Fabian Boerger
· 08.03.2025
Die Geschichte von Jakob Lang, 19, beginnt eigentlich schon Ende September in Lelystad, Niederlande. Dort hat er in den vergangenen drei Jahren gemeinsam mit seinem Vater Martin Lang die Dehler Optima 92 „Wolf“ aus dem Jahr 1976 überholt. Regelmäßig reisten die beiden mit einem Campingwagen im Schlepp aus ihrer Heimat Österreich in die kleine Stadt am Markermeer. So lange, bis der GFK-Klassiker bereit war für die Reise um die Welt. Am 25. September wirft Jakob Lang schließlich die Leinen los.
Alles verläuft nach Plan: Er passiert Amsterdam zügig, lässt die Kanalinseln hinter sich, durchquert den Ärmelkanal und umrundet den nordwestlichsten Zipfel Frankreichs. Doch obwohl das wie der perfekte Beginn einer langen Reise klingt, erfährt Jakob Lang kurz darauf einen herben Rückschlag und wird zu einem Neustart gezwungen.
Ich bin nachts zwischen der Insel Ouessant und dem französischen Festland hindurchgesegelt. Das liegt etwas nördlich der Bucht von Brest. In dieser engen Durchfahrt gibt es ziemlich viele Fahrwassertonnen. Dort bin ich dann mit einer unbeleuchteten Tonne kollidiert. Sie war zwar in der Seekarte eingezeichnet, wie sich im Nachhinein herausstellte. Das Problem war aber, dass sie nahezu unsichtbar für mich war.
Zur Navigation nutze ich die elektronischen Seekarten von Navionics. In französischen Gewässern haben die Karten im Nachtmodus ein merkwürdiges gelbes, fein schattiertes Raster. Das Problem ist, dass die Hinweise in weißer Schrift angezeigt werden. Auf schwarzem Hintergrund macht das sicherlich Sinn; auf dem gelben waren sie kaum zu erkennen. Das heißt: Die Tonne war auf dem Plotter für mich unsichtbar. Ich habe sie einfach nicht gesehen.
Die Kollision selbst habe ich kaum wahrgenommen, obwohl es ein heftiger Aufprall gewesen sein muss. Schließlich war ich mit 6,5 Knoten unterwegs. Kurzzeitig hing die „Wolf“ mit dem Bugkorb in der Tonne fest; der Strom drehte das Boot um 180 Grad, bevor es sich löste. Kurze Zeit später, es muss gegen Mitternacht gewesen sein, als ich sicher war, dass keine unmittelbare Gefahr mehr bestand, begutachtete ich den Schaden. Von der Ankerrolle am Bug war kaum etwas übrig und auch der Bugkorb war stark beschädigt. Etwa zehn Minuten später, nachdem ich fluchend im Cockpit saß und mich über mich selbst ärgerte, schaute ich durch den Niedergang ins Vorschiff. Erst da bemerkte ich das Wasser unter den Matratzen. Schnell waren auch die Fächer in der Vorschiffskabine mit Wasser gefüllt.
Bei der Kollision entstand auch ein etwa 20 bis 30 Zentimeter langer Riss im GFK, knapp unterhalb der Wasserlinie. Ehrlich gesagt bin ich überrascht, dass bei dieser Geschwindigkeit nicht mehr passiert ist. Da zeigt sich die Qualität der GFK-Klassiker. Die sind echt stabil gebaut worden.
Ich habe dann die Lenzpumpe angeschmissen und einen Mayday-Notruf an die französische Küstenwache gefunkt. 20 Minuten später waren sie da, allerdings waren die Bedingungen zu schlecht, als dass einer der Helfer hätte übersetzen können. Wir sind dann in Richtung Camaret-sur-Mer gefahren.
In der Bucht von Brest beruhigten sich die Bedingungen. Die Rettungsschwimmer konnten übersetzen und mich beim Lenzen unterstützen. Im Hafen angekommen, ging es dann auch zügig an den Kran. Wenig später, es muss gegen drei Uhr gewesen sein, stand mein Boot auch schon an Land. Seitdem wurde es von der ansässigen Werft repariert. Ich bin in der Zwischenzeit wieder zurück nach Hause gefahren.
Mir wurde klar, dass zu jeder Zeit etwas passieren kann. Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals einen Notruf absetzen würde. Aber ich habe viel dazugelernt: Einerseits werde ich nachts nicht mehr so nah an der Küste vorbeisegeln. Es wäre vermeidbar gewesen, wäre ich außen um Ouessant herumgesegelt. Andererseits habe ich jetzt Radar an Bord, mit dem ich Hindernisse sehe, die nicht auf den Seekarten stehen – oder unbeleuchtet sind.
Als Nächstes geht es von Camaret direkt auf die Kanaren. Das sind ungefähr zehn bis zwölf Tage. Da ist es entscheidend, dass ich das passende Wetterfenster für die Biskaya-Überquerung abpasse. Schließlich ist es Winter, da segelt man diese Passage wegen des instabilen Wetters eigentlich nicht. Allerdings gibt es immer wieder Fenster, die sich zum Segeln eignen. Auch über Marine Traffic sieht man immer wieder Boote, die sich in Richtung Süden aufmachen.
Zum einen ist es die Herausforderung. Ich meine, Kap Hoorn ist Kap Hoorn. Allerdings möchte ich nicht außen herum, sondern die Inshore-Route über Ushuaia segeln. Zum anderen reizt mich Südamerika einfach sehr – vor allem Patagonien, Chile, Argentinien und die Anden. Ich komme aus Österreich, bin mit dem Skifahren und Bergsteigen aufgewachsen. Die wilden Gebiete Patagoniens, die abgelegenen Berge, Vulkane und Gletscher reizen mich viel mehr als die überfüllte und teure Karibik.
