Lasse Johannsen
· 27.11.2022
Björn Both, Frontmann der Kult-Band Santiano, segelt die 6-KR-Yacht „Capella“ – gebaut 1968/69 bei Henningsen & Steckmest an der Schlei. Wir stellen Schiff und Eigner vor!
Lange sang er nur vom Meer. Seit der Musiker Björn Both sich aber in seine „Capella“ verliebte, geht er in jeder freien Minute mit ihr aufs Wasser. Wenn sie ihn nicht eines Tages gefunden hätte, sagt er, dann wäre er heute mit Sicherheit auf der Suche nach „Capella“. Und doch – wenn er von jenem Tag erzählt, als sie sich das erste Mal begegnet sind, dann legt er großen Wert darauf, dass die Initiative zu allem, was seitdem geschah, von ihr ausging – nicht umgekehrt. „Sie lag da im Flensburger Museumshafen am Steg, so richtig rausgeputzt und über die Toppen geflaggt, und hat mich angebaggert!“
Mehr als sechs Jahre ist das nun her. Jahre, in denen der heutige Eigner sein Schiff umfassend restauriert und viele Tausend Seemeilen gesegelt hat. Jahre, in denen sie zusammengewachsen sind, wie nur selten Eigner und Schiff zusammenwachsen. Jahre, die sein Leben, ja die ihn selbst vollständig verändert haben, wie Both erzählt, wenn er gefragt wird, was da alles passiert ist.
Dabei stand die Wahrscheinlichkeit, dass es überhaupt so kommt, nach seiner rückblickenden Einschätzung eher schlecht an jenem Sommermorgen im Jahr 2015, als der Frontmann der Kult-Band Santiano zur Taufe der zweiten „Ragtime“ seines langjährigen Freundes und Musiker-Kollegen Pete Sage eingeladen war. „Die Chance, dass ich an einem Samstag so früh aufstehe, dass ich schon um 10 Uhr an einem 120 Kilometer weit entfernten Ort wie Flensburg aufschlage, war nicht sonderlich groß“, sagt Both und lacht, doch er habe es geschafft. Und da am Steg lag dann eben auch „Capella“. „Und dann gucke ich sie so an und höre eine ganz dunkle Stimme aus dem Niedergang: ‚Kannst kaufen!‘ Das war Günthi.“
Günther Wulf ist damals Eigner der „Capella“, seit 2007. Das Flensburger Urgestein segelt seit Schulzeiten, im Gegensatz zu Both, der zwar in seiner Kindheit auf dem väterlichen Boot so lange an der Nordseeküste unterwegs war, bis er jede friesische Insel mit Vornamen kannte, dessen Dasein als Musiker ihm später aber keine Möglichkeit ließ, sich den Traum vom Segeln auf eigenem Kiel zu verwirklichen. „Meine Frau war dann als Erste an Bord und rief mich, ich solle mir das mal angucken.“ Er habe ihr noch entgegnet, er werde sich hüten – nicht, dass er das Schiff am Ende wirklich kaufe! Aber Both gab dann doch nach und kletterte an Bord. „Eigentlich hatte sie da schon gewonnen“, sagt er rückblickend und meint dabei nicht seine Frau.
Zwei Tage später hat der Musiker eine Probe in Flensburg und diesmal kein Problem mit dem frühen Aufstehen. Als er am Steg eintrifft, liegt noch der altweibersommerliche Morgendunst auf dem stillen Wasser der Flensburger Förde. Es entstehen eindrucksvolle Fotos von seiner neuen Flamme, die er hoch zufrieden mitnimmt, um sie anschauen zu können wie eine Trophäe.
Heute sagt Björn Both, dass es wohl eines Tages so kommen musste. Er sitzt in der Plicht, hat eine Mug Kaffee in der Hand, zündet sich genussvoll eine Zigarette an, schaut zufrieden übers Deck und erzählt. Von der Jugend an der Westküste etwa. Vom Großvater. Der fuhr als Kapitän zur See und konnte Storys von Fahrten um das Kap Hoorn zum Besten geben. Nach der Schule will Both dann ursprünglich seinem Vater nacheifern und schiffsbetriebstechnischer Ingenieur werden. Er absolviert sogar entsprechende Praktika und macht eine Ausbildung zum Maschinenbauer.
