Michael Rinck
· 18.08.2020
Der 18-Fußer von Sailart kommt bewusst unangepasst daher. Werftchef Frank Störck hat sich von jeglichen Konstruktionszwängen befreit und ein eigenständiges, gutmütiges und doch rasantes Boot entworfen
Auf den ersten Blick wirken die vom Wavepiercer-Bug schräg nach oben verlaufenden Kimmkanten der Sailart 18 schon sehr markant, fast aggressiv. Doch Frank Störck, Inhaber der Sailart-Werft, hält dagegen: Keinesfalls sei seine Neue ein Regattaboot, gar ein Racer; im Gegenteil, man habe sich beim Entwurf bewusst von der Konstruktionsklasse der Microtonner gelöst. Dennoch, ihre sportlichen Gene sind der 18er anzusehen – auch wenn die in erster Linie ein rasantes Freizeitgefährt sein soll, statt auf der Regattabahn zu punkten.
Daher will Störck von einem naheliegenden Vergleich mit der Konkurrenz, namentlich der Seascape beziehungsweise First 18, nichts wissen. „Unser Boot ist deutlich gutmütiger, geradezu entschärft“, betont er. Weder gebe es einen ausfahrbaren Gennakerbaum – was die Handhabung des großen Tuchs erleichtere –, noch sei die Sailart in der Wasserlinie achtern so brachial breit – was dank weniger benetzter Fläche besonders die Leichtwind-Performance bei aufrechtem Segeln verbessere. „Dadurch ist zudem nur ein Ruderblatt nötig“, so Störck.
Die gemäßigte Linienführung macht sich auf dem Wasser allerdings bemerkbar: Das Boot wirkt anfangs recht rank. Sobald der Chine eintaucht, liegt es dann zwar sehr stabil. Dennoch: Während des Tests, der bei 12 bis 15 Knoten sowie teils sehr knackigen Böen mit weit über 20 Knoten Wind stattfindet, sind drei Mann auf der Kante nicht zu wenig, damit die Sailart 18 auch am Wind und unter Gennaker kontrollierbar bleibt. Dank der Ausreitgurte im breiten Cockpit kann das Körpergewicht gut nach Luv gebracht werden. Dabei stellt sich, wie auf einer Jolle, richtig sportliches Segelgefühl ein. Einziger Unterschied: Die 130 Kilo Ballast vermitteln so viel Sicherheit, dass wir trotz der Böen den Gennaker bedenkenlos rausholen.
Auf Amwindkurs klettert die Logge auf etwas über 5 Knoten – das ist für ein gerade mal 5,30 Meter langes Boot schon sehr gut. Unter Gennaker geht es dann aber richtig zur Sache: 7 Knoten und mehr sind ohne Weiteres erreichbar, vorausgesetzt, die Abstimmung zwischen Vorschoter und Steuermann stimmt, speziell in den Böen. Vorne muss rechtzeitig gefiert, hinten schnell abgefallen werden, um den Druck tatsächlich in Speed umzusetzen.
Das gelingt auf der recht überschaubaren Hamburger Außenalster mit ihren vielen Schulungsbooten und Stand-up-Paddlern nicht immer, gilt es ja nicht nur die Ideallinie für Gennaker-Rauschefahrt zu finden, sondern auch niemanden über den Haufen zu fahren. Einige Male klappt es aber doch. Dann kommt die Sailart ins Rutschen, dann ist ein leichtes Summen im Boot zu spüren, dann bleibt die Heckwelle achteraus. Knappe 9 Knoten über Grund stehen auf dem GPS – ohne dass wir mangels konstantem Wind das volle Potenzial für noch schnellere Raumschotsgänge ausgenutzt hätten.
Den Gennaker anschließend in der Bergetrompete, die als Extra zu haben ist, verschwinden zu lassen ist einfach und schnell erledigt. Mit halbem Wind loggen wir nun über 6 Knoten, beim Abfallen in einer Böe kommen wir sogar nur mit Groß und Fock kurz ins Gleiten. Auf der Kreuz lässt sich die 18er problemlos an der Windkante steuern, das Ruder gibt gute Rückmeldung ohne starken Druck.
Ob viel oder wenig Wind, Gewichtstrimm ist auf der Sailart 18 wichtig. Sobald der Wind nachlässt, muss mindestens der Vorschoter ins Cockpit, sonst krängt das kleine Boot nach Luv. Ideale Besatzung bei Leichtwind sind eher zwei denn drei Segler.
Auf 20 Quadratmeter Segelfläche am Wind (14 Quadratmeter im Groß, sechs in der Rollfock) kommt die Sailart 18 – nicht wenig angesichts einer knappen halben Tonne Bootsgewicht. Der Gennaker misst 25 Quadratmeter. Kein Wunder also, dass die Neue raumschots derart gut beschleunigt, verdoppelt sich dann doch beinahe die Segelfläche.
