Knapp 20 Schiffe vom neuen Typ Solaris 50 hat die Werft in nur etwas mehr als einem Jahr gebaut und ausgeliefert. Über 40 weitere Bestellungen liegen aktuell vor. Das ist ein hoher Maßstab, auch für die Konkurrenz. Immerhin handelt es sich dabei um einen 15,50 Meter langen und sehr exklusiven Luxuskreuzer, der in der Wunschlos-glücklich-Ausstattung locker mal gegen eine Million Euro oder mehr kosten wird. Es scheint also prächtig zu laufen, besonders auf dem Markt der gehobenen und kostspieligen Angebote – den Schwierigkeiten in postpandemischen Zeiten offenbar ganz zum Trotz.
Die Yachtbauer von Solaris in Aquileia am Golf von Triest fertigen die Solaris 50 mittlerweile sogar in zwei kompletten Formensätzen, um der großen Nachfrage mit noch vertretbaren Lieferfristen nachzukommen. Rumpf und Deck entstehen als GFK-Sandwichlaminat in Handauflage mit Airex-Schaumkern, E-Glas und Vinylesterharz. Die großen Komponenten werden dann unter Vakuum verdichtet und ausgehärtet. Das Verfahren und die Materialien stehen für sehr robuste und steife Strukturverbindungen mit gutem Osmoseschutz. Und in den hoch belasteten Bereichen werden der Rumpf sowie die strukturelle Bodengruppe zusätzlich mit Kohlefaser-Beilagen verstärkt.
Die frische Solaris 50 erscheint als Nachfolgerin des gleichnamigen und ebenfalls sehr erfolgreichen Modells aus dem Jahr 2015 (Test YACHT 3/2016). Der Wandel in der Modellentwicklung bleibt im direkten Vergleich zwar überschaubar, ist aber dennoch in Teilen wesentlich. So übernimmt das Konzept das neue Deckslayout, wie es bereits mit der Solaris 60 sowie der Solaris 40 (Test YACHT 19/2021) umgesetzt worden ist. Als Novität laufen die Seitendecks jetzt nicht mehr bis zum Heck durch, sondern enden beidseitig noch vor den Steuersäulen. Somit ist eine Art Walkaround-Cockpit gegeben. Dabei überbrückt eine zusätzliche Stufe den recht hohen Absatz zwischen Laufdeck und Cockpitboden. Das Walkaround-Konzept hat Jeanneau vor gut sechs Jahren mit der neuen Generation seiner Fahrtenyachten aus der Reihe Sun Odyssey vorgestellt. Mittlerweile scheint die gute Idee ihre Nachahmer zu finden, in abgeänderter Form nun auch bei Solaris.
Tatsache ist, dass die neue Cockpitgestaltung leichte und weitgehend barrierefreie Durchgänge vom Cockpit auf das Deck und weiter zum Vorschiff ermöglicht. Überdies können die Steuersäulen zwar maximal weit auseinander, aber dennoch mit viel Freiraum komplett frei stehen. So hat der Steuermann mehr Bewegungsfreiheit bei seiner Arbeit an den großen Rädern. Er kann aus seiner Position leicht aufs Vordeck gelangen, aber auch an den beiden großen Schotwinschen arbeiten, welche vor den Steuersäulen auf das Laufdeck geschraubt sind. Die Arbeitsabläufe sind einfach und übersichtlich, selbst für die kleine Crew oder für Einhandsegler.
Der Nachteil des neuen Solaris-Layouts: Weil achtern das Seitendeck nicht zur Verfügung steht, gibt es für den Rudergänger keine vernünftige Sitzgelegenheit mehr. Zum Steuern muss er deshalb stehen, was ihm zwar eine gute Übersicht über Boot und Segel verschafft, aber auf die Dauer anstrengend ist. Die kleinen Ausformungen auf dem Schanzkleid schaffen als schmale Hocker allenfalls bedingt Abhilfe, und dies auch nur zur Entlastung zwischendurch. Als halbwegs gute Lösung bietet die Werft allerdings optional Klappsitze an, die seitlich angeschlagen werden.
