YACHT-Redaktion
· 23.10.2022
Dank Internet ist eine Wettervorhersage stets zur Hand. Doch taugt die auch was? Wie Wetterdienste arbeiten und worauf Segler achten sollten
von Sebastian Wache
Für diesen letzten Teil der Wetterserie habe ich mir einen besonderen Ort ausgesucht: Ich sitze in unserem wunderschönen Clubheim quasi auf dem Wasser mit Blick auf die Kieler Förde, den blauen Himmel – und mit Hafenkino. Denn gerade laufen hier reichlich Gastlieger ein, die Schutz vor einem auffrischenden Ostwind suchen. Die, die noch draußen sind, haben stark gerefft und kämpfen ein wenig mit den Windverhältnissen. Ich selbst schaue mir das in Ruhe an und genieße vor allem eines: ja, auch das Wetter. Aber vor allem diese Zuverlässigkeit der Vorhersagen. Dass sich diese Wetterlage mit einem Skandinavienhoch einstellen sollte, war nämlich bereits vor einer Woche in den Wettermodellen sichtbar. Nicht in allen, aber in den zuverlässigen.
Und hier fängt die Komplexität mit Wetterdaten auch schon an. Ich werde versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen und auch eine kleine Anleitung, wie Segler mit welchen Daten oder auch technischen Hilfen an die bestmögliche Wettervorhersage gelangen. Die Strategie, die ich in Seminaren den Teilnehmern immer mitgebe, ist, sich stets vom großen Ganzen ins Kleinräumige vorzuarbeiten. Warum ist das wichtig? Wir wissen ja aus den vorangegangenen Teilen, was der Jetstream ist, wie sich Tiefs bilden und auch wie die globale Windzirkulation gesteuert wird. Kurz, alles hängt mit allem zusammen. Wenn ich nun Wind in Kiel habe, dann kommt der nicht unbedingt von einem Tief bei Hamburg und einem Hoch bei Flensburg. Das kann zwar mal passieren, aber oft sind die Systeme viel größer und liegen viel weiter auseinander.
Daher sollte man sich stets mit der Großwetterlage beschäftigen. Mittels einer Bodendruckkarte kann man sich jederzeit ansehen, was aktuell über dem eigenen Kopf passiert. Dabei startet man mit einer Analysekarte. Sie gibt Aufschluss darüber, wie die Wetterlage gegenwärtig aussieht. Dann folgen die Vorhersagekarten. Die verraten, was einem in den nächsten Stunden und Tagen bevorsteht. Damit habe ich ein erstes Bild. Ich kann Hochs und Tiefs sowie Fronten lokalisieren. Gleichzeitig kann ich sogar das aktuelle Wolkenbild den Fronten zuordnen.
Da in den gängigen Karten meist nur der Bodendruck in Form von Isobaren abgebildet ist, muss man sich Windrichtung und Geschwindigkeit sowie die mögliche Wetteraktivität und -intensität der Fronten selbst herleiten – oder auf andere Karten zurückgreifen. Da wird es dann aber schon komplizierter. Welche Karten brauche ich dafür, und wo finde ich die? Wir in der Wetterwelt haben uns überlegt, was wir in unsere Bodendruckkarten noch an Informationen packen können, damit man auf den ersten Blick mehr weiß. Dazu werden zusätzlich die Windpfeile mit Fiedern und die Niederschlagsintensität an den Fronten dargestellt. Der Betrachter weiß also sofort, wie der Wind um ein Hoch und Tief weht, und auch schon recht grob, wie stark . Hinsichtlich der Fronten kann ich somit abschätzen, ob sie schlechtes Wetter mitbringen und ich mich darauf vorbereiten muss, dass es Niederschlag gibt. Oder aber, ob nur harmlose Wolkenfelder über mich hinwegziehen werden.
Wer auf eine Wetterkarte schaut, sollte zuallererst prüfen, was er vor sich hat: Handelt es sich um eine Analysekarte, wird die Ist-Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt abgebildet. Meist werden solche Karten viermal täglich erstellt, um 00, 06, 12 und 18 Uhr UTC. Dargestellt ist die Wettersituation mit ihren Druckgebilden und Fronten, die zu einem dieser Zeitpunkte von Wetterstationen und -satelliten gemessen wurden.
