Michael Good
· 04.09.2024
J/Boats hat ein neues Schiff für die populäre Zwölf-Meter-Klasse am Start. Haben die Bootsbauer den idealen Kompromiss zwischen Speed und Komfort gefunden?
Die Marke J/Boats ist zweifellos eine Bastion und die Nummer eins des US-amerikanischen Serienyachtbaus. Seit Mitte der siebziger Jahre entwickelt und baut die Familie Johnstone in der Segelhochburg Newport Schiffe von 7 bis 16 Meter Rumpflänge. Bekannt geworden ist die Werft aufgrund ihres ausnahmslos sportlichen und leistungsorientierten Konzepts, aber auch dank ihrer konsequenten Linientreue, was Konstruktionen und Designs der einzelnen Modelle betrifft. Am Zeitgeist orientieren mochte man sich noch nie. In der Folge passen die Yachten von der US-Ostküste so recht in keine Schublade. Und das ist gut so.
Bei allem Beharren auf Eigenständigkeit hat sich J/Boats dem Wandel dennoch nicht verschlossen. Die wichtigste Veränderung markenstrategischer Natur war sicherlich die, ab 1994 Boote für den europäischen Markt von der Firma J Composites in Les Sables d’Olonne an der französischen Westküste bauen zu lassen. Mehr noch: In den letzten Jahren hat förmlich eine interkontinentale Schwerpunktverschiebung stattgefunden: Mittlerweile werden fast alle Modelle aus dem aktuellen Programm in Frankreich gebaut, weitgehend entwickelt und von dort global vertrieben.
So ist es wenig verwunderlich, dass die jüngsten Neuentwicklungen zwar die typische Markenidentität erhalten, mehr und mehr aber auch auf die Ansprüche hiesiger potenzieller Kaufinteressenten abgestimmt werden. Davon zeugen insbesondere die neuen Modelle der Marke für die gehobene Elegance-Reihe: die J/45 (Test in YACHT 5/2022) und ganz aktuell die J/40. Sie ist in aller Stille und Bescheidenheit entwickelt und von der Werft erst angekündigt worden, nachdem der Prototyp schon fertig gebaut war.
Die 40er wird als Nachfolgerin der erfolgreichen und oft gebauten J/122 ein schweres Erbe antreten müssen. Immerhin ist das Vorgängermodell in einer Laufzeit von knapp 20 Jahren mehr als 200-mal ausgeliefert worden und hat sich international als starker Wettbewerber behauptet.
Schon im Hafen ist die J/40 ein auffällig schönes Schiff, charakterstark dank einem ausgeprägten Decksprung und dem im Vergleich niedrigen Freibord. Die Konstruktion kommt wie üblich von Alan Johnstone, dem Co-Präsidenten von J/Boats. Man darf seinen Strich konventionell oder sogar klassisch nennen. Dafür steht insbesondere das schlank gehaltene Heck mit der gemäßigten Spantform. Die heutzutage angesagten Designs, die allenthalben Yachten mit enorm breiten Hecks, stark abgesetzten Kimmkanten in den Rümpfen sowie zwei Ruderblättern hervorbringen, sind und bleiben im Hause J/Boats tabu.
Am Testtag weht vor Les Sables d’Olonne eine stabile Brise um 13 Knoten Stärke, dazu ist der Seegang mit rund 1,5 Meter Höhe recht anspruchsvoll. Beste Bedingungen also, um die J/40 zu fordern. Hart am Wind gibt sie sich keine Blöße, zeigt im Gegenteil eine tadellose Leistung: Trotz der Wellen erreicht sie einen guten Speed von 7,3 Knoten auf einem Kurswinkel von 40 Grad zum wahren Wind. Das ergibt eine, speziell für Performance-Boote relevante Luv-Geschwindigkeit (VMG) von 5,6 Knoten. Das ist vergleichsweise viel und dürfte die Konkurrenz beunruhigen. Allerdings muss erwähnt bleiben, dass der Prototyp mit einem optional erhältlichen Kohlefasermast sowie mit einem Satz guter Laminatsegel ausgestattet ist.