Schönes Detail beim Vorsegel: Die Rollanlage ist unter Deck im Ankerkasten angebracht. So kann das Unterliek sehr tief geschnitten werden, und das Vorschiff sieht auch optisch sehr aufgeräumt aus. Insgesamt ist das Rigg allerdings eher simpel gehalten. So sind die Oberwanten über stark nach achtern gepfeilte Salinge geführt, was ein Achterstag überflüssig macht. Das wäre ohnehin nur dem am Kopf weit ausgestellten Großsegel im Weg.
Dazu kommt noch ein Unterwant pro Seite und natürlich das Vorstag. Neben den Fallen gibt es mit Niederholer, Cunningham und Unterliekstrecker drei Trimmvorrichtungen, die zusammen mit den Vorschoten um den Niedergang herum angeordnet sind. Der Schotwinkel kann per 3D-Holepunkt verändert werden, der auf dem Aufbau angebracht ist und enge Winkel erlaubt. Am Kohlefaserbaum, der optional erhältlich ist, wird, so weit möglich, auf Beschläge verzichtet. Stattdessen finden sich Dyneema-Schäkel und -Laschings. Das zeigt bei aller Einfachheit des Bootes, dass die Werft viel Wert auf die Funktionalität gelegt hat. So auch an der Ruderanlage: Das Blatt ist in einer Kassette aufholbar angebracht, und zwar passgenau. Da ist kein Klappern zu hören, da stellt sich kein schwammiges Gefühl beim Steuern ein. Und trotzdem lässt sich das Ruderblatt bei Bedarf mit nur einem Handgriff nach oben ziehen.
Daneben finden sich beidseits zwei Edelstahlbleche an der achteren Kante des offenen Hecks. Darin können Badeleiter und Motorhalterung eingesteckt werden. Das ist praktisch und stört nicht, wenn das eine oder andere nicht angebracht ist. Unterwegs finden Leiter und Motor in der sehr großen Backskiste im Heck Platz. Sie ist mittels zweier wasserdichter Luken im Cockpitboden zugänglich und zwei Meter breit, über einen Meter lang und etwa 35 Zentimeter hoch. Zu viel Ausrüstung sollte darin aber nicht gelagert werden, da sich zu viel Gewicht an dieser Stelle sicherlich negativ auf die Segeleigenschaften auswirken dürfte.
Der Raum unter dem vorderen Bereich des Cockpits bis zur kleinen Kajüte ist mit Epoxidschaum ausgeschäumt, ebenso die Bugsektion unter der Kojenpolstern. Dadurch bleibt die Sailart 18 auch dann an der Oberfläche, wenn sie etwa bei einem missglückten Gennakermanöver volllaufen sollte. Zudem liegt sie dann dank der Anordnung der beiden Auftriebskammern waagerecht im Wasser und kann leergeschöpft werden.
In der kleinen Kajüte nimmt die Koje fast den gesamten Platz ein. Sie ist mit 200 mal auf Schulterhöhe 161 Zentimetern komfortabel für zwei Personen, auch wenn das Schiff nicht fürs Wasserwandern konzipiert ist. Die ein oder andere Nacht lässt es sich sicher an Bord aushalten. Zumal die Aufbaufenster geöffnet werden können und sich auch Stauraum findet: An einer beidseitig im Bereich der Deck-Rumpf-Verbindung angebrachten Kederschiene können Stautaschen eingehängt und beliebig positioniert werden.
Stehhöhe gibt es in der Kajüte hingegen nicht. Unterm Luk im Fußraum vor der Koje ist es 126 Zentimeter hoch, über der Koje sind 79 Zentimeter Platz nach oben. Unter den Polstern an Steuerbord sind auf dem Testboot der Akku sowie Logge und Lot untergebracht. Die Kabel zum Instrument im Niedergangsschott sind sauber in einem eigens an die Form des Schotts angepassten Kabelkanal verlegt, der Ton in Ton mit dem Topcoat des Innenraums einhergeht – ein weiteres Beispiel für die hochwertige Verarbeitung auch bei kleinen Details.
Angesichts der bootsbauerischen Qualität erscheint der Preis fair: 20900 Euro (inkl. 19 Prozent MwSt.) kostet die Sailart 18 in der Grundausstattung. Mit Extras wie beim Testschiff, also Aufbaufenster, Kohlebaum, Laminatsegel, Rollanlage, Gennaker, Trompete, Elektropaket, Außenborder-Halterung und anderes mehr, sind es 28570 Euro. So viel Zusatzausstattung muss aber gar nicht sein. Allein mit Gennaker, Rollanlage und Bergetrompete ist die Sailart 18 ein toller Freizeit- Renner, der auch auf Clubregatten Spaß und gute Platzierungen bescheren dürfte.
Die Sailart 18 ist ein sehr gelungenes Boot für Freizeitspaß und Clubregatten mit einem hohen Speedpotenzial
Konstruktion und Konzept
Segelleistung und Trimm
Ausrüstung und Technik
* wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Dieser Artikel erschien in YACHT in Ausgabe 18/2020.