Analysekarten bilden die Grundlage für Vorhersagekarten. Darin fließen die Wettermodelle der jeweiligen Anbieter oder meteorologischen Institute ein. Genutzt werden in etwa dieselben Grafiken und Parameter, nur sagen sie jetzt etwas darüber aus, wie sich die Wetterlage in den kommenden Stunden oder Tagen entwickeln soll. Die Vorhersagen unterscheiden sich häufig von Anbieter zu Anbieter, da alle im Zweifel mit verschiedenen Wettermodellen arbeiten. Darunter versteht man die zugrunde liegenden mathematischen Formeln, mit deren Hilfe Meteorologen die Wetterentwicklung berechnen.
Segler sollten bei der Törnplanung Vorhersagen mehrerer Anbieter miteinander vergleichen. Auf diese Weise erhält man ein besseres Gefühl dafür, in welche Richtungen sich das Wetter möglicherweise entwickelt. Auch wenn man einem bestimmen Wettermodell bereits großes Vertrauen entgegenbringt, sollte man es regelmäßig mit der Realität abgleichen. Hilfreich dabei sind Regen- und Blitzradar. Mit ihrer Hilfe kann man schauen, ob etwa ein Regengebiet tatsächlich gerade dort ist, wo es die Prognosen sahen.
Die Analyse- und Vorhersagekarten sind allein schon ein großer Mehrwert, wenn man sich nicht tagtäglich mit dem Wetter beschäftigt. Selbst ich kann aus einer Standardbodendruckkarte allein aber nur sehr schwer abschätzen, ob die Fronten nun heftiges, mildes oder gar kein Wetter bringen. Dennoch soll es immer mit den Bodendruckkarten losgehen. Am besten ist es, sich diese Karten einmal aufs Tablet oder den Laptop zu laden und sie somit offline verfügbar zu haben. Wer einen Drucker an Bord hat oder sich im Winter daheim mit dem Wetter beschäftigen möchte, druckt die Karten aus und legt sie sich nebeneinander auf den Tisch.
Kleine Anekdote: Bis vor einigen Jahren lief das auch bei uns im Büro noch genauso ab. Wir haben sämtliche Wetterdaten auf Papier gedruckt und an die Wand gepinnt. Kamen neue Modelle raus, wurden die Karten von den Studenten ausgetauscht. Sämtliche Räume waren mit Wetterkarten tapeziert, und der Drucker lief jeden Tag auf Hochtouren. Im Zuge des digitalen Wandels sind diese Karten komplett digital geworden. Nun kann man dezentraler und viel schneller arbeiten. Vor allem aber: Der Zugang zu Wetterdaten ist auch für Laien viel unkomplizierter geworden.
Zurück zum Arbeiten mit den Wetterkarten. Ich empfehle, darin zunächst den eigenen Standort mit einem Kreuz zu markieren. Das erleichtert es, zu sehen, was in den kommenden Stunden und Tagen über einen hinwegziehen wird. Sollte sich eine Front nähern, greife ich auf das Wissen aus Teil zwei der Serie zurück, was ich bei welchen Fronten zu erwarten habe. Nun geht es aber noch weiter ins Detail. Ich möchte ja auch wissen, was mich unterwegs auf einer geplanten Segeletappe entlang meiner Route erwartet. Oft erlebe ich, wie mir Menschen – auch Segler – ihr Handy unter die Nase halten und mich fragen, ob die darauf aufgerufene Vorhersage stimmt. Das sind meist Apps, die lediglich eine Punktvorhersage abgeben. Die meisten nutzen halt nur die auf den Geräten häufig vorinstallierten Wetter-Apps oder solche – in der Regel kostenlosen – Apps aus dem App-Store, die kein Gesamtbild des Wettergeschehens vermitteln.
Wie bei den Bodendruckkarten ist es aber für Segler essenziell zu wissen, welcher Wind, welche Welle und welches Wetter auf einer großen Fläche bevorstehen – und damit eben auch hinter dem nächsten Kap oder in der nächsten Bucht, die ich ansteuern möchte. Dort kann das Wetter schließlich schon gänzlich anders sein. Im Herbst beispielsweise bilden sich gern mal Nebelbänke auf See, die beim Auslaufen noch nicht zu sehen waren. Auch der Wind kann da draußen eine andere Richtung und Stärke haben als etwa in Küstennähe. Das alles erkenne ich nur, wenn ich mir das Wetter und auch den zeitlichen Verlauf entlang der gesamten Strecke anschaue. Nur so schütze ich mich vor Überraschungen, die eigentlich keine mehr sein sollten.
