Italia Yacht 12.98Schneller, schlanker und schicker Performance-Cruiser im Test

Michael Good

 · 24.02.2023

Stark im Durchzug: Vor allem mit dem Topp-Gennaker ist die sportliche Italienerin üppig betucht. Das Leistungsvermögen ist dementsprechend hoch
Foto: EYOTY/L. Fruchaud

Die neue 12.98 von Italia Yachts zeigt sich im Test unter Segeln stark, hat aber auch zum gemütlichen Cruisen viel zu bieten. Und die aufregend schönen Linien können obendrein begeistern. Der Test

Es ist eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten in der Yachtbau-Branche der jüngsten Zeit. Fast schon könnte man es einen kometenhaften Aufstieg nennen. Erst vor gut zehn Jahren wurde die Werft Italia Yachts in Venedig gegründet und das erste Modell unter der Bezeichnung 10.98 vorgestellt. Als treibende Kraft hinter der sehr engagierten Marktoffensive hat Branchen-Schwergewicht Franco Corazza das Gesicht der jungen Marke damals mit einer ganz besonderen Markenidentität geprägt. Man erinnert sich noch gut an die polarisierende Optik der ersten Performance-Cruiser von Italia Yachts mit dem markant positiven Yachtheck und den auffällig schräg gestellten Fenstern in Rumpf und Aufbau.

Mittlerweile hat sich für die Marke eine Menge ergeben. Insgesamt konnte Italia Yachts bis dato acht komplett neue Modelle zwischen zehn und 20 Meter Rumpflänge entwickeln. Dazu haben die Typen Italia 9.98 und 11.98 in den letzten vier Jahren zusammen nicht weniger als drei ORC-Weltmeistertitel und viele weitere internationale Regattaerfolge eingefahren. Viermal ist ein Schiff von Italia Yachts bisher zur Wahl als Europas Yacht des Jahres nominiert worden, im Fall der Italia Yacht 13.98 zudem gekrönt mit dem Titelgewinn 2013.

Die Linien der Italia Yacht 12.98 sind ungewöhnlich schlank

Darüber hinaus ist das Unternehmen in den vergangenen Jahren mit nunmehr anderen Investoren komplett neu aufgebaut worden. Gründer Franco Corazza hat die Firma verlassen und die Führung an ein junges Management unter der Leitung von Daniele de Tullio und dem ehemaligen Dufour-Mann Sebastien Nolasco abgetreten. Und die Werft hat jetzt in Fano an der italienischen Adria-Küste eine neue Produktion mit einer Kapazität von insgesamt 40 Neubauten jährlich aufgezogen. Es ist also viel los bei Italia Yachts. Dazu passt jetzt auch der erneute Wechsel beim Design-Partner für die jüngste Beigabe ins Werftprogramm. Die Baupläne für die neue Italia Yacht (kurz IY) 12.98 stammen jetzt wieder von Maurizio Cossutti, der schon ganz zu Beginn für die Marke gearbeitet hat.

Cossuttis jüngste Konstruktion für Italia Yachts fällt jetzt vor allem durch ihre ungewöhnlich schlanken Linien auf. Bei einer Rumpflänge von über 13 Metern ist die neue IY 12.98 nur 3,96 Meter breit. Der Streckungsfaktor (Verhältnis Länge zu Breite) liegt bei einem untypisch hohen Wert von 3,33. Als Richtwert für Yachten dieser Größe und Ausrichtung gilt derzeit eine Streckung von 3,0. Die möglichen Konkurrenzboote zur IY 12.98 sowie ältere Typen der Marke von Konstrukteur Matteo Polli sind im Verhältnis breiter als das neueste Schiff.

Zwei unterschiedliche Ausführungen

Außer den zwei größten Yachten im Werftprogramm (IY 16.98 und 20.98) bietet Italia Yachts alle Modelle grundsätzlich in zwei unterschiedlichen Ausführungen als komplett eigenständige Typen an, so auch die neue IY 12.98. Die Version IY 12.98 Fuoriserie ist für Segler gedacht, die damit ambitioniert und mit Mannschaft Regatten bestreiten wollen. In dieser Variante steht ein hohes Leistungspotenzial im Vordergrund. Das Boot bekommt einen Kiel in T-Form mit etwas größerem Tiefgang, mehr und bessere Trimmmöglichkeiten an Deck, einen längeren Bugspriet sowie ein regattaorientiertes Cockpitlayout mit primären und sekundären Schotwinschen auf dem Süll sowie Dachwinschen auf dem Kajütaufbau. Und im Rumpf sind keine Fenster vorgesehen.

