YACHT-Redaktion
· 02.01.2023
Der Zauber, den klassische Yachten ausstrahlen, ist nirgendwo so greifbar wie auf ihren zahlreichen Treffen, egal ob Regatta, Festival oder Geschwaderfahrt. Eine Auswahl der deutschen Klassiker-Events für Ship-Lover
Einmal im Jahr wird das Ostseebad Laboe zur Bühne der norddeutschen Klassikerflotte. Seit 1991 kommen die Besatzungen mit ihren historischen Yachten hierher, um sich wiederzusehen und auszutauschen. Und um – mehr miteinander als gegeneinander – Regatta zu segeln.
Die heute German Classics heißende Veranstaltung bringt regelmäßig an die 150 Oldtimer zusammen und ist damit nicht nur die älteste, sondern auch die größte Veranstaltung ihrer Art. Und sie gilt als Keimzelle der norddeutschen Klassiker-Renaissance, die in den 1990er Jahren ihren Anfang nahm.
Dabei hatten die Veranstalter des ersten Treffens ganz anderes im Sinn. Als Veteranenregatta wurde 1989 vom Verein schwimmende Museen in Kiel alles aufgerufen, was schwimmen konnte, alt und in Fahrt war, um der Forderung nach einem Museumshafen Ausdruck zu verleihen.
Rund 50 Schiffe kamen zu dem maritimen Fest und zeigten Flagge, auch wenn diese Regatta noch eher einer Geschwaderfahrt glich und die Flotte vom umgebauten Fischkutter über die Piratenjolle bis hin zum Marine-Zwölfer alles bot, was auf die Ausschreibung passte.
Seit 1991 ist Laboe der Austragungsort. Den Begriff des Klassikers gab es damals im Zusammenhang mit schwimmenden Oldtimern noch nicht. Er tauchte Mitte der neunziger Jahre auf, als im Rahmen des Wintertreffens der Regattateilnehmer der Freundeskreis Klassische Yachten gegründet wurde, der die heutige German Classics seither organisiert.
Die Veranstaltung richtet sich explizit an die historischen Segelyachten. Alte Arbeitsfahrzeuge oder Retroklassiker moderner Bauweise sind von der Ausschreibung ebenso wenig angesprochen wie Motorboote. Der Erfolg gibt den Freundeskreislern recht. Die Regatta wuchs bald auf über 200 teilnehmende Schiffe, das Angebot wurde um mehrere Wettfahrten erweitert, und das Landprogramm erstreckt sich heute über mehrere Tage.
Vor allem aber ging und geht von dem festivalartigen Treffen der Impuls für viele Restaurierungen aus. Manch Eigner eines alten Holzbootes erfährt erst hier, welchen historischen Schatz er besitzt, und wird dazu motiviert, das ohnehin geliebte Schiff wieder in den Originalzustand zurückzuversetzen.
Der seit 1995 vergebene Restaurierungspreis ist weiterer Anreiz für den Erhalt der Flotte. Die Jury honoriert mit ihrer Vergabe die yachtgeschichtliche Bedeutung und den Umfang eines Projekts, die originalgetreue Ausführung, die Qualität und den Anteil der Eigenleistung des Eigners.
Das durch die Laboe-Regatta wachsende Interesse förderte die Entstehung der Aktion „Rettet die Klassiker“, des Restaurierungsfonds und einer Charta mit Grundsätzen zur Restaurierung klassischer Yachten.
Mit dem Klassiker-Rennwert, kurz KLR, wurde für die Laboe-Regatta ebenfalls im Jahr 1995 ein Handycapsystem mit Vermessungs- und Vergütungsformel entwickelt, das heute in ganz Deutschland und darüber hinaus in europäischen Nachbarländern Verwendung findet.
Aufgrund der Corona-Auflagen musste die Veranstaltung 2020 ausfallen und 2021 unter strengen Auflagen stattfinden. In diesem Jahr wurden die 33. German Classics wieder in gewohnter Weise und Größe an der Kieler Außenförde durchgeführt.
