Kanarische InselnGran Canaria - das realistische Sehnsuchtsziel

Christian Tiedt

 · 27.01.2025

Eine Segelyacht rundet die südliche Spitze von Gran Canaria, die markanten Dünen von Maspalomas. Die Sahara ist nah.
Foto: mauritius images
Nicht nur für Segler mit Fernweh ist Gran Canaria, die „Große“ unter den Kanarischen Inseln, ein Sehnsuchtsziel. Warum das so ist, klärt unser Revierporträt.

Schweden, Deutsche und Niederländer sieht man an den Stegen Gran Canarias, auch Engländer und Polen. Viele Segelboote, dazwischen auch Motoryachten. Eine Alu-Ketsch aus Polen hatte den weitesten Weg. Es ist fast wie an der Ostsee. Aber eben nur fast. Denn die Blütenpracht aus Bougain villea und Hibiskus rund um den Hafen hätte in nördlichen Gefilden keine Chance. Auch das tiefe Blau des Meeres passt nicht.

Zwölf Monate Sommer auf Gran Canaria

Und dann die Temperatur: 22 Grad im Dezember auf Gran Canaria – davon kann man in Travemünde nur träumen. Trotz der vertrauten Heimathäfen auf den Hecks: Deutschland ist 2.000 Seemeilen entfernt. Dies ist nicht Port Olpenitz, sondern Puerto de Mogán, im Süden Gran Canarias. Dass dennoch so überraschend viele Boote aus dem Norden Europas den Weg hierher gefunden haben – die kleineren wohl eher als Decksfracht oder auf dem Trailer –, liegt natürlich am Klima: zwölf Monate Sommer, unschlagbar. Und wenn es um Sehnsuchtsziele geht, gehören die Kanaren noch zu den realistischen Destinationen. Auf Skipper mit Fernweh ist man dort jedenfalls bestens vorbereitet, nicht nur in nautischer Hinsicht.


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Gran Canaria hat das beste Klima weltweit

Die flächenmäßig größte und bevölkerungsreichste der Kanarischen Inseln ist Teneriffa, die längste Fuerteventura. Ganz vorn liegt Gran Canaria dafür beim Klima: Rund vierzig Zonen werden unterschieden, von den exponierten Höhenlagen bis hinein in die barrancos, tief eingeschnittene Schluchten – ein Kontinent im Kleinen mit reicher heimischer Tier und Pflanzenwelt, von der Osorio Spitzmaus bis zur Kanarischen Kiefer, die selbst Brände übersteht.

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Der Norden ist die grüne Seite Gran Canarias. Sie ist dem Passatwind zugewandt, der meist beständig aus Nordosten weht und neben angenehmen Temperaturen auch Feuchtigkeit mit sich bringt. Davon zeugen die häufig in Nebel gehüllten Lorbeerwälder der höheren Lagen. Studien zufolge soll die Hauptstadt Las Palmas, die im Nordosten liegt, über das beste Klima der Welt verfügen. 380.000 Menschen leben hier – beinahe doppelt so viele wie in der zweitgrößten Stadt der Kanaren, Santa Cruz auf Teneriffa.

Erster Anlaufpunkt: Las Palmas

Was den Verkehr über See angeht, ist Las Palmas auf Gran Canaria der erste Anlaufpunkt im Archipel. Von hier verkehren nicht nur wöchentlich Fähren zum spanischen Festland, sondern auch zu den Nachbarinseln. Dazu kommen jährlich etwa eine Million Kreuzfahrtpassagiere. Der Flughafen ist über die Küstenautobahn GC 1 angebunden und in einer knappen halben Stunde zu erreichen. Vom Flair her treffen sich Europa und Mittelamerika in Las Palmas, moderne Großstadt und verwinkelte Altstadt. Ein Beispiel für die moderne Großstadt ist das 2017 eröffnete Meerwasseraquarium Poema del Mar nahe dem Fischereihafen. Es ist das größte Europas. Das historische Las Palmas findet man in den schattigen Gassen der Vegueta, des ältesten Viertels: die von Palmen flankierte Plaza de Santa Ana. An ihrer Stirnseite erhebt sich die gleichnamige Kathedrale, deren Bau bereits 1497 begonnen wurde. Mit der beliebten Playa de las Canteras hat die Stadt zudem ihren eigenen Hausstrand.

