N’Fun 30Vielseitiger Weekender mit attraktivem Einstiegspreis im Test

Michael Good

 · 28.05.2025

Temperamentvoll. Unter Gennaker gibt sich die N’Fun 30 sportlich. Der Rüssel ist ausziehbar.
Foto: YACHT/Tobias Stoerkle
Ungewöhnlich vielseitig und – zumindest auf den ersten Blick – äußerst günstig: Die N’Fun 30 aus Polen überrascht mit einer besonders hohen Wandelbarkeit und einer beispiellosen Preispolitik.

Die Basis dieses Schiffs wurde schon einmal im Test vorgestellt, und zwar in Heft 19/2013 unter der Bezeichnung NH Fun 30. Mittlerweile hat sich darum herum eine ganze Menge getan. 2020 kam der sportliche Week­ender als Komplett-Überarbeitung unter dem leicht geänderten Namen N’Fun 30 wieder auf den Markt.


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Hinter dem Projekt steckt Marek Stanczyk, international erfolgreicher Match­race-Segler und Bootsbauer. Er hat zusammen mit einem deutschen Partner das Konzept ausgeheckt und in der Nautiner- Werft im polnischen Gizycko umgesetzt. Allerdings mit zunächst nur bescheidenem Erfolg: Vom Typ NH Fun 30 wurden nur zwei Einheiten gebaut. Zudem gab es wohl qualitative Probleme. Die Kooperation ging in die Brüche.

Mehr als nur ein Update

Aufgeben ist für Marek Stanczyk aber keine Option. Er hat sich die Rechte und die Formen gesichert, das Konzept in Eigenregie nochmals überdacht und von Grund auf komplett neu umgesetzt. Optisch und auf den ersten Blick bleiben die Unterschiede am Boot überschaubar. Vielmehr haben die Yachtbauer in Polen im Detail verbessert, mehrere sinnvolle Varianten ausgearbeitet und generell an der Qualität gefeilt. Das Schiff präsentiert sich jetzt deshalb weniger als bloßes Facelift, sondern als vollständige Neuauflage – Grund genug, es nochmals auf den YACHT-Prüfstand zu nehmen.

Für diesen Zweck zeigt sich der Bodensee von seiner besten Seite. Vor Friedrichshafen bläst ein böiger Westwind mit zwischen 15 und 25 Knoten. Werftchef Stanczyk bindet deshalb gleich das zweite Reff ein, was sich unterwegs als übertrieben vorsichtig herausstellen wird. Mit der kurz überlappenden Genua und der dafür deutlich zu kleinen Großsegelfläche verhält sich das Boot zunächst unangenehm leegierig und ist nur schwer auf Kurs zu halten. Der effiziente Traveller auf dem Cockpitboden, die kraftvolle Achterstagsverstellung sowie die Großschotführung mit Grob- und Feintrimm erlauben aber eine exaktere Feinabstimmung. Einigermaßen gut aus­getrimmt marschiert die N’Fun 30 hart am Wind dann doch mit 6,2 Knoten und wendet über einen Winkel von 80 Grad. Das ist ordentlich.


Messwerte der N’Fun 30

Bild 1

An Bord wird trotzdem entschieden, für eine zweite Testkreuz das Großsegel auszureffen. Dazu soll es aber leider nicht mehr kommen: Auf dem Rückweg unter Gennaker bricht oben am Mast der Galgen für das Achterstag ab – zu hoch sind die Kräfte aus dem immerhin 85 Quadratmeter großen Zusatzsegel, welches bis in den Masttopp gezogen wird. Zuvor zeigt sich die N’Fun 30 aber noch einmal von ihrer temperamentvollen Seite: Solide 11 Knoten Speed loggt die eher schlanke Polin raumschots bei einem Windeinfall von zirka 110 Grad.

