Mensch über BordDiese Manöver sollten Sie beherrschen!

Idealerweise trägt der Verunglückte eine Rettungsweste. Dann bleibt sein Kopf auch über Wasser, falls er das Bewusstsein verliert. Außerdem ist er mit Weste besser sichtbar, die zudem über eine Liftschlaufe verfügt. Und: Der Crew bleibt mehr Zeit für das Manöver
Foto: YACHT/J. Kubica
Das MOB-Manöver Schritt für Schritt
Ein verunglücktes Crewmitglied im Notfall wieder anzusteuern und in Reichweite zu bekommen kann schwierig sein. Die wichtigsten Manöver im Überblick

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Fiel ein Besatzungsmitglied über Bord, rief der Segler von einst: “Mann über Bord”. Offiziell gebräuchlich und politisch korrekt wäre im Sinne des Gender-Gedankens heute “Person über Bord”. Da das im Notfall allerdings nicht leicht über die Lippen geht, sind Segler zum “Mensch über Bord” übergegangen. Das ist ebenfalls geschlechtsneutral, aber mit MOB genauso abzukürzen wie das tradierte “Mann über Bord”.

Ungeachtet des korrekten Begriffs ist es der Albtraum jedes Seglers: Ein Crewmitglied geht über Bord. Erschreckend schnell bleibt die Person im Kielwasser zurück, selbst wenn die Crew rasch reagiert und ein rettendes Manöver einleitet. Die größte Sorge ist zunächst, die Person im Wasser aus den Augen zu verlieren. Von einem schwimmenden Menschen guckt nur der Kopf aus den Fluten – sehr wenig, um ihn in kabbeliger See auszumachen. Je mehr Zeit aber die Suche in Anspruch nimmt, desto mehr kühlt der Verunglückte aus.

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Kommunikationshindernisse lassen sich überwinden, wenn jeder weiß, was im Notfall zu tun ist, und Handzeichen verabredet sind. Dazu eine genaue Verteilung der Notrollen: Wer besetzt den Ausguck und weist dem Steuermann den Weg, wer startet die Maschine, wer setzt den Notruf ab, wer wirft die Schoten im richtigen Moment los?

Am besten jede Saison einen Übungstermin einplanen. Wenn sich die Crew Zeit dafür nimmt, wird es garantiert ein spannender Tag – der jedem das gute Gefühl vermittelt, für den Notfall gewappnet zu sein. Der wichtigste Tipp aber bleibt: Einpicken und Rettungsweste anlegen!

Das richtige Manöver kann Leben retten

Welche Manöver sind die effektivsten, um mit der Yacht schnellstmöglich und sicher zu einem über Bord gegangenen Mitsegler zurückzukehren? Wir haben verschiedene Manöver auf See ausprobiert und dabei Erstaunliches herausgefunden.

Das ideale MOB-Manöver, das sich als Patentrezept auf jedes Notfall-Szenario übertragen lässt, gibt es nicht. Wind, Welle, Crewstärke und Schiffstyp haben Einfluss darauf, welches Manöver das richtige ist. In Gefahrensituationen an Bord gilt jedoch immer: Skipper und Crew müssen ihre Yacht kennen. Wie verhält sich das Schiff bei Strömung oder starkem Wellengang, wie steuert es sich unter Maschinenkraft, können die Segel im Notfall auch einhand bedient werden? Das klappt nur mit Übung, und selbst der erfahrene Regattasteuermann tut sich zeitweise schwer, einen präzisen Aufschießer in der Nähe eines Über-Bord-Gefallenen zu segeln. Deshalb sollten Skipper und Crew sich vor ihrem ersten Schlag nicht nur theoretisch mit der Frage auseinandersetzen, welche Rettungsmanöver funktionieren können, und die Rollen für den Ernstfall klar verteilen.

Die Ansteuerung beim MOB-Manöver

Wenn ein Besatzungsmitglied über Bord geht, ist Schnelligkeit gefragt. Das Schiff muss zügig und sicher zu ihm zurückkehren. Bei einigen MOB-Manövern hilft es deshalb, den Motor zur Unterstützung einzusetzen. Bei einem Manöver unter reiner Maschinenkraft werden die Segel unmittelbar nach dem Überbordfallen im Wind geborgen, und der Motor wird gestartet. Dann wird gedreht und zur Unglücksstelle zurückgefahren. Neben dem Verunglückten wird aufgestoppt und sofort ausgekuppelt, damit keine Verletzungen durch den Propeller entstehen können. Ein solches Manöver hat den Vorteil, dass die Segel dem Wind keine Angriffsfläche mehr bieten und das Schiff weniger stark abtreibt. Da die Crew allerdings zunächst mit dem Einholen der Segel beschäftigt ist, besteht die Gefahr, dass der Verunglückte aus dem Blickfeld gerät.

Deswegen die Empfehlung, stets auch die Maschine zu starten. Sie unterstützt bei der Ansteuerung, beim Aufstoppen oder dabei, auf den letzten Metern nicht zu früh die Fahrt im Schiff zu verlieren.

Im Zweifel können sogar alle Schoten einfach losgeworfen und es kann allein mit der Maschine gefahren werden. Dann muss die Crew aber enorm aufpassen, nicht von einer um sich schlagenden Schot oder gar vom hin und her pendelnden Großbaum getroffen zu werden.

