Die XP-19 steuert sich agil über den niedersächsischen Dümmer. Das sechs Meter lange Boot kommt trotz schwacher Brise gut in Fahrt, jede kleine Bö sorgt für spürbare Beschleunigung, dann steigt die Logge mühelos auf 5 Knoten.
Andreas Budde ist sichtlich zufrieden. Das neue Boot war seine Idee und entstand auch unter seiner Führung. Der Microtonnersegler Budde hatte Lust auf ein Boot für den schnellen Feierabendschlag, das etwas moderner ist als die nach strengen Konstruktionsregeln gebauten Regatta-Micros. So entwarf er zusammen mit einem in CAD-Software bewanderten Bekannten einen Rumpf mit markanten Chines, steilem Steven und einer etwas größeren Rumpflänge als ein Microtonner.
Der Prototyp entstand in Leistenbauweise über Mallen, wurde aber bei der Werft in Danzig nicht fertiggestellt. Budde verfrachtete den Rumpf daraufhin auf die Werft in Serbien, die auch seinen vorigen Microtonner gebaut hatte. Hier wurde der Rumpf vollendet, kurzerhand das Deck von Buddes letztem Micro kopiert. Die Form dazu stand noch in der Ecke, und der Unternehmer schätzte das großzügige Cockpit ohnehin.
Der Prototyp diente schließlich zur Abnahme der Form, in welcher dann das Testboot, die Baunummer 1 der XP-19, entstand. Der Rumpf wurde als Polyestervolllaminat produziert, das Deck ist im Bereich des Aufbaus und der Seitendecks als Sandwich mit Schaumkern und einer Innenschale ausgeführt. Die Bauqualität der GFK-Teile ist sehr gut. Die Deck-Rumpf-Verbindung geriet fast unsichtbar, sie wird mit einem Adapterstück, welches zehn Zentimeter unter der Rumpfoberkante beginnt und bis zur Fußreling reicht, gebildet; sie ist vollständig anlaminiert. Die Verbindung ist nur im Gegenlicht als leichte Unebenheit zu erkennen, so fällt dann auch auf, dass die Chines nicht ganz sauber straken.
Das sind aber keine Mängel, die sogleich ins Auge springen, zudem mindern sie in keiner Weise den Segelspaß. Und der ist mit der XP-19 auf jeden Fall hoch.
Mittlerweile wird die XP 19 in Polen laminiert. Ab Baunummer sieben ist zudem der Innenausbau aus einem GFK-Teil geformt. Das sorgt für Zeitersparnis im Bau, am Gewicht ändert sich aber nichts. XP ist die Kurzform für Express und soll für Geschwindigkeit stehen. Dass dieses Kürzel auch von X-Yachts verwendet wird, bemerkte Budde noch rechtzeitig, um sich mit den Dänen zu einigen: Diese sehen kein Problem, zumal sie auch keine Yacht in gleicher Größe im Programm haben.
Die XP-19 ist für sportliches Daysailing einhand entworfen. Dafür liegen sämtliche Trimmeinrichtungen in Reichweite der Steuerposition. Diese ist durch einen längenverstellbaren Pinnenausleger von Osculati auch sehr variabel. Das Cockpit bietet aber genug Platz für zwei oder drei Segler. An der Pinne verhält sich das Boot wie eine große Jolle, es steuert sich sehr direkt und springt in Böen sofort an. Die Rudersicherung, ein Gummiband, muss allerdings noch verbessert werden, da das Ruderblatt bei schnellerer Fahrt durch das Wasser etwas nach achtern klappen konnte, wodurch der Ruderdruck stark stieg.
Die Segel ließen sich gut trimmen, mit Ausnahme einer lästigen Diagonalfalte vom Schothorn zur Vorliekmitte. Entweder ist hier dem Segelmacher ein Fehler unterlaufen, oder die Befestigung des Segelhalses muss optimiert werden. Der wurde festgebändselt, es fehlte aber eine Möglichkeit, das Vorliek nach unten stramm zu ziehen, etwa durch ein Cunningham.