Mit einem nicht mehr einsetzbaren Ach­terstag ist beim Starkwindtest auf dem Bodensee dann erst einmal Feierabend. Es blei­ben trotzdem genügende Eindrücke hängen, um die Segeleigenschaften der Konstruktion des Polen Eugeniusz Ginter einordnen zu können. Das Boot besitzt zweifellos ein erhebliches Leistungspotenzial, es segelt vergleichsweise steif, kann gute Höhe laufen und geht geschmeidig durch die Wellen. Mit dem durchdacht angeordneten Cockpit­layout kommt eine eingespielte Regattamannschaft genauso gut klar wie Familiencrews oder Einhandsegler bei der kurzen Ausfahrt nach Feierabend.

Optionen en Masse

Was das Konzept der N’Fun 30 im Besonderen auszeichnet, ist eine ungewöhnliche Wandlungsfähigkeit mit einer großen Menge von möglichen Optionen. Der Kunde muss entscheiden, ob er ein einzelnes oder zwei Ruderblätter haben will und ob diese fest eingebaut oder am Heck angehängt sein sollen. Alle denkbaren Ausführungen sind wahlweise mit Pinne, mit einem oder zwei Steuerrädern kombinierbar. Ein hydraulischer Hubkiel ist Standard, wird aber in zwei Varianten mit unterschiedlichen Tiefgängen angeboten. Weiterhin ist das Boot mit Festkiel erhältlich, allerdings muss dafür der Rumpf mit zusätzlichen Stringern und Bodenwrangen verstärkt werden.

Auch für die Motorisierung sind zahlreiche Alternativen geboten, vom achtern angehängten Außenborder über den Schachtmotor bis zur Einbaumaschine. Sämtliche Antriebsvarianten sind überdies sowohl als Verbrennungsmotor oder als Elektro­antrieb zu bekommen. Selbst bei der Bauweise kann der Käufer mitbestimmen. Im Standard werden der Rumpf und das Deck der N’Fun 30 als GFK-Sandwichkonstruktionen mit einem Schaum­kern laminiert. Gegen Aufpreis wird die Struktur zusätzlich im Vakuum-Infusionsverfahren aufgebaut.

Das Standard-Alurigg von einem Hersteller in Polen ist deutlich zu weich, das Profil ist zu dünn, dies eine Erkenntnis beim Test. Werftchef Marek Stanczyk ist das klar, er sucht jetzt nach Alternativen. Aktuell kann man das Boot wahlweise auch mit einem hochwertigeren und steiferen Rigg von Seldén bestellen, was durchaus empfehlenswert ist. Eine Selbstwendefock ist als Alternative zur kurz überlappenden Genua ebenfalls erhältlich.

Auch mal fürs Wochenende

Unter Deck überrascht das Testboot mit einem ungeahnt gemütlichen und wohnlichen Innenausbau. In den beiden Hunde­kojen achtern schlafen erwachsene Personen bequem und mit ausreichend viel Platz; die Dreieckskoje vorn ist allerdings weit in den Bug hineingebaut. Bei den Füßen und auf der Höhe der Schultern wird es deshalb bei Doppelbelegung eng.

Zwei Einbaumodule mit Ceran-Kochfeld und Spüle komplettieren das Wohnangebot für den kurzen Törn. Dazu lässt sich im Vorschiff unter den Kojenbrettern ein portables WC integrieren. Die Möglichkeiten zum Lüften könnten besser sein – es steht nur eine zu öffnende Luke über dem Vorschiff zur Ver­fügung. Zusätzliche Luken über den Hundekojen gibt es nur als Option.

Die Ausbauqualität ist generell gut, die Verarbeitung ordentlich. Teilweise sind jedoch unstimmige Spaltmaße zu bemängeln. Dafür gefallen die makellosen Ober­flächen der Innenschalen und die Machart der Deckenpaneele und Seitenverkleidungen.

Preisgestaltung der N’Fun 30

Bezüglich der Preise schlägt N’Fun Yachting aber einen sehr ungewöhnlichen Weg ein und bietet das Boot für einen bemerkenswert günstigen Grundpreis an: 54200 Euro brutto. Für das Geld bekommt man das Schiff in seiner simpelsten Ausführung mit Rigg, den nötigsten Trimmeinrichtungen sowie mit einem einfachen Satz Dacronsegel (Groß und Genua). Alles andere einschließlich Motor, erwei­terte Trimmeinrichtungen sowie wünschenswerte Annehmlichkeiten gibt es nur gegen Aufpreis.

