eine Class 40 durch strenge Regeln weit davon entfernt ist, so ein Hightech-Leichtbau-Monster wie ein Imoca zu sein.

Die strengen Klassen-Regeln der Class 40

Es ist ein Kompositbau aus multiaxialen Glasfaser-Gelegen mit Schaumkern, zwar in Vakuumbauweise gefertigt, aber mit normalem T-Stahlkiel mit Bleibombe darunter. Der ist nicht schwenkbar, also braucht es keine Schwerter, und Foils sind verboten. Nur Rigg und Bugspriet bestehen aus Kohlefaser, ansonsten sind alles normale Glaslaminate, nicht einmal Epoxid ist erlaubt. Die Elektronik an Bord muss aus dem Regal der Ausrüster stammen, darf nicht mehr als 20.000 Euro in Summe kosten. Spezialanfertigungen, Titan, PBO-Stagen – alles verboten. Kostenkontrolle ist eine wichtige grundlegende Maxime der Klasse.

Wobei das natürlich relativ ist. 530.000 Euro kostet die Pogo ohne Extras und vor allem ohne die acht erlaubten Segel, die leicht noch einmal an die 100.000 Euro verschlingen. Burke und Fink fahren mit Ware von Incidence Sails. Das Groß ist ein 3D-Volllaminat aus einem Stück mit vier Reffreihen. Letzteres befreit laut Klassenregel von der Mitnahme eines Try-Segels. Dann kommen die Focks (Jib, J) 1, 2, 3, ein Code Zero und drei asymmetrische Raumschotssegel, gerollt und am langen Bugspriet an-geschlagen. Teure Garderobe, aber unter dem Strich kostet eine Class 40 regattaklar nur etwa ein Zehntel eines Imoca. Auch deshalb besteht die Klasse noch immer zur Hälfte aus zahlungskräftigen Amateuren, welche die potenten Boote genießen und das Abenteuer von Langstreckenregatten suchen.

Als Konstrukteure tummeln sich in der Klasse die großen Namen genauso wie bei den Imocas: Guillaume Verdier, Sam Manuard, VPLP und alte Haudegen wie Marc Lombard oder Newcomer wie David Raison sorgen für die Weiterentwicklung der Klasse und manche Innovationen wie eben den fülligen Bug.

Die Klasse ist gut für riesige Starter-Felder. Bei der letzten Transatlantik-Regatta Route du Rhum, die für die Class 40 denselben Stellenwert wie die Vendée Globe für die Imocas besitzt, waren 55 Boote am Start. Ganze 17 mehr als bei den Imocas.

Team-Spirit statt Konkurrenz

Ist die Rivalität bei den Class 40 auch so stark wie bei den Imocas? „Nein, da hat sich die Klasse etwas einen schönen Team-Spirit erhalten, ähnlich wie beim Mini-Transat“, erzählt Lennart Burke. Als klar war, dass er in die Klasse umstieg, hat er einfach Skipper angesprochen, durfte sich ihre Boote anschauen, fragte sie nach ihren Erfahrungen. Der Schweizer Simon Koster, der immerhin schon aufs Podium bei Transatlantik-Rennen gefahren ist, hat sie dann einfach mal auf die 220-Meilen-Überführung seiner Class 40 zum Start der Route du Rhum eingeladen.

„Er hat uns ganz viele Manöverabläufe erklärt, die Segelwechsel machen lassen, stand daneben und gab Ratschläge. Das war superlehrreich“, schwärmen die beiden frischgebackenen Class-40-Rookies. Etwa den Tipp, wie man nachts am besten die ganzen Fallen auseinanderhält. „Jedes Segel hat hier ein eigenes Fall mit Fallenschloss“, erklärt Melwin Fink. Es sei superwichtig, dass jedes einen eigenen Anschlageort am Mast hat, den auch jeder verinnerlicht hat, sonst kann nachts übermüdet einiges schieflaufen. Es sind solche Kleinigkeiten, von denen sie reichlich mitgenommen haben.

„Am beeindruckendsten fand ich, wie der im Segeln aufgegangen ist. Er hat in 24 Stunden ständig die Segel getrimmt, die Leistung per Software gecheckt, das Routing im Auge behalten. Der lebt das wirklich, hat in 24 Stunden vielleicht eine Stunde geschlafen“, so Melwin.