Für den YACHT-Test hat uns dagegen die Version Bellissima zur Verfügung gestanden. In der Ausführung kommt das Boot als Performance-Cruiser mit einem relativ starken Fokus auf die Bedürfnisse auch von Fahrtenseglern. Dazu gehört neben einem deutlichen Plus an Wohnkomfort und Ausbaustandards innen auch eine eher tourenorientierte Ausstattung an Deck, zum Beispiel mit einem soliden Tisch im Cockpit oder einer klappbaren Badeplattform.

Bellissima bedeutet schön. Der Name ist in dem Fall Programm, insbesondere auch für den Innenausbau

Dazu ist das Layout im Cockpit ein anderes. Beim Bellissima-Boot werden alle Schoten, Fallen und Trimmleinen innerhalb von Kajütaufbau und Süllrand bis zu den Steuerständen zurückgeführt. Dafür bleibt das Cockpit sowie der Kajütaufbau am Niedergang frei von Schotenführungen. Das Konzept von zwei ganz unterschiedlichen Layouts für Sport und Touring wird aktuell von vielen Herstellern in ganz ähnlicher Form umgesetzt.

Mit den Schiffen von Italia Yachts ist das Arrangement zudem so ausgelegt, dass ein Um- oder Nachrüsten zwischen den Varianten später problemlos und mit relativ wenig Aufwand möglich ist, zum Beispiel bei einem Eignerwechsel.

Auf der Bellissima stehen achtern beidseitig jeweils zwei sehr große Schotwinschen zur Verfügung, um die insgesamt nicht weniger als elf Leinen zu bedienen, die achtern ankommen. Die Winschen sind auch vom Steuermann hinter dem Rad noch gut zu erreichen, was für Segler vorteilhaft ist, die gern mit kleiner Crew oder allein unterwegs sind. Allerdings stehen die kräftigen Dichtholer äußerst dicht beisammen und dazu auch sehr nah an den Stopperbatterien. Die Wege sind kurz und die Zugwinkel von den Klemmen auf die Winschen deshalb teils ungünstig. Und man muss sich um Übersicht und Geduld bemühen, wenn es im Manöver auch mal schnell gehen soll und eigentlich an beiden Winschen gearbeitet werden müsste. Überdies können sich die viele Schoten im hinteren Cockpit rasch zur Wuhling verheddern, weil im Arbeitsbereich keine ordentlichen Fallenschapps zur Verfügung stehen.

Die Italia Yacht 12.98 überzeugt im Test mit ihrem Handling und überraschend guten Leistungsdaten

Die IY 12.98 zu steuern ist dagegen schlichtweg ein Traum. Speziell hart am Wind liegt das Boot wunderschön auf dem Ruder, lässt sich mit einem angenehm leichten Ruderdruck perfekt an der Windkante lenken und reagiert ohne Verzug auf die Impulse der sehr direkt abgestimmten Steuerung. 6,6 Knoten läuft die schlanke Yacht hart am Wind mit guter Höhe auf einem Winkel von 40 Grad zur wahren Windrichtung. Und mit ihrem scharf geschnittenen Bug kommt sie auch sehr gut durch die Welle, ohne Stampfen. Speziell auf den schnellen Kursen raumschots mit dem 180 Quadratmeter großen Topp-Gennaker zeigt sich die IY 12.98 dazu erfreulich dynamisch. Mit rigorosem Steuereinsatz lässt sich das stattliche Boot aktiv wie eine Gleitjolle steuern. Druck wird schnell in Geschwindigkeit umgesetzt. Bei nur mittlerem Wind bis maximal 15 Knoten loggt das Schiff auch schon mal zweistellige Werte.

Die guten Leistungsdaten überraschen vor dem Hintergrund, dass das Testboot – der mit allen technischen Optionen ausgestattete Prototyp – offenbar erheblich schwerer geworden ist, als für das Schiff in der Standard-Ausstattung kalkuliert. Überdies gab es im Test Probleme mit dem Rigg, weil die Wanten zu lange abgepresst und die nötige Riggspannung nicht wunschgemäß aufgebaut werden konnte.

Die sehr robust ausgeführte Steueranlage kommt von dem Hersteller Jefa und ist durch die Achterpiek bestens zugänglich.

Italia Yachts ist für ihre stilvollen, modernen und sehr wohnlichen Innenausbauten bekannt

Ein durchgehender Seilzug verbindet die Steuerräder mit dem Ruderquadranten, was bei vielen Yachten üblich ist. Damit ist das System zwar nicht vollständig redundant, dafür aber setzt die Selbststeueranlage direkt am Quadranten an. Im Fall eines Defekts auf dem Steuerzug wäre das Boot also über den Autopiloten immer noch einigermaßen gut steuerbar.

