2018 stieg Weltmarktführer Beneteau bei der schnell wachsenden slowenischen Werft Seascape ein. Dass die etwas können, haben schon die Seascape 18 und 27 gezeigt. Beide waren für Europas Yacht des Jahres nominiert. Die 18, das erste Modell der Marke, gewann 2010 auf Anhieb den Titel. Mit mehr als 300 verkauften Einheiten schon in den ersten Jahren ist sie das erfolgreichste Kielboot ihrer Klasse und war von Beginn an ein Sympathieträger. Auch die große Schwester hinterließ mächtig Eindruck.
Mit der Seascape 24 schloss die Werft seinerzeit die enorme Lücke, die zwischen der 18 und 27 bestand. Gleichzeitig besetzt sie ein Segment, das in der Klasse um sieben Meter Rumpflänge bisher vernachlässigt blieb: das des Performance-Cruisers, der sowohl zum Reisen wie auch zum Rasen taugt, zum Genießen wie zum Glitschen.
Durch die Übernahme von Seascape begann Beneteau den schon vor gut zwei Jahren zuvor beschlossenen Neuaufbau der legendären First-Reihe. Denn die Seascape 14, 18, 24 und 27 sollten künftig die Basis des Performance-Cruiser-Programms von Beneteau bilden, weshalb die Seascape 24 folgerichtig nun Beneteau First 24 SE heißt. Wir haben sie 2016, noch vor dem Einstieg von Beneteau, getestet.
„Wir haben versucht, ihr das Beste ihrer beiden Schwestern mitzugeben“, sagt Sam Manuard, der Konstrukteur. Der Franzose lebt wie wenige andere Designer für den Hochseesport. Beim Transat Jacques Vabre, einer Zweihand-Atlantikregatta, belegte er mit einer von ihm entworfenen Class 40 Platz zwei. Auch im Mini-Transat hat er tiefe Spuren hinterlassen. Von dieser Leidenschaft und Manuards Erfahrung auf See profitiert die Beneteau First 24 SE im Großen wie im Kleinen.
Das weit achtern stehende Rigg mit dem mächtigen Squarehead-Großsegel erinnert ebenso an moderne Offshore-Bootsklassen wie Doppelruder und Chines. Der Rumpf weist wenig Sprung und Freibord, im Vorschiff – entgegen gängiger Trends – auch relativ wenig Volumen auf. Dafür geriet das Unterwasserschiff sehr flach, insbesondere im Heckbereich, was frühes Angleiten unterstützt.
Der Schwenkkiel geht abgefiert satte 1,90 Meter tief – das ist mehr als auf den meisten 32-Fuß-Yachten. Kurbelt man ihn über eine im Kielkasten integrierte Spindel hoch, verschwindet er komplett im Rumpf, was ein leichtes Slippen vom Trailer ermöglicht. Die Steckruder lassen sich ganz wegnehmen. Mit dann nur noch 30 Zentimeter Eintauchtiefe kann die Beneteau First 24 SE in seichten Uferregionen ankern oder sogar auf den Strand gezogen werden. Man muss sie sich als modernen Jollenkreuzer vorstellen – nur eben kentersicher dank 36 Prozent Ballastanteil im GFK-/Bleikiel und unsinkbar wegen dreier Auftriebskörper im Bug und mittschiffs.
Für die Aussteifung des Rumpfes nutzen Manuard und Produktionsleiter Kristian Hajnsek den massiven Kielkasten, der das Rückgrat der Bodengruppe bildet, sowie die Sockel der Salonsitzbänke als Strukturelemente. Dazu kommen kräftige Wrangen und Stringer in engen Abständen. Sie werden zusammen mit dem Rumpf in einem einzigen Arbeitsgang unter Vakuum laminiert – ein Verfahren, das im Serienbootsbau selten in dieser Konsequenz Anwendung findet. Es sorgt für homogene, hochbelastbare Verbindungen bei gleichzeitig geringem Gewicht der Sandwich-Konstruktion. Lediglich 890 Kilogramm Verdrängung sind das Ergebnis – und einer der Gründe für die mit 6,7 extrem hohe Segeltragezahl.
