Michael Good
· 20.04.2023
Konstrukteur Alessandro Comuzzi hat sein erstes Schiff gebaut, das in Serie gehen soll. Die C-32 zeigt Stärken unter Segeln und ist dazu überaus vielseitig. Der spannende Weekender im YACHT-Test
In diesem Artikel:
Ein Wendewinkel um 75 Grad, das ist selbst für ein schlankes und leistungsstarkes Regattaboot eine echte Ansage. Die C-32 von Alessandro Comuzzi zeichnet zum YACHT-Test ein bemerkenswertes Kielwasser in die azurblaue See des Golfs von Triest. Unter idealen Bedingungen zwischen 12 und 15 Knoten Wind stimmt dazu auch die Geschwindigkeit über Grund: 6,3 Knoten meldet die Logge bei weniger als 40 Grad gesegelter Höhe zur wahren Windrichtung. Errechnet man aus diesen Leistungsdaten die Luvgeschwindigkeit, also das VMG (velocity made good) nach der gängigen Formel, so würde sich das Schiff beim Kreuzen theoretisch mit einer Geschwindigkeit von netto 4,9 Knoten direkt gegen den Wind bewegen. Für ein Boot von weniger als zehn Meter Rumpflänge ist das sehr gut.
Konstrukteur Alessandro Comuzzi hat schon mit einer ganzen Reihe von sportlichen Daysailern und erfolgreichen Regattayachten auf sich aufmerksam gemacht. Jetzt will der Italiener aus Udine mit seiner eigenen Marke Comuzzi Yachts den Durchbruch schaffen. Das erste Modell aus der neu aufgebauten Werft ist die C-32, die jetzt in zwei Ausführungen in Serie gehen soll.
Der von uns getestete Prototyp entspricht der Variante Sport. Dieses Boot zeigt ein regattaoptimiertes Layout für die aktive Mannschaftsarbeit. Dabei können die Käufer weitgehend selbst bestimmen, wo die Beschläge positioniert werden sollen und in welcher Anzahl und Qualität. Abhängig ist das davon, ob das Schiff mit Selbstwendefock oder mit einer überlappenden Genua gesegelt werden soll. In der Ausführung Sport hat das Boot jedoch keinen Kajütaufbau, sondern nur einen sehr knapp gehaltenen Niedergang.
Die zweite Variante ist der in dieser Form noch nicht realisierte Weekender. Dafür bleiben der Rumpf, die Rumpfanhänge und auch das Rigg unverändert, allerdings wird das Deck mit einem kurzen Kajütaufbau ergänzt. Und: In der Version werden alle Leinen unter Deck zurück auf zwei Winschen geführt, die auch vom Steuermann an der Pinne erreicht werden können. Der Weekender soll damit einhandtauglich sein und dafür im Standard mit einer Selbstwendefock ausgestattet werden.
Eine weitere Variante hat Alessandro Comuzzi außerdem für Menschen mit Behinderungen entwickelt. Dafür wird das Boot mit einem riesigen, im Rumpf integrierten Steuerrad ohne Speichen ausgerüstet, welches Rollstuhlfahrer problemlos passieren können. Zu diesem Zweck wird das Cockpit im vorderen Bereich ausgeschnitten und das Layout mit entsprechenden Beschlägen ergänzt. Ein Boot vom Typ C-32 in der Ausführung als Inklusionsboot hat die Werft von Comuzzi als zweites Schiff der Serie bereits gebaut und ausgeliefert.
Abgesehen von den sehr guten Leistungsdaten, segelt die mit einem Streckungsfaktor von 3,9 ausgesprochen schlanke Konstruktion steif, liegt ausgezeichnet auf dem Ruder und lässt sich mit der Pinne angenehm und präzise an der Windkante steuern.
Der lange Festkiel in T-Form mit der torpedoförmigen Bleibombe bietet einen hohen Ballastanteil von 40 Prozent des Gesamtgewichts und ist damit auch entsprechend effizient. Die Flosse ist in drei Varianten mit 1,80, 2,00 oder 2,20 Meter Tiefgang erhältlich. Machbar ist zudem eine Version mit elektrohydraulischem Hubkiel (1,40 bis 2,00 Meter Tiefgang). Die Baupläne dafür sind bereits vorhanden. In diesem Fall wird das Boot auch mit einem aufholbaren Kassetten-Ruder ausgestattet. Zusammen mit der Breite von nur 2,50 Metern kann das Schiff so auf einem Straßenanhänger transportiert werden.