Zu Beginn der Kieler Woche treffen sich die klassischen Yachten auf der Förde auf historischem Regattakurs. Der führt kreuz und quer über das Gewässer. Im Hafen vor dem Kieler Yacht-Club liegt die Flotte anschließend an jenem Ort, wo sich schon zu Kaisers Zeiten alles rund um den Regattasport abspielte. Die Siegerehrung im großen Saal des Clubhauses vermittelt dann endgültig traditionelle Kieler-Woche-Atmosphäre.
Start des Rendezvous ist seit einigen Jahren bereits am Donnerstag an der Schlei. Hier feiern die teilnehmenden Crews in den Werfthallen von Henningsen & Steckmest, bevor es am Freitag gemeinsam auf die Anreise nach Kiel geht.
Legendär waren einst als fester Bestandteil der Veranstaltung die Barbecue-Abende beim British Kiel Yacht Club am Freitag. Doch der Segelverein der britischen Soldaten ist nach deren erfolgtem Abzug nicht mehr hier zu Hause.
Gesegelt wird ambitioniert, aber nicht verbissen, in mehreren Gruppen. Zuschauer haben die einmalige Gelegenheit, die Teilnehmerflotte am Samstag nach dem Einlaufen im „Millionenbecken“ vor dem KYC zu bewundern, das den Teilnehmern des Klassiker-Rendezvous vorbehalten ist.
Seit fast 30 Jahren veranstaltet der Flensburger Unternehmer Oliver Berking, der selbst auf hölzernen Planken aufgewachsen ist, zusammen mit dem Flensburger Segel-Club eine der größten Klassiker-Veranstaltungen des Ostseeraums auf der Förde vor Glücksburg. Der Robbe & Berking Sterling Cup verdankt seinen Namen den Preisgaben aus der Berking’schen Silbermanufaktur, einem traditionsreichen Familienbetrieb, den der Klassiker-Fan in fünfter Generation führt.
Entstanden ist die damals noch Flensburger Klassiker-Festival heißende Veranstaltung im Jahr 1995. Berking hatte mit seiner Familie das Holzbootfestival im südnorwegischen Risør und die Nioulargue in St.-Tropez besucht und war fasziniert von der Stimmung und den Yachten auf diesen Treffen von Enthusiasten.
Die Idee, selbst ein solches Festival im heimischen Flensburg zu veranstalten, war geboren. Gleich im ersten Jahr kamen 60 Klassiker, im Folgejahr 90 und im dritten Jahr waren 200 teilnehmende Klassiker mit ihren Besatzungen gemeldet.
Im Jahr 2001 veranstaltete Berking mit der 5.5er WM die erste Weltmeisterschaft im Rahmen der Flensburger Klassiker-Regatten. Wenig später erwarb er mit zwei Freunden die „Ostwind“ der Bundesmarine, um diesen historischen, 1939 als „Sphinx“ gebauten Zwölfer – wie er heute wieder heißt – vor dem Verfall zu retten. Nach dessen Fertigstellung 2008 war der Sterling Cup dann folgerichtig erstmals Austragungsort für die Weltmeisterschaft der 12-mR-Yachten.
Berking wollte nicht, dass das bei der Restaurierung gewonnene Knowhow verloren geht. So gründete er mit Robbe & Berking Classics eine Werft, die schon bald zur ersten Adresse für die Fans klassischer Meteryachten avancierte.
Daneben wurde der Sterling Cup immer öfter der Rahmen für die Meisterschaften der verschiedenen Meterklassen. Die Zwölfer etwa kämpften hier nach 2008 auch 2011, 2015 und 2017 um EM- und WM-Titel. Mit 15 klassischen 12-mR-Yachten am Start der Europameisterschaft war im Jahr 2015 ein Teilnehmerrekord erreicht, den es in der Geschichte der seit 1907 bestehenden Klasse zuvor erst einmal, nämlich anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des America’s Cup in Cowes gegeben hat.
Heute gehört es zum Konzept der Veranstaltung, einzelne Klassen gezielt dazu einzuladen, auf dem Sterling Cup ihre Meisterschaften auszutragen. Neben 5.5ern, 6-mR-, 8-mR- und 12-mR-Yachten sind auch Schärenkreuzer und Drachen schon diesem Ruf nach Flensburg gefolgt. Und so wurden auf der Terrasse des Flensburger Segel-Clubs bereits gekrönte Häupter und prominente Segler im Rahmen der Veranstaltung begrüßt, die sich – darauf legt Veranstalter Berking großen Wert – ihren Charakter als familiäres Fest bis heute bewahrt hat.
