Preste 18Wilde Mischung – halb Skiff, halb Kielboot. Die Kieljolle im Test

Michael Rinck

 · 31.05.2023

Das Trapez kann für aufrechteres und schnelleres Segeln sorgen, ist aber kein Muss. Die lange Kante bietet guten Stand
Foto: YACHT/J. Kubica
Die Trapez-Kieljolle Preste 18 soll sportliches Segeln auf schnellen Raumwindgängen mit der Sicherheit eines Kiels verbinden. Ist das gelungen? Der Test

Auf dem Trailer an der Sliprampe fällt als Erstes die kantige Rumpfform der Preste 18 auf. Sie erinnert sofort an Skiffs wie den 49er. Seitlich macht das Deck sogar einen markanten Sprung nach außen, damit der Vorschoter im Trapez oder auf der Kante sein Körpergewicht noch besser nach Luv bringen kann. Die Ausreitgurte reichen vom Mast bis nach achtern, reichlich Platz für mehrere Mitsegler oder, bei einer Zwei-Personen-Crew, Raum für Längstrimm.

Die Preste 18 ist eine Kieljolle

Doch ein Detail passt nicht ins Bild: Am Mast ist eine Talje angeschlagen, an der das vermeintliche Schwert hängt. Ein Blick unters Boot verrät: An der Finne sitzt ordentlich Ballast. Der Anhang kann völlig zu Recht Kiel genannt werden. Damit rollt das sehr leicht gebaute Boot aber auch nicht eben per Slipwagen ins Wasser, bei 360 Kilogramm Gesamtgewicht (inklusive der 80 Kilo Ballast) muss schon ein Trailer mit Zugfahrzeug her.

Im Wasser wird der Kiel abgefiert, mit zwei Schrauben gesichert und die Talje abgeschlagen. Beim Schritt an Bord wird sofort klar, das hier ist ein Sportboot und keine kippelige Jolle. Maciej Piasecki von Preste Yachts bringt es auf den Punkt: „Die Preste 18 ist ein 49er für Einsteiger.“ Sie soll viel Segelspaß und hohes Geschwindigkeitspotenzial bieten und gleichzeitig sehr sicher sein.

Mit Ballast ist die Kieljolle kentersicher

Die hohe Stabilität durch den Ballast kommt am Testtag gelegen. Vor Neustadt weht es im Mittel mit zwölf Knoten, was ideal ist. Doch regelmäßige Böen mit 18 bis 20 Knoten Windgeschwindigkeit wären auf einer Jolle ohne eingespielte Crew schon grenzwertig. Zumal bei sechs Grad Wassertemperatur. So bleibt aber alles unter Kontrolle. Der Vorschoter steht am Wind im Trapez. Die Großschot ist so am Baum angeschlagen, dass sie sowohl von der Person an der Pinne als auch im Trapez bedient werden kann. Aus dem Hafen geht es mit Schrick in der Schot mit über sieben Knoten.

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Am Wind pendelt die Geschwindigkeit über Grund zwischen 5,5 und 7,0 Knoten. Das Kielwasser reißt die ganze Zeit sauber hinter dem Spiegel ab. Die mit 30 Zentimeter Höhe kleinen Wellen machen sich aber bemerkbar. Rutscht die Crew auf der Kieljolle weiter nach achtern, kommt der Bug schön aus dem Wasser. Hier zeigt sich, dass die Preste 18 stark auf veränderten Längstrimm reagiert: Sitzt die Crew am Wind zu weit vorne, steigt der Ruderdruck. Sonst steuert es sich mühelos, mit wenig Druck und ganz kleinen Ruderwinkeln, intuitiv und agil. Kein Spiel oder Klappern in der Ruderanlage. Sehr gut.

Allerdings übersteuert man in den ersten Wenden, da das Ruder erst mal zu stark gelegt wird. Der Pinnenausleger ist längenverstellbar, das hilft beim Ausreiten auf der Kante. Es braucht aber zwei bis drei Wenden mit der Kieljolle, um den passenden Ruderwinkel und Pinnenausleger unterm niedrig angeschlagenen Baum beim Hindurchzirkeln abzustimmen. Dazu kommt noch das Timing mit dem Vorschoter im Trapez.

yacht/potenz_85e150762c3fd181eca3c4f6c02a8597Foto: YACHT

In kräftigen Böen nimmt die Preste 18 schnell Fahrt auf. Dennoch ist hier ein aktiver Großschottrimmer hilfreich. Das Profil des stark ausgestellten Großsegels invertiert dann in oberen Drittel. Zusammen mit dem Ballast am Kiel und dem Vorschoter im Trapez kann die Kieljolle so sehr aufrecht gesegelt werden. Dann ist die Preste 18 auch am schnellsten.

