YACHT-Redaktion
· 27.12.2022
Abwechslung ins Landprogramm bringen die vielen Veranstaltungen, die im Sommer entlang der Ostseeküste stattfinden. Ob Regatta, Festspiel oder Messe – für jede Crew ist etwas dabei. Eine Auswahl der besten Events für jeden Törn oder als einfaches Ausflugsziel
Die deutsche Segel-Großveranstaltung ist in aller Welt bekannt und ein fester Bestandteil im hiesigen Regattakalender: Ende Juni findet die Kieler Woche statt, und zwar auf See wie an Land. Sportler aus unzähligen Nationen trifft man dann im Norden der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt. Das Areal rund um den Olympiahafen in Schilksee verwandelt sich in ein quirliges Epizentrum, in dem Segler aller Klassen ihre Boote und sich selbst auf die Wettfahrten vorbereiten.
Die „Kiwo“ ist gleichzeitig eine der traditionsreichsten Regattawochen. Sie wird bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts ausgetragen. Das Volksfest entlang der Kieler Kaimauern kam später dazu und hat sich in den letzten Jahrzehnten immer weiterentwickelt. Dort können Besucher nicht nur schlemmen, schlendern und staunen, sondern auch auf einem der zahlreichen Traditionsschiffe eine Tagesausfahrt miterleben oder zum Mehrtagestörn aufbrechen.
Als maritimer Höhepunkt gilt die Windjammerparade am zweiten Samstag der Festwoche, an der Dutzende Groß- und Traditionssegler, historische Dampfschiffe sowie Hunderte von Segelyachten teilnehmen. Die Kieler Woche endet traditionell mit einem Höhenfeuerwerk – ein weiterer Gänsehautmoment für Kieler Woche-Fans.
Mitte Mai, wenn die Winterlager leergefegt sind und die Ostsee ihr freundliches Gesicht zeigt, herrscht in der Ancora Marina drei Tage lang der Ausnahmezustand. Dann öffnet das Yachtfestival, und das verspricht, ein früher, ein veritabler Saisonhöhepunkt zu werden.
Unter neuer Leitung und fraglos begünstigt durch den Corona-bedingten Mangel an Bootsmessen in den Vorjahren hat sich die Veranstaltung zu einem Premieren-Festival entwickelt. Immer mehr Werften und Händler kommen nach Neustadt in Holstein, um ihre Neuheiten zu präsentieren.
Das wird nach YACHT-Informationen auch 2023 so sein und die Attraktivität dieser größten deutschen In-Water-Boatshow hoch halten. Zwar besteht im Freien stets eine gewisse Wetterabhängigkeit. Andererseits lassen sich Yachten nirgendwo besser erleben als in ihrem Element. Das und die für die Aussteller günstigen Standpreise hat dem Hamburg Ancora Yachtfestival enormen Zulauf beschert. Mit Y Yachts aus Greifswald, Linjett aus Schweden oder Aira aus Holland – um nur einige Beispiele zu nennen – kamen 2022 erstmals Marken, die hier noch nie zuvor vertreten waren. Die Liste reicht vom Einsteiger- bis zum Luxussegment. Und die Newcomer wollen 2023 alle ausnahmslos erneut dabei sein.
Eigentlich kein Wunder: Es ist die einzige Bootsmesse, die Meeresbrise und Ostseeblick bietet. Wer mit dem eigenen Schiff in die Neustädter Bucht segeln will, um die Messe zu erleben, sollte deshalb früh einen Liegeplatz reservieren. Die Ancora Marina selbst bietet keine freien Boxen, und auch in den angrenzenden Häfen wird es voll, weil viele Dauerlieger der Ancora kurzzeitig verlegen müssen. Deshalb kommt das Gros der Besucher mit dem Auto und parkt auf eigens dafür eingerichteten Flächen, die in wenigen Gehminuten Entfernung liegen.
Neben den ausgestellten Booten bietet das Yachtfestival noch weit mehr. So sind nahezu alle Ausrüstungsmarken und -händler in Zelten rund um das Hafenareal präsent. Außerdem gibt es in der westlich der Stege gelegenen Halle H1, durch die man das Messegelände erreicht, informative Fachvorträge sowie Workshops. Östlich vom Hotel „Arborea“ bietet das Festival auf der Eventfläche neben der Show-Bühne Schnuppersegeln und Live-Vorführungen auf dem Wasser. Die YACHT und der Delius Klasing Verlag sind natürlich auch live vor Ort und berichten über das Geschehen. Kommen Sie gern vorbei. Es lohnt sich!