Fabelhaft ist das Gefühl an den doppelten Steuerrädern, genauso wie es sein soll und wie man es von J/Boats kennt. Ein angenehmer Druck auf dem Ruder sorgt rasch für gute Rückmeldung am Rad, und das Schiff lässt sich wunderbar und feinfühlig auf Kurs halten. Einzig im hohen Wellengang ist zwischendurch ein lästiger Rückschlag auf die Steuerung wahrnehmbar. Und auf Raumwindkurs unter Gennaker ist der Ruderdruck relativ hoch. Ein Zeichen, dass das schmale und tiefgehende Ruderblatt wohl noch nicht ganz optimal ausbalanciert ist. Daran will die Werft noch arbeiten.
Ansonsten ist das Verhalten der J/40 im Seegang tadellos. Die ranke Konstruktion mit ihrem scharfen Wassereintritt kommt beim Test prima durch die hohen und steilen Wellen; sie stampft dabei kaum.
Das Layout im Cockpit entspricht dem vielfach bewährten Arrangement für sportliche Performance-Cruiser und wird in erster Linie den Ansprüchen einer regattaerprobten Mannschaft gerecht. Das heißt: primäre und sekundäre Schotwinschen auf dem Cockpitsüll, doppelt geführte Großschot nach dem German-Cupper-System, die Trimmleinen und Fallen seitlich am Niedergang. Auch eine kleine Crew oder Alleinsegler können, mit Unterstützung eines Autopiloten, die Manöver problemlos fahren und haben im offenen Cockpit dafür auch genügend Platz.
Am Rad hat der Steuermann eine gute Übersicht nach vorne und in die Segel. Allerdings ist der Höhenunterschied vom hinteren Laufdeck zum Cockpitboden groß. Will der Rudergänger seitlich sitzen, hängen seine Beine bei Krängung im Leeren. So bleibt für ihn nur die seitlich angelehnte Position – was auf langen Strecken unkomfortabel sein dürfte.
Dasselbe gilt für die Position des Großschotertrimmers vor dem Steuermann. Auch er sitzt bei Lage verkrampft und sucht mit den Beinen nach Halt. Dafür hat er die Großschotwinsch in Reichweite, und er kann auch den gut übersetzten Traveller direkt bedienen.
Die Funktionen zum Trimmen der Segel sind perfekt angeordnet. J/Boats hat noch nie viel davon gehalten, an wichtigen Anbauteilen zu sparen. Die Winschen sind groß genug und von guter Qualität (Harken Performa), das Standard-Rigg aus Aluminium wird mit Wanten aus Dyform abgespannt, das Achterstag hydraulisch getrimmt. Dazu kommen ausnahmslos die guten und hochwertigen Decksbeschläge von Harken sowie Fallen, Schoten und Trimmleinen aus Dyneema. Damit ist die J/40 bereits im Standard exzellent und weitgehend regattatauglich ausgestattet.
Allerdings: Wie bei Performance-Booten üblich, überlässt auch J/Boats die Wahl der Segel dem Eigner. Für einen einfachen Satz Amwind-Tücher muss der Käufer zusätzlich wenigstens 15.000 Euro berappen. Für einen Gennaker, Spinnaker oder einen Code Zero werden nochmals mindestens rund 5.000 Euro fällig. Wer mit dem Boot ambitioniert Regatten bestreiten möchte, wird für eine qualitativ hochwertige Garderobe noch deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen.
Standardmäßig ab Werft wird die J/40 mit drei Kabinen ausgebaut. So auch das Testschiff. In dieser Variante fällt die Nasszelle im Vorschiff, die auch direkt aus dem Salon zugänglich ist, relativ klein aus. Die Schiffe der Konkurrenz haben in der Drei-Kabinen-Version meist zwei Nasszellen. Dafür sind auf der J/40 sowohl die Navigation wie auch die Pantry größer und damit besser nutzbar als auf den Yachten der Wettbewerber. Dennoch bleibt es ein Kompromiss, den man einzugehen bereit sein muss. Besonders großzügig ist die L‑förmige Küche am Niedergang mit ihren üppigen Arbeitsflächen und Stauräumen.
