CrashWie ich mein neues Boot bei der ersten Regatta demolierte

Max Gasser

 · 27.11.2024

Crash: Wie ich mein neues Boot bei der ersten Regatta demolierteFoto: YACHT/M. Gasser; SVBW/A. Bengelsdorf
Die erste Deutsche Meisterschaft in neuer Klasse, mit gerade gekauftem Boot hätte so gut laufen können. Wäre da nicht die Zieldurchfahrt im vorletzten Rennen gewesen ...

In der Serie „Segler beichten“ gestehen wir unsere dümmsten Fehler beim Segeln. Aber wir sind auch auf Ihre Beichte gespannt. Schicken Sie uns ihren Text, wenn möglich mit Bildern, an mail@yacht.de, Stichwort „Seglerbeichte“. Falls gewünscht, erfolgt die Veröffentlichung anonymisiert.



Mit gerade einmal 21 Jahren kann ich bei Weitem nicht auf die Segelerfahrung meiner Vorredner unseres Beichtstuhls zurückgreifen. Man könnte also meinen, dass ich als jüngster Redakteur der Crew mit entsprechend weniger Missgeschicken vorbelastet und traumatisiert bin. Doch allein durch meinen mit 14 Jahren in den Schulferien angefangenen Nebenjob in einer Segelschule ist das wohl zumindest in Teilen ein Irrglaube.

Allerdings bin ich bei zahlreichen dieser Geschichten nicht der tatsächliche Verursacher. Eine gewisse Mitverantwortung ist zweifellos nicht abzustreiten. Dennoch würde es mich kaum schmerzen, wenn Geschehnisse aus dieser Zeit in diesem Format an die breite Öffentlichkeit geraten würden. Wenn man ehrlich ist, tut es in derartigen Situationen ohnehin nur halb so weh, wenn nicht das eigene Material betroffen ist.

Ganz anders bei der jetzt folgenden Geschichte. Nicht nur traf mich die volle Schuld, sondern auch das gerade erstandene Boot einen nicht unerheblichen Schaden. Und es widerstrebt mir noch heute, über fünf Jahre danach, überhaupt davon zu erzählen.

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Raue Bedingungen vor Travemünde

Knapp ein Jahr nach meinem Umstieg aus dem Opti sollte es im Sommer 2019 zu meiner ersten Internationalen Deutschen Jugendmeisterschaft im Laser 4.7 (heute ILCA 4) gehen. Eine elend lange Fahrt von meiner Heimat am Bodensee nach Travemünde auf den Priwall und einige Tage Training im Regattarevier später war es so weit. Ich holte mein neues gebrauchtes, ungefähr zwei Jahre altes, Boot vom hiesigen Wohnmobilstellplatz ab. Dort hatten wir uns mit dem Verkäufer verabredet, alles lief glatt.

Und was für ein Gefühl es war, endlich auf eigenem Untersatz unterwegs zu sein und nicht wie zuvor mit dem einzig brauchbaren, aber auch schon etwas älteren Laser meines Vereins. So ging es dann wenig später in die ersten Wettfahrten. Als Leichtgewicht tat ich mich auf der Ostsee erwartbar schwer, wurde sogar einmal trotz maximalen Hängeeinsatzes von einem etwas besser genährten Konkurrenten auf der Kreuz in Lee überholt. Frustrierend, aber bei der ersten Deutschen in der neuen Klasse nicht weiter schlimm. Doch dann kam der letzte Wettfahrttag.

Ich hatte in meiner Position im Mittelfeld nicht mehr viel zu gewinnen oder zu verlieren, dafür aber in den wohl härtesten Segelbedingungen der Serie – und meiner bisherigen Zeit im Laser – zu bestehen. Auflandiger Wind in Böen deutlich über 25 Knoten und eine sich aufbauende Welle, von in meiner Erinnerung drei Metern (vermutlich waren es weniger), warteten draußen auf mich.