Bedienung der Software kann entscheidend sein

Und natürlich bringt so eine Class 40 auch eine für Mini-Transat-Segler ganz neue Dimension mit. Sie hat moderne Taktik- und Wetter-Software an Bord: Adrena. Das sei schon eine ganz neue taktische Variante, sagen beide Segler. „Aber auch eine willkommene“, so Melwin. „Im Mini-Transat segelst du oft mit total groben Wetterdaten, weil es die zu selten gibt und die räumliche Auflösung der Modelle viel zu groß ist.“

Hier seien via Satelliten-Verbindung immer die neuesten Daten an Bord. Die Software mit Polardaten, Routing-Varianten, Segel-Konfigurationen müsse man perfekt bedienen können, ansonsten habe man schnell einen Nachteil. Beide stecken schon voll drin im Umgang mit der Technik. Mit der Pogo 40 S4 sind sie bislang richtig happy, zumal Lennart Burke in der Bauphase mehrfach die Werft besuchen und auch Änderungen unterbringen konnte. So erhielt das Rigg zwei Salingspaare statt einem für mehr Stabilität im hohen Seegang. Eine fünfte Winsch im Cockpit für glattere Manöverabläufe kam hinzu, und er ließ die beiden Wassertanks an den Seiten noch unterteilen, um den Trimm in der Längsachse besser variieren zu können.

„Bei den modernen Class 40 ist es enorm wichtig, den Bug aus der Welle zu bekommen, ansonsten läuft das Boot einfach nicht gut. Dafür ist auch ein 150-Liter-Tank achtern eingebaut. Wir stauen auch alle Segel bei Downwind-Kursen achtern auf Deck, damit das Schiff so weit den Bug hebt wie nur möglich.“

Nächste Stufe: Training mit anderen Class-40-Skippern

Ihr Fazit nach dem Wintertraining ist durchweg positiv: Sie hätten alle Manöverabläufe verinnerlicht, wüssten, bei welchen Bedingungen welche Segelkombinationen gut funktionieren, hätten den Trimm verfeinert. „Jetzt kommt die nächste Stufe: Wir segeln zurück nach Lorient und messen uns in den ersten Trainings mit anderen Class-40-Skippern. Erst dann wissen wir, wo wir stehen!“, meint Melwin.

Derweil segeln wir weitere Schläge auf dem Atlantik. Das Cockpit erweist sich als gut geschützt, dicht unter dem Überhang des Kabinendachs gibt es zwei Sitzplätze, die durch Fenster direkt nach vorn und oben sehr guten Blick in die Segel ermöglichen, ohne bei Rauschefahrt nass zu werden. Für Leichtwindbedingungen oder Starts sind zudem auf den Seitendecks Rückenstützen mit eingeklebten Schaumstreifen fest anlaminiert, die superbequemes Steuern an der Teleskop-Pinne erlauben. Zentrum von allem ist die zentrale Winsch auf einem Podest, vor der sämtliche Leinen vom Vorschiff ankommen, Reffs, Strecker. Die Fallen werden aber direkt am Mast bedient, sind nicht ins Cockpit umgelenkt.

Man fühlt sich gut geschützt im Cockpit, trotzdem sind die Winschen und Klemmen sehr gut erreichbar. Letztere sind meist Konstriktor-Tauwerkklemmen, wie auch auf Imocas üblich. Auch sonst ist beschlagsmäßig alles vom Feinsten: Harken-ST-50-Winschen, Karver-Rollanlagen und -Fallenschlösser, Antal-Beschläge. Was sofort beim Gang über das Deck auffällt, ist der enorme Platz auf dem breiten Bug. Für Segelwechsel ideal, nur manchmal schlecht für den Halt, wie Melwin erzählt.

Der laut heulende Kiel erzählt von der Geschwindigkeit der Pogo

Später reachen wir dann mit der großen Fock und ungerefftem Groß bei 18 bis 21 Knoten Wind. Das Boot liegt dabei neutral auf der Pinne, wird in den Böen einfach nur schneller, fliegt mit 15 Knoten dahin, entwickelt nicht mal in Böen Ruderdruck. Beeindruckend. Wie schnell man ist, zeigt dabei auch der lauter heulende Kiel an. Das sei aber mit etwas Finetuning der Abrisskante zu beheben, meinen die beiden.

