ReportDiese Boote segeln die Akteure der Sportboot-Industrie

YACHT-Redaktion

 · 21.02.2025

SY "Gloria" von Peter Kohlhoff.
Foto: Michael Amme
Ob Werftchef, Konstrukteur oder Segelmacher – fast alle Macher der Yacht-Branche haben mit ihrer Berufswahl die persönliche Leidenschaft zu ihrer Beschäftigung gemacht. Zweiter Teil.

„Die Verkäufer der neusten Boote segeln die ältesten Schiffe“ – so oder so ähnlich könnte die Auswertung unserer Befragung lauten. Zu den Favoriten zählen neben einzigartigen One-offs wie „Gloria“ vor allem lange bewährte Schiffstypen. Wenn Peter Kohlhoff, Gesa Thönnessen und die vielen anderen Charaktere nicht gerade im Büro oder auf ihrer Arbeit sind, verbringen auch sie ihre Zeit am liebsten auf dem Wasser. Doch mit welchen Schiffen befahren die Macher der deutschen Betriebe Elbe, Mittelmeer und Co? Wir haben in einer Befragung mit den unterschiedlichsten Personen gesprochen und stellen Ihnen hier eine Auswahl vor. Lesen Sie hier auch den ersten Teil des Überblicks. In einem eigenen Artikel verraten wir zudem, welche Schiffe die YACHT-Redakteure segeln.


Torsten Conradi: „Die gebe ich nie weg“

Torsten Conradi: Der Yachtdesigner ist Partner und CEO bei Judel/Vrolijk & Co sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Boots- und Schiffbauer-Verbandes.
Foto: DBSV

Seine Vorstellungen vom idealen Boot konnte der Designer selbst verwirklichen und ließ den Einzelbau vor knapp 40 Jahren aus Holz formverleimen.

Klar, dass ein ehemaliger Regattasegler, Weltmeister im Dreivierteltonner und vor allem renommierter Yachtkonstrukteur kein Boot von der Stange segelt, fast möchte man sagen: segeln darf. Torsten Conradi ist mit einem ganz besonderen Exemplar unterwegs. Seine „Esta“ hat er selbst konstruiert und auf der Werft von Gerd Wegener im Hamburger Yachthafen bauen lassen. Und zwar formverleimt aus Spruce und Mahagoni. Das 11,38 Meter lange Boot entstand nach der International Offshore Rule (IOR Regel) in der goldenen Zeit des Yachtsports, als die Felder in Nordeuropa groß waren. IOR bedeutet schräger Steven, ein schmales Heck und auch: Sie ist kompliziert. Das 7/8 Rigg mit doppelten Backstagen verlangt kundige Hände in Starkwindhalsen. „Esta“ diente die ersten 10, 15 Jahre als Regattaboot auf Nordsee-und Kieler Woche, dann ging es für Conradi mit Frau und den zwei Söhnen und den beiden Töchtern lange Zeit auf Törns, die sie von ihrer Heimat Helgoland aus in die Ostsee führten. Heute ist das Boot weiterhin in Familienhand unterwegs.

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Stefan Matschuck: Mal was anderes

Stefan Matschuck: Der gebürtige  Heiligenhafener  ist Geschäftsführer von North Sails Deutschland.
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Üblicherweise ist der gelernte Segelmacher und Rigger mit modernen und sportiven Yachten wie „Saudade“ oder „Outsider“ unterwegs, meist auf Regatten. Durch Zufall gerieten der Hamburger und sein langjähriger Cockpitkollege Bo Teichmann aus Kappeln an die 1899 gezeichnete Kanuheck-Yawl „Wenda“ und übernahmen die maritime Preziose aus einer Laune heraus. Das Design kommt von Albert Strange aus den USA, einem Experten für kleine, meist zweimastige Yachten. Der 25 Fuß lange Kielschwerter dient den beiden Eignern zum entspannten Day­sailing auf der Schlei – als Ausgleich zum Job und dem Regattasegeln.

Peter Kohlhoff: Glanz und “Gloria”

Peter Kohlhoff: Der Inhaber der Kohlhoff GmbH hat mit „Gloria“ bereits mehrfach am Silverrudder teilgenommen.
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Nach eigener Angabe unverkäuflich ist der rund 12 Meter lange Retro-One-off des Ausrüstungsexperten aus Kiel. Vom Heimathafen Strande aus dient der Jollenkreuzerartige, aber ex­trem steife Einzelbau als Familienboot. Kohlhoffs Töchter Emma und Ida waren schon als Säuglinge an Bord, die Söhne Max, Paul und Johann wuchsen auf dem Prachtstück auf, das nebenbei als schwimmendes Testlabor der Firma dient und segeln es heute teils bereits mit eigenen Kindern selbst. Darüber hinaus ist Kohlhoff stolzer Eigner der Swan 47CB „Matilda“, die nach Restauration in Eigenregie und Überführung auf eigenem Kiel ihre Heimat im Mittelmeer gefunden hat. An beiden Schiffen legt der Geschäftsführer noch immer gerne selbst Hand an, hat erst kürzlich diverse Lackierarbeiten durchgeführt.

