InterviewFaszination Dschunken-Rigg – “unglaublich einfach zu bedienen”

Morten Strauch

 · 08.10.2023

Interview: Faszination Dschunken-Rigg – “unglaublich einfach zu bedienen”Foto: Mark Case
Die Maxi 95 mit Dschunken-Rigg
Maxi 95 mit Dschunken-Rigg in nordischen Gewässern: Mit der chinesischen Takelungskunst kennt sich Mark Case bestens aus. Mit der Maxi segelt er bereits sein sechstes Boot mit dem einfach zu bedienenden Segelsystem – warum?

YACHT: Warum ein Dschunken-Rigg?

Mark Case: In den Neunzigern, als ich noch im Vereinigten Königreich zu Hause war, lebte ich für mehrere Jahre auf einem Boot und wurde von einem Mitbewohner auf das Dschunken-Rigg aufmerksam gemacht. Ich war sofort fasziniert von dieser einzigartigen Takelung und bin dann der britischen Junk Rig Association beigetreten.

Aber warum bauten Sie ausgerechnet eine Maxi 95 zur Dschunke um?

Als ich nach Norwegen kam, kaufte ich mir erst eine Albin Vega und anschließend eine 31-Fuß-Dschunke. Beide Boote erfüllten aber nicht meine Anforderungen, sodass ich auch noch eine schrottreife Maxi 95 ohne Mast kaufte, um mein persönliches Traumboot zusammenzubauen – mit all meinen Ideen, die ich im Laufe der Jahre gesammelt hatte. Eine ganz schlechte Idee übrigens, das Projekt hat unendlich viel Zeit verschlungen (lacht).

Wie lange hat es denn gedauert?

Ich habe über vier Jahre lang wirklich jeden Tag an dem Schiff gearbeitet. Selbst der norwegische Winter konnte mich nicht davon abhalten. Ich war besessen!

In der Zeit hätte man ein komplett neues Boot bauen können. Was machte den Umbau so aufwändig?

Ehrlich gesagt habe ich mich hineingesteigert und weit mehr gemacht, als wirklich notwendig war. Neben dem Wiederaufbau habe ich erst das gesamte Elektriksystem ausgetauscht und dann Stück für Stück alles andere, auch Teile, die weiter hätten benutzt werden können. Die größte Herausforderung war jedoch der Bau des neuen Hybrid-Mastes, dessen untere sechs Meter aus einem dicken, schweren Aluminiumrohr und dessen obere sechs Meter aus einem hölzernen Colin-Archer-Mastteil bestehen, der alt, aber trotzdem sehr solide war. Auf diese Weise wollte ich oben Gewicht sparen.

Holzmasten gelten doch aber als eher schwer ...

Das stimmt! Daher habe ich den Mast per Hand der Länge nach durchgesägt, von innen ausgehöhlt und anschließend mit Unmengen von Epoxid wieder zusammengeklebt.

Was genau fasziniert Sie am Dschunken-Rigg?

Diese Takelung ist unglaublich einfach zu bedienen, auch einhand. Zudem ist sie auf das Nötigste reduziert, und es gibt nichts, was nicht mit einfachen Mitteln repariert werden kann. Es gibt weder Wanten noch Stage, und trotzdem segelt die Maxi sehr gut vor dem Wind. Auf Amwind-Kursen gibt es zwar Einbußen, aber meine Regattazeiten sind vorbei. Ich möchte nur noch entspannt cruisen und warte gegebenenfalls lieber auf Rückenwind.

Trotzdem wollten Sie das Boot nach drei Jahren verkaufen. Warum?

Ja, das ist etwas kompliziert. Zum einen sind meine Kinder größer geworden, sodass ich auch ein größeres Schiff haben wollte. Und dann war ich mitten im Scheidungsprozess – was damit zusammenhängen könnte, dass ich die ganze Zeit mit dem Bau meiner Dschunken-Maxi verbrachte. Mittlerweile steht sie aber nicht mehr zum Verkauf. Ich kann mich einfach nicht von ihr trennen und werde wohl das zwischenzeitlich neu angeschaffte Boot wieder verkaufen, um dann weiter in den Innenausbau der Maxi zu investieren.

Mark Case: Der 52-jährige Brite ist Direktor der Internationalen Schule im norwegischen Kristiansand. Segeln hat er von seinem Vater auf einem traditionellen Holzboot in Cornwall gelernt. Seit den neunziger Jahren lässt ihn die Faszination des Dschunken-Riggs nicht mehr losFoto: Mark CaseMark Case: Der 52-jährige Brite ist Direktor der Internationalen Schule im norwegischen Kristiansand. Segeln hat er von seinem Vater auf einem traditionellen Holzboot in Cornwall gelernt. Seit den neunziger Jahren lässt ihn die Faszination des Dschunken-Riggs nicht mehr los


Das könnte Sie auch interessieren:


Meistgelesen in der Rubrik Special