Der Begriff „Gran Turismo“ stammt aus der Automobilbranche und beschreibt die klassische Sportlimousine – formschöne Autos mit starker Motorisierung und sportlichen Fahreigenschaften, welche aber gleichermaßen sehr viel Platz und hohen Komfort für unterwegs bieten. Diesem Ideal entsprechen auch die Schiffe der jüngeren Modellgenerationen von Solaris Yachts. Die sportliche und leistungsorientierte DNA bleibt dabei als Basis erhalten. Regattatauglichkeit ja, aber nicht nur. Auch das leichte Handling sowie der einfache Umgang mit dem Boot stehen stark im Fokus.
Wie schon bei der Solaris 40 bedeutet das im Fall der neuen 50er konkret: einfache und zentrale Führung der Großschot (Single Point Sheeting), Selbstwendefock als Standard sowie die generelle Führung aller Fallen, Schoten und Trimmleinen unter Deck bis direkt vor die beiden Steuerstände. Mit Ausnahme einer kurzen Genua mit Holepunkten an Deck bietet Solaris dazu auch keine wesentlichen Varianten an. Ein Traveller für die Großschot zum Beispiel ist ab Werft nicht erhältlich, auch wenn sich sportliche und aktive Segler dies wünschen. Die Konkurrenz im eigenen Land (Grand Soleil oder Italia Yachts) zeigt sich bezüglich der Deckslayouts flexibler und offeriert für ihre neuen Modellgenerationen stark unterschiedliche Versionen, sowohl zum sportlichen Cruisen als auch für ambitionierte Regattasegler, die mit Crew unterwegs sind.
Beim Test vor Barcelona in Spanien hat die YACHT-Redaktion die Gelegenheit, die neue Solaris bei sehr unterschiedlichen Bedingungen auszuprobieren. Bei rund 4 bis 5 Beaufort zeigt die rassige Italienerin dabei eine starke Leistung am Wind. Das kraftvolle Rumpfdesign des argentinischen Konstrukteurs Javier Soto Acebal bietet eine spürbar hohe Formstabilität. Die Solaris 50 segelt steif und auch in den Böen schön aufrecht. Ausgestattet mit Selbstwendefock, läuft das Testboot, die Baunummer eins, eine überdurchschnittlich gute Höhe. Die Wendewinkel liegen bei 80 Grad oder sogar etwas darunter. 6,5 Knoten schafft die Yacht auf der Kreuz, und raumschots mit dem rollbaren Code Zero kommt die Logge nahe an die zweistelligen Werte heran. Die guten Leistungswerte müssen beim Testboot allerdings auch dem Kohlefaserrigg von Hall Spars mit Textilwanten sowie einem hochwertigen Satz Performance-Segel zugeschrieben werden – zumindest teilweise.
Bei weniger Wind macht sich dagegen schnell das relativ hohe Gesamtgewicht von knapp 16 Tonnen bemerkbar. Die Solaris 50 wirkt dann eher träge und verliert in den Manövern an Agilität und Dynamik. Während bei Wind das Steuern ein Genuss mit hohem Spaßfaktor ist, bleibt das Steuergefühl bei nur 2 Beaufort fast vollständig weg. Dies mag einerseits an den doppelten Ruderblättern liegen, andererseits aber auch an der ungewöhnlich umfangreichen und hochwertigen Ausführung der Steueranlage. Die Mechanik arbeitet mit Kettenzügen, Winkelgetrieben und Schubstangen zwar sehr präzise und bietet hohe Redundanz, ist aber gleichermaßen mit mehr Widerständen im System etwas schwergängig.