Auf Utö vor Stockholm lässt sich das Mittsommerfest in seinen vielen Facetten erleben – auch wenn es dabei durchaus enger und voller zugeht, als man erwartet. Die Insel ist von Stockholm aus leicht mit der Fähre zu erreichen, daher auch bei Tagesgästen und Kurzurlaubern beliebt. Sie strömen in Scharen auf die Insel und feiern schon mal heftig. Der klassische Mittsommertanz um den Baum findet nicht am Hafen, sondern weiter im Inselinneren statt: Frauen und Mädchen tragen Blumenkränze, alle singen gemeinsam. Familien treffen sich auf Picknickdecken und in kleinen Restaurants. Der Hafen ist um diese Jahreszeit ein Ort für echte Partyfans: Rund um die Uhr wird gefeiert, vor allem junge Leute sind dabei. Liegeplätze gibt es im Osten und Westen der Stadt, dazwischen ist eine Brücke.
Fehmarn hat sich zur Heimat vieler klassischer Schärenkreuzer entwickelt, deren Eigner hier seit 2009 im Abstand von zwei Jahren zum Treffen aller Artverwandten einladen. Teilnehmen darf, wie der Name schon sagt, alles, was schlank und rank ist. Willkommen sind neben klassischen Holzschärenkreuzern wie den 15ern, 22ern, 30ern, 40ern und größeren Exemplaren alle gleichermaßen schlanken und ranken Boote: das Dreimannkielboot Drachen beispielsweise, die Soling, das H-Boot und seine größere Schwester, schnelle schnittige Kunststoffboote wie BB10, Aphrodite 101, Molich X Meter, Ylva, Luffe 37, Omega 42 und ähnliche Schiffe.
Gesegelt wird zwischen der Orther Reede, der Fehmarnsundbrücke und Heiligenhafen nach unterschiedlichen Handicaps. Klassische Holzboote werden nach dem Klassiker-Rennwert-System gewertet, moderne Schiffe nach Yardstick.
Entstanden ist der Event, nachdem im Sommer 2007 das hundertjährige Jubiläum der Schärenkreuzer in Schweden gefeiert wurde. Der Lemkenhafener Eigner des 40-qm-Schärenkreuzers „Aurora“, Georg Milz, hatte das Fest mit seinem Boot besucht und die Idee in die Tat umgesetzt, so etwas zu Hause auch durchzuführen. Gleich das erste Treffen wurde ein voller Erfolg, und die Teilnehmer feierten bis tief in die Nacht hinein. So ist es bis heute geblieben, und die Lemkenhafener nennen die Veranstaltung mittlerweile ihr Sommerfest.
Ritterturniere, Bands, Mittelaltermärkte: Anfang August steht auf Gotland die Hansestadt Visby kopf. Mit ihrem mittelalterlichen Stadtbild, der weitgehend erhaltenen Stadtmauer und den Wehrtürmen ist sie die ideale Kulisse für eines der größten Mittelalterspektakel in Europa. Gut 40.000 Besucher kommen dann in die gotländische Hauptstadt, die selbst nur 20.000 Einwohner zählt. Sieben Tage dauert die Veranstaltung, während der Yachtcrews mitten im Geschehen festmachen können.
Das ist selbst etwas für hartgesottene Theater-Muffel: Wenn auf Rügen Spielzeit ist, führt kein Weg am Großen Jasmunder Bodden vorbei. An dessen äußerstem Ende am Südufer lassen Dutzende Schauspieler und Pferde in der Abenddämmerung das Mittelalter aufleben.
Jedes Jahr wird dem Publikum auf der Naturbühne bei Ralswiek ein anderes Abenteuer des legendären Piraten Klaus Störtebeker präsentiert. Mal verschlägt es den Helden nach Ostfriesland, mal nach Holland, dann nach Norwegen. Eines aber ist immer gewiss: Seeräuber Störtebeker, auch „Robin Hood der Meere“ genannt, muss zahlreiche Abenteuer bestehen. Ein ganzes Dorf mitten auf Rügen dient dabei als Festspielort.
