TraditionsseglerDie “Zuversicht” wird abgewrackt

Lasse Johannsen

 · 20.09.2023

Traditionssegler: Die “Zuversicht” wird abgewracktFoto: YACHT/M. Strauch
Der im Kieler Museumshafen beheimatete Marstalschoner “Zuversicht” des Vereins Jugendsegeln
Der Traditionssegler “Zuversicht” wird abgewrackt. Interview mit Martin Seelow, Vorstandsmitglied des Vereins, dem das Schiff gehört

Seit 2000 bereedert der Kieler Verein Jugendsegeln den 30 Meter langen Marstalschoner „Zuversicht“. Zweck des Vereins ist es, auf erlebnispädagogischen Fahrten mit Schulklassen und Jugendgruppen das seemännische Handwerk und Umweltbewusstsein zu vermitteln. Der Traditionssegler wurde 1905 im dänischen Nyborg als Frachtschiff gebaut. Die Pflege des Schiffes wird von den Mitgliedern des Vereins selbst geleistet. Vor zwei Jahren stellten sie dabei umfassenden Sanierungsbedarf fest. Das Schiff kam in eine Werft und wird diese nun wohl nicht mehr schwimmend verlassen. Aufgrund Geldmangels muss die „Zuversicht“ abgewrackt werden. Vorstandsmitglied Martin Seelow erzählte der YACHT, warum der Rettungsversuch scheitern musste.

YACHT: Die „Zuversicht“ ist quasi ein schwimmendes Museum und wird von Ihren Mitgliedern sehr geliebt, die Entscheidung, sie abzuwracken, muss sehr schwergefallen sein. Wie kam es trotzdem dazu?

Martin Seelow: Okay, da muss ich ziemlich weit ausholen und schon 2020 starten. Damals wurden vermehrt Leckagen festgestellt und auch ein Motorschaden. Das führte dazu, dass das Schiff begutachtet wurde. Und dabei wurde schnell klar, dass es einer umfassenden Sanierung bedarf. Deren Umfang wurde immer größer, zuletzt lag der geschätzte Investitionsbedarf irgendwo bei zwei Millionen Euro, und die Arbeiten hätten mehrere Jahre gedauert.

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Sie haben mit großem Aufwand um Spenden für das Projekt geworben …

… ja, und unsere Fundraising-Gruppe ist bei Stiftungen und Landesbehörden vorstellig geworden und hat auch einzelne Politiker angesprochen, um Spenden und Förderungen einzuwerben, aber die Zeit dafür war denkbar schlecht. Zeitgleich mit unserem Projekt begann die Corona-Krise und zog sich hin. Dann hatten wir den Angriff auf die Ukraine. Und mittlerweile haben wir Sparhaushalte, die auch nicht viel Raum geben. Irgendwann mussten wir einen Strich unter das Projekt machen.

Je mehr Mühen in ein solches Projekt fließen, desto schwieriger wird es, sich davon zu verabschieden. Gab es einen Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte?

Im Laufe des letzten Jahres war das Sanierungsvorhaben noch von der Hoffnung auf eine Bundesförderung getragen. Aber die Aussicht darauf zerschlug sich zum Jahreswechsel.

Warum?

Unter anderem deswegen, weil das Schiff nicht in Deutschland gebaut worden ist.

Haben Sie entsprechend auch in Dänemark um Unterstützung gebeten?

Ja, natürlich, in Nyborg, wo das Schiff gebaut wurde, haben wir angefragt. Wir haben auch eine dänische Reederei angesprochen. Die wollten uns auch mit Rat und Tat zur Seite stehen, aber nicht mit Geld, weil das Schiff nicht mehr unter dänischer Flagge läuft.

Was wurde von den Gutachtern denn als die größten Problemzonen genannt?

Der Rumpf. Planken und Spanten wären in großem Maße zu ersetzen gewesen, das komplette Kielschwein, es hätte viel Geld für gutes Holz bezahlt werden müssen und viel Geld für viele Arbeitsstunden von qualifiziertem Personal …

Und dafür hat es nicht gereicht.

Das Geld hat definitiv nicht ausgereicht. Wir hatten uns eine Grenze gesetzt, was wir mindestens zur Verfügung haben müssten, um anzufangen. Und das haben wir nicht erreicht. Somit bestand die große Sorge, dass das Geld, was bis zu diesem Zeitpunkt eingeworben war, für eine Sanierung aufgewendet werden könnte, die scheitert, und damit verloren gegangen wäre.

Wo lag denn Ihre Grenze?

Wir wollten zumindest zwei Drittel der absehbaren Kosten auf dem Konto haben. Wenn das Schiff dann sichtbar saniert worden wäre, hätten wir es leichter gehabt, Fördermittel für die endgültige Fertigstellung zu erhalten. Aber es reichte dafür schlicht und einfach nicht aus. Unsere Fundraising-Gruppe hat große Arbeit geleistet, einiges erreicht und mehrere Hunderttausend Euro eingeworben, aber es war nicht genug.

Wie geht es jetzt weiter?

Wir haben uns bereits nach anderen Schiffen umgesehen und mehrere besichtigt. Zuletzt haben wir eins sogar zur Probe gefahren und stehen zurzeit in konkreten Verhandlungen über den Kauf. Im kommenden Sommer soll wieder gesegelt werden.

Hat Ihr Verein diese Krise gut überstanden?

Der muss jetzt zusammengehalten werden. Wir haben ja seit etwa drei Jahren kein einsatzfähiges Schiff mehr, und man merkt, wie sich speziell jüngere Leute anders orientieren. Unser Vereinszweck ist aber die Jugendarbeit. Dafür sind wir als gemeinnützig anerkannt. Wir sind kein Verein zur Sanierung alter Schiffe, so lieb wie uns die „Zuversicht“ auch ist.


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