Mehr als 2.000 Seemeilen kreuz und quer durchs Mittelmeer, meist gegenan und mitunter bei stürmischem Wind und hohen Wellen: Paul Koch, Chef und Eigentümer der Marke Rapido Trimarans in Vietnam, hat es sich nicht nehmen lassen, die Baunummer zwei vom Typ Rapido 40 eigenhändig von Griechenland nach Südfrankreich zur Multihull-Messe in La Grande-Motte zu überführen. Eine knüppelharte Tour für den Skipper und gleichermaßen ein Belastungstest für das Schiff, eine Probe aufs Exempel. „Ich wollte einfach sehen, was mein Boot auf der langen Strecke kann und wo noch Potenzial für Verbesserungen besteht“, sagt Koch nach der überaus anspruchsvollen, aber offenbar auch gänzlich problemlosen Überfahrt.
Der Rapido 40 kommt nun als dritter und kleinster Trimaran der Marke, die seit 2014 in der vietnamesischen Wirtschaftsmetropole Ho-Chi-Minh-Stadt Dreirumpfboote baut. Von den größeren Modellen Rapido 50 und 60 wurden bisher jeweils fünf Stück produziert und verkauft. Dem neuen, kleineren 40er scheinen nun eine stärkere Nachfrage und damit auch höhere Stückzahlen beschieden zu sein. Sechs Boote sind bereits ausgeliefert, 14 weitere stehen noch in den Auftragsbüchern. Ein schöner Erfolg für Rapido Trimarans, immerhin ein reines Nischenprodukt ziemlich weit weg vom Massenmarkt. Dafür steht auch ein mehr als überschaubarer Wettbewerb. Als einzige vergleichbare Konkurrenz zum Rapido 40 ist in der Größe derzeit nur der Dragonfly 40 von Quorning Boats in Dänemark zu nennen.
Ihre enorme Breite ist bei sportlichen Trimaranen dieser Art ein nicht unerheblicher Nachteil, vor allem zum Manövrieren und Anlegen im Hafen. Bei einer Rumpflänge um zwölf Meter beträgt die Spanne beim Rapido 40 stattliche 8,80 Meter. Beim Dragonfly 40 sind es 8,40 Meter. Die in der Länge ähnlichen Boote aus dem Lager der Zweirumpfboote etwa von Lagoon oder Fountaine Pajot sind dagegen rund zwei Meter schmaler.
Sowohl beim Rapido als auch beim Dragonfly lässt sich die Breite mechanisch reduzieren. Beim Boot aus Vietnam werden die Beams über Scharniere eingeknickt und die Schwimmer an den Hauptrumpf herangezogen. Für den Vorgang sind allerdings recht umfangreiche Vorbereitungen nötig: Zahlreiche Verschraubungen und auch die Trampoline müssen gelöst, das komplette Rigg entlastet werden. Fürs regelmäßige Anklappen der Rümpfe, etwa beim Anlaufen eines Hafens, ist das System deshalb zu aufwendig. Die Werft arbeite jedoch bereits an bedienerfreundlicheren Alternativen.
Deutlich einfacher funktioniert das Ganze beim Dragonfly. Bei dem lassen sich die Rümpfe seitlich nach hinten an den Mittelrumpf schwenken.
Gebaut werden alle drei Rümpfe des Rapido sowie das Deck des Hauptrumpfs aus Kohlefaser, und zwar als Sandwichkonstruktion mit Schaumkern und Vinylesterharz. Auch die stark belasteten Beams bestehen komplett aus Carbon, im Kern sind sie sogar monolithisch. Ebenso die Schotten sowie die strukturell tragenden Teile des Innenausbaus, wie etwa die Möbelfundamente. Und auch den profilierten Flügelmast fertigen die Vietnamesen in der Werft in Eigenregie aus Kohlefaser, und das sogar mit Carbon-Prepregs samt Aushärtung im Autoklav.
Mit einem Gesamtgewicht von nur 5,2 Tonnen ist der Rapido 40 entsprechend leicht. Nochmals zum Vergleich: Fahrtenkatamarane gleicher Länge verdrängen mit rund zehn Tonnen Leergewicht etwa doppelt so viel.
Der konsequente Leichtbau, die spürbar steifen Kohlefaserverbindungen und der potente Segelplan mit dem drehbaren Flügelmast resultieren selbstredend in einem ungewöhnlich großen Leistungspotenzial. Dazu kommt: In den Seitenrümpfen stecken asymmetrische, gekrümmte Foils, die Abdrift vermeiden und zusätzlichen Auftrieb erzeugen. Beim Test in Südfrankreich bei konstanten Bedingungen um zwölf Knoten Wind loggt der Rapido 40 mit dem Standard-Segelplan (durchgelattetes Groß mit Squarehaed und Selbstwendefock) hart am Wind beachtliche acht Knoten und mehr. Signifikant ist dabei die ausgezeichnete Höhe am Wind. Der Tri wendet bei mittleren Windstärken über einen Winkel von nur 85 Grad – für Mehrrumpfboote ein erstaunlich guter Wert!
