Segel-RekordeDas sind die schnellsten Segler auf dem Wasser

Andreas Fritsch

 · 27.02.2023

Seit elf Jahren hält Paul Larsens "Vestas Sailrocket 2" mit 65 Knoten den Speedrekord
Foto: Helena Darvelid / Vestassailrocket
Während Segeln für viele nur Luxus ist, zählen für andere vor allem bei den Geschwindigkeiten nur Superlative. Ein Schweizer Projekt will sogar schon bald 80 Knoten (148 km/h) schnell segeln – welche beeindruckenden Rekorde gibt es im Segelsport noch? Eine Übersicht mit erstaunlichen Erkenntnissen

„Sailrocket 1“: 65 Knoten sind die Messlatte

Der Australier Paul Larsen und sein Team brauchten zwei Boote und rund zehn Jahre Entwicklungsarbeit, um mit ihrem Ausleger auf drei Foils den Rekord zu brechen. „Sailrocket 1“ überschlug sich bei einem Lauf mit über 50 Knoten in der Luft. Das Team nutzte als erstes sogenannte Base-Ventilating-Foils, die Luft ansaugen, um Kavitation zu vermeiden. Es segelte auf sehr flachem Wasser mit stabilem Wind in Walvis Bay vor der Küste Namibias. Seitdem gab es keinen Rekordversuch mehr.


Demnächst 80 Knoten?

Das Schweizer Team SP80 möchte 2024 mit Hilfe eines Kites den Rekord brechenFoto: Rendering/SP80Das Schweizer Team SP80 möchte 2024 mit Hilfe eines Kites den Rekord brechen

Das Schweizer Team SP80 will den bestehenden Speedrekord auf dem Wasser mit Hilfe eines per Kite gezogenen trimaranähnlichen Gefährts brechen. Das Ziel sind fast 15 Knoten mehr als der bestehende Rekord. Ein großes Problem dabei: Ab etwa 55 Knoten entsteht an Ruderblatt und Foils Kavitation: Wasser strömt so schnell um das Profil, dass der Druck auch bei niedriger Wassertemperatur unter den Dampfdruck sinkt. Dadurch entstehen Dampfblasen, die kurz hinter dem Profil wieder implodieren und so Vibrationen und auch Schäden verursachen können. Darüber hinaus steigt der Widerstand und es kommt zu Strömungsabrissen. Durch ein sogenanntes Supercavitation-Foil/super-ventilated Foil, das die physikalischen Effekte durch die besondere Form sogar für sich nutzt, sollen auch deutlich höhere Geschwindigkeiten als bisher möglich sein. Zum Rekord soll auch der Kite verhelfen. Dieser soll besser und sicherer als ein Rigg sein, da er für mehr Stabilität sorgen soll und im Notfall abgeworfen wird. Im August 2023 wurde “SP80” erstmals zu Wasser gelassen, die Rekordversuche sollen 2024 starten.

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Alles, was François Gabart anpackt, scheint ihm zu gelingen: Erst gewann der stets gut gelaunte Sonnyboy im ersten Anlauf die Vendée Globe 2012, dann stellte er mit seinem 100-Fuß-Tri „Macif“ einen neuen Rekord für die schnellste Einhand-Weltumsegelung auf (42 Tage von Brest nach Brest). Dabei segelte er im November 2017 im Südatlantik 850,68 Seemeilen in 24 Stunden. Zurzeit ist er mit seinem foilenden Ultim-Tri „SVR Lazartique“ dabei, sich auf die Einhand-Regatta der Riesen-Tris vorzubereiten. Vielleicht fällt dann auch diese Bestmarke.

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Kiel–Färöer, 908 Seemeilen in 24 Stunden!

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540 Seemeilen einhand mit einem Imoca 

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