Wissenschaftliche SensationShackletons „Quest“ entdeckt

Pascal Schürmann

 · 18.06.2024

Die "Quest" 1962, wenige Momente nach ihrer Havarie
Foto: dpa/pa
Vor Neufundland haben Wissenschaftler das Wrack des 1962 gesunkenen Schiffs gefunden, mit dem der berühmte Polarforscher 40 Jahre zuvor seine letzte Reise bestritten hatte

Eine Expedition der Royal Canadian Geographical Society (RCGS) hat das einstige Forschungsschiff „Quest“ am Grund der Labradorsee aufgespürt. Das Schiff erlangte Berühmtheit, da Sir Ernest Shackleton darauf starb, als er auf dem Weg in die Antarktis war. Sein Tod markierte damals das Ende des heroischen Zeitalters der Polarforschung.

Die „Quest“, die später zu einem Robbenfänger umgebaut wurde, sank im Jahr 1962 nordwestlich von St. John's. Sie war in ein Eisfeld geraten und leck geschlagen; von ihrem Untergang ist Bildmaterial erhalten geblieben.

An der jetzigen Expedition war ein internationales Team von Wracksuchern unter Leitung von RCGS-Vorstand John Geiger beteiligt. Er sagte: „Mit dem Fund der „Quest“ ist eines der letzten Kapitel in der außergewöhnlichen Geschichte von Sir Ernest Shackleton abgeschlossen." Shackleton sei bekannt gewesen für seinen Mut und seine Brillanz als Führungskraft in Krisenzeiten. „Die tragische Ironie ist, dass sein Todesfall der einzige war, der sich jemals auf einem der Schiffe ereignete, die unter seinem direkten Kommando standen", betonte Geiger.

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Der Suche voraus gegangen war eine intensive Analyse von historischen Daten. Auf deren Grundlage machte sich in den vergangenen Wochen eine Suchmannschaft auf den Weg. Sie fand das Wrack mittels hochauflösender Sonaraufnahmen in 390 Meter Tiefe.

Kanada hatte einst eine Expedition in die Arktis abgelehnt

Der Fundort vor der Küste Kanadas ist nicht zuletzt deshalb von historischer Tragweite, da Shackleton ursprünglich mit der „Quest“ eine Expedition in die Arktis geplant hatte. Diese war jedoch von der kanadischen Regierung nicht genehmigt worden. Daher hatte sich der Polarforscher vor nunmehr über hundert Jahren entschlossen, stattdessen die Antarktis anzusteuern.

Eine der ersten, die vom Schiffsfund erfuhr, war Alexandra Shackleton, die Enkelin des berühmten Forschers. Sie bemüht sich seit Jahren, das Erbe ihres Großvaters zu bewahren.

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Die Shackleton-Rowett-Expedition verließ London im September 1921. Tragischerweise starb Shackleton im Januar 1922 auf Südgeorgien an einem Herzinfarkt und wurde dort auf Wunsch seiner Frau beigesetzt. Die Expedition setzte ihre Fahrt fort und kehrte später nach London zurück. Die „Quest“ wurde dann an eine norwegische Familie verkauft und fuhr anschließend als Robbenfänger.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde sie von der Royal Canadian Navy requiriert und später als Minensuchboot umgebaut. In den 1960er Jahren war sie bereits sichtlich gealtert. Bei einer Fahrt in der Labradorsee erlitt die „Quest“ schließlich einen kapitalen Schaden; Wasser drang ein, und am 5. Mai 1962 ging das Schiff auf Tiefe. Die Besatzung konnte sich glücklicherweise zuvor in Sicherheit bringen. Ein Fotograf hielt den Untergang im Bild fest.

Fundort nur rund eineinhalb Seemeilen vom überlieferten Unglücksort entfernt

Die Koordinaten des Unglücksortes wurden von Kapitän Olav Johannessen gemeldet, was entscheidend für die jetzige Entdeckung des Wracks war. Die Wissenschaftler zogen zudem historische Wetter- und Eisdaten zu Rate, um die Suche zu verfeinern. Dank eines Schlepp-Sonarsystems konnten sie die „Quest“ am vergangenen 9. Juni lokalisieren, etwa eine Seemeile entfernt von der von Johannessen gemeldeten Position.

Als nächstes ist nun geplant, das Wrack detailliert zu vermessen. Dazu wollen die Wissenschaftler einen Tauchroboter einsetzen.

Ein Expeditionsteilnehmer fasste den Erfolg der Suche so zusammen: „Shackleton hatte Geduld, wenn es nötig war, er handelte entschlossen, aber nie unüberlegt. Und genau das mussten auch wir hier tun: unseren Plan verfolgen und viel Geduld aufbringen. Nur das würde sich auszahlen - und das hat es!“

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