Wichtig dabei zu wissen: Grundsätzlich gehen in alle Wettermodelle – das sind die den Vorhersagen zugrunde liegenden mathematischen Formeln – dieselben Messdaten ein. Die Basis des Wetters um den Globus ist somit bei allen gleich. Sobald sie jedoch beginnen, in die Zukunft zu rechnen, sorgen kleine Unterschiede, die jedes Modell kennzeichnen, für teils große Unterschiede in den Resultaten. Der Grund: Um trotz aller Superrechner schnell an Ergebnisse zu kommen, versucht man die teils wahnsinnig komplizierten Formeln etwas zu vereinfachen. Das macht jeder, der damit zu tun hat, anders. Zudem gibt es Modelle, die Statistiken mit einfließen lassen. Man schaut also, ob es die Wetterlage schon mal gab und wie es damals war, um dann zusammen mit den Modellvorhersagen noch ein bisschen genauer zu werden.
Gerade in diesem Sommer hat sich gezeigt, dass solche Modelle mit beispielsweise der starken Trockenheit nicht gut klarkamen, da es diese so noch nicht vorher in den Messungen gegeben hatte. Kleine Änderungen können sich also erheblich auf den Output auswirken. Auch reagiert das eine Modell stärker auf die Entwicklung von Quellwolken als das andere, und so zeigen sich in dem einen schnellere und stärkere Schauer als im nächsten.
Wettermodelle gibt es viele. Fast jedes nationale Meteo-Institut sowie auch die privaten Wetterdienstleister haben ihre eigenen. Die, die nichts kosten, werden dabei am liebsten von den unzähligen kostenfreien Apps genutzt. Damit kann jeder Programmierer eine Wetter-App anbieten, Werbung einbauen und auf diese Art Geld verdienen. Dass diese Modelle, allen voran das amerikanische GFS-Modell, nicht so zuverlässig sind, weiß kaum jemand. Wer es merkt, schimpft über die schlechten Vorhersagen, weiß aber in der Regel nicht, dass es besser geht.
Das Modell des europäischen Wetterdienstes ECMWF zum Beispiel kostet dagegen für die meisten Wetterparameter hohe Lizenzgebühren. Auch andere nationale Wetterdienste verlangen Gebühren für die Nutzung ihrer Daten. Die Investition lohnt, denn die Erfahrungen und Auswertungen zeigen, dass die Vorhersagequalität deutlich besser ist gegenüber anderen. Somit müssen also bessere Vorhersagemodelle eingekauft werden. Hier sind es dann meist die Rohdaten, die mit weiteren Nachberechnungsmodellen verfeinert werden können. Heißt, dass man sich zunächst eine sehr grobe Vorhersage für die nächsten zehn Tage für die gesamte Erde einkauft. Zweimal am Tag gibt es eine neue Berechnung dieses Modells. Hat man diese Daten vom Server heruntergeladen, kann man für kleinere Gebiete noch mal viel feiner mit seinen eigenen Modellen nachberechnen.
Beim GFS-Modell dagegen kann ich aus einer vielleicht schon abweichenden und damit falschen Prognose kaum noch besser nachberechnen. Ein Beispiel: Sagt mir das europäische Modell ein Hoch über Deutschland morgen voraus, dann werde ich auch in der feinen Nachberechnung eher schwachen Wind und viel Sonnenschein erwarten. Sagt mir dagegen das andere Modell ein Tief an, dann bringt mir auch die Nachberechnung keinen Sonnenschein. Somit ist also wichtig, was mir das Rohmodell an Vorhersagen liefert. Sind die zuverlässig, kann ich guten Gewissens für meine Regionen das Ganze nochmals räumlich wie auch zeitlich feiner auflösen. Am Ende kommen Vorhersagen zustande, die mir für die nächsten zwei Tage für jede Stunde genau sagen können, wann wo genau der Wind drehen wird, ob er kleinräumigen Effekten durch Küstenverläufe oder Ähnlichem unterliegt und wo genau ich das stärkste Wetter zu erwarten habe.
Diese feinen „Extraberechnungen“ sind nicht immer und überall kostenlos zu haben, steckt darin doch jede Menge Entwicklungsarbeit. Gutes Wetter hat also seinen Preis – auch wenn der am Ende für den Segler vergleichsweise gering ist: 60 bis 100 Euro im Jahr sollte einem eine zuverlässige Vorhersage Wert sein. Zumindest, wenn man sie allein machen möchte.
