Michael Good
· 05.01.2023
Cantiere del Pardo in Italien hat einen hübschen und gradlinigen Performance-Cruiser für die beliebte Zwölf-Meter-Klasse gebaut. Die Grand Soleil 40 segelt stark und bietet auch zum Touren viel
Wenn der Italiener Matteo Polli eine neue Konstruktion in Angriff nimmt, dann meist mit einem maßgebenden Fokus vor Augen: ein möglichst günstiges Rating für das Boot. Insbesondere für eine Vermessung nach der Vergütungsformel ORC gilt Polli als einer der führenden Entwickler und setzt mit seinen Erfolgen derzeit die Maßstäbe in der Regattaszene. Sein Leistungsausweis ist bemerkenswert. In Pollis Palmarès stehen gleich mehrere Welt- und Europameistertitel mit seinen Entwürfen für die Marke Italia Yachts und den Typen Italia 9.98, 11.98 und 12.98 oder mit der ORC-Legende namens M37, welche Matteo Polli vor Jahren mit seinem damaligen Partner und heutigen Hauptkonkurrenten Maurizio Cossutti geplant hatte.
Auch mit der Grand Soleil 44 Performance für den neuen Auftraggeber Cantiere del Pardo hat Matteo Polli seine eindrückliche Erfolgsbilanz weiter aufpolieren können. Das Boot hat 2021 die ORC-Weltmeisterschaft in der Klasse B gewonnen und im letzten Jahr 2022 den Titel erfolgreich verteidigt. Der Test der Grand Soleil 44 Performance wurde vor genau zwei Jahren in der YACHT 2/2021 veröffentlicht. Nun soll die neue Grand Soleil 40 an die Erfolge ihrer größeren Schwester anknüpfen und in der kleineren Klasse ORC C die Pokale abholen.
Die Konstruktion für die neue 40er unterscheidet sich kaum von derjenigen der 1,50 Meter längeren 44er. Im Wesentlichen sind es mit marginalen Anpassungen dieselben Rumpflinien mit den gleichen Unterwasser-Anhängen und einem ähnlichen Segelplan – alles nur ein wenig eingeschrumpft. Allerdings ist das neue und kleinere Boot im Vergleich und in Relation zur Rumpflänge signifikant breiter. Der Streckungsfaktor (Länge zu Breite) liegt für die Grand Soleil 40 bei einem Wert von 2,9. Die Linien ihrer größeren Schwester sind mit einem Faktor von 3,1 schon deutlich gestreckter.
Diese Entwicklung ist wohl weniger einer ultimativen Vermessungsoptimierung geschuldet als vielmehr dem Umstand, dass die Grand Soleil 40 nicht nur ein Regatta-, sondern eben auch ein Touren- und Familienboot sein soll. Die Kompromisse zugunsten von Raumvolumen und Wohnlichkeit unter Deck müssen gleichfalls stimmen.
Dementsprechend deckt die Grand Soleil 40 mit zwei Varianten unterschiedliche Ansprüche ab. In der Standardausführung ist das Boot als einfacher Performance-Cruiser auf die Bedürfnisse von Fahrten- oder Familienseglern abgestimmt, welche auf dem Boot gerne aktiv sind und sportlich segeln wollen.
Unter der Bezeichnung Grand Soleil 40 Race gibt es dasselbe Boot als ausgewiesene Regattayacht mit einem starken Fokus auf Sport und Leistungsvermögen. In dieser Variante bekommt die rassige Italienerin statt der Standard-Selbstwendefock eine überlappende Genua mit Holepunkten auf dem Kajütaufbau, zusätzliche Winschen für die Führung der Genuaschot, einen längeren Bugspriet aus Kohlefaser und vor allem auch einen höheren Mast mit Rod-Wanten und deutlich mehr Segelfläche.