Zweimal gekentert und trotzdem aufgeholt

Und zu meinem Erstaunen meisterte ich diese Bedingungen für meine Möglichkeiten erstaunlich souverän, kam gut durch die Kreuz und überlebte den Downwind. So auch in der vorletzten Wettfahrt. Ich hatte auf dem letzten Vorwind-Schenkel trotz zweier Kenterungen mehrere Plätze aufgeholt (diesen Teil der Geschichte erzähle ich überaus gerne) und bog nach dem Lee-Gate auf Raumschots in Richtung Ziel. Mit Vollspeed und Gischt im Gesicht reachte ich in Richtung der herbeigesehnten Linie.

Konkurrenz hatte ich seit der Luvbahnmarke keine mehr gesehen, höchstens mal eine Mastspitze über den Wellen. Als Regattasegler hatte ich dennoch den Drang, den Kurs schnellstmöglich abzufahren und nahm logischerweise den kürzesten Weg ins Ziel. Knapp am Zielschiff – einem Stahlboot des TRW – vorbei bedeutete das in diesem Fall. Ich ritt wie wild schräg nach hinten aus, den Pinnenausleger weit unten gefasst. Jedes Zucken bedeutete einen deutlichen Kurswechsel. Und es kam, wie die meisten von Ihnen vermutlich an diesem Punkt schon ahnen.

Wumms!

Beim Überfahren der Ziellinie erfasste mich eine große, etwas von der Seite kommende Welle. Das Gegensteuern gelang nicht, stattdessen ging ich in meiner Ruderbewegung eher mit – und krachte mit in Gleitfahrt aus dem Wasser gehobenen Bug auf den Außenbordmotor des Zielschiffes. Wumms!

Und dann Stille, nur das Schlagen meines Segels. Ich mit 16 Jahren und jugendlichem Harakiri-Wahnsinn war völlig perplex, als keine Reaktion vom Zielschiff kam. Ich wurde nicht angeschrien oder gar beleidigt. Die Besatzung reagierte stattdessen, als wäre überhaupt nichts passiert. Ihr Motor blieb aus meiner Sicht jedenfalls optisch auch unversehrt. Ich entschuldigte mich also und fuhr schnellstmöglich weg, peinlich!

Dann checkte ich auch mein Boot, so gut das ging, ohne selbst ins Wasser zu müssen (meinem Trainer wollte ich eine solche Geschichte nicht erzählen). Ich kenterte das Boot und kroch mit mulmigem Gefühl im Magen auf dem auf der Seite liegenden Rumpf maximal weit nach vorne. Mir fiel ein Stein vom Herzen: Außer einer Macke keine Spur! Rückblickend war es durchaus naiv zu glauben, dass das tatsächlich sein konnte. Doch immerhin konnte ich so auch das letzte Rennen der Travemünder Woche noch bestreiten und war wieder bester Laune und hoch motiviert.

Böse Überraschung

Als es zurück an Land daran ging, das Boot zu verpacken und auf den Trailer zu laden, kippte die Stimmung allerdings schnell wieder. Böse Überraschung: Auf den Kopf gedreht, sah man plötzlich ein gewaltiges Loch auf der Bugunterseite klaffen. Komplett abgeplatzter Gelcoat und beschädigtes Glas darunter. ‘Schnell Unterpersenning drüber und weg hier’, schoss es durch meinen Kopf.

Es war der erste und einzige Schaden meiner Laser-Karriere. Mittlerweile auf Foils in der Motten-Klasse unterwegs, kann so ein Missgeschick glücklicherweise kaum nochmal passieren. Dafür lauern andere Gefahren ...


Und ihre Beichte?

Haben auch Sie dumme oder vermeidbare Fehler gemacht, woraus sich lustige, gefährliche oder teure Situationen ergaben? Dann schreiben Sie und bitte unter mail@yacht.de, Stichwort „Seglerbeichte“. Falls gewünscht, erfolgt die Veröffentlichung anonymisiert.



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