Damit Wetterrouting-Apps oder -programme überhaupt funktionieren, müssen sie mit sogenannten Grib-Daten gefüttert werden. Das Kürzel steht für Gridded Binary und ist ein weltweites Standardformat für meteorologische und ozeanografische Daten. Diese können aktuelle Wetter-, Wellen- und Strömungsinformationen in verschiedenen Tiefen der Ozeane sowie in unterschiedlichen Höhen der Atmosphäre enthalten. Segler nutzen meist die Oberflächendaten für Wind und Wetter sowie Welle und Strömung auf Meereshöhe. Die Apps und Computerprogramme wandeln diese Grib-Daten in Grafiken um. Sie sind aus dem Segelsport längst nicht mehr wegzudenken.
Übrigens: Die Wetterdaten, mit denen man dabei arbeitet und die sich auf den Boden beziehen, berücksichtigen die Vorgänge in der Höhe bereits. Das ist nicht unwichtig, denn nach dem Blick auf die Bodenkarte sollte man eigentlich auch bei den Großwetterlagen in die Höhe schauen. Wie in Teil zwei dieser Serie mit dem Flaschenexperiment gezeigt, ist es entscheidend, ob wir eher warme über kalten Luftmassen haben oder ob sich instabile kalte Luftmassen aus der Höhe nähern. Denn die können das Wetter gehörig turbulent werden lassen. Doch wie gesagt, diese Informationen sind in den Daten für den Wetterlaien bereits übersetzt.
Hat man sich nun ein Bild von dem Wetter auf seiner Strecke gemacht, dann heißt es, vor dem Start und auch unterwegs immer einen Gegencheck zu machen. Ich vergleiche also ständig die Ist-Situation mit dem, was mir die Modelle gesagt haben. Von Vorteil ist dabei, wenn die Daten auch offline verfügbar sind. Denn sobald ich aus dem Handyempfangsbereich segele, wird es schwierig mit Updates.
Habe ich noch Empfang, wie beispielsweise in weiten Teilen der Dänischen Südsee oder in den Schären Skandinaviens, dann sollte ich bei grenzwertigen Lagen immer auch ein Wetterradar im schnellen Zugriff auf dem Handy haben. Damit blicke ich über das hinaus, was ich vom Cockpit aus sehen kann. Zwar kann ich sich auftürmende Quellwolken auch viele Kilometer weit entfernt erkennen. Doch mittels eines Satellitenbilds oder -films, der mir den Blick von oben ermöglicht, lässt sich ungleich besser feststellen, ob sich Wolken organisierter entwickeln und unter Umständen sogar in meine Richtung ziehen.
Fällt daraus dann auch Niederschlag oder bilden sich Gewitter, ist eine solche Wetterradar-App noch wichtiger. Mit ihrer Hilfe lässt sich abschätzen, wo die Schwerpunkte eines Unwetters sind und wohin sie wann in etwa ziehen werden. Gerade Seiten wie blitzortung.org oder lightningmaps.org sind bei Gewittern ein wertvolles Instrument. Eine Initiative von freiwilligen Bastlern und Gewitterenthusiasten hat mit diesem Open-Source-Projekt etwas Geniales auf die Beine gestellt. Blitzentladungen und ihre Zugbahn nahezu auf die Sekunde genau abzubilden stellt schon eine technische Meisterleistung dar.
Doch ist es nicht immer einfach, sich mit all den Instrumenten und Möglichkeiten so auseinanderzusetzen, dass man sich bei seiner Törnplanung sicher ist. Insbesondere in Zeiten, in denen Wetterextreme tagtäglich die Medien bestimmen und so die Unsicherheit, selbst mit dem Wetter zu arbeiten, größer wird. Und da kommen wir Wetterrouter ins Spiel. Wir begleiten Crews und auch Einhandsegler vom Start an bis zum Ziel, wenn gewünscht. Dabei fragen wir die Route, einige Bootsparameter sowie das zumutbare Wetter ab. Dann starten wir meist mit einem Monitoring. Dieses erfolgt oft drei bis vier Tage vor dem geplanten Start. Damit schätzen wir die Wetterlage und ihre Entwicklung das erste Mal ein und schauen, ob ein Start überhaupt möglich ist. Sollte der Termin aufgrund der Wetterlage nicht haltbar sein, lässt sich gleich besprechen, wann sich ein geeignetes Wetterfenster öffnet. Kann es dann losgehen, arbeiten wir ein erstes Routing aus.