Das agile Segelverhalten liegt zum Teil sicher am geringen Gewicht im Verhältnis zur relativ großen Segelfläche. Auch der Ballast ist recht gering. Das Boot macht jedoch bei maximal 3 Beaufort keinen besonders ranken Eindruck. Es krängt in Böen ohne Gewicht auf der Kante schon, aber spätestens mit den Chines im Wasser stabilisiert es sich wieder. Trotzdem sind die Ausreitgurte sehr nützlich, sie verstärken zudem das Jollengefühl. Und der geringe Ballastanteil wird durch zwei Personen auf der Kante wettgemacht. Schön wäre ein Gummiband oder eine Segellatte, die die Gurte offen hält, sodass einfach hineingeschlüpft werden könnte.
Die hohe Segeltragezahl von über 5 verdeutlicht das Potenzial der XP-19, ist aber bei einem so kleinen Boot teilweise auch irreführend. Da sich dieser Wert aus Bootsgewicht und Segelfläche berechnet, sinkt er unweigerlich, wenn die Zuladung steigt. Bei 650 Kilogramm Verdrängung sind schon zwei Personen mit jeweils 80 Kilogramm eine enorme Zuladung. So wird die XP-19 auch spürbar schneller, als Andreas Budde aufs Fotoboot wechselt und die Einhandtauglichkeit genauer untersucht wird.
Nach einer ausgedehnten Kreuz mit reichlich Winddrehern, die sich sehr intuitiv aussteuern lassen, geht es auf einen raumen Kurs. Jetzt wäre ein Gennaker schön – erstaunlich, dass Budde, der doch einen sportlichen Daysailer entworfen hat, ihn nicht eingeplant hat.
Die Idee fällt bei ihm aber auf fruchtbaren Boden, sodass er schon wenige Tage nach dem Test die Kosten mit der Werft kalkuliert hat. Ein ausfahrbarer Gennakerbaum, Umlenkungen und zusätzliche Klemmen für Schoten und Fall belaufen sich auf zusammen 1400 Euro. Dazu kommt noch der Gennaker selber. Wird das Boot zu zweit gesegelt, sicher ein Muss, aber auch allein eine schöne Ergänzung.
Die Kajüte ist in der Standardversion Lagerfläche für die Segel und Rückzugsort bei Regenschauern; als Wohnraum wurde sie nicht vorrangig konzipiert. Von Staufächern für Ausrüstung abgesehen, bietet sie auch keinen Komfort wie Pantry oder WC, nicht einmal Polster sind vorgesehen. Diese und eine Kochkiste gibt es aber als Option, wodurch die XP-19 tourentauglich wird – mit reduziertem Komfort. Die Vorschiffskoje etwa ist nur lang genug, wenn der Kopf auf die Salonkoje gelegt wird. Und die Salonkojen fallen mit 48 Zentimeter Breite zu schmal aus.
Für 29.600 Euro bietet Extrabyte, so der Name von Buddes Unternehmen, ein segelfertiges Boot an, allerdings ohne Außenborder und Trailer.
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Im Standard sind alle Beschläge, ein Rigg von Sailart (das gleiche wie auf der Sailart 18), zwei Großsegel (eins für Starkwind), Vorsegel mit Rollanlage von Bartels, eine abnehmbare Masthalterung zum Legen, zwei Taschen und Ausreitgurte enthalten. Derzeit wird Baunummer 7 gefertigt. Seit diesem Jahr erfolgt der Bau in Polen. Der Innenausbau besteht jetzt aus einem einzigen GFK-Element, ohne dass dies das Gewicht beeinflusst. Optional kann der Rumpf im Vakuuminfusionsverfahren gebaut werden, was etwa 30 Prozent mehr kostet, das Boot jedoch etwas leichter macht.
Daysailer für ein bis zwei Segler
Hubkiel erleichtert Trailern
Großes Cockpit
Segelt agil und schnell
Gewicht auf der Kante bei Wind nötig
Kein Gennaker im Standard vorgesehen
Der Rumpf ist ein Polyestervolllaminat. Optional kann der Rumpf im Vakuuminfusionsverfahren gebaut werden. Das Deck besteht aus Sandwichlaminat mit Schaumkern.
Germanboats, Klopstockstraße 8, 33613 Bielefeld; www.xp-19.com
Der Test erschien erstmals 2020 und wurde für diese Online-Version aktualisiert.