Genauso wie für ihre sehr guten Segeleigenschaften sind die Schiffe von Italia Yachts für ihre stilvollen, modernen und sehr wohnlichen Innenausbauten bekannt. In der Version Bellissima ist das Boot unter Deck insgesamt hochwertiger und umfangreicher ausgebaut als in der sportlichen Variante Fuoriserie, wo Gewichtsreduzierung und nüchterne Funktionalität wichtiger sind als Gemütlichkeit und Wohnkomfort. Die attraktive, aber gleichermaßen auch sehr unkonventionelle Innenraumgestaltung beim neuen Schiff kommt aus der Feder des Designers Mirko Arbore. Sein ganz eigener Stil ist geprägt von geraden Linien, Ecken, Kanten und einem spannenden Spiel mit verschiedenen Farbkontrasten und Oberflächen. Sehr speziell sind zudem die verschiebbaren Jalousien mit den Lamellen aus Teakholz, die sich als optisches Stilmittel seitlich durch den ganzen Salon ziehen. Diese sind zwar schön und zweifellos funktional, wirken aber auch ziemlich fragil und stoßempfindlich.

Das Layout der Italia Yacht 12.98

Das generelle Layout bleibt konventionell mit zwei Kabinen achtern und einer großen Eignerkabine im Vorschiff. Dazu kommen zwei Nasszellen in ordentlicher Größe mit gesondertem Duschbereich. Für die Kojen in den Achterkabinen nutzt die Werft leider nicht die ganze Schiffsbreite. Dazu werden die Liegeflächen durch den

Motorraum zusätzlich eingegrenzt. Für zwei Personen wird es hinten deshalb sehr eng. Im Vorschiff ist die Koje zur Doppelbelegung komfortabler ausgelegt. Die beiden Sofas im Salon bieten sich zudem als mögliche Schlafstätten an.

Die Pantry punktet mit hoher Funktionalität und einem enormen Angebot von Stauräumen. Auch für Pfannen und Töpfe finden sich reichlich Ablagen und große Fächer. Leider gibt es aber für den Dreiflammen-Gasherd keine flexible Abdeckung. Damit könnte die Arbeitsfläche noch wesentlich vergrößert werden. Eine Navigation ist für die IY 12.98 dem Trend entsprechend gar nicht mehr vorgesehen.

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Stauräume gibt es auch unter Deck reichlich. Zwei lange Zeilen Oberschränke gehören zum Ausbaustandard der Version Bellissima, zusätzliche Ablagemöglichkeiten finden sich unter den Kojen und Sofas sowie in schön großen Kästen in den Kabinen. Was unter Deck dagegen fehlt, sind brauchbare Handläufe. Gute Festhaltemöglichkeiten sind nur am Niedergang und in der Pantry vorhanden. Weiter vorn im Salon dagegen sucht man unterwegs vergebens nach Halt.

Fazit: ein sehr schönes und besonderes Boot

Klar, die Ausbauqualität für einen Prototyp zu beurteilen ist generell schwierig, weil diese Schiffe in vielen Fällen noch nicht nach den üblichen Werftstandards gebaut werden. Trotzdem: Unstimmige Spaltmaße, knarzende Bodenbretter, unschön eingebrachte Sika-Fugen und klemmende Türen sind ärgerlich und hemmen die Freude am Boot. Tröstlich ist hingegen das Wissen, dass Italia Yachts beim Innenausbau in der Serie besser und schöner arbeiten kann, als bei unserem Testboot gezeigt. Für die Italia Yacht 12.98 gilt ein einheitlicher Basispreis von gut 460.000 Euro und zwar für beide Versionen, Bellissima und Fuoriserie. Das ist deshalb interessant, weil die Werft sowohl für die schicke Tourenversion als auch für die sportliche Regatta-Ausführung entsprechende Ausstattungspakete schon vorab schnürt und diese dann in den Lieferumfang integriert. Davon profitieren die Kunden, welche damit die sonst oft kostenintensiven Extras bereits mitgeliefert bekommen. Trotzdem bleibt der Grundpreis für das Schiff auch im Vergleich mit der Konkurrenz attraktiv.

Fazit: Italia Yachts hat sich mit der IY 12.98 ein sehr schönes und besonderes Boot in die Verkaufsauslage gestellt, das in seiner Vielseitigkeit überzeugt und ebenso unter Segeln Stärke zeigt. Das Marktsegment der Performance-Cruiser um 13 Meter Rumpflänge ist aktuell zwar nicht üppig, dafür aber sehr exquisit besetzt. Ob sich der Neuzugang aus Italien gegen diese starke Konkurrenz wird behaupten können, bleibt abzuwarten.