Die Vorstellungen sind aufwändig inszenierte Spektakel. Pyrotechnik sorgt für Explosionen und Feuerwerke, die Helden dreschen in Lanzenkämpfen und Schwertduellen aufeinander ein. Aber auch sanfte Balladen und Liebesszenen werden dem Publikum, das aus ganz Deutschland anreist, geboten. Immerhin ist die Freilichtbühne in Ralswiek eine der größten Europas. Millionen von Zuschauern haben seit Anfang der 1990er Jahre bereits die Magie des Seefahrtskinos unter freiem Himmel auf sich wirken lassen.
Einmal eine dieser mit viel Liebe zum Detail inszenierten Vorstellungen zu erleben lohnt daher einen Umweg auf dem Sommertörn. Doch Wahrschau! Die Tickets sind schnell ausverkauft. Der Vorverkauf beginnt bereits im Herbst des Vorjahres. Auf den vorderen Rängen kostet eine Eintrittskarte derzeit 40 Euro, auf den hinteren und bei der Generalprobe etwa 15 Euro. Gespielt wird 2023 vom 24. Juni bis zum 9. September, und zwar jeweils von Montag bis Samstag ab 20 Uhr.
Offiziell ist die Regatta ein „Internationales Treffen historischer segelnder Berufsfahrzeuge“. Tatsächlich geht es bei der Geschwaderfahrt, die am Himmelfahrtswochenende stattfindet, launig und entspannt zu. Ernsthafte Regattaambitionen haben die Crews der 100 bis 120 Schiffe nicht: Am Ende gewinnt auch nicht der Sieger, sondern der Zweite eine Buddel Rum.
Auf der Insel nördlich von Lolland findet gegen Ende Juli, Anfang August eines der traditionsreichsten Jazz-Festivals der Ostseeküste statt. Seit über 50 Jahren spielen beim „Femø Jazz“ Größen der Szene aus dem In- und Ausland. Das Festival wuchs stetig, sodass der Veranstaltungsort auf eine Strandwiese verlegt wurde. Zum Programm gehören neben den Konzerten auf dem Festivalgelände eine Straßenparade und eine Masterclass, bei der Nachwuchs-Musiker ihr Talent zeigen können.
Zu Hochzeiten quetschten sich an die 1.000 Yachten über die an einen Hindernisparcours erinnernde Regattabahn. Zwischenzeitlich ist das Starterfeld von Tjörn Runt auf etwa 200 Schiffe geschrumpft, trotzdem ist die Regatta ein Spektakel, und das nicht nur auf dem Wasser, sondern vor allem auch zum Zusehen von Land aus. Gesegelt wird am dritten Samstag im August, und zwar im Uhrzeigersinn um die Insel. Dabei führt der Kurs zum Teil durch sehr enge Passagen wie den Kyrkesund. Diese sorgen nicht nur für extreme Verdichtung im Feld, sondern dienen auch als natürliche Tribünen. Zudem wird das Renngeschehen im Kyrkesund von einem Moderator kommentiert, sodass eine volksfestartige Stimmung entsteht. Ebenfalls spannend ist der Streckenabschnitt von Klädesholmen, dort ist die See offener und es lauern viele Steine und Untiefen.
Pyrotechnik-Shows bietet bald jeder größere Ort an der Ostsee während der Saison. Und schön sind sie allemal. Aber wohl kein Feuerwerk vermag so zu bezaubern wie das Spektakel, das Grömitz Ende August auf seiner fast 400 Meter langen Seebrücke abbrennt. „Ostsee in Flammen“ heißt das Happening, zu dem Tausende von weit her an den Strand und auf die kleine Anhöhe über dem Hafen pilgern, von wo aus man die mit Musik untermalte 20-Minuten-Show perfekt verfolgen kann.
Wer nicht mit dem eigenen Boot, sondern mit dem Auto anreist, sollte zeitig losfahren – so groß ist inzwischen der Andrang. In den Strandbars und -restaurants bekommt man schon am frühen Abend kaum noch einen Platz, obwohl die Raketen den Himmel über Grömitz erst kurz vor 23 Uhr erhellen. Manche Pyro-Fans bringen deshalb gleich selbst Getränke und Snacks mit – und sichern sich die besten Plätze 300 bis 500 Meter nördlich und südlich der Seebrücke lange vorab. Wer näher dran steht, kann das Feuerwerk kaum in seiner ganzen Dimension erfassen. Die ist wahrhaft gewaltig. Allein die Wasserbomben, die seitlich über die Ostsee abgefeuert werden, sind umwerfend.