Brudek ist in Deutschlands Seglerkreisen längst keine Unbekannte mehr. Spätestens seit ihren Teilnahmen an der Midsummersail und am Silverrudder hat sie sich einen Namen als leidenschaftliche Einhandskipperin ersegelt. Erst jüngst hat sie im YACHT-Podcast ausführlich über ihren alles andere als einfachen Werdegang erzählt sowie über ihre Motivation, immer wieder Neues auszuprobieren und persönliche Grenzen auszuloten (zum Anhören hier klicken!).
Und nun also liegt sie mit ihrer „Heartbeat 2“ in der Marina von Las Palmas de Gran Canaria. Wäre am Achterstag nicht die ARC-Flagge befestigt, man würde kaum auf den Gedanken kommen, dass solch ein Boot im Reigen all der großen schnellen oder komfortablen Yachten mit über den Atlantik segeln wird. Die JPK 10.30 ist das kleinste Boot der ARC 2025, mit niedrigem Freibord und offenem Heck.
Damit nicht genug, geht es unter Deck spartanisch zu. Keinerlei Innenverkleidung, eine Koje für drei Segler, ein Campinggaskocher zum Wasserkochen für Kaffee und zum Aufgießen von Tütennahrung, exakt auf den Milliliter abgemessene Trinkwassermengen, im Dieseltank gerade einmal 35 Liter Treibstoff. Brudek will so viel Gewicht wie irgend möglich sparen.
„Das Boot ist mit seinen 3,7 Tonnen Verdrängung an sich schon nicht leicht für einen Racer. Da achte ich auf jedes zusätzliche Gramm“, gesteht die 56-Jährige und muss selbst ein wenig über sich lachen. „Eigentlich ist es ja ziemlich verrückt, sich derart einzuschränken. Auf der anderen Seite ist es aber doch immer wieder erstaunlich zu sehen, mit wie wenig man im Leben auskommen kann.“
Erstaunlich, mit wie wenig man im Leben auskommen kann.“
Im Unterschied zu ihren zurückliegenden großen Regatten ist sie diesmal nicht alleine an Bord. Die ARC verbietet die Teilnahme von Einhandseglern aus Sicherheitsaspekten. Zwei Segelbekannte, 55 und 64 Jahre alt, begleiten die sympathische Deutsche, deren Heimathafen Hooksiel ist. „Wie haben irgendwann mal abends bei einem geselligen Zusammensein aus einer Laune heraus verabredet, gemeinsam die ARC zu segeln“, erzählt sie. „Nun sind wir tatsächlich hier.“
Ihre „Heartbeat 2“, Baujahr 2019, hatte sie erst im März einem französischen Regattasegler abgekauft. Der hatte das sportliche Segeln altersbedingt aufgeben wollen. „Als wir dann den Kaufvertrag unterschrieben haben und er in meinem Ausweis sah, dass ich ein Jahr älter war als er, hat ihn das richtig geschockt“, erzählt sie grinsend.
Das Frühjahr und den Sommer hat sie damit verbracht, sich bei verschiedenen Regatten im Mittelmeer mit französischen Regattaseglern zu messen und das Boot zu optimieren. Im September ging es dann mit den beiden ARC-Mitseglern von Marseille entlang der spanischen Mittelmeerküste und durch die Straße von Gibraltar nach Gran Canaria. Rund eineinhalb Wochen seien sie unterwegs gewesen.
„Vor einer Begegnung mit Orcas hatte ich schon ein wenig Sorge“, sagt Brudek. Sie habe daher eigens einen Wal-Pinger angeschafft. „Zum Glück sind uns die Tiere aber nicht begegnet“, ist sie rückblickend erleichtert.
Vor einer Begegnung mit Orcas hatte ich schon etwas Sorge.“
Für die auf kürzestem Weg 2.700 Seemeilen lange Strecke in die Karibik kalkuliert sie mit einer Segelzeit von 18 bis 20 Tagen. „Das Boot ist schon einen Top-Speed von 16,5, Knoten gesegelt, aber das wird nun mit drei Leuten an Bord und all dem Zusatzgewicht kaum machbar sein“, erklärt sie und man hört den bedauernden Unterton deutlich heraus.
Immerhin, ins Gleiten würden sie fraglos kommen, wenn auch vielleicht nicht ganz so zügig wie gewohnt. „Und“, fügt sie hinzu, „angesichts der enormen Distanz muss man natürlich auch vernünftig bleiben und verantwortlich segeln.“ Da draußen sei man ja letztlich im Zweifel doch auf sich gestellt.
Man muss natürlich auf vernünftig bleiben und verantwortlich segeln.“
Ob sie denn nicht auch ein wenig Angst habe, mit der vergleichsweise kleinen JPK den Atlantik in Angriff zu nehmen. Sie schüttelt den Kopf, gibt aber zu, dass sie vor sehr hohen, von achtern durchlaufenden Wellen, die unter Umständen sogar brechen, durchaus Respekt habe. „Sollte uns das passieren, werde ich einfach nicht nach hinten schauen“, so die Skipperin. „Ich gehe aber davon aus, dass wir von einer, wenn auch hohen, so doch eher langgezogenen atlantischen Dünung profitieren werden. Dann können wir richtig Speed machen.“ Die Vorfreude ist ihr anzumerken, als sie das sagt.
Ich werde einfach nicht nach hinten schauen.“
Über ihre lange Liegezeit im Hafen von Las Palmas bis zum jetzigen Start der ARC äußerst sie sich mehr als glücklich. Sie sei überrascht gewesen, wie schnell sie vor allem in die lokale Segelszene integriert worden sei, die mit der ARC gar nichts zu tun hat. „Aber auch das ganze Socializing mit all den anderen Rally-Teilnehmern, die in den vergangenen zwei bis drei Wochen nach und nach eingetroffen sind, finde ich großartig.“
In der Karibik möchte sie bis April oder Mai bleiben. Dass sie plant, von der Caribbean 600 bis zur Antigua Race Week an möglichst vielen der karibischen Regatten teilzunehmen, überrascht dann kaum noch. Zurück gen Europa soll es wieder mit den beiden Segelbekannten gehen. Welches Ziel sie am Ende ansteuern werde, sei aber noch offen. Brudek: „Vielleicht wird es dann ja Zeit, dass das Boot einmal seinen Heimathafen in Hooksiel sieht.“