Das der YACHT zur Verfügung gestellte Testboot ist die Baunummer eins in der leistungsstarken Version Race mit dem höheren Rigg und überlappender Genua. Bei zwischen acht und zehn Knoten Wind (Windstärke drei) kommt die Grand Soleil 40 damit gut in Fahrt. 6,4 Knoten zeigt die Logge hart am Wind bei einem wahren Windwinkel von 40 Grad. Schon ab 70 Grad Windeinfall sorgt ein rollbarer Code Zero für eine beträchtliche Leistungssteigerung. Bei halbem Wind erreicht das Boot schnell mal Windgeschwindigkeit. Für tiefere Kurse ist der Code Zero dann aber nicht mehr adäquat. Ein Gennaker wäre dann effizienter, stand aber auf dem Testschiff leider nicht zur Verfügung. Regattasegler können für einfache Linearkurse (Upwind-Downwind) das Boot auch mit einem herkömmlichen Spinnaker ausstatten und auf den sehr langen Bugspriet verzichten, was die Vermessung begünstigt.
Das Aluminium-Rigg von Sparcraft mit zwei Salingen steht bei der Grand Soleil 40 auf dem Kiel und dazu relativ weit achtern. Vom langen J-Maß profitiert insbesondere die Selbstwendefock, die dann immer noch groß genug und auch bei weniger Wind ausreichend leistungsfähig ist.
Der Standardkiel ist ein schlankes Gusseisenprofil mit angebolzter und Antimon-gehärteter Bleibombe. Der Kiel der Version Race ist zwar vermessungstechnisch optimiert etwas kürzer (2,10 Meter Tiefgang), liefert aber mehr Stabilität durch einen tieferen Schwerpunkt bei insgesamt weniger Gewicht. Dies ist möglich, weil der Kielschaft in dem Fall statt aus Gusseisen aus einem Edelstahlrahmen besteht, der mit GFK-Halbschalen ummantelt ist. Dafür müssen Regattasegler allerdings fast 14.000 Euro Aufpreis bezahlen.
Am Wind zeigt die Grand Soleil 40 im Test sehr lebhafte und wendige Segeleigenschaften. Weil Konstrukteur Matteo Polli bekanntermaßen kein Fan von doppelten Ruderblättern ist, wird die schlanke, aber relativ tiefe Steuerflosse weit unter das breite Heck gebaut, um auch bei starker Krängung uneingeschränkt wirksam zu sein. Geübte Segler freuen sich über die sehr neutral abgestimmte Steuerung mit einem zwar sehr leichten, aber immer noch gut spürbaren Ruderdruck.
Der Steuermann sitzt seitlich auf dem Laufdeck in einer sehr tiefen Position. Die Sitzhöhe beträgt hier gerade einmal 33 Zentimeter über dem Cockpitboden. Vor allem für größer gewachsene Steuerleute ist die Haltung auf die Dauer unbequem und ermüdend. Außerdem fehlen Fußrasten zum Abstützen bei Krängung. Und die Sicht nach vorne und in die Segel ist für den sitzenden Steuermann erschwert. Um das Problem zu umgehen, muss dieser stehen. Der Großschot-Trimmer sitzt vor der Steuersäule mit leider nur wenig Bewegungsspielraum und überdies sehr dicht an der Winsch, sodass er mit der Kurbel nicht uneingeschränkt arbeiten kann.
Im breiten und offenen Cockpit haben die Mitsegler viel Platz zum Arbeiten und Relaxen, suchen bei Krängung aber auch nach Halt. Zum Tourensegeln ist deshalb ein robust stehender Cockpittisch zum Abstützen sinnvoll, welcher als Option und gegen Aufpreis erhältlich ist. Für Segler, die das Boot sowohl zum Cruisen als auch zum Regattasegeln nutzen wollen, ist zudem ein Tisch in einer leicht demontierbaren Version erhältlich.
Die Grand Soleil 40 wird ab Werft mit einer klappbaren Badeplattform ausgeliefert. Sie öffnet auf Knopfdruck elektrisch. Im Heck ist zudem ein geschlossener Stauraum für die Rettungsinsel integriert, welcher aber ausschließlich über die geöffnete Heckklappe erreichbar ist. Sollte die Insel im Notfall benötigt werden, kann dies unter Umständen problematisch sein.