Kap Hoorn begleitet den Jungen schon seit den Erzählungen seines Großvaters, der Kapitän war
„Aber die Musik war eben auch immer da“, sagt er und beginnt mit ebensolcher Leidenschaft davon zu erzählen, wie er vom Konfirmationsgeld seine erste E-Gitarre kaufte und die Saiteninstrumente seither nicht mehr aus der Hand legen konnte. Schließlich war ihm auch die Musik schon in die Wiege gelegt, seine Großmutter Konzertpianistin, der Vater Organist und Akkordeonspieler. Und eigentlich ist Both schon seit seinem ersten Konzert – er gab es spontan auf der Abschlussfeier seiner Schule – klar, dass er auf die Bühne will, Musik machen. Die Ausbildung soll vor allem eine Absicherung sein. Anschließend arbeitet er noch ein halbes Jahr im Lehrbetrieb, verschreibt sich dann aber mit Haut und Haaren dem Leben als Musiker. Das ist mittlerweile über 30 Jahre her. Eine lange Zeit, in der die Sehnsucht nach der See in ihm schlummert.
„Egal wo ich war, ich lungerte immer am Hafen herum und habe mit sehnsüchtigem Blick auf die Boote geschaut“, erinnert sich Both. Doch Musik und Seefahrt sind damals zwei Welten, die sich für ihn nicht so einfach unter einen Hut bringen lassen. „Ich hatte meine Scherflein ja noch gar nicht im Trockenen, war immer nur auf Tour, habe wieder Verträge gemacht und musste mir ständig etwas Neues einfallen lassen. Das war alles eine ziemliche Tretmühle.“
Und so ließ dem Künstler seine Arbeit als Sänger, Gitarrist und Bassist, der in verschiedenen Bands und als Solo-Künstler unterwegs war, keinen Raum, sein zweites Ich zu leben. Es blieb das ungestillte Fernweh nach dem Meer. „Ich hatte immer diesen Traum in mir, ich wollte immer zur See fahren!“ Bis er eines Tages davon singt und so großen Erfolg damit hat, dass er sich den Traum erfüllen kann.
Kein Mensch hat damit gerechnet, dass das so abgeht“
Santiano, so Both, sei eine Schnapsidee gewesen. „Wir haben auf einer Party mit Attitüde Seemannslieder gesungen, und irgendwie hatte das was.“ Statt Katerstimmung ging es anderntags weiter. Es entstanden drei Lieder. Als man bei der Plattenfirma das erste davon gehört hatte – Santiano –, war das Gespräch erfolgreich beendet und das erste Album unter Vertrag. Noch immer ging Both davon aus, dass es eine schöne Episode werden würde, nichts weiter. „Kein Mensch hat damit gerechnet, dass das so abgeht.“
Doch die Texte von Freiheit und Weite treffen einen Nerv vieler Menschen, und die Mischung aus Folk und Rock macht das Ganze eingängig, aber handfest. Eine Poesie, die niemand verstecken muss, und Botschaften, die von Herzen kommen. „Wir bringen immer wieder Metaphern, die Regeln aus dem Bordleben beschreiben könnten. Und zwar solche, die gar nicht so schlecht auch an Land passen würden. Wo man sich auch ein bisschen dran orientieren kann“, sagt Both. Der Erfolg gibt ihm und seinen Bandkollegen recht. Seit zehn Jahren sind ihre Konzerte durchweg ausverkauft, das sechste Album ist derzeit in der Mache.
Heute, so Both, könne er seine Musik und die Zeit auf dem Wasser gut miteinander verbinden. Erleben, wie sich beides ergänze. Mit „Capella“ trat daher mehr in sein Leben als die wunderschöne, klassische Yacht, die sie für Außenstehende ist. Björn Both öffnete sie das Tor zu einer ganzen Welt. Eine Welt, von der er bis dahin nur schemenhaft ahnte, dass sie ihm fehlen könnte.