Gran Canaria - von Vulkanen geformt

Gran Canarias vulkanische Vergangenheit ist überall auf der Insel sichtbar, von der zerfurchten Küstenlinie bis hinauf zum 1956 Meter hohen Morro de la Agujereada. Der Roque Nublo ist eines der Wahrzeichen der Insel: Bei dem 65 Meter hohen Basaltfelsen handelt es sich um den Schlotpropfen eines ehemaligen Vulkans. Während das weichere Gestein des Kegels von Wind und Wetter abgetragen wurde, blieb der „Nebelfelsen“ stehen. Doch die erstarrten Formen täuschen: Unter der Kruste brodelt es noch immer. Zu welchen gewaltigen Verwerfungen die dort lauernden Kräfte fähig sind, zeigt vor allem die monumentale Steilküste im Nordwesten. Im Gebiet des Naturparks von Tamadaba erstreckt sie sich von Agaete bis Mirador del Balcón. Fast vergangen sind dagegen die Spuren der Ureinwohner Gran Canarias. Das archäologische Interpretationszentrum La Fortaleza ermöglicht jedoch einen spannenden Einblick in das Leben dieser Menschen.

Der heiße Süden Gran Canarias

Der Süden Gran Canarias, El Sur, bekommt von den Niederschlägen des Nordens nahezu nichts zu spüren. Wie eine Wand hält das gebirgige Landesinnere die Feuchtigkeit ab. Umso trockener erstreckt sich die Landschaft. Die calima verstärkt den Zustand noch. Der Wüstenwind weht zwar nur bei besonderen Wetterlagen aus Osten, geradewegs aus der Sahara heraus, bringt dann aber nicht nur Temperaturen von bis zu 50 Grad Celsius mit sich, sondern verdeckt den Himmel hinter einem blassen Schleier aus Staub. Was den Tourismus betrifft, hat sich die geschützte Lage jedoch als entscheidender Vorteil erwiesen. Bester Beweis sind die Hotelanlagen entlang der Sandstrände von Bahía Feliz, San Agustín und Playa del Inglés.

Doch es geht auch deutlich ruhiger – und nicht weniger einladend: Westlich der berühmten Dünen und des markanten Leuchtturms von Maspalomas wird die Küste zwar rauer, doch in den tief eingeschnittenen, bis zum Meer reichenden Tälern der barrancos und cañadas liegen weitere Orte, die besonders für Besucher auf eigenem Kiel keine Wünsche offen lassen. Denn wo früher die Fischer unter sich waren und ihre Boote in offenen Buchten direkt auf den Strand zogen, liegen heute Yachten aus aller Herren Länder an festen Stegen hinter sicheren Steinmolen.

Die Häfen Gran Canarias

Wir stellen die für Segler wichtigsten und schönsten Häfen vor:

yacht/gran-canaria_7880565266dd5b348f071a51c99de35fFoto: YACHT

Las Palmas

Die Marina Las Palmas im Süden des Puerto de la Luz ist die größte der Kanaren: Bei mehr als 1.300 Liegeplätzen (selbst Fünfzig Meter Yachten kommen hier unter) und einem Serviceangebot für alle denkbaren Dienstleistungen, überrascht es nicht, dass sie auch in Etappenplänen für Atlantiküberquerungen auf der Barfußroute eine wichtige Rolle spielt. marina.palmasport.es

Das gilt auch für den Hafen generell: So ist Las Palmas beispielsweise traditioneller Startpunkt der Atlantic Rally for Cruisers (ARC), deren Feld aus Fahrten , Regattayachten und Multihulls sich hier jährlich sammelt, bevor es mit dem Nordostpassat hinüber geht nach St. Lucia, wo die meisten Yachten Mitte Dezember eintreffen. In diesem Jahr findet der Start in Las Palmas am 23. November statt.

Der letzte „prominente Gast“ im Hafen hatte allerdings ein anderes Ziel: Kurz nach dem Start der Vendée Globe im vergangenen November musste der ungarische Teilnehmer Szabolcs Weöres Las Palmas aufsuchen, um Sturmschäden am Rigg seiner Imoca „New Europe“ zu beheben. An einer Muringboje vor der Marina konnte er die Arbeiten durchführen, wie vorgeschrieben ohne Hilfe, bevor er das Rennen um die Welt fortsetzen konnte.

Puerto Rico

Mit rund 530 Liegeplätzen in zwei Becken bietet Puerto Rico die größte von fünf Marinas in diesem gerade zwanzig Kilometer langen Küstenabschnitt. Gäste kommen im Puerto Base im östlichen Teil des Hafens unter. Der Service am Steg und an Land ist umfassend (grancanaria.com; Suche: haefen). Gleiches gilt für die Versorgung an Land: Ein Supermarkt befindet sich am Hafen, das moderne Einkaufszentrum Mogan Mall ist zu Fuß nur zehn Minuten entfernt. Puerto Rico ist zudem Ausgangspunkt für Fähr- und Ausflugsfahrten entlang der Küste, für Wassersportaktivitäten sowie Delfin- und Walsafaris.

