Fester Bugspriet über der Ankerhalterung, senkrechter oder gar nach achtern geneigter Steven, Chines und Kanten in diversen Derivaten, klappbare Badeplattform, breites Heck und viel Volumen, großes Cockpit, gern mit Grill und Polsterlandschaft wie auf der heimischen Terrasse. So sieht das typische Fahrtenboot von heute aus. Es liefert Komfort durch Platz an und unter Deck, es segelt ganz passabel bis erstaunlich gut besonders auf den bevorzugten raumeren Kursen, und es schluckt maximal viele Kabinen. Umbauter Raum sozusagen. Drei sind es zuweilen schon auf 32 Fuß langen Booten, und eine 14-Meter-Yacht muss heute vier bis gar fünf Kammern mitbringen, um den Chartermarkt gut mitzubedienen.
Das alles gilt auch für Bavarias neue C46. Sie ist die Jüngste ihrer Klasse, alle anderen Großserienwerften haben schon vorgelegt. Optisch ist das Boot schon mal eine Weiterentwicklung der eigenen Linie, wie sich beim YACHT-Test in Neustadt bereits am Steg zeigt. Das Boot wirkt kraftvoll-dynamisch, die Chines und Kanten sind prägnant, die nach achtern und nun auch nach vorn fein auslaufende Fensterlinie streckt Aufbau und Schiff, sie stellt eine gewisse Signatur dar. Mit einer bis achtern nahezu gleichbleibenden Breite von 4,70 Metern liegt die C46 am oberen Ende der Klassendurchschnitts.
Bavaria hat bereits eine C45 im Programm, aber die galt es zu verbessern. Konstrukteur Maurizio Cossutti aus Italien: „Das alte Boot hatte weniger Platz vorn, die Kabinen wurden dort zu eng.“ Und man habe beispielsweise Gewicht sparen können, der Kiel gehe nun 2,30 Meter tief, was es ermöglicht habe, die Bombe des L-Kiels schmaler und leichter bei derselben Gesamtstabilität gestalten zu können.
Sein Kompagnon Alessandro Ganz: „Die Vorgabe war klar, aber nicht einfach: Bavaria wollte ein größeres, komfortableres Boot, das aber eleganter und schlanker aussehen sollte, ein Widerspruch.“ Man habe das jedoch durch die Gestaltung des Decksaufbaus und einer Schräge in Höhe der Deck- Rumpf-Verbindung, die fließend in den Bugspriet übergehe, umsetzen können.
Auf den ersten Blick kurios: Bavaria hat eine weitere Yacht der Größe 14 Meter am Band – die altbewährte Cruiser 46. Das Schlachtross des Chartermarkts wurde über 1.000-mal gebaut. Aber die, so CEO Mark Diening, „bedient ein anderes Segment, ist anders positioniert.“
Die neue C46 ist das erste unter seiner Ägide entstandene Projekt. Der seit August 2021 in Giebelstadt auf der Brücke stehende Mann darf sich über 100 Vorbestellungen freuen, ohne dass die Kunden das Boot in natura gesehen, geschweige denn gesegelt hätten.
Vertrauen mögen die beiden kleineren erfolgreichen Schwestern C42 und C38 geschaffen haben. Beide sind ebenfalls mit Bavarias sogenanntem V-Bug ausgestattet. Der schafft ordentlich Volumen im Vorschiff, ermöglicht auf der C46 dort zwei Kabinen mit 1,40 Meter breiten Kojen und eigenen großzügigen Nasszellen inklusive Dusche. Verzichtet hat die Werft auf die Dingi-Garage, welche die Vorgängerin C45 als einziges Boot der Klasse mitbrachte.
Und gut segeln soll die Neue auch. Dem stehen jedoch ausgerechnet auf dem Testboot zwei Ausrüstungsteile entgegen, wie Marketing-Mann Marcus Schlichting, ein altgedienter Vielsegler aus IOR-Zeiten, zähneknirschend konzediert. Denn: Installiert sind der standardmäßige dreiflügelige Festpropeller und das optionale Bugstrahlruder im Tunnel, beide dürften ein paar Zehntel Speed kosten, wie auch der mitsegelnde Konstrukteur Cossutti eilig zustimmt. Aber: Das Boot segelt selbst mit diesen Bremsen tatsächlich ordentlich. Unter zehn Knoten Windgeschwindigkeit lassen sich an der Kreuz mit Rollgroßsegel und Genua (beides optional) von Elvstrøm in gehobener Tuchqualität bereits Werte zwischen 6,0 und 6,2 Knoten erzielen. Dies naturgemäß auch noch bei recht großen Wendewinkeln von rund 100 Grad; das Schiff liegt dabei sehr neutral auf dem Ruder. Druck, Speed und Höhe bessern sich spürbar ab etwa zehn Knoten Wind, und wer dann in den flachen Code Zero „Permanent Hoist“ (UV-geschützt, dauerhaft setzbar) aus derselben Manufaktur oder in deren Gennaker investiert hat, freut sich über Werte von gut acht Knoten plus, die sich schon mit zwölf Knoten Wind abrufen lassen. Was sich dabei zeigt: Das Boot ist steif. Es packt sich auf die tiefe Kimmkante und das füllige Vorschiff, zeigt dann bei zunehmendem Druck gute Nehmerqualitäten. Auf doppelte Ruderblätter, die auch bei viel Lage Kurstreue erzielen, haben Cossutti/Ganz und Bavaria wie mit den beiden kleineren Yachten verzichtet.