„Es ist ja nicht so, dass mein Leben bisher uninteressant war. Ich hatte mittlerweile ja großen Erfolg mit dem, was ich immer gern machen wollte, das war ja schon ein Hammer. Und ich habe mir damals gedacht, was soll jetzt eigentlich noch großartig kommen?“
Doch dann wechselt „Capella“ tatsächlich in seinen Besitz, und gemeinsam mit Voreigner Günthi und Bootsmann Jan geht es auf erste Reisen über das salzige Wasser der westlichen Ostsee. Der Rockmusiker Both, der zu diesem Zeitpunkt seit drei Jahren mit seiner Band Santiano davon singt, die Segel zu setzen, steht auf einmal am Großfall und am Ruderrad und ist „völlig geflasht“. Wenn er heute von diesen ersten Erlebnissen an Bord erzählt, blitzen seine Augen, und das Gesicht ist ein einziges breites Grienen: „Ich habe gedacht, was waren die Jahre bisher doch bloß für eine Zeitverschwendung!“
Both versinkt lustvoll in seine neue Welt. Er geht nicht nur aufs Wasser, er saugt alles auf. Liest über Theorie und Praxis des Segelns, Bootsbau und Konstrukteure, Sicherheit und Technik. Nimmt die Fährte des Freundeskreises auf, taucht ein in die Welt der Klassiker und beschäftigt sich mit der Yachtsportgeschichte. „Ich habe nicht ein Schiff gekauft, ich habe ein ganzes Leben gekauft“, ruft er begeistert und schaut sein Gegenüber aus großen, strahlenden Augen an.
Ich habe nicht ein Schiff gekauft, ich habe ein ganzes Leben gekauft“
Die Faszination für sein neues Leben betritt er über eine Brücke aus seinem bisherigen. „Es gibt Parallelen zur Musikwelt“, so Both. „Da sind die großen Werke, die man durch die Jahrhunderte trägt. Und da sind die alten Schiffe, auf denen in hundert Jahren Tausende von Leuten gesegelt sind und sie durch die Zeit getragen haben“, sagt er mit Begeisterung in der Stimme. Und erzählt von der Verliebtheit in die schönen Werke und der Leidenschaft, mit der sich Menschen ihnen hingeben, koste es, was es wolle.
Besonders interessant wird für Both die Auseinandersetzung mit seinem eigenen Schiff. Die 1968 bei Henningsen & Steckmest in Kappeln an der Schlei auf Kiel gelegte 6-KR-Yacht aus der Feder von Anton Miglitsch ist 1969 vom Stapel gelaufen und wurde von ihrem Ersteigner „Nils Holgersson“ getauft. Er hatte sich mit dem Seekreuzer einen Lebenstraum erfüllt.
Der in Mahagoni auf Eiche gebaute, von Anfang an weiß lackierte Rumpf erhielt einen Aufbau aus feinstem Burmateak, ein Stabdeck aus dem gleichen Edelholz und ein Rigg aus Spruce. Zahlreiche Eignerwünsche ließen den alten Henningsen an der Konstruktion und dem Ausbau Veränderungen vornehmen, die das Schiff bis heute von den sieben auf der gleichen Werft gebauten Schwesterschiffen abhebt.
Schon nach dem ersten Segelsommer wird die „Nils Holgersson“ aus gesundheitlichen Gründen verkauft. Eignerin für die kommenden 37 Jahre ist Irmgard Prätorius, Schiffsausrüsterin in Kappeln. Sie nennt die für damalige Verhältnisse äußerst stattliche Yacht „Capella“ nach dem Hauptstern im Sternbild Fuhrmann. Der verdankt seinen Namen der griechischen Mythologie, nach welcher Zeus von einer Ziege – lateinisch Capella – genährt wurde, als er aufwuchs.
Der Name passt. Denn fortan nährt die 6-KR-Yacht den seglerischen Tatendrang der Familie Prätorius, deren Kinder auf ihr groß werden, während ihnen die Seebeine wachsen. Und noch nach drei Jahrzehnten segelt „Irmi“ Prätorius engagiert mit einer Frauencrew auf Reisen und Regatten. Bis das Schiff an Günther Wulf nach Flensburg geht, von dem Both es 2015 erwirbt.
In Prätorius’ Zeiten war „Capella“ nicht nur für Regattasiege und langes Kielwasser bekannt, sie war auch eines der herausragenden Schmuckstücke im Hafen des ASC, immer wie aus dem Ei gepellt und werftgepflegt. Und ein glückliches Schiff. Und wenn sie sich in irgendeinem Hafen der Ostsee treffen, ist die frühere Eignerin heute ebenso gern bei Both an Bord zu Besuch wie ihre Kinder.
In den Jahren dazwischen, so Both, sei „Capella“ fleißig gesegelt und technisch in einwandfreiem Zustand gehalten worden. „Ich merkte aber schnell, dass da mal wieder jemand wirklich etwas intensiver rüber muss“, beschreibt er die Situation, als ihn nach dem Kauf für einen kurzen Moment die Sorge beschleicht, dass es eine zu umfassende Aufgabe sein könnte, diesen Klassiker zu bereedern.