Pasito Blanco

Gediegene Clubatmosphäre herrscht dagegen in Pasito Blanco, dem ersten Hafen westlich von Maspalomas. Auch hier wird kompletter Service geboten, vom Strom am Steg über die Bootstankstelle bis hin zum 70-Tonnen-Travellift. 388 Plätze stehen zur Verfügung (grancanariablue. com/en/marinas). Hochseeangeln wird ebenfalls großgeschrieben. Je nach Saison kann man sich mit Bonito, Barracuda, Blue Fin und sogar Blue Marlin messen.

Puerto de Mogán

Der letzte Ort, bevor die Küste sich nach Norden wendet, weiter ansteigt und in den wilden Westen Gran Canarias übergeht, heißt Puerto de Mogán. Hoch aufragende Hotels sucht man hier vergebens, der Charme eines Fischerdorfs wurde bewahrt, selbst wenn Urlauber auch hier den lukrativeren Fang ausmachen. Dass das Viertel direkt am Hafen mit seinen rechtwinkligen Gassen und den blütenumrankten Fassaden aus den Achtzigerjahren stammt, würde man auf den ersten Blick nicht ahnen. Doch dieser Stil stimmt, weil man sich baulich an das alte Viertel angepasst hat, das sich nebenan am Hang des barranco emporzieht.

Am Hafen gehört die erste Reihe den Bars und Restaurants, wie dem Casito Mediterraneo. In Puerto de Mogán sind es 246 Liegeplätze, die sich auf die drei Schwimmstege, die Hafenmauer und die Innenseiten der Molen verteilen. grancanariablue.com/en/marinas

Der schönste Spot befindet sich jedoch außerhalb: Am Fischereihafen und steinigen Strand vorbei, kommt man zum Fuß der Klippen. Ein schmaler, ausgetretener Pfad führt eng am Fels entlang weiter zu einer natürlichen Terrasse. Besonders bei Sonnenuntergang ist hier viel los, Weinflaschen kreisen zu karibischen Beats. Dunkel erhebt sich die Silhouette des Pico del Teide auf Teneriffa aus dem Ozean. Kurz streift der Blick die Nachbarinsel, bevor man sich wieder dem Abendrot zuwendet. Doch die Gedanken gehen weiter. An der tief stehenden Sonne vorbei reichen sie in die Ferne jenseits des Horizonts, über den Atlantik hinweg – zu neuen Ufern.

Weitere Häfen

Puerto de las Nieves im Nordwesten, Puerto de Taliarte im Osten sowie die Marina Anti del Mar im Süden haben wir nicht explizit ausgewiesen, da sie nicht für Gastlieger ausgelegt sind oder über keine besonderen Reize verfügen.


Nautische Informationen Gran Canaria

Die Kanarischen Inseln liegen auf einer Position um 28°30‘ N, 15°52‘ W im östlichen Zentralatlantik vor der afrikanischen Küste. Die geringste Entfernung zum Festland beträgt 100 Kilometer (Fuerteventura), die größte etwa 420 Kilometer (La Palma). Der nächste spanische Festlandhafen Cádiz, zu dem auch Fährverbindungen bestehen, unter anderem nach Las Palmas auf Gran Canaria, liegt rund 1.000 Kilometer (540 Seemeilen) in nordöstlicher Richtung.

Die zu Spanien gehörenden Kanaren umfassen elf Inseln, von denen acht bewohnt sind. Die größte und bevölkerungsreichste ist Teneriffa, die größte Stadt dagegen Las Palmas, das auch über den wichtigsten Hafen verfügt. Der Meeresboden rund um die Inseln fällt steil bis in mehrere Tausend Meter Tiefe ab.

Zwischen Teneriffa, Gran Canaria und Fuerteventura sind zwei Verkehrstrennungsgebiete ausgewiesen. Für den SAR-Bereich ist die spanische Seenotrettung (Salvamento Marítimo) zuständig, für hoheitliche Ordnungsaufgaben die Küstenwache (Servicio Marítimo de la Guardia Civil).

Literatur

Revierführer „Atlantic Islands“ von A. Hammick, H. Keatinge, L. Lane Thornton. Umfassendes Handbuch zu Azoren, Madeira, Kanaren und Kapverden. Mit Bermuda. Imray, 7. Aufl. 2021; Format A4, gebunden; 61,20 Euro. ISBN 978-1-78679-070-5. nvcharts.com

Seekarten NV Atlas ATL 3 „Atlantic Islands/Madeira – Canary Islands – Azores – Cape Verdes“, geheftet, Format A3 (aufgeschlagen A2), 6 Übersegler, 13 Revierkarten, 28 Detailkarten, Hafenpläne, Gezeitentabellen; 74,99 Euro. nvcharts.com


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