Das letzte Stück zur Person im Wasser ist das kritischste. Es muss ausreichend Fahrt im Schiff bleiben, der Verunglückte darf aber keinesfalls überfahren werden. Die Ansteuerung wird erschwert, weil der Rudergänger den Kopf des Mitseglers nicht mehr im Blickfeld hat, sobald der sich nahe der Bordwand befindet.

MOB-Manöver 1: Münchner Manöver

Münchner ManöverFoto: YACHTMünchner Manöver

Geht eine Person auf Amwind-Kurs über Bord, wird zügig gewendet, dabei bleibt die Fock back. Das Groß wird weit aufgefiert und das Ruder auf Anluven eingeschlagen, um sodann beigedreht auf den Überbordgegangenen zuzutreiben. Das Manöver ist einhandtauglich, er­fordert aber schnelles Handeln, Übung und das Wissen darüber, wie die Yacht driftet. Treibt sie am Verunglückten vorbei, muss eine Halse oder Q-Wende folgen, um zu ihm zurück zu­ gelangen – das kostet Zeit. Vorwärts- und Rückwärtsschübe mit der Maschine helfen, am richtigen Punkt anzukommen. Deswegen auch hier: Motor starten und mitlaufen lassen!


MOB-Manöver 2: Die Q-Wende

Q-WendeFoto: YachtQ-Wende

Der Klassiker der Rettungsmanöver unter Segeln. Auch hierbei auf ­Maschinenunterstützung setzen. Durch den Q-förmigen Kurs, der dem Manöver seinen Namen verleiht, wird eine Halse vermieden. Ist eine Person ins Wasser gestürzt, sofort abfallen, um Tiefe zu gewinnen. Dann wenden und mit halbem Wind zurück zur Person im Wasser segeln. Es folgt ein Beinahe-Aufschießer, sodass die Person erreicht wird. Vorteile der Q-Wende: Auch ohne Zuhilfenahme der Maschine bleibt stets Fahrt im Schiff. Zudem kann sie aus verschiedenen Ausgangskursen heraus ge­fahren ­werden. Nachteil: Beim Abfallen entfernt man sich relativ weit vom Verunglückten, deshalb muss den Überbordgegangenen ein Crewmitglied ständig im Auge behalten. Gleichzeitig braucht der Steuermann Informationen über die Richtung, in die sich der MOB im Verhältnis zum Schiff bewegt, um seinen Rettungskurs unter Segeln oder mithilfe von Maschinenkraft entsprechend anpassen zu können.


MOB-Manöver 3: Unter Maschine

Unter MaschineFoto: YACHTUnter Maschine

Bei vielen MOB-Manövern hilft es, den Motor unterstützend zu starten. In dieser Variante werden die Segel im Wind geborgen, unmittelbar nachdem die Person über Bord gegangen ist und die Maschine gestartet wurde. Sobald die Segel unten sind, fährt man zum Verunglück­ten zurück und stoppt neben ihm auf. Dann auskuppeln, um Verlet­zungen durch den Propel­ler zu vermeiden. Vorteil dieses Manövers: Bei der Bergung des Über­bordgegangenen killen die Segel nicht, und das Boot verdriftet weniger stark. Aber: Zuvor ist die Aufmerksamkeit der Crew auf das Einholen der Segel gerichtet, sodass der Treibende eventuell außer Sicht geraten kann. Deswegen ist eine Variante, bei der nur rasch die Genua weggerollt wird, unter Umständen sinnvoller.


MOB-Manöver 4: Der Quickstopp

QuickstopFoto: YACHTQuickstop

Fällt ein Segler auf schnellem Vormwind-Kurs ins Wasser, ist das Risiko besonders hoch, dass sich die Yacht rasch weit entfernt. Um das zu verhindern, wird beim Quickstop sofort hart angeluvt, um die Yacht in den Wind zu stellen – unabhängig davon, wie die Segel stehen, sogar unter Spi. Dann wird die Maschine gestartet und zum MOB zurück gekehrt. Nachteil dieses Manövers: Die Segel schlagen heftig, dadurch steigt die Verletzungsgefahr an Bord. Außerdem ist das Schiff ohne Motor bei diesem Manöver kaum zu kontrollieren.


MOB-Manöver 5: Das Hamburger Manöver

Hamburger ManöverFoto: YACHTHamburger Manöver

Die Yacht fährt nach dem Über-Bord-Fallen zunächst auf Halbwindkurs weiter, dann wird gewendet und erneut mit halbem Wind zum MOB zurück gesegelt. In der Wende bleibt die Fock back, um Fahrt zu reduzieren. Kurz vor Erreichen des MOB wird angeluvt, bis das Boot nahezu still steht. Das Großsegel bleibt dicht, so wird eine Krängung nach Lee erzeugt. Der Freibord verringert sich, und die Person kann leichter über die leewärtige Seite zurück an Bord genommen werden. Vorteil des Manövers: Da die Fock nicht bedient werden muss, eignet es sich auch für eine kleine Crew. Nachteil: Bei starkem Seegang besteht, wie beim Münchner Manöver, die Gefahr, dass die Yacht zu stark auf den MOB zugetrieben wird. Der Manöverablauf ist derselbe wie beim Beiliegen.


Die besten Videos zum MOB-Manöver




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