An Deck fallen beim Blick die Decks entlang die drei Schläuche außen am Rumpf auf. Das Boot hat Ballasttanks mit 750 Liter Wasser auf jeder Seite, 150 Liter im Heck. Die halbrunden Schnorchel sind die Tankentlüftungen. Langsam legt sich gegen späten Nachmittag der Wind vor Cascais, sanft geht es zurück in den Hafen.

Freundlich und hell unter Deck

Zeit für eine Tour unter Deck. Wer durch das enge, wasserdicht verschließbare Niedergangsluk taucht, ist zunächst überrascht. Statt der dunklen Kohlefaser-Höhlen vieler Hightech-Racer erwartet einen sanftes, gelbes Licht. Die Schaumplatten mit Glasüberzug sorgen für eine angenehme, freundlichere Atmosphäre. Und was sofort auffällt: die Oberflächen. Kanten, auflaminierte Verstärkungen – alles wirkt supersauber verarbeitet, das Oberflächen-Finish ist makellos.

„Das hat uns auch begeistert“, erzählt Lennart Burke. „Pogo hat ein Team, das nur die Racer baut, deren Qualitätsniveau ist wirklich super“, sagt der Deutsche, der während des Baus siebenmal in der Werft war, um die Fortschritte zu begleiten. Was unter Deck sofort ins Auge springt, ist aber das Vorschiff. Zehn runde, A-förmig angeordnete Streben stützen das Deck im Vorschiffsbereich. Eine bootsbauerische Folge des großvolumigen Bugs, wie Lennart uns erklärt.

„Die große Breite des Bugs und der starke Wellenschlag von unten machen sie nötig, sonst ist das Schiff nicht steif genug. Zu Beginn hat man die nicht eingebaut, da gab es viele Risse und Brüche in Schotten und Stringern des Vorschiffs.“ Manche Class 40s sind auch mit senkrechten säulenartigen Streben ausgesteift, Pogo hat die diagonale Variante gewählt.

Zwei Eimer bilden das “Badezimmer”

Ansonsten ist es unter Deck spartanisch nackt. Man steigt über die Spanten, dazwischen liegt ein Beanbag als Sitz für den Navi-Computer, der auf die jeweilige Luvseite geschwenkt werden kann. Der obligatorische an Gummibändern aufgehängte einflammige Gaskocher von Jetboil ist die Küche, zwei verstellbare Rohrkojen der Schlafplatz, ein Eimer das Bad. Doch halt, das ist so nicht korrekt! „Wir haben zwei Eimer, einer ist die Toilette, der andere zum Abduschen im Cockpit!“, erklärt Lennart lachend. So viel Hygiene muss dann doch sein.

Wie bei Regattayachten üblich, sind alle Leitungen für Elektronik, Elektrik und die Schläuche der Ballast-Tanks offen „auf Putz“ verlegt, ideal, um sie bei Problemen zu erreichen oder wenn neuere, bessere Geräte zur Verfügung stehen, diese einzuwechseln. Was am Hauptschott aber sofort ins Auge sticht, sind die Kielbolzen. Davon gibt es gerade einmal zwei. Die sind dafür zugegebenermaßen von mächtigem Durchmesser. Die Erklärung dafür ist einfach: „Der Kielflansch steckt in einem sehr tiefen, laminierten Rezess im Rumpf, dadurch müssen die Bolzen wirklich nur das Gewicht nach unten halten, daher reicht ein Bolzenpaar.“ Darunter gruppieren sich sechs Lithium-Batterien, die an Bord über die Solarzellen auf dem Kabinendach oder den 30 PS starken Diesel geladen werden.

Unsere hochspannende Trainingsausfahrt geht leider zu Ende. Man kann nicht anders, als sich mit den beiden Seglern zu freuen, was ihnen da für ein Coup geglückt ist. Zufriedenheit, Ehrgeiz und Ambitionen zeigen sie beide, es macht Spaß, ihnen beim Neustart in der Klasse ihrer Träume zuzuschauen. Und vielleicht gelingt ihnen im November ja das Husarenstück, und sie stehen zwei Jahre nach ihrem Top-Mini-Transat-Resultat wieder in der Karibik mit einem guten Ergebnis und können ihr Glück nicht fassen. Ihr Ziel für das Transat? „Top Ten wäre natürlich ein Traum!“ Dann wäre das Segel-Märchen wohl perfekt.


Lennart Burke, Melwin Fink und ihre Class 40 im Video:


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