Unter Deck fällt die ungewöhnliche Ruhe auf. Vom Wellenschlag ist beim Segeln kaum etwas zu hören, und selbst in den Manövern bleibt es innen erstaunlich ruhig. Das liegt einerseits an der perfekt ausgeführten Isolation der technischen Ein- und Ausbauten, andererseits an der hochwertigen Fertigung von Rumpf und Deck wie auch der Möbel.
Der Ausbaustandard unter Deck ist erstklassig. Nebst der tadellosen Verarbeitung der Komponenten in allen Bereichen sind es die vielen kleinen Details, die überdies begeistern, insbesondere bei den Bordinstallationen. Die technischen Teile sind perfekt erreichbar, nachvollziehbar vernünftig eingebaut und stammen aus den gehobenen Sortimenten der Zulieferer.
Bezüglich der Gestaltung unter Deck geht Solaris auch beim neuen Modell den konventionellen Weg und übernimmt im Wesentlichen das Layout der Vorgängerversion. Es bleibt beim klassischen Ausbau mit drei Doppelkabinen und zwei Nasszellen mit abgetrennter Dusche. Als einzige Varianz kann im Vorschiff das Doppelbett auch seitlich angeordnet werden. In dem Fall wird das Bad zwischen Vorschiff und Vorpiek über die ganze Schiffsbreite eingepasst und bietet mehr Platz als im Standard-Layout, vor allem in der Dusche.
Im Vergleich zum Vorgängermodell ist der Rumpf der neuen Solaris 50 breiter und das Heck fülliger. Damit ist es für die Planer möglich geworden, achtern zwei rechteckige Doppelkojen mit einer Breite von durchgehend 1,57 Metern vorzusehen. Die Garage für das längs gelagerte Beiboot ragt zwar ein Stück weit in die Achterkabinen hinein, aber deutlich oberhalb der Kojenflächen, die damit immer noch die vollen Komfortmaße aufweisen.
Wie bei Solaris üblich, kann der Kunde die Optik beim Innenausbau selbst mitgestalten. Zur Wahl stehen unterschiedliche Holzsorten sowie verschiedene Materialien und Farben für die Polsterungen.
Solaris Yachts baut Schiffe, die bei vielen Seglern ganz oben auf der Wunschliste stehen. Neben der aufregenden Optik ist es die hohe Qualität, die begeistert, und die guten Segeleigenschaften, die überzeugen. Weil es das Gute nicht umsonst gibt, hat natürlich auch die Solaris 50 ihren stolzen Preis: Knapp 780.000 Euro stehen auf dem Preisschild für die Basisversion ohne die Segel. Das ist zwar viel Geld – aber auch für viel gutes Schiff.
GFK-Sandwich mit PVC-Schaumkern, E-Glas und Vinylesterharz. Laminat im Vakuum-Verfahren. Rumpfverstärkungen aus Kohlefaser
Standard auf dem Cockpitboden und auf den Duchten. Optional auf Laufdeck und Aufbau. Esthec ist möglich
Die Segel sind, wie bei Performance-Cruisern üblich, im Grundpreis nicht enthalten. Für einen einfachen Satz Segel (Groß und Selbstwendefock) werden mindestens 40.000 Euro zusätzlich fällig
Aluminium-Rigg mit drei Salingen, und Edelstahl-Drahtwanten (1 x 19). Das Kohlefaser-Rigg von Hall Spars wie auf dem Testboot kostet rund 188.000 Euro Aufpreis
Serienmäßig: Vierzylinder-Einbaudiesel Volvo Penta D2-50 mit Saildrive und Drei-Blatt-Festpropeller. Optional kann auch ein Volvo Penta D2-75 eingebaut werden
Solaris Yachts srl, 33051 Aquileia (Italien); www.solarisyachts.com
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Auch das jüngste Schiff von Solaris Yachts bleibt den Markenwerten der Werft kompromisslos treu. Das Boot präsentiert sich sehr gradlinig, aber gleichzeitig auch wenig variantenreich. Die Bauqualität ist oberste Liga und der Ausbau unter Deck makellos gefertigt