Die Italia Yacht 12.98 im Detail

Die Aufteilung unter Deck ist eher konventionell; Tanks: A Frischwasser, B  Diesel, C  Fäkalien
Die Aufteilung unter Deck ist eher konventionell; Tanks: A Frischwasser, B  Diesel, C  Fäkalien

Technische Daten

  • Konstrukteur: Cossutti Yacht Design
  • CE-Entwurfskategorie: A
  • Rumpflänge: 13,16 m
  • Gesamtlänge: 14,30 m
  • Wasserlinienlänge: 11,20 m
  • Breite: 3,96 m
  • Tiefgang/alternativ: 2,40/2,46 m
  • Masthöhe über WL: 20,80 m
  • Theor. Rumpfgeschwindigkeit: 8,1 kn
  • Gewicht: 8,5 t
  • Ballast/-anteil: 2,7 t/28,4 %
  • Großsegel: 61,0 m2
  • Genua (105 %): 52,0 m²
  • Gennaker: 180,0 m²
  • Maschine (Volvo P.): 36 kW/49 PS
  • Kraftstofftank: 210 l
  • Frischwassertank: 360 l
  • Fäkalientanks: 2x 40 l

Ausstattung und Preise

  • Grundpreis ab Werft: 460.410 €
  • Preis segelfertig*: 488.330 €
  • Komfortpreis *: 530.255 €
  • Garantie/gegen Osmose 2/2 Jahre

Preise Stand 02/2023

* wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!

Rumpf- u. Decks­bauweise

  • GFK-Sandwich mit Schaumkern und Vinylesterharz
  • Gebaut mit Vakuum-Infusion
  • Strukturelle Bodengruppe mit Kohlefaserverstärkungen

Rigg

  • Zwei-Saling-Aluminiumrigg von Hersteller Seldén
  • Die Wanten (Standard 1x19-Draht) stehen außen am Rumpf
  • Der Mast ist durchgesteckt

Besegelung

  • Standard ist die Genua mit 105 %, Überlappung und Holepunktschienen auf dem Kajütaufbau
  • Die Segel sind im Grundpreis nicht enthalten
  • Ein Großsegel mit weiter Topp-Ausstellung ist als Option möglich. In dem Fall wird das Rigg mit Runnern getrimmt
  • Eine Selbstwendefock ist als Option machbar
  • Der Käufer bestimmt den Hersteller, den Umfang und die Qualität des Segelinventars selbst. Grenzen sind keine gesetzt

Layout:

  • Nur ein Layout
  • Standard sind drei Kabinen, dazu zwei Nasszellen
  • Die Kojen achtern sind schmal für zwei Personen, dafür bieten sich die Sofas im Salon zusätzlich als gute Einzelkojen an
  • Der Salontisch lässt sich dazu absenken

Ruder und Kiel:

  • Die relativ schlanke Kon­struktion von Cossutti kommt mit nur einem, dafür recht tiefen Ruderblatt aus
  • Zwei Kiele zur Wahl
  • Der Standard-Kiel in L-Form ist etwas kürzer, dafür aber schwerer als der Perfor­­man­ce-Kiel mit Blei-Torpedo

Motorisierung

  • Ab Werft eingebaut wird der D2-50 von Volvo Penta mit Saildrive und Faltpropeller
  • Motorisierungsvarianten sind keine vorgesehen

Batterien

  • Standard AGM-Batterien
  • 2x 130 Ah für die Verbraucher, 1x 130 Ah für den Motor

Werft

Italia Yachts,

61040 Castelvecchio di Monteporzio (Italien)

Vertrieb

Italia Yachts Germany,

D-24977, Langballig


YACHT-Bewertung

Attraktiver Performance-Cruiser aus Italien mit einem erheblichen Leistungspotenzial und hohem Spaßfaktor. Erhältlich ist das Boot mit zwei unterschiedlichen Deckslayouts für Cruising und Racing. Innen ist das Boot hübsch ausgebaut, und auch der Preis stimmt.

Konstruktion und Konzept

  • + Zwei eigenständige Varianten
  • + Attraktive Optik
  • + Moderner, leistungsstarker Riss
  • - Keine Backskisten

Segelleistung und Trimm

  • + Hohes Leistungspotenzial
  • + Perfekt abgestimmte Steuerung
  • - Wenig Platz für Großschoter
  • - Winschen dicht zusammen

Wohnen und Ausbauqualität

  • + Moderne Raumgestaltung
  • + Große, funktionale Nasszellen
  • - Kojen achtern schmal
  • - Fehlende Handläufe

Ausrüstung und Technik

  • + Selbstwendefock als Option
  • + Hochwertige Beschläge an Deck
  • + Bugspriet in zwei Längen
  • - Steuerung nicht redundant

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