  • Grundpreis ab Werft: 93.180 Euro inkl. 19% MwSt.
  • Garantie/gegen Osmose: 2/10 Jahre

Stand 2025, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, lesen Sie hier!

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Unter Deck ist das Boot in der Standard-Ausstattung nahezu leer. Für fast alle Einbauten, die Innenschalen, die Polster, die Stauräume oder Pantry und Spüle muss der Kunde drauflegen – und für vieles mehr. Die Werft rechnet vor, dass das durchaus nicht überdurchschnittlich ausgestattete Testboot am Ende etwa doppelt so viel kostet wie die Basisausführung. Kostenbereinigt liegt das dichter am Wettbewerb und ist somit vergleichbar.

Die Preisgestaltung von N’Fun Yachting mag unkonventionell, vielleicht sogar reißerisch erscheinen. Für Käufer ist dieser Ansatz letztlich aber nicht uninteressant, weil sie aus einer extremen Vielfalt an Optionen wählen und so ihre Neuanschaffung perfekt auf die persönlichen Bedürfnisse abstimmen können. Der Plan ist attraktiv, weil individuell anpassbar. Ob der Markt das ungewöhnliche Angebot annimmt, muss sich aber zeigen.

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YACHT-Bewertung der N’Fun 30

Leistungsstarker und attraktiver Weekender aus Polen mit einer ungewöhnlich breiten Auswahl von möglichen Varianten und Optionen. Der sehr günstige Basispreis scheint verlockend, muss aber relativiert werden.

Konstruktion und Konzept

Höchst wandelbares Konzept

Vielseitige Nutzungsmöglichkeiten

Magere Grundausstattung ab Werft

Segelleistung und Trimm

Funktionierendes Deckslayout

Segelt steif, läuft gute Höhe

Sehr schwaches Standard-Rigg

Wohnen und Ausbauqualität

Wohnlicher Ausbau, nur auf Wunsch

Bis zu sechs Kojenplätze möglich

Ausrüstung und Technik

Hubkiel in der Standardausführung

Viele Varianten zur Motorisierung

Vakuum-Infusion nur gegen Aufpreis

Die N’Fun 30 im Detail

Flexibel. Hubkiel und Steckruder vergrößern den Aktionsradius. Auch das Rigg ist in zwei Größen erhältlich.Foto: YACHT/N. CampeFlexibel. Hubkiel und Steckruder vergrößern den Aktionsradius. Auch das Rigg ist in zwei Größen erhältlich.

Technische Daten der N’Fun 30

  • Konstrukteur: Eugeniusz Ginter
  • CE-Entwurfskategorie: C
  • Rumpflänge: 9,00 m
  • Breite: 2,92 m
  • Tiefgang (Hubkiel): 0,50–1,60 m
  • Gewicht: 2,1 t
  • Ballast/-anteil: 550 kg/26 %
  • Großsegel: 25,0 m²
  • Rollgenua (105 %): 20,8 m²
  • Maschine (Außenborder): wahlweise

Rumpf- und Decks­bauweise

GFK-Sandwichlaminat mit Schaumkern, handlaminiert. Vakuum-Infusion als Option (Rumpf und Deck).

Werft

N’Fun Yachting, 11-500 Wilkasky (Polen); www.nfunyacht.com

Vertrieb

Händlernetz

Die Konkurrenz: Universell und exklusiv

Esse 330: Leistungsstarkes Schiff aus der Schweiz, das auch als sportlicher Binnenracer Potenzial hat. Mit Kohlefaserrigg aber relativ teuer.
Foto: YACHT/Tobias Stoerkle

Lesen Sie den Test der Esse 330 und den Test der Tofinou 9.7 hier.

Der Test erschien zum ersten Mal 2020 und wurde für diese Onlineversion überarbeitet.

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