Viele Dinge haben im großen, geräumigen Heckstauraum Platz, auch zusätzliche Segel sowie alle Fender. Dafür verzichtet die Werft auf Backskisten unter den Sitzduchten zugunsten von mehr Volumen und mehr Raumgefühl in den Achterkabinen – ein Kompromiss. Stauräume für kleine Dinge fehlen an Deck allerdings komplett. Durch die Achterpiek ist übrigens auch die Steuerung sehr gut erreichbar. Ein einziger und durchgehender Kabel- und Kettenzug verbindet hier den Quadranten vom Einzelruder mit den beiden Steuersäulen. Auch der Autopilot greift direkt auf die Kette, aber nicht auf den Quadranten. Das heißt: Es ist keine Redundanz gegeben. Sollten der Steuerzug oder die Umlenkungen für die Kabel defekt werden, bleibt zwangsläufig lediglich die Notpinne zur Problembekämpfung.
Eine längs in den Salon gebaute Küchenzeile ist für Performance-Cruiser ganz generell eher ungewöhnlich, innerhalb der Klasse der 40-Fußer sogar eine absolute Ausnahme. Die relativ fülligen Rumpfformen der neuen Grand Soleil 40 erlauben eine solche Anordnung für den Innenausbau, ohne allzu einschneidende Kompromisse. Vielmehr ist das Layout in dem Fall besonders attraktiv, weil es das Boot räumlich öffnet und das Raumgefühl erheblich verstärkt.
Die lange Pantryzeile bringt viele Vorteile für Fahrtensegler: massenhaft Stauräume, große Arbeitsflächen und viel Platz zum Arbeiten auch zu zweit. Die Sitzgruppe auf der Gegenseite bietet dank des zentralen Sitzmöbels im Durchgang Platz für bis zu sechs Personen. Der Tisch ist ausklappbar und kann überdies abgesenkt werden. Mit zusätzlichem Einlagepolster wäre hier nochmals eine weitere Koje (1,90 mal 1,30 Meter) möglich. Auf einem Bein steht die Platte allerdings sehr wackelig.
Auch die zentrale, teils frei stehende Koje im Vorschiff passt eigentlich mehr zu einem echten Fahrtenboot als zu einem Performance-Cruiser. Mit einer Breite bei den Schultern von 1,50 Metern ist die Liegefläche für zwei Personen noch ausreichend groß. Käufer einer Grand Soleil 40 haben die Wahl, ob sie im Vorschiff zusätzlich zur Nasszelle achtern einen weiteren Toilettenraum eingebaut haben möchten. Der Platz dafür ist vorhanden, ohne dass Liege- oder Standfläche dafür geopfert werden müssten. Beim Standardboot ist an derselben Stelle ein großer und teilweise begehbarer Schrank vorgesehen.
Die beiden Kabinen achtern sind gleich groß und identisch eingerichtet. Die Liegefläche ist mit mehr als 1,50 Meter Breite bei den Schultern auch zur Doppelbelegung geeignet. Hinten bei den Füßen wird es wegen der Verkleidung der weit nach vorne gebauten Ruderwelle recht eng. Dort steht weniger als ein Meter Breite zur Verfügung. Dicke, aber auch schwere Matratzen sorgen für hohen Komfort in den Kabinen und sind in einem Stück gefertigt, was zum Schlafen durchaus vorteilhaft ist. Im Vorschiff allerdings erschweren sie den Zugang zu den Stauräumen unterhalb der Kojenlager. Da wären zwei längs geteilte Polster funktionaler.
Abgesehen von der Pantry ist die Stauraumsituation unter Deck generell nicht gerade üppig. Vor allem im Salon fehlt es an Schapps und Schubladen für kleine oder größere Dinge. Die Räume unterhalb vom Sofa stehen dafür auch nur eingeschränkt zur Verfügung, weil dort die Batterien, der Boiler und nach Bedarf auch die Heizung oder die Klimaanlage eingebaut sind. Seitlich sind offene Ablagen vorhanden, die hübsch, aber kaum wirklich brauchbar sind. Pluspunkte gibt es dafür für die vielen und gut platzierten Festhaltemöglichkeiten im Boot. Solide Handläufe, Haltebügel und Griffmulden sorgen für Sicherheit.