Als attraktive Variante bietet J/Boats die 40er auch mit nur zwei Doppelkabinen an. In diesem Fall wird das Achterschiff auf der Backbordseite als große Backskiste ausgebaut, die sowohl von innen als auch direkt aus dem Cockpit zugänglich ist. Darüber hinaus ist dann achtern ein zweites, etwas geräumigeres Bad vorgesehen.
Die Kojen in den Achterkabinen fallen mit einer Breite von 1,45 Meter auf Schulterhöhe schmal aus – was der schlanken Rumpfform samt dem eingezogenen Heck geschuldet ist. Auch beim Ausbau mit nur einer Schlafkammer achtern bleiben die Komfortmaße unverändert, weil das tragende Längsschott aus strukturellen Gründen nicht verschoben werden kann.
Mittlerweile verfügt J Composites in Frankreich über eine große, bestens ausgestattete Möbelfabrikation und baut die Boote selbst aus. Früher wurden die Komponenten außer Haus gefertigt und als Module zugeliefert. Der Wandel zeigt sich in Form einer guten, robusten Ausbauqualität mit einem relativ hohen Vollholzanteil. Als Alternativen zum Innenausbau in Mahagoni wie beim Testschiff sind Varianten mit hellem Eichen- oder dunklem Walnussholz im Angebot. Solide Handläufe, um in ruppiger See Halt zu finden, sowie zahlreiche Luken für eine optimale Luftventilation im Salon und in den Kabinen runden den guten Gesamteindruck auch unter Deck ab.
Interessant ist die aktuelle Preisentwicklung bei J/Boats, speziell mit der Markteinführung der 40er. Mit einem Grundpreis ab Werft von unter 400.000 Euro brutto liegt das Boot im Vergleich unter denen der potenziellen Konkurrenzboote. Nur die etwas kleinere, aber am ehesten vergleichbare Grand Soleil 40 bewegt sich in puncto Kosten auf gleichem Niveau.
Es scheint, als ob sich J/Boats mit dem jüngsten Modell auch hinsichtlich des Preises wieder mehr am Wettbewerb orientieren will, speziell in der attraktiven und hart umkämpften 40‑Fuß-Klasse. Gleichzeitig hält die Werft an der guten, gehobenen Grundausstattung fest, die einen beträchtlichen Anteil am starken Markenimage hat. Ob man mit diesem ambitionierten Vorgehen den Erfolg der Vorgängerin J/122 wiederholen kann, bleibt indes abzuwarten. Die Vorschusslorbeeren in Form der Nominierung des Bootes zur Wahl als Europas Yacht des Jahres 2025 werden dazu aber sicherlich beitragen.
GFK-Sandwich mit Schaumkern (Vakuum-Infusion). Vinylesterharz für äußere Lagen, Polyester innen
Fallenschapp, selbstausrichtende Ruderlager, Stauraum für Rettungsinsel, Wanten aus Dyform, fester Bugspriet mit Ankerhalterung
Zwei-Saling-Alurigg von Hersteller Marechal im Standard. Der gleich hohe Mast aus Kohlefaser von Axxon mit Rod-Wanten kostet rund 45.000 Euro brutto Aufpreis. Die Segel sind in der Basisausstattung ab Werft nicht enthalten
Standard ohne Alternative ist der Vier-Zylinder-Einbaudiesel von Volvo Penta (D2-50) mit Saildrive und Zwei-Flügel-Faltpropeller
Im Standard 2 x 100 AH (AGM) Servicebatterien, 1 x 75 AH (AGM) Starterbatterie für Maschine
Harken-Komplettausstattung im Standard. Performa-Winschen 2 x 50 STP / 4 x 46 STP
Stand 08/2024, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
J Composites, 85109 Les Sables d’Olonne (FRA), www.jcomposites.eu
Mittelmann’s Werft, Kappeln; www.mittelmannswerft.de
Die neue, in Frankreich gefertigte J/40 segelt genauso gut, wie sie aussieht. Das Schiff verkörpert einen prima Kompromiss zwischen sportlicher Leistung und hohem Fahrtenkomfort. Darüber hinaus überzeugt sie mit hohen Bau- und Ausrüstungsstandards