Geht es um eine Strecke, die in drei bis fünf Tagen zurückgelegt werden kann, reicht meist ein Routing aus. Handelt es sich eher um eine Atlantiküberquerung, kommen moderne Kommunikationsmöglichkeiten ins Spiel: Über Satellit wird mir via Tracker oder von Bord mindestens einmal am Tag eine Position übermittelt. Somit weiß ich immer, wo sich das Schiff befindet. Dabei tracke ich jedes Schiff täglich mit und schaue dabei auch immer auf die aktuelle Wetterlage. Meist genügt es bei stabilen Wetterlagen, alle zwei bis drei Tage ein Routing-Update ans Schiff zu senden. Dies erfolgt als reine Textmail oder Satelliten-SMS, um die Kosten so gering wie möglich zu halten.
Ist die Wetterlage hingegen dynamischer und variabler, weil sich beispielsweise mehrere Tiefs um den Schiffsstandort herum zeigen, so nimmt die Frequenz der übermittelten Texte zu. Auch wenn ich sehe, dass sich im Vergleich zu den Vorhersagedaten vom Vortag recht plötzlich neue Erkenntnisse ergeben, weil sich etwa ein Hurrikan gebildet hat, melde ich mich bei den Seglern, um sie frühzeitig zu warnen und Kursänderungen zu empfehlen. Da es den Seglern unterwegs nahezu unmöglich ist, verschiedene Modelle in hoher Auflösung über einen weiten Bereich herunterzuladen und sich selbst anzuschauen, bin ich quasi das wachende Auge der Crews. Gerade bei volatilen Wetterlagen ist dies oft der Schlüssel, um größtmögliche Sicherheit zu haben.
So kommt es dann auch vor, dass ich mich, wie im Mai dieses Jahres, mit Crews intensiv mehrmals täglich austausche. Die waren von der Karibik in Richtung Azoren unterwegs. Doch rund 150 Seemeilen vor dem Ziel platzierte sich an der Stelle des typischen Azorenhochs ein Sturmtief mit über 50 Knoten Wind. Ich empfahl, etwa zwei Tage lang beizudrehen und in Ruhe das Tief voraus durchziehen zu lassen. Eine Entscheidung, welche die Crew ohne das externe Wissen vermutlich nicht getroffen hätte. So aber blieben Schiff und Segler vor größeren Schäden an Bord bewahrt.
Wetterroutings sind also eine sinnvolle Ergänzung zu all den Daten und Möglichkeiten, die bereits jedem zur Verfügung stehen. Selbst, wenn es nur darum geht, ob ich eher in die Dänische Südsee oder in Richtung Bornholm segeln oder ob es links oder doch besser rechts um Fünen herum gehen soll – eine meteorologische Einschätzung vom Profi unterstützt die eigene Entscheidungsfindung allemal.
Dass die Geschehnisse in der Atmosphäre nicht so komplex sind und das Arbeiten mit dem Wetter gar nicht so schwer ist, es vielmehr sogar regelrecht Spaß machen kann, hat diese Serie hoffentlich gezeigt. Beginnend mit den Grundlagen, sind wir bis in die Welt der Wetterdaten und des Wetter-Routings eingetaucht. Nun heißt es, auf diesem Wissen aufzubauen und sich bestenfalls regelmäßiger mit dem Thema zu beschäftigen. Auf diese Weise stellt sich rasch eine gewisse Routine im Umgang mit den zur Verfügung stehenden Daten ein bis hin zu einem untrüglichen Gefühl dafür, was das Wetter von heute morgen für einen bereithält.
Sebastian Wache ist Diplom-Meteorologe; er arbeitet als Experte für Seewettervorhersagen und professionelles Wetter-Routing sowie als Törn- und Regattaberater bei der Wetterwelt GmbH in Kiel. Regelmäßig gibt er sein Wissen in Seminaren an Segler weiter, zudem präsentiert er gemeinsam mit Dr. Meeno Schrader die tägliche Vorhersage für Schleswig-Holstein im NDR-Fernsehen. Wache ist selbst begeisterter Segler und am liebsten auf Nord- und Ostsee unterwegs.