Ja, genau. Ich werde die klassische Route nehmen und bis in den Indischen Ozean segeln. Danach möchte ich das Kap der Guten Hoffnung runden, statt durch den Suezkanal zurück nach Europa zu fahren.
»Plastik liegt überall, schwimmt überall und schadet uns Menschen. Ich möchte auf das Problem aufmerksam machen.«
Ich bin in der Natur groß geworden, sei es in den Bergen oder am Meer in Kroatien. Leider fällt mir auf, dass diese Orte zunehmend vermüllen. Besonders Plastik ist ein großes Problem, da es langfristige Schäden verursacht – sowohl in maritimen Ökosystemen als auch im alpinen Raum. Es liegt überall, schwimmt überall und schadet uns Menschen. Ich möchte auf das Problem aufmerksam machen. Zugleich möchte ich unterwegs gelegentlich Beach-Cleanups organisieren und anschließend den gesammelten Müll auf einer Karte, einer Waste-Map, darstellen. Dadurch erhält man einen Eindruck, wo das Problem am größten ist.
Gelingt mir die Weltumrundung, wäre ich der jüngste deutschsprachige Einhandsegler, der dies geschafft hat. Zudem gibt es nur wenige Umweltprojekte, die sich auf den Cruising-Bereich konzentrieren und über soziale Netzwerke zeigen, wie man Plastik vermeiden kann.
Für das Projekt sind sie elementar. Es geht da um Reichweite, schließlich möchte ich möglichst viele Menschen mit meinen Inhalten ansprechen. Andererseits mag ich es, Geschichten zu erzählen. Das passt einfach unheimlich gut zum Segeln.
Das Thema hat zwei Seiten. Einerseits können solche Inhalte zu falschen Vorstellungen führen. Nehmen wir das Ocean Race als Beispiel: Auf deren Kanälen sieht man Segelyachten, die durch heftige Stürme donnern – Bedingungen, bei denen kein vernünftiger Mensch hinausfahren würde. Einige überschätzen aufgrund dieser Videos ihre eigenen Fähigkeiten, was zu ernsten Zwischenfällen führen kann. Andererseits verstehe ich jeden, der seine Erlebnisse teilen möchte. Persönlich finde ich das großartig, und auch mein eigenes Projekt wurde von den Unternehmungen anderer inspiriert.
Ich denke, es ist beides: eine einzigartige Gelegenheit, auf die ich später mit Stolz zurückblicken werde, und ein lang gehegter Traum, den ich nicht bis zur Rente aufschieben möchte. Reisen in jungen Jahren eröffnet andere Möglichkeiten und Perspektiven als im späteren Leben. Natürlich bringt es auch Herausforderungen mit sich. Obwohl ich seit meiner Kindheit segle, habe ich keine jahrzehntelange Segelerfahrung. Es könnte vorkommen, dass mich die Einklarierungsbehörden nicht ganz ernst nehmen. Bislang habe ich jedoch in dieser Hinsicht keine negativen Erfahrungen gemacht.
Ich erinnere mich noch an den Abend vor drei Jahren, als ich den Entschluss zur Reise gefasst habe. Seitdem habe ich alles darauf ausgerichtet. Zuerst eignete ich mir das notwendige Wissen an und machte mehrere Scheine. Zudem bemühte ich mich, mehr über Bootsmotoren, Bordhardware und Reparaturen zu lernen. Danach kam die Suche nach dem passenden Boot.
Das Boot ist im Vergleich sehr preiswert. Mit einem Ballastanteil von 48 Prozent und einem Tiefgang von 1,65 Metern bei einer Länge von 9,2 Metern ist es beeindruckend stabil. Die Struktur ist ebenfalls robust; der Rumpf ist dickwandig konstruiert. Zusätzlich stammen das Rigg und die Segel aus dem Jahr 2007 und sind noch in gutem Zustand.
Zugegeben, besonders unter Deck war sie optisch nicht wirklich schön. Sie ist halt in die Jahre gekommen. Auch die Elektrik ließ zu wünschen übrig; sie war zum Großteil original mit diversen Anpassungen der Voreigner. Nachdem wir das Boot von der Schlei, wo wir es gekauft hatten, in die Niederlande überführten, haben wir es in den Winterferien überholt. Die Elektrik wurde komplett erneuert. Optisch gab es einige Verbesserungen, aber technisch war das Boot gepflegt und gewartet.
Für das Boot haben wir etwa 15.500 Euro bezahlt. Wie viel der Umbau letztlich gekostet hat, kann ich nicht sagen. Doch ich denke, es ist wichtiger, ein Boot in einem guten Zustand zu haben, anstatt viel Geld in ein neues Boot zu stecken.
Ich habe mir über die Zeit einen Puffer angespart. Außerdem bin ich freiberuflich als Cutter tätig. Andererseits funktioniert YouTube immer besser. Meine monatlichen Lebensmitteleinkäufe deckt YouTube mittlerweile zu 100 Prozent ab. Das möchte ich ausbauen.
Das Ganze ist auf eineinhalb bis zwei Jahre angesetzt, je nachdem was dazwischenkommt …
Die hält mich nicht sehr auf. Aufgrund der Hurrikan-Saison im Pazifik hätte ich die Marquesas ohnehin erst ab Juni verlassen können. Nun werde ich etwa zwei Monate später dort eintreffen. Theoretisch ändert sich nicht viel an meinem Zeitplan.