Superleichte Fock-Bedienung

Die Fock wird auf einer Rollanlage gefahren, das macht das Setzen und Bergen sehr einfach. Zudem gibt es auch eine Selbstwendeschiene: Der Schotwinkel lässt sich per Trimmleine festlegen, die Schot wird in einer Klemme am Mast gefahren. So ist sie für den Steuermann nur umständlich zu erreichen, der Vorschoter kommt besser dran. Doch an der Kreuz gibt es kaum Grund, etwas zu ändern, auch in den Wenden geht das 7,5 Quadratmeter messende Vorsegel selbstständig durch den Wind.

Werden die Schoten etwas für einen Halbwind-Kurs gefiert, steigt die Geschwindigkeit der Kieljolle auf 7,0 bis 8,5 Knoten, teilweise sogar etwas mehr.

Unter Gennaker wird die Kieljolle zur Jolle

Dann hoch mit dem Gennaker. Per Zug an nur einer Leine kommt der Gennakerbaum aus dem Bug, und das Raumwindsegel wird gesetzt. Die Leine ist endlos geschoren, in die andere Richtung werden Baum und Segel ebenso mühelos wieder eingeholt. Sobald der Gennaker Wind hat, stehen fast ununterbrochen zehn Knoten und mehr auf der Logge. Die Preste 18 rutscht mühelos übers Wasser. Jetzt heißt es für die Crew, so weit achtern Platz nehmen wie möglich. Denn bohrt sich der Bug in eine der kleinen Wellen, steigt der Druck in den Segeln rasant, einmal kommt es beinahe zum Sonnenschuss.

Doch in solchen Momenten springt der Ballast zu Hilfe, die Krängung nimmt ab einem bestimmten Punkt einfach nicht weiter zu, und so reißt auch die Umströmung des Ruderblattes nicht gänzlich ab. Nach einer kurzen Schrecksekunde ist das Boot wieder unter Kontrolle.

Segelspaß pur

Absoluter Topspeed beim Testschlag sind 13,4 Knoten. Dabei spritzt die Spray nur so um den Bug, mit kleinsten Kurskorrekturen lässt sich der Druck im Segel präzise kontrollieren. Dennoch ist Maciej Piasecki nicht ganz zufrieden, er hatte sich in den Böen mehr Speed versprochen. Doch hier setzt die kleine, kurze Welle eine Grenze. Auch mit ganz nach achtern verlagertem Crewgewicht bremst sie das Boot immer wieder leicht ein.

Das tut dem Segelspaß aber keinen Abbruch. Auch die Halsen klappen auf Anhieb. Durch den großen Abstand zwischen Gennaker und Vorstag geht das Tuch problemlos auf die andere Seite. Nur die Schotumlenkung auf Höhe der Püttinge ist sehr weit innen angeschlagen, so sitzt man ständig auf der Luvschot, was im Manöver stören kann. Hier hat sich die Werft aber schon eine Änderung überlegt, um die Umlenkung weiter nach außen zu verlegen. Das Großsegel sollte bei viel Druck im Gennaker nicht zu weit aufgefiert werden, Baumnock über der achterlichen Rumpfkante ist Maximum, schärft Maciej ein. Sonst droht ohne Achterstag das Rigg instabil zu werden. Doch bei den hohen Geschwindigkeiten fällt der scheinbare Wind meist halb ein, weiter würde man das Groß auch ohne die Warnung nicht fieren.

yacht/segell_9914854efd09485e83b1ada9e714ef05Foto: YACHT

Alles dran, was sein muss

Die Trimmeinrichtungen sind überschaubar: Niederholer, Cunningham und Unterliekstrecker, das war’s. Die Plicht ist sehr clean, nur die Ausreitgurte führen vom Mast bis nach achtern. Zwischen Cockpitschale und Rumpf befindet sich ein Hohlraum, der durch einige Wartungsluken zugänglich ist. Er bietet mit 560 Liter Volumen Auftrieb, sollte die Preste 18 doch kentern. Beim Blick hinein zeigt sich die Wabenstruktur im Sandwich. Beide Teile werden mit Polyesterharz per Vakuuminfusion gefertigt. Die Verarbeitung und die Gelcoat-Oberflächen sehen sehr gut aus.