Der Zufall will es, dass die Bedenken sich schon bald verziehen – wie eine Kaltfront, hinter der die Sonne scheint. Denn mit seinem Nachbarn am Flensburger Museumssteg trifft Both einen alten Musikerkollegen wieder. Mike Pelzer und er kennen sich von früheren Festivals, kommen schnell ins Gespräch, und Both erfährt, dass Pelzer jetzt hier in Flensburg eine Werft und traditionellen Bootsbau betreibt und alles restauriert, was aus Holz gebaut ist.
Immer nur so viel machen, dass es im Sommer wieder aufs Wasser gehen kann“
Mit Pelzer entwickelt der neue Eigner schon vor dem ersten Winter einen Vierjahresplan. „Die Idee war, immer nur so viel zu machen, dass es im Sommer wieder aufs Wasser gehen kann“, erläutert Both das Vorhaben und betont, dass es tatsächlich nur einmal in den vier Jahren erst Mitte Juni wurde.
Und so wird im ersten Winter das Stabdeck ersetzt, werden sämtliche natur lackierten Flächen abgezogen und neu aufgebaut, kommen Segel, Polster und die Fenster neu. Im zweiten werden Mast und Innenausbau abgezogen und neu aufgebaut, Teile des Achterstevens und zwei Kielbolzen getauscht. Borddurchlässe und Ventile werden ebenso ersetzt wie die Drähte des Riggs, und es kommen eine Rollanlage, Spinnaker und Gennaker an Bord.
In Winter drei steht ein Ersatz des Motors an, was diverse Arbeiten nach sich zieht. Bei der Yachtwerft Robbe & Berking Classics wird der Freibord abgezogen, ausgeleistet und neu lackiert. Die größte Arbeit bereitet jedoch die Überholung der Ruderanlage. Der gelernte Maschinenbauer nimmt sich der Sache selbst an, doppelt Wrangen auf, dreht Wellen aus Bronze neu, schweißt Käfige für die Umlenkrollen und baut einen festen Antrieb für den neuen Autopiloten ein.
Im vierten Winter entstehen Bug- und Heckkorb nach den Vorstellungen des Eigners neu, die Plicht wird saniert, erhält einen neuen Travellerbalken und neue Backskistendeckel. Und bei Robbe & Berking wird die über Wasser schon erfolgte Sanierung der Außenhaut nun auch im Unterwasserbereich auf gleiche Weise vervollständigt.
„Ich glaube, sie hat genauso Schwein gehabt mit mir wie ich mit ihr“, sagt Both, lacht und äußert den oft von Eignern gehörten Satz, dass er nie darüber nachgedacht habe, was das alles kostet. Denn: „Dann hätte ich das nie gemacht.“
Doch Both bringt nicht nur materielle Opfer. Seine früheren Handwerkerhände muss er wieder an den Umgang mit Werkzeug und Materialien wie Holz und Metall gewöhnen. Damit es trotzdem Musikerhände bleiben, gehört es für ihn zu den Arbeiten, sich die Finger hinterher wieder weichzuspielen. Beim Segeln hat er aus dem gleichen Grund immer seinen kleinen Bass dabei.
Nach dem ersten Sommer mit Voreigner Günthi und Bootsmann Jan hat Both endgültig Blut geleckt. „Ich bin ja ein Nordseekind und war fasziniert, was sich da für eine Welt auftat.“ Er genießt, dass immer Wasser da ist, wenn er segeln will, und immer ein Hafen, wenn er davon genug hat. „Da ging eine Welt für mich auf, und die wollte ich entdecken.“ Strecke machen wird zu seiner Devise, in den kommenden Sommern loggt „Capella“ nie weniger als 2.000 Seemeilen. Both erkundet Schwedens Osten und lässt das Schiff, wenn Auftritte anstehen, unterwegs liegen. Oft begleiten ihn Freunde, meistens ist Jan dabei. Der Flensburger kam schon zu Voreigners Zeiten an Bord und gehört seitdem zum Schiff wie Mast und Motor.
