MastverlustEigenrettung mitten im Pazifik

David Ingelfinger

 · 15.10.2025

Mast der "Black Marlin" ragt über Deck und liegt auf einem SUP im Wasser
Foto: Jan Andersen
15 Seemeilen vor der Pazifikinselgruppe Haʻapai (Tonga) fällt der Carbonmast des Trimarans „Black Marlin“. Hilfe ist nicht in Sicht – doch Jan und Annette Andersen beweisen gute Seemannschaft.

​Der dänische Bootsbauer Jan Andersen und seine Frau Annette sind seit Juni 2024 mit ihrem Trimaran „Black Marlin 33“ auf Weltumsegelung. Auf dem Weg nach Neuseeland, rund 15 Seemeilen vor der Inselgruppe Haʻapai (Tonga), riss Anfang vergangener Woche eine der Wanten. Der drehbare Carbonmast kippte zur Seite und fiel.

Wie der Schaden entstand

Der Schaden war nicht die Folge von schwerem Wetter oder groben Fehlern. Der Wind lag bei rund acht Metern pro Sekunde, die Dünung bei eineinhalb Metern. Das gerissene Want bestand aus acht Millimeter starkem Dyneema-Material mit einer Bruchlast von etwa 9,9 Tonnen. Nach Jan Andersens Einschätzung wurde das Dyneema durch die starke UV-Belastung und den Abrieb an einer Segellatte geschwächt, was schließlich zu einem Riss führte. Der Mast selbst wiegt 94 Kilogramm und blieb unbeschädigt.

Nach der Havarie galt es zunächst, den Mast zu sichern. Das Eignerpaar barg das Groß- und Vorsegel. Danach lösten es das Vorstag und die übrigen Fallen. Den Mast konnten die beiden quer über das Boot ziehen und längsschiffs auf Deck sichern. Anschließend fuhren sie die „Black Marlin“ mit dem Elektroaußenborder zu einer nahegelegenen Insel. Nach rund sechs Stunden erreichten sie mit nur vier Prozent Restakku ihren Ankerplatz.

​Jütt-Vorrichtung mit Bordmitteln

​Im ruhigen Wasser in Lee der Insel begann das Ehepaar mit den Vorbereitungen für das erneute Stellen des Mastes. Es wurden neue Wanten gespleißt, die Beschläge kontrolliert und alle Arbeitsschritte akribisch vorbereitet. Da der Mast in der Hebeposition deutlich über den Rumpf der „Black Marlin“ ragte, wurde zur Entlastung des Masttops ein SUP genutzt, welches im Wasser als improvisierte Stütze diente.

Zurück in die Senkrechte

Für das Aufrichten nutzte das Paar ausschließlich Bordmittel. So sah das Setup aus: Der Großbaum wurde senkrecht aufgestellt und gesichert. Das Großfall wurde an der Baumnock angeschlagen. Die Großschot verlief von der Baumnock nach achtern und wurde über eine Klemme Stück für Stück dichtgeholt. Der Großbaum diente also als Jütbaum zur Verbessung des Zugwinkels. Das Code-0-Fall sicherte den Mast nach vorn und übernahm vorübergehend die Funktion des Vorstags. Zwei seitliche Leinen hielten den Mast währenddessen wie Streichwanten in Position. Nach rund vier Stunden stand der Mast wieder. Inzwischen setzt das Duo seine Reise Richtung Neuseeland fort.

Die „Black Marlin“

Die „Black Marlin 33“ (hier im großen Porträt) ist ein Trimaran in Leichtbauweise und wurde von Jan Andersen selbst konstruiert und gebaut. Rumpf und Aufbauten bestehen weitgehend aus Carbon. Der drehbare Carbonmast ragt rund 16,5 Meter über die Wasserlinie. Das Dyneema-Rigg spart ebenfalls Gewicht, wodurch sich viele Arbeiten auch ohne schweres Gerät direkt an Bord erledigen lassen. Trotz des geringen Gewichts ist die „Black Marlin“ voll fahrtentauglich und lässt sich bei Bedarf sogar trailern. Die Ruderblätter an den Außenrümpfen klappen bei Grundberührung automatisch hoch. Mit aufgeholtem Schwert liegt der Tiefgang bei rund 40 Zentimetern. Im Inneren ist der Trimaran hell ausgebaut, mit weißen Flächen und warmen Holzakzenten. Die “Black Marlin” ist also kein spartanischer Racer, sondern ein durchdachtes Familienboot. Bekannt wurde der Trimaran auch durch die Performance im Silverrudder-Einhandrennen. 2021 unterbot Jan Andersen seinen eigenen Rekord und segelte die 134 Seemeilen um Fünen in weniger als 15 Stunden.


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