Der Prototyp wurde 2020 fertiggestellt, in Polen sind bereits einige Boote im Umlauf, und ab sofort gibt es auch zwei Händler in Deutschland. Preste Yachts möchte die sportliche One-Design-Kieljolle weiter verbreiten und den deutschsprachigen Markt erobern. Mit der Mischung aus Racer und Sportboot versucht die Werft, eine breite Zielgruppe anzusprechen.

Für Regatten gedacht oder bloß so

So soll man mit der Preste 18 ebenso Regatten gewinnen wie auch einen entspannten und sicheren Segeltag mit Kindern oder Anfängern verbringen. Die Alleskönnerin soll zudem in unter einer Stunde segelfertig sein – inklusive Maststellen. Mit rund 360 Kilogramm Komplettgewicht und dank des Hubkiels kann sie nicht nur gekrant, sondern auch geslippt werden. Die 5,50 Meter lange One-Design-Jolle eignet sich daher auch für einen Feierabendschlag für all diejenigen, die keinen Wasserliegeplatz haben.

Trotzdem ist die Preste 18 ein Kompromiss: Zu groß und schwer für ein reines Sportgerät, bietet sie aber für längere Ausflüge als Wanderjolle ebenfalls nicht die nötigen Voraussetzungen. Mit 27.965 Euro liegt sie zwischen der kleineren Melges 15 (YACHT 3/2023) für 15.000 und der etwa gleich großen, aber fahrtentauglicheren First 18 (YACHT 18/2022) für 40.000 Euro. Hier positioniert sich die Preste 18 also nicht nur konzeptionell, sondern auch preislich zwischen den scheinbaren Gegensätzen sportlich-schnell und gemütlich-sicher.


Die Preste 18 im Detail

Das Cockpit misst 2,20 Meter in der Länge und 1,53 Meter in der Breite, Die 1,35 Meter tiefe Finne mit Bombe bringt mit 80 Kilogramm viel aufrichtendes Moment. Damit ist die Preste 18 praktisch kentersicher. Das flache Unterwasserschiff und die große Segelfläche sorgen schnell für Gleitfahrt. Das Trapez ist hilfreich, aber kein Muss. Das Einsalingsrigg kommt ohne Achterstag aus und bietet nur ­einfache VerstellmöglichkeitenFoto: HerstellerDas Cockpit misst 2,20 Meter in der Länge und 1,53 Meter in der Breite, Die 1,35 Meter tiefe Finne mit Bombe bringt mit 80 Kilogramm viel aufrichtendes Moment. Damit ist die Preste 18 praktisch kentersicher. Das flache Unterwasserschiff und die große Segelfläche sorgen schnell für Gleitfahrt. Das Trapez ist hilfreich, aber kein Muss. Das Einsalingsrigg kommt ohne Achterstag aus und bietet nur ­einfache Verstellmöglichkeiten

Technische Daten

  • CE-Entwurfskategorie C
  • Rumpflänge 5,54 m
  • Gesamtlänge 5,54 m
  • Breite 2,02 m
  • Tiefgang/aufgeholt 1,35/0,35 m
  • Länge Ruderblatt 1,50 m
  • Mastlänge 8,00 m
  • Gewicht 360 kg
  • Ballast/-anteil 80 kg/22 %
  • Großsegel 12,5 m²
  • Selbstwendefock 7,5 m²
  • Gennaker 29,0 m²
  • Länge der Sitzduchten 2,20 m
  • Breite der Plicht 1,53 m
  • Besatzung 2 bis 4 Personen

Rumpf- u. Decks­bauweise

Vakuuminfusion mit Polyesterharz. Rumpf und Deck sind ein Sandwich mit Wabenstruktur im Kern

Ausstattung und Preise

  • Grundpreis ab Werft 27.965 €
  • Preis mit Trailer 30.265 €
  • Garantie/gegen Osmose 5/10 Jahre

Werft

Preste Yachts in Napachanie ­(Polen) www.preste18.eu

Vertrieb

Jörg Larisch: preste18@freenet.de


YACHT-Bewertung

Preste Yachts hat mit dem One Design eine interessante ­Mischung aus Racing- und Cruising-Elementen geschaffen

Konstruktion und Konzept

  • + Sportliches Segeln
  • + Viel Sicherheit mittels Kiel

Segelleistung und Trimm

  • + Einfaches Rigg
  • + Stark ausgestelltes Großsegel
  • + Gleitet schnell an
  • - Spischot zu weit innen

Ausrüstung und Technik

  • + Roll- und Selbstwendefock
  • + Ausfahrbarer Gennakerbaum
  • + Einleinen-Gennaker-Bergesystem

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