Zu Ehren des berühmten deutschen Konstrukteurs wird seit 2001 in dessen Geburtsort Neustadt in Holstein eine Klassikerregatta ausgesegelt, zu der regelmäßig rund 50 Yachten von ihren Eignern gemeldet werden. Die Flotte liegt im malerischen Stadthafen, direkt davor ist das Festzelt aufgebaut, wo gegessen und getrunken, gefeiert und getanzt wird. Die zwanglose Atmosphäre ist den Veranstaltern besonders wichtig. Offiziellster Teil des Treffens ist das traditionelle Spargelessen. Der harte Kern der Teilnehmer findet sich noch bis in die frühen Morgenstunden an der Feuerschale ein. Seglerisch hat der Event mit einem Up-and-Down und mehreren Dreiecksregatten viel Spannung zu bieten, allzu verbissen gesegelt wird hier allerdings nicht. Viele Familiencrews finden sich nach dem legendären gemeinsamen Frühstück am Start ein und genießen es, gemeinsam auf die Bahn zu gehen.
Im Kanon der nordeuropäischen Klassikerregatten sticht eine Veranstaltung besonders hervor: Die Nachtregatta The Run ist weniger atemloses Gerenne durch die Dunkelheit als vielmehr eine Sternfahrt um die Mittsommernacht. Wenn die Tage am längsten sind, lädt der Freundeskreis Klassische Yachten die Crews an vier Startorten zum Run auf die dänische Kleinstadt Svendborg am gleichnamigen Sund, der an Fünens Südküste entlangläuft.
Von der Flensburger Förde, der Schlei, der Strander Bucht und Fehmarn aus heißt es dann, auf Kurs zu gehen, um am Samstag rechtzeitig im Hafen zu sein, wenn dort das Landprogramm mit Musik und Siegerehrung stattfindet.
Die Nachtregatta The Run fand erstmals 2015 statt und war umgehend ausgebucht. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten bei der Abendveranstaltung in Svendborg müssen die Teilnehmer schnell melden, wenn sie einen Startplatz ergattern wollen.
Obwohl die Langstrecke als Angebot für die großen Klassiker gedacht war, die auf den kurzen Bahnen der üblichen Regatten oft gehandicapt sind, wurde der Mittsommernachtstraum auf See seit Beginn auch von den kleinen Seekreuzern, Schärenkreuzern, Folkebooten und Knarrbooten, ja sogar von Jollenkreuzern angenommen.
Die Stunden der Dunkelheit sind nur kurz, sie reichen aber doch für einen spannenden Moment, wenn in der Dämmerung zum Vorschein kommt, wie sich das Feld in der Nähe sortiert hat, seit es Stunden zuvor außer Sicht gekommen ist.
Über den ganzen Samstag verteilt laufen die Teilnehmeryachten in Svendborg ein, und das Wiedersehen ist mit viel Hallo verbunden. Die Stimmung, nach diesem echten Schlag über See angekommen im Auslandshafen, ist eine ganz besondere.
Angedenk der ersten „Regatta für Lustböte“ im Jahr 1855 veranstaltet der Verein Klassische Yachten Flensburg seit 2005 die Flensburger Regatta von 1855. Ins Leben gerufen wurde die Veranstaltung seinerzeit von britischen Ingenieuren, die im dänischen Flensborg eine Eisenbahn bauten. König Frederik VII. stiftete persönlich den Preis. Und so versammelten sich rund 50 teilnehmende Boote aus England, Dänemark und Deutschland am Start, was für damalige Verhältnisse – der Segelsport steckte noch in den Kinderschuhen – ein außergewöhnlicher Erfolg war. Heute soll die Veranstaltung eine Brücke zwischen deutschen und dänischen Klassikerseglern schlagen und auf den historischen Flensburger Klassikerhafen aufmerksam machen.