Gesa Thönnessen: Friesisch herb

Die Geschäftsführerin des Hamburger Schiffsausrüsters Toplicht war 2011–2023 mit ihrem Plattbodenschiff von 1910 im Museumshafen Oevelgönne zu Hause.
Foto: Gesa Thönnessen

Die „Johanna von Oevelgönne“ ist schon über hundert Jahre alt.

Als offenes Transportboot gebaut, wurde mit dem „Melkbootje“ einst Milch durch die holländischen Kanäle verfrachtet. In den 1960er-Jahren kamen Auf- und Ausbau an Bord. Gesa Thönnessen, die Chefin von Toplicht, übernahm die „Johanna“ 2011 gemeinsam mit ihrer Cousine. Zusammen sanierten sie das kleine Schmuckstück und segelten damit auf Elbe und Ostsee. Heute bildet Thönnessen mit ihrem Lebensgefährten und den gemeinsamen Kindern eine Familiencrew. Der Museumshafen Oevelgönne ist ihr Heimathafen, „Johanna“ liegt aber in Flensburg.

Marcus Schlichting: Dänischer Silberlachs

Marcus Schlichting: Der Marketing- und Pressechef von Bavaria segelt und pflegt das Familienerbe.
Foto: Marcus Schlichting

Der Sproß der ehemaligen Schlichting Werft segelt seit seinem fünften Lebensjahr auf dem „Silberlachs“, einer Bianca 27. Der Vater kaufte das Schiff 1970 als Neuboot in Rudkøbing und fortan ging es jedes Jahr auf Familien-Sommertörn in der Ostsee. Schon früh stand Marcus Schlichting des Nachts allein an der Pinne. Heute segelt er das Boot zumeist mit seiner Schwester. Seit 55 Jahren liegt das Boot nun im Passathafen von Travemünde. Mittlerweile als GFK-Klassiker.

Martin Menzner: GFK statt Alu und Holz

Martin Menzner: Der erfolgreiche Konstrukteur firmiert unter Berckemeyer Yacht Design.
Foto: Privat

Die Diskrepanz könnte kaum größer sein. Der Designer steht für wundervolle Holzboote (Woy 26, LA 28, BM 40) einerseits und performante Alukreuzer (Pure, BM) andererseits, aber segelt privat ein Einheitsklassenboot vom Typ J/80 aus GFK. Und das sehr erfolgreich; Menzner ­dominierte die Klasse in Deutschland über Jahre. Elf deutsche Meistertitel und zwölf Kieler-Woche-Siege in Serie gehen auf das Konto des Schleswig-Holsteiners, der seine J auch zum Daysailing nutzt.

Heiko Zimmermann: Regatta, Erholung und Entspannung

Heiko Zimmermann ist der Geschäftsführer der Yachtfestival 365 GmbH. Er organisiert das Hamburg Yachtfestival in Wedel und das Ancora Yachtfestival in Neustadt.
Foto: privat

In seiner Freizeit segelt Heiko Zimmermann eine Beneteau First 36.7, Baujahr 2001. Zuvor hatte der Organisator zweier Bootsmessen eine First 27.7 und einen 20er-Jollenkreuzer. Beide lagen an der Elbe, seine jetzige "Yella3” liegt in Eckernförde. „Im dortigen Segelverein gibt es ein Bojenfeld mit 33 Bojen, eine davon ist meine. Am Wochenende liegen wir aber auch oft am Steg und genießen die Gemeinschaft dort“, sagt Heiko Zimmermann. Ob Silverrudder, Brassfahrt oder Kieler Woche - Zimmermann ist auch auf den verschiedensten Regatten auf der Ostsee anzutreffen. Dennoch dient die First in erster Linie der Erholung und Entspannung. „Da ich selbstständig bin und eigene Bootsmessen organisiere, dient sie mir aber auch oft als Remote Office, dann arbeite ich von Bord“, erzählt er.

Was er sonst noch an seiner First schätzt? „Ich habe drei Kinder, und wenn zum Beispiel meine beiden Töchter mitsegeln, sie sind jetzt 32 und 21, dann ist es auch ganz schön, drei Kabinen zu haben“, sagt Zimmermann. Im Juni war er zum ersten Mal drei Wochen am Stück an Bord, das habe er vorher noch nie geschafft, erzählt er. „Eigentlich wollten wir nach Anholt und weiter in die Schären, aber das Wetter war letzten Sommer so schlecht“, erzählt Zimmermann, „aber auf so einem Sommertörn will ich vor allem keinen Stress, deshalb haben wir uns an der Küste entlanggehangelt.“ Am Ende landeten sie in Aarhus und fuhren über den kleinen Belt zurück.


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