Die C-32 wird im Standard mit einem schlanken Aluminiumrigg von Licospars mit zwei Salingen ausgeliefert. Ein Kohlefasermast von Pauger Composites ist als Option erhältlich, der Segelplan bleibt aber unverändert. Der 1,30 Meter lange Bugspriet aus Carbon ist angebolzt und kann für den Transport auf der Straße abgebaut werden, wenn auch recht umständlich. Vorteilhaft – auch für die Hafenmanöver – wäre eine Version mit hochklappbarem Bugrüssel.
Stauraum gibt es im Heck des Bootes unter dem Cockpitboden in üppiger Fülle. In den Fächern haben nicht nur alle Fender Platz, sondern auch die zusätzlichen Segel. Die Öffnungen sind dafür großzügig ausgeschnitten. Die Deckel sind zwar leicht, aber auch nicht sehr stabil gefertigt und geben unter Belastung nach. Comuzzi wird diese Klappen für die Serie stärker bauen.
Die Maschine ist ebenfalls unter der Plicht eingebaut und von außen auch sehr gut zugänglich. Für die Serie haben sich die Italiener für den kleinsten Einbaudiesel von Volvo Penta mit 13 PS Leistung und Saildrive-Antrieb entschieden. Als Alternative dazu ist ein Elektroantrieb mit entsprechender Kraft erhältlich.
Gebaut werden der Rumpf und das Deck als GFK-Sandwichkonstruktionen im Vakuum-Infusionsverfahren und mit Vinylesterharz. Die Bodengruppe ist monolithisch gefertigt und wird nachträglich in den Rumpf eingeklebt und anlaminiert. Die Schotten bestehen aus Sperrholz.
Wegen des vergleichsweise geringen Freibords und des nicht vorhandenen Kajütaufbaus ist der Platz und vor allem die Höhe unter Deck knapp. In der Baunummer eins ist deshalb aufrechtes Sitzen auf den seitlichen Sofas kaum möglich; man muss den Kopf einziehen. Liegen und Schlafen dagegen geht gut. Die Sofakoje auf der Steuerbordseite ist weit über zwei Meter lang und bei den Schultern ebenfalls breit genug. Auf der Backbordseite ist die Liegefläche wegen des dort eingebauten Spülbeckens etwas kürzer, aber mit 1,94 Metern immer noch ausreichend lang, um darauf schlafen zu können. Aufgrund der schlanken Konstruktion im Vorschiff wird es dort bei Doppelbelegung eng. Eine Person kann aber komfortabel ruhen.
Der Ausbaustandard unter Deck entspricht beim Prototyp noch nicht den Vorstellungen von Werftchef Alessandro Comuzzi. Die Oberflächen sind rau, und die Ausbaukomponenten fügen sich nicht in allen Bereichen nahtlos zusammen.
Die C-32 ist eine äußerst spannende Ergänzung für den Markt der sportlichen Weekender. Die hohe Leistungsfähigkeit mit Siegpotenzial auf der Regattabahn, die Varianz in der Ausstattung und Decksgestaltung sowie die Möglichkeit zum Transport auf der Straße machen das Schiff zudem besonders vielseitig nutzbar. Und obendrein stimmt der Preis.
Windgeschwindigkeit: 12-15 kn (4 Bft), Wellenhöhe: ca. 0,50 m
* mit Gennaker
Die Segelfläche ist vermessungsbedingt nur gemäßigt groß. Dafür ist das Boot recht leicht gebaut
* Dimensionale Zahl. Berechnung 2√S/3√V. Je höher der Wert, desto mehr Segelfläche (S) hat das Schiff in Relation zur Verdrängung (V)² nach YACHT-Definition
Attraktiver Weekender aus Italien mit vielen Variationsmöglichkeiten. Die Segelleistungen im Test sind bemerkenswert gut, vor allem die Höhe am Wind. Der Preis ist attraktiv im Vergleich
GFK-Sandwichkonstruktionen mit Schaumkern und Vinylesterharz, komplett aufgebaut im Vakuum-Infusionsverfahren. Monolithische Bodengruppe eingeklebt und anlaminiert
2-Salings-Aluminiumrigg von Licospars im Standard, mit Wanten aus Dyform. Ein Kohlefasermast von Pauger ist optional lieferbar
Wahlweise Rollgenua mit 106 % Überlappung oder Selbstwendefock. Die Segel sind im Grundpreis noch nicht enthalten
Der getestete Prototyp erhält nach ORC ein Rating von 596.1 GPH. Dieses Handicap wurde für das Boot mit Selbstwendefock und Gennaker berechnet
(alle Preise Stand Q2/2023)
Comuzzi Yachts, 33050 Pozzuolo del Friuli (Italien), www.comuzziyachts.com