Sie lauern überall wie Kraken, die nur drauf warten, hochzuschießen und uns zu erklären, was wir mal wieder alles falsch gemacht haben oder grundsätzlich überdenken oder von vorn anfangen müssen. Der gute alte Besserwisser eben. Mit seinem Standardsatz:
Das Leben an Bord einer Segelyacht und in den Häfen bietet so manch skurrile Begegnung. Autorin Steffi von Wolff erzählt in ihrer Glosse "Wolffs Revier" regelmäßig von ihren Erlebnissen als Bordfrau. Nicht immer ernst gemeint, oft satirisch überspitzt, aber immer mit viel Herz und einem Augenzwinkern. Dieses Mal geht es um das heikle Thema der „Notdurft für Frauen" an Bord einer Yacht ohne WC.
Mal geht es um Herrencrews, mal um Hafenfeste, dann kommen die Enkelkinder an Bord. Steffi von Wolff beschäftigt sich mit singenden Crews, arroganten Skippern; eben mit all jenem, was sie beim Segeln täglich vor Augen hat. Natürlich journalistisch einwandfrei recherchiert und unvoreingenommen beobachtet, ist klar.
Viel Spaß und immer eine Handbreit und so wünscht Steffi von Wolff.
Das müsst ihr aber anders machen!
So bringt er gern mal Bootsmenschen um den Verstand. Den Besserwisser, auch gern Schlauschnacker (derbere Zeitgenossen bemühen hier das Wort „Klugscheißer“) genannt, findet man grundsätzlich in allen kleinen und großen Häfen. Seine Bekanntschaft macht man schon während der Liegeplatzsuche. Er steht wachsam wie ein hechelnder Rottweiler auf seinem Boot, beobachtet, was in „seinem“ Hafen so passiert und kommentiert gern ungefragt. Er geht darin auf, für den Hafenmeister gehalten zu werden, und suhlt sich in der vermeintlichen Verantwortung.
„An dem Steg ist nichts mehr frei“, „Die Box da ist zu schmal“, „Da ist es zu flach“ sind ihm liebgewordene Sätze, die er eigentlich auch auf Banner drucken lassen könnte, um seine Stimme längerfristig zu schonen.
Wer noch nicht so lange segelt und den Schlauschnacker nicht gleich als solchen erkennt, macht gern den Fehler, sich direkt neben ihn zu legen, sofern Platz ist und der Schlauschnacker (selbstverständlich) nichts dagegen hat. Natürlich hilft er beim Anlegen, und es wird lautstark kommentiert.
„Nee, noch nicht die Leine werfen.“
„Was machst du denn da?“
„Ich mach das aber anders.“
„Das solltet ihr aber grundsätzlich noch ein bisschen üben.“
„Was ist denn das für ein Manöver!“
„Sieht man doch, dass das falsch ist.“
Gern werden diese guten Ratschläge gegeben, während es schüttet wie aus Eimern oder der Wind keinen guten Tag hat. Während man dann endlich die Leine werfen darf („Jetzt kannste se rübergeben“), bereut man schon, diesen Platz gewählt zu haben, denn wenn das Boot festgemacht ist, geht es weiter.
„Wo kommt ihr denn her?“
„Von Tunø.“
„Was will man denn da? Da liegt doch der Hund begraben. Nee, da fährt man doch heute nicht mehr hin, also ich war da einmal und nie wieder. Nach Svendborg solltet ihr mal.“
„Waren wir schon, da ist es auch nett.“
„Nett? Das ist überhaupt kein Ausdruck. In dem Fischgeschäft, also bei Bendixen, da gibt’s richtig guten Lachs und wenn man Glück hat, Austern, aber da muss man grundsätzlich vorsichtig sein.“
„Warum denn?“
„Was warum?“
„Warum muss man bei Austern vorsichtig sein?“
„Guter Mann, hast du schon mal ’ne verdorbene Auster gegessen? Da feiert der Darm Fasching. Wo fahrt ihr denn als Nächstes hin? Warte mal, wie hast du denn die Klampe belegt? Das geht ja gar nicht. Das müsst ihr aber anders machen. Ich mach das ja grundsätzlich richtig, aber das ist ja gar kein richtiger Kopfschlag ist das nicht. Und die Segel, mit Verlaub, habt ihr auch nicht richtig aufgetucht. Was esst ihr denn heute Abend?“
„Meine Frau hat Suppe …“
Von Suppe wird man doch nicht satt. Ich sag ja immer, ein Stück Fleisch muss her, richtige Segler brauchen grundsätzlich Fleisch, ein kurz angebratenes Steak oder eben Bratwurst oder Grützwurst oder gekochte Blutwurst.
„Dein Ölzeug hat aber auch seine besten Tage hinter sich. Ich hab ja nur das von Musto, man sollte grundsätzlich nur Musto tragen, wenn man alles richtig machen will, willst du ein Bier?“
„Nein.“
„Hier. Ich nehm ja nur das in den PET-Flaschen, das ist viel handlicher als Dosen, gerade beim Segeln bei Schräglage, da kann man die Flasche zuschrauben, habt ihr Bettzeug an Bord?“
„Äh … ja.“
„Also ich nehm ja grundsätzlich nur Mikrofaser, Baumwolle schimmelt ja leicht mal bei feuchtem Wetter.“
„Wir gehen dann mal unter Deck, es regnet ja.“
Habt ihr keine Kuchenbude? Das müsst ihr aber anders machen. Ich sag ja immer, so ein Ding ist die halbe Miete, ich hab … hallo, hallo, warum geht ihr denn einfach weg?
Und dann sitzt man ohne Kuchenbude unter Deck, traut sich nicht mehr, rauszukommen, weil man bestimmt auch grundsätzlich ganz falsch den Niedergang hochklettert und überhaupt alles ganz anders machen muss.
Und so hockt man dann, auch wenn es aufgehört hat zu regnen, unten, und wartet darauf, dass der Besserwisser schlafen geht, was er natürlich grundsätzlich sehr spät tut, warum auch immer.
Man schwört sich, niemals so zu werden und ertappt sich dennoch dabei, dass man bei Bendixen keine Austern kauft, wegen des Fasching feiernden Darms, und so ist der Schlauschnacker immer dabei, auch wenn man ihn am liebsten auf den Mond schießen würde.
Zum Glück gibt’s ja noch andere Seglertypen, freuen Sie sich mit mir auf den alten Seebären, der mit einem Elbsegler auf dem schütteren Resthaar Pfeife rauchend von seinen schlimmen Erlebnissen auf See erzählt, von gierigen Oktopussen, von Seebeben, von … aber ich greife vor.
Schönes Wochenende!