Tatjana Pokorny
· 03.03.2022
Melwin Fink, Lennart Burke und Susann Beucke: Drei deutsche Segler haben in Boris Herrmanns Heckwasser ehrgeizige Pläne für ihren Aufstieg
Der eine bleibt – vorerst – der Klasse treu, in der er bei seiner Mini-Transat-Premiere im stürmischen Extrem-Einsatz zum Shootingstar wurde. Der andere steht vor seinen Umstieg in die Class 40 und ist diesem Ziel schon ganz nah. Die Dritte, mit olympischem 49erFX-Silber hochdekoriert, hat ihre Offshore-Ausbildung und den ins Visier genommenen Aufstieg jetzt in der Figaro-Klasse eingeläutet und den ersten Monat Training vor Lorient bereits hinter sich. Melwin Fink, Lennart Burke und Susann Beucke haben ehrgeizige Pläne, die sie auf ganz unterschiedlichen Kursen und mit unterschiedlichen Vorerfahrungen ansteuern. Ein lockendes Fernziel: die Vendée Globe 2028.
"Boris Herrmann hat uns einen wirklich guten Weg bereitet. Den müssen wir für den gesamten deutschen Segelsport und für uns nutzen", sagt Lennart Burke, "wir sind als Profisegler mitverantwortlich dafür, etwas für die Segelbranche und den guten Ruf des deutschen Segelsports zu tun. Ich sehe uns in der Pflicht, das Segeln attraktiv zu machen. Boris hat da sehr, sehr viel geleistet und vorgelegt. Da müssen wir uns anschließen."
Der 23-jährige Stralsunder, der bei seiner Mini-Transat-Premiere 2021 stark segelte, aber auch Rückschläge wegzustecken hatte, befindet sich kurz vor Zündung der nächsten Stufe seines Aufstiegs. Er hat den Umstieg vom Mini in die Class 40 im Visier. "Das ist mein Ziel. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich erst dann etwas verkünde, wenn es auch wirklich spruchreif ist", sagt der entschlossene junge Mann, der auf bestem Wege ist, von seinem Sport leben zu können. Für diese Saison hat er bereits Engagements, unter anderem als ausbildender Co-Skipper an Bord einer älteren Class 40, deren Skipper sich mit Burkes Expertise auf eine Transatlantik-Überquerung vorbereiten will.
Aktuell ist Lennart Burke dort, wo er sich zwei Jahre auf das Mini-Transat vorbereitet hatte: in der bretonischen Offshore-Seglerwiege Lorient. Hierhin folgte er einer Einladung von Susann Beucke, die mit einer zur Verfügung gestellten Figaro ihren Wechsel aus dem olympischen Leistungssport in den Seesegelsport eingeläutet hat. Ein Monat Training mit Frankreichs Figaro-Könnern liegt bereits hinter ihr. Dazu hat sich die 30-Jährige wechselnde Partner mit unterschiedlichen Qualitäten eingeladen, um ihren Erfahrungshorizont möglichst schnell zu erweitern. Einer dieser Segelpartner ist Lennart Burke, der in dieser Woche an Susann Beuckes Seite "endlich wieder" in Lorient sein durfte. "Sanni hat mich angerufen und gefragt, ob ich Lust habe, mit ihr zu trainieren. Ich war seglerisch stark auf Entzug und habe mich sehr über diese Chance gefreut. Segeln macht halt süchtig", sagt Burke. Den Mini-Segler haben die ersten Figaro-Trainingstage seiner Karriere beeindruckt. "Sanni und ich können viel voneinander profitieren: Sie bringt Trimmerfahrung ein, ich die Offshore-Erfahrung." Burke ist seit dem frühen 28. Februar in Lorient. Die erste 24-Stunden-Trainingsregatta mit knapp zehn Booten hat ihm gezeigt, wie hoch das Niveau in der Figaro-Klasse ist. "Da sind schon sehr starke Leute im Einsatz", so Burke. Es sei zwar "kein Hexenwerk", die Figaros zu segeln, doch gehe es bei den Segeleinstellungen "sehr ins Detail": "Ich kann einen Mini mit Augenklappe segeln, kenne alle Schoten, musste mich jetzt aber auf der Figaro erst einmal einfinden." Beeindruckt haben Burke vor allem die erweiterten navigatorischen Möglichkeiten, die es in der puristischen Mini-Klasse nicht gibt. "Es ist krass, mit Adrena am Bildschirm navigieren zu dürfen. Ich freue mich schon darauf, das auch in Zukunft machen zu können."
Dass die beiden Bs – Beucke und Burke – ihr erstes 24-Stunden-Trainingsrennen gemeinsam mit der gesamten Trainingsgruppe in den frühen Morgenstunden hatten abbrechen müssen, lag nicht etwa an Problemen an Bord. "Da muss ein Frachter eine Ladung Holz verloren haben", erzählt Burke, "Da schwamm gefühlt alle 50 Meter eine dicke Planke im Wasser. Wir sind dreimal mit Holz kollidiert. Den anderen ging es ähnlich. Einer sagte dann, dass wir heimsegeln sollten, weil wir sonst die Boote kaputtmachen. Das war schon krass, aber morgen geht es wieder raus."
Wenn Lennart Burke am Samstag zurück in seine neue Wahlheimat Hamburg fährt, nimmt er eine große Portion Lorient-Leidenschaft mit. Und die Entschlossenheit, das eigene Programm schnell und konzentriert voranzutreiben. Zwischendurch war Burke am Mittwochabend noch zu Gast bei einem Trans-Ocean-Zoom-Treffen, bei dem auch seine Mini-Kollegen Lina Rixgens und Melwin Fink von ihren Erlebnissen im Mini-Transat 2021 erzählten und Fragen der knapp 200 Teilnehmer beantworteten. Dabei berichtete Melwin Fink auch über seine Zukunftspläne. Für ihn geht es mit einer Vector 6.5 weiter, die er gerade mit Bootsbauer Markus "Porky" Mehlen ausrüstet. "Ich habe mir vorgenommen, eine zweite Mini-Regatta zu segeln", so Jurastudent Fink, der seinen neuen Serien-Mini aktuell in einer Halle im heimischen Bad Salzuflen noch bis Ende März ausrüstet. Im Gespräch mit YACHT online sagte Fink: "Ich habe das Boot bewusst komplett nackt bestellt, es gibt also viel zu tun." Ist die Ausrüstung des Bootes beendet, geht es im April nach Barcelona zur Test-Überführung nach Mallorca und zur Teilnahme an der zweiten Etappe des Mini Med, das von Mallorca zurück nach Barcelona führt.