Freude macht auch das Deckslayout. Im Standard sind achtern zwar nur zwei Winschen für Fallen, Strecker und Schoten an Bord. Gegen Aufpreis gesellen sich aber zwei Lewmar 50 hinzu, auf Wunsch ist ein Paar elektrifiziert. Ein drittes Paar lässt sich auf das Süll schrauben und dort für die Vorsegel nutzen. Die Schot der Standard-Selbstwendefock oder die Schoten der optionalen Genua mit Schienen auf dem Kajütdach für engere Schotwinkel kann die Crew mit den Süll-Primaries bedienen oder durch den Leinenschacht nach achtern zu den Winschen beim Rudergänger laufen lassen.
Es ist also möglich, das Leinen-Management auf eine kleine Crew und die volle Kontrolle durch den Steuermann auszurichten oder für aktive Mitsegler zu konfigurieren. Fein. Optionen auch für die Großschot: Entweder fährt man zwei 2:1-Taljen, die beidseits mit den achteren Winschen bedient werden, was den Traveller ersetzt (der Baum lässt sich beispielsweise nach Luv holen) und Halsen entschärft. Oder der Eigner entscheidet sich für eine durchgehende Schot und das German-Cupper-System, wodurch das Großsegel in Lee und Luv bedienbar ist.
An den 90 Zentimeter großen Rädern, die mit eindreiviertel Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag nicht sonderlich direkt arbeiten, sitzt und steht der Rudergänger bequem und mit viel Platz. Herausklappbare Fußstützen erleichtern den Job. Ein Wermutstropfen: Entspannt an die Reling lehnen ist für Menschen mit üblicher Armlänge nicht möglich, dazu stehen die Räder zu weit innen.
Die optionalen zwei Tische bieten gleich mehrere Vorteile: Der Durchgang ist frei, und sie lassen sich aufgeklappt absenken, wodurch in Kombi mit den satten zwei Meter langen Duchten formidable Liegewiesen entstehen. Die Kehrseite: Die Tische stören beim Arbeiten an den Süllwinschen, und man kommt nur von achtern gut an einen Sitzplatz. Nachteile, die das einzelne Standardmodell nicht mitbringt.
Noch zu erwähnen an Deck: In die achtere Bank lassen sich Grill und Kühlschrank installieren. Die beiden kleinen Backskisten in den Duchten werden durch einen großen Bodenstauraum komplementiert. Quadrant und Autopilot sind über eine Klappe in der Plicht erreichbar. Klasse: Es gibt eine Segellast zwischen Ankerkasten und Vorschiffskabine. Dort lassen sich Code Zero und Gennaker stauen und direkt setzen.
Das Testschiff war mit vier Kabinen ausgestattet, möglich sind auch drei oder fünf. Der Vierkabiner wartet mit zwei Toiletten vorn und einer weiteren an Backbord auf. Ein fünfter Raum lässt sich mit einer großen Nasszelle und komplett separierter Dusche, als Stockbettkabine mit zwei Einzelkojen oder als Wirtschaftsraum nutzen. Die vorderen Nasszellen bieten ebenfalls gute Duschmöglichkeiten und sind von den Kabinen aus erreichbar. Die achteren WCs sind sowohl von den angeschlossenen Kammern als auch direkt aus dem Salon zugänglich, eine vorteilhafte Lösung für die Nutzung auf See. Neben guten Lüftungsmöglichkeiten und einfacher Sauberhaltung ist den Nasszellen jedoch auch ein recht knapper Stauraum für persönliche Dinge gemein.
Die doppelten Kammern vorn bieten immer noch 1,40 Meter breite Kojen, aber ein Gefühl der Beengtheit lässt sich dort nicht vermeiden. Achtern dagegen wird’s hübsch: Breite Kojen, offene Ablagen und Schränke sowie drei zu öffnende Fenster und Luken schaffen hohen Wohnkomfort.