Tatsächlich schwimmt die Beneteau First 24 SE hoch auf; segelfertig, aber noch ohne Crew tauchen Vor- und Achtersteven deutlich aus dem Wasser – ein Indiz dafür, dass die Zielvorgaben des Konstrukteurs beim Bau konsequent umgesetzt wurden.
Wer an Deck geht, spürt die Leichtigkeit. Das Boot hibbelt am Steg, ruckt in die Festmacher, weil die Bewegungsenergie nicht in schierer Masse verpufft. Überall kann man das Bemühen der Werft um Gewichtsreduktion mit Augen greifen. Dünne Dyneema-Laschings halten die Blöcke am Mastfuß, verjüngte Schoten führen den Gennaker, Mast, Baum, Bugspriet und Pinne sind aus Kohlefaser, die Segel von North aus dünner Folie.
Und so segelt sich die damalige Seascape 24 dann auch: fein. Nein, besser noch: fantastisch. Obwohl die Genua im Unterliek etwas zu lang war, im Vorliek nicht stramm genug zu trimmen, und obwohl die Bedingungen am zweiten Testtag mit in Böen über 30 Knoten eigentlich eine Arbeitsfock nötig gemacht hätten, schlug sich die 24er bei Leicht- wie Starkwind famos.
Selbst deutlich übertakelt an der Kreuz marschierte sie stark krängend noch dorthin, wo der Rudergänger sie haben wollte. Optimal eingestellt, war sie insbesondere bei 3 bis 4 Beaufort und glattem Wasser ein Muster an Balance. Selbst raumschots unter Gennaker gehorcht das Boot auf kleinste Steuerimpulse. Nur halbwinds, bei maximalem Druck, muss man etwas energischer gegenhalten.
Geradezu frappierend ist das Beschleunigungsvermögen der kleinen Rakete. Schon bloßes Abfallen um 20, 30 Grad unter Groß und Genua quittiert sie ab 5 Beaufort mit sofortigem Angleiten. Dann stehen statt 6 plötzlich 8 Knoten auf der Logge, und das Kielwasser reißt am Heck glatt ab.
Wer den mit 67 Quadratmetern üppig dimensionierten Fraktional-Spi dazunimmt und tiefer fährt, wechselt ansatzlos in den zweistelligen Bereich. Im Test erreichte die damalige Seascape 24 bis zu 16,6 Knoten Topspeed und über weite Strecken gemittelt 12 bis 14 Knoten. Was ihr fehlt, ist nicht so sehr der Fun-Faktor, sondern vielmehr die Reserven: der weniger anpassbare Segelplan, das geringere aufrichtende Moment. Es wäre insofern ein Fehler, das Boot nur über seine Maximalleistung zu definieren. Tatsächlich vermittelt es auch bei Leichtwind schon großen Genuss – und das ganz einfach und entspannt.
Aller Kargheit unter Deck zum Trotz eignet es sich gut für Wochenendtörns und Urlaubsfahrten zu zweit. Kühlbox, Porta-Potti und Kocher finden unterm Niedergang Platz, Vorräte unter den Bänken, Kleider und Krimskrams in den aufpreispflichtigen Stautaschen unterm Laufdeck. Die Crew schläft im Vorschiff oder getrennt in dem, was hier mit „Salon“ zu üppig umschrieben wäre. Mehr braucht es nicht. Zumindest nicht für all jene, die auf Stehhöhe und furniertes Sperrholz an Bord verzichten können.
GFK-Sandwich. Rumpf und Bodengruppe werden zusammen im Vakuum-Infusionsverfahren laminiert. Schwenkkiel aus GFK mit Bleiballast
Stand 09/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Chantiers Beneteau, 85805 Saint-Gilles-Croix-de-Vie (Frankreich), www.beneteau.com
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Die Beneteau First 24 SE ist der Inbegriff eines multioptionalen Kleinkreuzers: Sie taugt zum Rasen wie zum Reisen. Und wer einen kompakten Daysailer für Binnenreviere sucht, wird zweifellos auch glücklich mit ihr
Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT 08/2016 und wurde für diese Online-Version aktualisiert.