Michael Rinck
· 28.01.2023
Die Zweipersonenjolle von Melges Performance kommt mit wenig Aufwand ins Gleiten, trotz simpler Ausrichtung ohne Trapez, aber dafür mit intuitivem Gennaker-Setup. Wir haben die Melges 15 bei optimalen Bedingungen auf der Alster getestet
Schon über 500-mal wurde die Melges 15 in ihrer Heimat USA gebaut, und das, obwohl sie erst vor zwei Jahren auf den Markt kam. Daher gibt es dort bereits große Felder der Einheitsklasse auf Regatten. In Europa erschien die Zweipersonenjolle erst im Frühjar 2022, jetzt ist sie erstmals auf der boot in Düsseldorf zu sehen. Gefertigt wird sie in Portugal von Hersteller Nelo, und auch der verspürt eine rege Nachfrage. Wir konnten die Jolle auf der Hamburger Alster Probe segeln.
Das fast 4,60 Meter lange Boot ist für zwei Personen konzipiert. Der Rumpf hat charakteristische Kimmkanten und ist, was fast schon etwas retro wirkt, achtern geschlossen. Letzteres hat aber den Vorteil, dass das Cockpit so tiefer wird (bei einem offenen Heck müsste die Plicht höher liegen, damit Wasser abfließen kann) und auf diese Weise mehr Platz für den Vorschoter bleibt, um unterm Großbaum durchzuschlüpfen oder bei leichtem Wind auf dem Schwertkasten zu sitzen. Der Bug ist offen und beherbergt den ausfahrbaren Gennakerbaum genauso wie das Bergesystem. Das Raumwindsegel wird per Einleinensystem gesetzt und geborgen. Die restliche Ausstattung ist ebenfalls simpel gehalten, auf ein Trapez wird vollkommen verzichtet.
Auf dem Wasser zeigt sich, dass es auch nicht nötig ist. Das kleine Boot liegt mit zwei Erwachsenen an Bord erstaunlich stabil im Wasser. Hier sorgen die Chines und zudem die auch achtern große Breite für reichlich aufrichtendes Moment. Daher bleibt die Melges 15 auch am Wind in moderaten Böen sehr kontrolliert, und es kommt keine Sorge auf, damit zu kentern. Mit zwei Personen auf der Kante kann man genug Gewicht nach Luv bringen, die Duchten sind angenehm gerundet, so lässt es sich selbst ohne spezielle Polster in der Hose auf der Kante aushalten. Die Melges reagiert feinfühlig auf kleine Ruderausschläge, in Böen muss aktiv die Großschot gefahren werden, da bei zu viel Lage die Ruderwirkung spürbar nachlässt.
Unkontrollierbar wird sie aber nie. Sobald etwas Druck rausgenommen oder durch Ausreiten aufrechter gesegelt wird, ist die Ruderwirkung sofort wieder da. Dabei lassen sich am Wind ununterbrochen über fünf Knoten loggen. Mit leichtem Schrick in den Schoten wächst die Geschwindigkeit schnell auf über sechs Knoten, und schon kommt die Jolle ins Gleiten. Mit halbem Wind glitscht man nur noch mit acht Knoten und mehr dahin. Jetzt zeigt sich der Vorteil des geräumigen und unverbauten Cockpits: Das Gewicht lässt sich wunderbar in Längsrichtung verlagern. So kommt bei achterlicher Sitzposition der Bug schön aus dem Wasser. Spritzwasser findet den Weg ins Boot, läuft über die Lenzer aber sofort wieder ab. Die Melges segelt sich ziemlich nass. Und raumschots unter Gennaker? Obwohl die Crew aus Eigner und Tester nicht eingespielt ist, klappt das hervorragend.
Die Melges ist einfach und intuitiv zu segeln, das Gennaker-Setup ist super simpel und sorgt für enormen Segelspaß. Bei der ersten Halse zeigt sich jedoch, wir haben die Schot versehentlich außen herum geriggt, dabei bietet der Gennakerbaum reichlich Platz, das bunte Tuch innen am Vorstag entlang zu halsen. Ein schneller Schritt nach vorn, und der Fehler ist behoben. Hier ist der offene Bug von Vorteil, viel sicherer, verglichen mit der Rutschpartie auf dem eingedeckten Bug eines 420ers. Jetzt klappen auch die Halsen schnell, ein Pluspunkt auf der viel befahrenen Außenalster. In den nur kurz andauernden Böen loggen wir mit Leichtigkeit über zehn Knoten, Topspeed sind 12,5 Knoten. Bei der Geschwindigkeit kommt das Ufer auf dem kleinen Revier schnell näher, schön, dass auch das Bergen des Gennakers in Rekordzeit erledigt ist.
Gefertigt wird das Boot recht aufwändig in Sandwich-Bauweise in Vakuum-Infusion und mit dem höherwertigen Vinylesterharz. Das Gelcoat des Testbootes sah sehr gut aus, kein Zeichen von Lufteinschlüssen an Kanten oder in Ecken. Ruder und Schwert sind nicht aus GFK, sondern aus Aluminium gefertigt. Die unteren Kanten hingegen bestehen aus austauschbaren Kunststoffkappen – sehr praktisch.
Der Grundpreis liegt bei 12.500 Euro. Der Preis umfasst das segelfertige Boot inklusive Gennaker-System. Zusätzlich nötig sind ein Slipwagen (375 Euro), eine Persenning (480 Euro) und eine Tasche für Schwert und Ruder (98 Euro). Ein Straßentrailer kostet 1.550 Euro. Das addiert sich zu 15.003 Euro. Preislich liegt die Melges 15 somit zwischen 420er und 29er.
Mit Ersterem ist sie nur bedingt vergleichbar, denn der 420er ist eine deutlich ältere Konstruktion: durch den Rundspant kippelig und durch den Spinnaker und das Trapez aufwändiger in der Bedienung. In Länge und Speedpotenzial bietet sich der 29er eher als Vergleich an. Aber auch hier ist der Einstieg durch die Trapeze schwieriger und teurer. Die Melges 15 ist ein Boot, das sowohl Anfängern einen sicheren Einstieg bietet als auch für einen rasanten Feierabendschlag gut ist, aber ebenso auf der Regattabahn gesegelt werden kann. Vorausgesetzt, dass in Europa genügend Stückzahlen den Weg in die Segelreviere finden. Das Potenzial hat das Boot ohne Frage, durch den breiten Einsatzbereich, das unkomplizierte Handling, die hohe Stabilität und natürlich den großen Spaßfaktor, der sofort ein breites Grinsen ins Gesicht der Crew zaubert.
Auf der boot Düsseldorf ist die Melges 15 in Halle 15 am Stand G 42 zu finden.
Windgeschwindigkeit: 10 bis 16 kn (3 Bft)
Wellenhöhe: ca. 0,1 m
* mit Gennaker
Die Glasfasern werden mit Vinylester-Harz in Vakuum-Infusionstechnik getränkt. Sowohl Rumpf- als auch Cockpitschale sind als Sandwich ausgeführt. Die Sitzduchten bilden die Auftriebskörper. Im Schwertkasten sorgt eine Alu-Armierung für mehr Stabilität
Die Melges 15 ist eine Jolle für zwei Personen, bietet viel Sicherheit bei einfacher Bedienung. Der Preis ist angemessen