Blicke unter die Bodenbretter und hinter die Verkleidungen lohnen: Sie zeigen akkurate Installationen, gut erreichbare Sicherungen, sauber beschriftete Kabel, Leitungen, die in Röhren durch die Bodengruppe laufen und sich so einfach ziehen oder erweitern lassen.
Die U-förmige Sitzgruppe wird um eine verschieb- und feststellbare Zweier-Bank erweitert, dann langt der Sitzplatz auch für die maximale Acht-Personen-Crew, zu zehnt wird’s aber eng. Ebenfalls als U ausgeführt und somit per Gurt seetauglich ist die Pantry. Der Kocher ist es aber nur mit Abstrichen: Auf Backbordbug schlägt er bereits bei 15 Grad Lage an. Dann müssen es die optionale Mikrowelle oder der per Inverter arbeitende Wasserkocher richten. Weitere Optionen erzeugen geradezu Landluxus: Es gibt auf Wunsch eine Dunstabzugshaube, der Kühlraum lässt sich durch eine Schublade und ein Eisfach um 160 Liter mehr als verdoppeln. Und es ist sogar eine Spül- sowie eine Waschmaschine möglich. Strom? Im Standard wird’s mit 180 Amperestunden knapp. Aber dann kreuzt der Kunde den Generator auf der Preisliste an, der im Motorraum Platz findet (siehe links). Also: Man mag es ja kaum aufschreiben. Das Testschiff kostet 662.000 Euro oder auch 80 Prozent mehr. Aber satte Aufschläge nehmen auch die anderen Hersteller.
Vergleicht man die Grundpreise, rangiert die Bavaria C46 im unteren Bereich. Doch das ist längst nicht mehr das einzige Argument für ein Boot aus Giebelstadt, seitdem es die aktuelle gehobene C-Linie gibt. Ein positiver Wandel, zu dem die neue C46 weiter beiträgt.
Handauflegeverfahren, E-Glas. Über Wasser Sandwichlaminat mit PVC- Schaumkern, darunter Volllaminat. Kiel zweiteilig aus Gusseisen
Dyneema-Fallen, Teak auf Duchten, Cockpittisch, elektrische Badeplattform mit Teak, Maststufe, LED-Posis, Leselampen mit USB-Lader für jede Koje und am Kartentisch, Insektennetze und Rollos für die Luken
Die große Breite des Rumpfes liefert viel Stabilität, der Ballastanteil ist mit 20 % gering, aber der Kiel geht 2,30 Meter tief. Trotz des breiten Hecks gibt es nur ein einzelnes tiefes Ruderblatt, was im Test sehr gut funktioniert hat.
Die Grundausstattung sieht vor: eine Vorschiffskabine mit WC an Steuerbord und Dusche an Backbord, zwei Achterkabinen, Nasszelle an Backbord, Wirtschaftsraum an Steuerbord. Optional sind unter anderem zwei Vorschiffskabinen mit zwei Nasszellen (8.115 Euro) und zwei Nasszellen achtern (3.094 Euro). Die Achterkabinen sind groß und mit drei Luken gut belüftet. An Steuerbord lässt sich die Koje teilen
Das 22 Meter hohe Rigg von Seldén mit zwei Salingspaaren steht an Deck. Im Standard sind ein Groß mit kurzen Latten und eine Selbstwendefock dabei. Optional sind ein durchgelattetes Großsegel, ein Rollmast (4.462 Euro) und eine 106-prozentige Genua (5.259 Euro plus Genuaschienen zu 1.892 Euro) lieferbar. Der GFK- Bugspriet kostet 4.331 Euro
Im Standard sind nur zwei Winschen achtern an Bord. Diese gibt es elektrisch für 7.378 Euro. Winschen auf dem Süll für Genua & Co. sind in der Größe 50 für 2.963 Euro zu haben
Mahagoni ist für die Möbel Standard, Walnuss und Eiche Optionen. Fußboden in Wenge oder gestreift, vier Farben für die Arbeitsplatte zur Wahl
Preise Stand 08/2023, wie die ausgewiesenen Preise definiert sind, finden Sie hier!
Bavaria Yachtbau GmbH, Bavariastraße 1, 97232 Giebelstadt; Telefon +499334 942-0; info@bavariayachts.com; www.bavariayachts.com
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Die neue Bavaria C46 ist eine gelungene Neuinterpretation des 14-Meter-Typs. Sie segelt gut, steif und ausgewogen. Layout und Rigg lassen sich den Bedürfnissen anpassen. Der Innenraum überzeugt hinsichtlich Komfort und Platz. Der Grundpreis stimmt