YACHT-Redaktion
· 17.12.2022
Segeln kann man auf verschiedene Arten lernen. Man absolviert Kurse, übt bei einer Tasse Kaffee gemeinschaftlich den Palstek, freut sich, wenn ein Anlegemanöver klappt, und ärgert sich ein bisschen, wenn nicht. Alles nur halb so wild. Aber es geht leider auch anders, wenn eine bestimmte Eigenschaft zutage kommt!
Das Leben an Bord einer Segelyacht und in den Häfen bietet so manch skurrile Begegnung. Autorin Steffi von Wolff erzählt in ihrer Glosse „Wolffs Revier“ regelmäßig von ihren Erlebnissen als Bordfrau. Nicht immer ernst gemeint, oft satirisch überspitzt, aber immer mit viel Herz und einem Augenzwinkern.
In der vergangenen Saison habe ich einige Male miterlebt, dass Segelschüler mit ihren Meistern nach einem Segellerntag fröhlich zusammensaßen, über verpatzte Wenden und Halsen sprachen und darüber, wie sie es beim nächsten Mal besser machen können. Sie lachten gemeinsam über Patzer. Ja, lachten! Selbstredend gibt es auch Segellehrer, die dozieren und sich feiern lassen, die meine ich nicht, es geht um die, die sich wirklich Zeit nehmen, um etwas zu erklären, zur Not auch fünfmal.
Klar laufen auf dieser Welt auch Segelschüler herum, bei denen alles ein wenig länger dauert, bis sie kapieren, dass die Leute auf dem Boot, die sie nach jeder Wende neu grüßen, immer dieselben sind.
Es gibt auch Segelschüler, die schlicht merken, dass das Segeln nichts für sie ist, und die lassen es dann einfach.
Und dann gibt’s die, die sich anfangs überhaupt gar nichts aus Segeln machen, die nie damit gerechnet hätten, irgendwann mal auf einem Boot zu hocken und bei Wind und Wetter durch die Ostsee zu gurken, deren Urlaube bislang darin bestanden, an einem Sandstrand zu liegen und zum All-inclusive-Buffet zu latschen. Die aber segeln müssen, weil es für den Freund oder die Gattin nix Schöneres gab und gibt.
Die es mitmachen, obwohl sie damit erst mal überhaupt nichts am Hut haben.
Eigentlich sehr nett von ihnen.
Blöd nur, wenn der Segelnde eine negative Eigenschaft hat, die man Ungeduld nennt. Hab ich am eigenen Leib erlebt. Hier meine Top Five:
So was in der Art hört man auch ab und an von anderen Booten. Ja, die Ungeduld. Keine sehr herausragend gute Eigenschaft.
Wenn man einmal einen Palstek gezeigt bekommen hat, soll man ihn also können, weil dieser Spruch mit dem Teich, dem Baum und der Schlange ja alles erklärt.
Ein Leinendrama spielte sich mal auf dem Nachbarboot ab. Bei strömendem Regen und ohne Kuchenbude sollte die Frau draußen alle möglichen Knoten üben. Der Mann saß ihr wie ein Racheengel gegenüber und kommentierte jeden Fehler, dass es dämlicher nicht ging:
„Mensch, so wird das nix, mach wieder auf, mach wieder auf, los.“
„Oh bitte, was MACHST du denn da?“
„Ich hab’s dir doch eben gezeigt! Andersrum!“
„Du willst es doch gar nicht können.“
Diese Ungeduld bringt viele Lernende dazu, in eine giftige Bockigkeit zu verfallen. „Dann mach’s doch selbst“ oder „Ich fahr nach Hause“ ist da hin und wieder zu hören.
Eine Frau hat ihren Mann mal so zur Schnecke gemacht, weil er eine Leine nicht richtig aufgeschossen hat, dass er fast angefangen hat zu heulen.
„Mann! Wolfhard! Du bist so dumm wie ein Toastbrot. Wie oft muss ich’s dir denn noch erklären?“
Schönen Dank auch.
Die Ungeduld ist keine Tugend, mit der man sich brüsten sollte. Sondern eine Schwäche. So!
Zumal es nie, wirklich nie besser wird, wenn man jemanden vor sich hat, der einen zusammenfaltet, weil man während der Halse die Schot zum falschen Zeitpunkt losgemacht hat.
Im schlimmsten Fall kommt es zum Äußersten: der Verweigerung.
Eins meiner schönsten Erlebnisse: Auf einem Boot gegenüber – es ist ein Längsseitssteg – übte ein Mann mit dem anderen das An- und Von-Bord-Gehen. Es war so herrlich: „So, Rolf, erst den rechten Fuß runter, am Want festhalten, prima machst du das. Jetzt den anderen Fuß. Siehst du, geschafft! Toll. Und jetzt geh an Bord. Erst der linke Fuß, klasse. Nun den anderen. Sehr gut, Rolf. Primelchen.“ In der Schule hätte Rolf ein Fleißsternchen ins Heft bekommen.
Ach, Geduld wäre auch in meiner Beziehung was Herrliches. Aber leider ändern sich Menschen ab einem gewissen Alter nicht mehr. Und so muss ich damit leben:
„Hallo! Ich hab dir doch gezeigt, wie das geht!“
„Jetzt mach doch mal!“
„Ich hab es dir doch erklärt!“ (Immer wieder kommt dieser Satz!)
Viele Ungeduldige denken, weil sie selbst es können, ist es auch für die anderen einfach. Wenn das aber erst die zweite Wende im Leben ist, kann man es doch noch gar nicht so richtig können.
Aber die Krönung ist, wenn der Skipper schlecht vorbereitet ist und deswegen Fehler passieren. Oh, Himmel! Alles schon erlebt: Vorleine war nicht im Ankerkasten, obwohl er sie da „hundertprozentig“ hingelegt hat. Fender waren noch in der Backskiste, woran natürlich auch oft der arme Lernende Schuld hat (klar), und dann die Krönung: Beim Ablegen nicht alle Leinen losgemacht und fast den halben Steg mitgerissen („Das hättest du doch sehen müssen!“). Ist uns auch schon mal mit dem Landstromkabel passiert.
Einmal liefen der Ungeduldige und ich auf. Obwohl ich nicht gesteuert hatte, fühlte ich mich schuldig. Da kam auch schon ein Boot, um uns zu helfen.
Was für ein Zufall, man kannte sich von früher, hatte mal Regatta zusammen gesegelt.
„Bei dir hat sich ja auch nichts geändert“, sagte der Skipper zum Ungeduldigen. „Immer noch alles schnell, schnell, stimmt’s? Abkürzen geht immer.“ Und dann zu mir: „Er ist früher schon immer aufgelaufen. Und immer waren wir schuld.“
Der Ungeduldige hat dann die Abschleppleine geholt, die ICH vorzüglich geduldig und an der richtigen Stelle verstaut hatte.
Wenn er sie nicht gefunden hätte, dann hätte ich ihm selbstredend geduldig erklärt, wo sie sich befindet! Ich kann das nämlich.
Schönes Wochenende!