Auch gefällt der ordentlich gefertigte und robust wirkende Ausbau unter Deck mit den vielen Vollholzanteilen. Die Ausbaukomponenten fügen sich passend zusammen, unstimmige Spaltmaße sind nicht zu erkennen, Knarzgeräusche bleiben auch bei Krängung sowie in der Welle aus.
Auf dem Preisschild für die neue Grand Soleil 40 stehen 395.000 Euro brutto, für das Boot in der Basisversion ab Werft und noch ohne die Segelgarderobe, welche die Kunden individuell bestimmen. Für einen 40-Fußer ist das eine Menge Geld, auch im Vergleich mit der aktuellen Konkurrenz. Und der gehobene Preis ist einmal mehr ein Beleg dafür, wie sich die Preise generell in der gesamten Branche entwickeln: stark steigend.
Nichtsdestotrotz: Grand Soleil hat mit der neuen 40er ein durchdachtes und schnörkelloses Performance-Boot auf den Markt gebracht, an dem im Wesentlichen nicht viel falsch ist. Die hübsche Italienerin wird als Premiere demnächst auf der Messe boot in Düsseldorf zu sehen sein, Halle 16, Stand C40. Ein Besuch an Bord lohnt sich auf jeden Fall.
Hübscher Performance-Cruiser aus Italien mit einem starken Fokus auf eine günstige Vermessung nach ORC oder IRC. Das Boot ist zudem höchst wandelbar und sehr vielseitig. Der Preis ist allerdings gehoben, auch im Vergleich mit der Konkurrenz
Standard ist das Alu-Rigg von Sparcraft mit zwei Salingen. Der Performance-Mast ist 90 Zentimeter höher und wird mit Rod-Wanten ausgestattet. Der Aufpreis beträgt knapp 13.000 Euro. Alle Segel optional nach Wahl und Bedarf.
Standard Volvo Penta D1-30 mit Saildrive und 3-Blatt-Festpropeller. Upgrade D2-50 möglich. Faltpropeller nur gegen Aufpreise.
Ab Werft eingebaut werden AGM Akkus, 3 x 90 AH (Verbraucher), 1 x 70 AH (Starterbatterie Motor)
Winschen selbstholend von Harken im Standard: 2 x 40.2 am Niedergang, 2 x 46.2 achtern. 2 x 50.2 Primärwinschen zusätzlich in der Race-Version
Cantiere del Pardo, 47122 Forli (Italien); www.grandsoleil.net
Diamond Yachts, D-24235 Laboe; www.diamond-yachts.de
Schnelles und erfolgreiches Regattaboot mit einer starken Vermessungsoptimierung nach ORC und IRC. Die Konstruktion kommt ebenfalls von Matteo Polli.
Rumpflänge 11,65 m; Breite 3,9 m; ab 326.400 Euro
Die Komplettüberarbeitung der Salona 380 ist derzeit noch im Bau. Die Konstruktion kommt aus dem Studio von Maurizio Cossutti. Zwei oder drei Kabinen sind möglich.
Rumpflänge 11,60 m; Breite 3,72; ab 242.760 Euro
YACHT-Test: folgt
Äußerst variantenreicher Performance-Cruiser aus Frankreich. Der sehr breite Rumpf ist aus Sperrholz gebaut, das Deck aus GFK. Erhältlich mit Fest- oder Schwenkkiel.
Rumpflänge 11,80 m; Breite 4,37 m; ab 323.600 Euro
YACHT-Test: Heft 20/2019
Das aktuell kleinste Schiff im Programm von X-Yachts in Dänemark. Gut gelungener Kompromiss zwischen Wohnlichkeit und Leistung. Sehr gut gebaut und ausgestattet.
Rumpflänge 11,50 m; Breite 3,81 m; ab 392.8 Euro