Ich habe bei allem ins obere Regal gegriffen“
Auch heute ist er an Bord und hilft dem Eigner, das aufgerollte Vorsegel zu bergen. Die große Genua soll angeschlagen und gesetzt werden. Both bedient die Fallwinde, auf der statt Draht graues Dyneema läuft. „Ich habe bei allem, was ich hier an Bord geschleppt habe, ins obere Regal gegriffen“, sagt er, während seine stabilen Pranken die Kurbel bedienen. Kaum auszumalen, wie sie ein filigranes Musikinstrument bedienen können. Doch Jan hat nach den anfänglichen Einführungen in „Capellas“ Geheimnisse seinem Eigner längst die Regie überlassen.
In diesem Sommer stieg er sogar um – ein Jobangebot lockte ihn auf die „Germania VI“. Seither legt Björn Both die meisten Seemeilen einhand zurück und entdeckt dabei schon wieder eine völlig neue Welt. Lernt, die Segelzeit an seinen Rhythmus anzupassen, erfährt das intensive Erleben, welches damit einhergeht, dass alle Sinne gleichzeitig gefordert und deshalb ständig hellwach sind, weil niemand da ist, der eine Aufgabe abnehmen könnte. Both lernt Häfen mehr denn je zu schätzen als Ort der Begegnung, denn auf See ist er jetzt häufig allein mit sich und seinen Gedanken. Und er stellt fest, wie sehr ihm diese Abwechslung, dieses Wandern zwischen zwei Welten gefällt.
Auch wenn sie nun schon im verflixten siebten Jahr zusammen sind, genug hat Björn Both von „Capella“ und den neuen Welten, in die sie ihn ständig entführt, noch lange nicht. Wer ihn fragt, ob es seine Musik beeinflusst, dass er nun tatsächlich selbst die Segel setzt, dem entgegnet er, ohne lange nachzudenken, es bringe ihn vor allem als Menschen weiter. „Der ich ja auch in der Musik bin. Ich habe durchs Segeln eine ganz neue Ruhe gefunden. Ich lasse mich nicht mehr in meinen Grundfesten erschüttern. Das hat schon das Segeln gemacht.“
Both hat „Capella“ mittlerweile aus dem Hafen gesteuert und Segel gesetzt. Ein leichter Nordwest lässt das sieben Tonnen verdrängende Schiff mühelos auf seine Rumpfgeschwindigkeit kommen. Der Eigner steht vergnügt am Rad und schaut blinzelnd ins Groß.
Natürlich, erzählt Björn Both, fänden sich mittlerweile auch Zeilen in seinen Liedtexten, die nur aufschreiben könne, wer selbst regelmäßig Salzwasser ins Gesicht bekomme. „Vor allem ist es aber einfach ein verdammt gutes Gefühl, wenn ich in Schweden festmache und nach Hause fahre, weil ein Konzert ansteht und ich wirklich vom Schiff auf die Bühne komme. Der Boden schwankt, ich bin in Gedanken noch an Bord und gebe in diesem Zustand ein Konzert vor 10.000 Leuten. Und ich singe genau darüber, was ich empfinde! Das fühlt sich für mich dann alles wirklich echt an! Und dann schäme ich mich manchmal fast für dieses Glück.“
Die 6-KR-Yacht wurde bei Henningsen & Steckmest als eines von 14 Schwesterschiffen nach einem Riss von Anton Miglitsch gebaut. Jedes der Schiffe ist ein Unikat, nur bei den ersten beiden hielten sich die Bootsbauer Jörn Henningsen und Franz Steckmest an den Riss. Bei „Capella“, Ex-„Nils Holgersson“, wurden Tiefgang und Freibord erhöht, der Spiegel senkrechter gestellt und der Aufbau flach durchgezogen. Zeichnungen dazu gibt es nicht.
Geboren 1965 in Husum, wuchs Both in einer Familie auf, der die Seefahrt und die Musik gleichermaßen im Blut liegen. Auf den Booten seines Vaters lernt er als Junge die Westküste kennen. Seit dieser Zeit spielt er auch Gitarre und Bass. Die Musik wird nach der Schulzeit zum Beruf, Both ist seither fest in der norddeutschen Musikszene zu Hause. Seit 2011 landet die Band Santiano mit den Kollegen Peter Sage, Hans-Timm Hinrichsen, Axel Stosberg, Andreas Fahnert und ihm als Frontmann beständig auf den obersten Plätzen der deutschsprachigen Charts.
Dieser Artikel erschien erstmals in YACHT classic