Richtig zur Sache geht es mit ausgerolltem Code Zero. Bei halbem Wind stehen schnell zweistellige Werte auf der Logge des Trimarans. Ab diesem Speed werden dann auch die Foils und ihre auftreibende Kraft spürbar wirksam. Die Anstellwinkel der Tragflächen können übrigens über verstellbare Führungen getrimmt werden.
Der Steuermann sitzt wahlweise und je nach Wetter und Wind entweder seitlich in luftiger und erhöhter Position auf den sehr bequemen Sitzbänken. Oder er nimmt etwas besser geschützt einen zudem sichereren Platz auf dem Seitendeck ein. Die Pinnensteuerung samt teleskopierbarem Ausleger bleibt ohne Alternative; ein oder gar zwei Steuerräder wie beim Dragonfly bietet Rapido auch als Option für den Trimaran nicht an.
Auf langen Strecken übernimmt ohnehin der Autopilot, der direkt an der Ruderwelle angeschlagen ist. Mit dessen Fernsteuerung lässt sich das Boot auch von innen gut steuern. Der markante Kajütaufbau mit dem nahezu umlaufenden Fensterband und den großen Dachluken erlaubt beim Segeln sowohl eine fast uneingeschränkte Rundumsicht als auch nach oben in die Tücher.
Die Sitzgruppe im Salon ist, wie bei einer klassischen Yacht mit Deckssalon, erhöht eingebaut. Was nicht nur im Hafen und in der Bucht, sondern auch auf langen Schlägen auf See sehr angenehm ist. Beim Ausbau unter Deck setzt Rapido Trimarans konsequent auf Leichtbau: Abdeckungen, Türen und Möbelteile bestehen aus Komposit, und selbst die Schubladen baut die Werft aus Kohlefaser.
Holz ist generell Mangelware, für den Bodenbelag im Salon wurde sehr leichter, aber dennoch rutsch- und trittfester Kork gewählt. Der Standardausbau unter Deck vermittelt folgerichtig einen eher nüchternen denn einen gemütlichen Eindruck. Die Verarbeitung ist generell ordentlich, wenn auch im Detail nicht ganz makellos. Eher unschön und unübersichtlich ist die Verkabelung der elektrischen und elektronischen Komponenten. Lob gibt es hingegen für die perfekten Möglichkeiten zur Ventilation mit Querlüftung in allen Wohnbereichen.
Im Vorschiff schlafen zwei Personen komfortabel. Die Breite der Doppelkoje beträgt 1,54 Meter auf Schulterhöhe. Im Eignerbereich stehen zahlreiche und große Stauräume zur Verfügung. Viel Platz gibt es auch im Toilettenraum. Allerdings fehlt für den Duschbereich die Abtrennung, die aber einfach nachgerüstet werden könnte. Achtern schlafen weitere zwei Personen recht bequem, allerdings ist der Zugang zur Kabine recht eng geraten: Man muss sich klein machen und dann zur Koje kriechen. Bequemer ist die Achterkabine über eine Klappe im hinteren Brückendeck direkt aus dem Cockpit zu erreichen.
Knapp 760.000 Euro kostet der Rapido 40 in der Standard-Ausstattung ab Werft. Dazu muss der Kunde zusätzlich mindestens 30.000 Euro für einen guten Satz Segel einkalkulieren. Relativiert wird die auf den ersten Blick eher ernüchternde Preisforderung dank einer ungewöhnlich umfangreichen und vor allem sehr exquisiten Grundausstattung. Darin eingeschlossen sind unter anderem der Profil-Flügelmast wie auch die Foils. Außerdem rechtfertigt die hochwertige Bauweise mit einem großen Kohlefaser-Anteil zumindest teilweise die gehobene Preisvorstellung.
Kohlefaser-Sandwich mit Schaumkern und Vinylesterharz, aufgebaut mit Vakuum-Infusion. Beams, Foils, Ruderblätter und Hauptschott gebaut teilweise mit Carbon-Prepreg und ausgehärtet im Autoklav
Alternative zum Einbaudiesel: zwei Elektromotoren von Oceanvolt mit je 8 kW Leistung, zwei Lithium-Batterien und einem Generator mit 6 kW Leistung. Aufpreis für das ganze System: rund 105.000 Euro
Art, Qualität und Hersteller bestimmt der Kunde. Die Segel sind im Grundpreis nicht enthalten. Ein Satz Cruising-Segel (Groß und Fock) kostet 27.520 Euro
Stand 9/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Rapido Trimarans, Triac Composites; Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam), www.rapidotrimarans.com
Multihull-Vertrieb, Werner Stolz; Wettersteinstr. 16, 82024 Taufkirchen, www.multihull-sale.de
Spannende Alternative auf drei Rümpfen. Viel Leistung bei zugleich guten Segeleigenschaften ermöglichen ein flottes Vorankommen auf allen Kursen. Aber vergleichsweise hoher Preis