Zwei Segler sind am Wochenende bei einer dramatischen Rettungsaktion vor Norderney aus höchster Not befreit worden. Gegen 18.30 Uhr alarmierten die Männer die von der DGzRS betriebene Rettungsleitstelle See, das Maritime Rescue Coordination Centre (MRCC) Bremen. Mit ihrem etwa sieben Meter langen Segelboot waren sie im Seegatt Schluchter, rund einen Kilometer westlich der Insel Norderney, kurz nach Niedrigwasser auf Grund gelaufen. Die gefährliche Situation entwickelte sich rasch zu einem lebensgefährlichen Drama, als das Boot bei auflaufender Tide zum Spielball der Brandung wurde. Immer wieder hoben bis zu eineinhalb Meter hohe Wellen das Segelboot an und setzten es mit heftigen Stößen auf dem harten Sandboden auf.
Die Lage der beiden Segler war äußerst kritisch. Ihr Boot drohte in der Brandungszone auseinanderzubrechen, während sie selbst die ständigen heftigen Grundstöße überstehen mussten. Erschwerend kam hinzu, dass Wind und Seegang das kleine Boot an die Küste drückten – in die gefürchtete Legerwall-Situation, bei der die Crew das Schiff nicht aus eigener Kraft aus der gefährlichen Lage befreien kann. Zu dem Zeitpunkt herrschte im Seegebiet vor Norderney südwestlicher Wind der Stärke 4 bis 5 Beaufort. Die auflaufende Tide trug ebenfalls dazu bei, das Boot höher auf die Sandbank zu schieben.
Sofort nach Eingang des Notrufs nahmen die Seenotretter der Station Norderney mit einem Seenotrettungskreuzer und einem Seenotrettungsboot Kurs auf den Havaristen. Die Rettungsaktion gestaltete sich als äußerst anspruchsvoll. Mit dem besonders flachgehenden Rettungsboot “Woltera” versuchten die Seenotretter, möglichst nahe an das Segelboot heranzukommen, um eine Leinenverbindung herzustellen. Diese Aufgabe erwies sich angesichts der widrigen Bedingungen als große Herausforderung. Das Seenotrettungsboot selbst musste in der Brandung auf der Sandbank schwere Grundberührungen überstehen – ein Risiko, für das die äußerst seetüchtigen Rettungseinheiten der DGzRS speziell ausgelegt sind. Die Retter mussten besonders umsichtig manövrieren, um nicht selbst festzukommen. Trotz aller Schwierigkeiten gelang es ihnen schließlich, dem Havaristen eine Schleppleine zu übergeben und so die entscheidende Verbindung herzustellen.
Nach der erfolgreichen Herstellung der Leinenverbindung schleppte die “Woltera” das Segelboot zunächst in tieferes Wasser. Dort übernahm der Seenotrettungskreuzer “Eugen” den Havaristen und nahm ihn längsseits. Den beiden Seglern waren die dramatischen Erlebnisse deutlich anzumerken – einer von ihnen war zudem offenbar seekrank geworden. Bei der Übernahme bemerkten die Seenotretter, dass das Boot einen Wassereinbruch erlitten hatte und zu sinken drohte. Sofort kamen die leistungsstarken Lenzpumpen des Seenotrettungskreuzers zum Einsatz, mit denen es gelang, den Wassereinbruch unter Kontrolle zu bringen. Die Retter brachten das Segelboot anschließend sicher in den Hafen von Norderney, wo sie den seekranken Segler zur weiteren Versorgung an den Rettungsdienst an Land übergaben. Aufgrund des starken Wassereinbruches wurde das Segelboot von örtlichen Firmen an Land gesetzt.
Der Vorfall reiht sich ein in eine Serie von Havarien in den Seegatten vor den Ostfriesischen Inseln. Diese Durchfahrten zwischen den Inseln gelten selbst unter erfahrenen Seglern als äußerst anspruchsvoll. Eine exakte Navigation ist erforderlich, da die Fahrwasser an gefährlichen Sandbänken vorbeiführen. Eine Strandung in diesem Bereich ist extrem gefährlich für Schiff und Besatzung. Besonders tückisch: Durch natürliche dynamische Prozesse können sich die Fahrwasser ständig verlagern, weshalb vor dem Anlaufen der Seegatten unbedingt aktuelle Informationen zur Lage eingeholt werden sollten. Erst im April dieses Jahres musste eine sechsköpfige Familie aus einer ähnlichen Situation befreit werden, als ihre rund neun Meter lange Segelyacht auf einer großen Sandbank zwischen den Fahrwassern Schluchter und Dovetief nördlich von Norderney festkam.
Unterdessen ist der sicherere Weg über das Watt im Bereich Norderney und Baltrum derzeit nicht durchgehend befahrbar: An der Ostfriesischen Nordseeküste werden derzeit Offshore-Netzanschlusssysteme gebaut, die die Windparks auf See mit dem Stromnetz an Land verbinden. Bei den Bauarbeiten im Wattenmeer zwischen den Küstenorten und den Nordseeinseln werden die Wattfahrwasser bei Flut genutzt, um Materialien wie Kabelschutzrohre zu transportieren und Unterwasserkabel zu verlegen. Daher kommt es seit diesem Jahr bis voraussichtlich 2029 in den Sommermonaten zu zeitweisen, teils auch tagelangen Sperrungen der Wattfahrwasser, die bei der Törnplanung berücksichtigt werden müssen. Derzeit ist das Norderneyer Wattfahrwasser Riffgat bis einschließlich 26.09.2025 gesperrt. Aktuelle Infos dazu und auch zum gesamten Wattenrevier gibt es auf der Seite Wattsegler.de.