Liebe Leserinnen und Leser,
nein, es geht hier nicht um elitäre Segelclubs oder Nachwuchsprobleme – obwohl, etwas elitär fühle ich mich schon, seit ich die Mitgliedskarte des Klimadiesel-90-Clubs habe. Denn damit gehöre ich zu dem kleinen Personenkreis, der in Kiel synthetischen Dieselkraftstoff tanken kann.
Im Gegensatz zum mit Biodiesel vermischten Kraftstoff nimmt synthetischer Diesel kein Wasser auf und kann ganz ohne Biozide bis zu zehn Jahre gelagert werden. Dieselpest, ade! Allein das ist Grund genug, den Sprit per Kanister mühsam an Bord zu schleppen, statt bequem an der Hafentankstelle zu bunkern. Zudem verbrennt der Wundersaft sauberer als herkömmlicher Diesel, riecht kaum und vermindert die CO₂-Emission um 90 Prozent.
Hydriertes Pflanzenöl, kurz HVO100, heißt der Kraftstoff offiziell. Ein aus pflanzlichen Abfällen und Resten der Lebensmittelindustrie synthetisierter Dieselersatz. Kurzum: Der Jockel läuft mit altem Frittenfett und stößt nur so viel CO₂ aus, wie die Pflanzen zuvor aufgenommen haben.
Ganz so einfach ist es allerdings nicht, denn zu den pflanzlichen Grundstoffen kann prinzipiell auch Palmöl gehören, und dann sieht die Umweltbilanz von HVO plötzlich gar nicht mehr gut aus.
Darauf fußt auch die Ablehnung des Umweltbundesamtes. Die Behörde zweifelt an der Nachhaltigkeit von HVO100 und befürchtet, dass die zur Spritproduktion eingesetzten Abfälle an anderer Stelle, beispielsweise in der Chemieindustrie, fehlen könnten. Daher verweigert die Behörde bisher die Zulassung von reinem HVO. Der Sprit darf also nicht an jeder Zapfsäule verkauft werden.
Öffentliche Flotten dürfen aber sehr wohl damit betrieben werden. Der Witz dabei: Mit HVO100 lässt sich der CO₂-Ausstoß von Bussen, Lkw und Zügen drastisch verringern, ohne in neue E-Fahrzeuge und die passende Infrastruktur investieren zu müssen. Aus diesem Grund gibt es den Kraftstoff auch in Kiel, denn an der Tankstelle bunkern auch die Autos des Abfallwirtschaftsbetriebs und laufen damit fast CO₂-neutral.
Das Schlupfloch heißt „geschlossene Nutzergruppe“ und lässt sich auch von Privatpersonen nutzen. Ähnlich den zu Raucherklubs umfirmierten Eckkneipen, wird die Tanke zum Vereinsheim. Denn wer Mitglied im Klimadiesel-Club des Tankstellenbetreibers ist, kann legal HVO100, alias Klimadiesel, zapfen. Damit wird der alte Jockel von gleich auf jetzt klimafreundlicher und rußt kaum noch. Dass man dafür rund 20 Cent pro Liter mehr bezahlen muss, ist angesichts des absoluten Verbrauchs von rund 100 Litern pro Saison zu verschmerzen. Außerdem liegt der synthetische Sprit damit gerade auf dem Niveau von fossilem Premiumdiesel, den ich in der Hoffnung auf ein geringeres Dieselpest-Risiko bisher bunkerte. Die verminderten CO₂-Emissionen gibt es also praktisch kostenlos, und der schwarze Trauerrand am Auspuff ist auch Geschichte.
Mit etwas Glück ist die kostenlose Zwangsmitgliedschaft nur von kurzer Dauer, denn der Bundestag hat die Regierung mit einem Entschließungsantrag dazu aufgefordert, die Richtlinien so anzupassen, dass HVO100 wie herkömmlicher Diesel verkauft werden darf. In anderen europäischen Ländern wie Schweden und den Niederlanden ist das längst der Fall, zumal das angebotene HVO100 überwiegend von Neste stammt. Der finnische Produzent versichert, dass bei der Herstellung kein Palmöl verwendet wird.
Wer wie ich schon den klebrigen Bakterienschleim der Dieselpest im Tank hatte, wünscht sich den Tag der Freigabe sehnlich herbei – oder wird Mitglied im Club.
YACHT-Redakteur Test & Technik
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