RevierreportWas ist los in Holland? Das große Update zum Saisonstart

Alexander Worms

 · 05.05.2023

Von Menschenhand geschaffen: das kleine Archipel im Grevelinger Meer. Wer hinwill, wird zur Kasse gebeten
Foto: Olivier Hoslet/Picture Alliance/EPA-EFE

Brücken, Sperrwerke, Navidukte, künstliche Inseln: Die Niederlande sind berühmt für ihre gute maritime Infrastruktur. Nun aber müssen immer mehr ältere Bauwerke dringend saniert werden. Das hat Folgen für den Wassersport. Der Revierreport

Leider stellte sich im letzten Jahr erst nach Redaktionsschluss unseres alljährlichen Revierreports für die Niederlande heraus, dass sich die Sperrung der Driebondsbrug zwischen Delfzijl und Groningen arg in die Länge zieht. Normalerweise wäre das keine große Sache, denn die Zahl der Wasserwege im Nachbarland ist groß und eigentlich immer eine Ausweichroute vorhanden. Das Problem hier jedoch ist gravierender: Die Driebondsbrug befindet sich auf der Staande Mastroute, einem der wichtigsten Binnenwasserwege für Segelyachtcrews, die mit gestelltem Rigg von einem Revier zum nächsten wollen.

Angeblich ist die Steuerungstechnik der Brücke irreparabel. Ein Handbetrieb ist möglich, aber teuer. Daher erfolgt eine manuelle Öffnung derzeit nur für Sondertransporte der Berufsschifffahrt. Yachten können zumindest dann mit durchrutschen (Punkt 1).

Und auch andernorts klappt es im Wortsinn derzeit nicht im Nachbarland: Sowohl die Coenbrug in Zaandam als auch die Haringvliet-Brücke bleiben geschlossen. Im Fall von Zaandam ist zudem die infrage kommende Ausweichroute unpassierbar: Die dortige Krommenie-Brücke hat es ebenfalls erwischt. Angesichts der fast unzähligen Wasser- und Brückenbauwerke, die es in den Niederlanden gibt, erscheinen ein paar einzelne Ausfälle hinnehmbar. Allerdings sind häufig Schlüsselstellen betroffen. Wie überhaupt auch die Zahl der kurzzeitigen Brücken- und Schleusenausfälle in jüngster Zeit gefühlt zunimmt.

Dass die Infrastruktur dringend modernisiert werden muss, weiß die zuständige Behörde namens Rijkswaterstaat. Und man reagiert und investiert, nur dauert das eben. Im Fall der Haringvliet-Brücke ist es ein ganzes Jahr, in dem sie während der Bauphase nicht bedient wird.

Viel Geld fließt auch in andere Projekte: Die Maasschleusen werden eine nach der anderen saniert. Die Schleuse Kornwerderzand wird ausgebaut. Die Brücken über den Prinses Magrietkanaal werden erneuert.

Eine ganz andere Dauerbaustelle im übertragenen Sinn ist das Gerangel um die geplante Versiegelung der Seeventile von WC-Borddurchlässen. Bislang gibt es weder eine funktionierende Fäkalien-Abpump-Infrastruktur noch an Bord von Yachten nutzund bezahlbare Abwasserreinigungsanlagen. Das Vorhaben ist daher auf 2026 verschoben worden.

Für Wirbel sorgt aktuell stattdessen ein anderes Thema: Die großen Schilder in den Schleusen „Schip vast, Schroef uit“ kennen viele Wassersportler in den Niederlanden. Sie bedeuten: Wenn das Schiff fest ist, muss die Schraube in den Leerlauf. Dauerhaftes Eindampfen in die Vorspring, beliebt bei Berufsschiffen mit kleiner Crew, ist verboten. Jetzt aber hat ein Richter ein Bußgeld gegen einen Berufsschiffskapitän, der genau das tat, aufgehoben. Das Mitdrehen der Schraube sei in diesem Fall nautisch korrekt gewesen. Die Diskussion, ob das nun immer und in allen Schleusen gilt, ließ nicht auf sich warten. Rijkswaterstaat stellt klar: Nein! Die Berufsschipper aber wollen das so nicht hinnehmen. Freizeitkapitäne sollten künftig also auf der Hut sein. Lieber einen Schleusengang abwarten, als vom Schraubenwasser eines Frachters an die Wand gedrückt zu werden.

Was sich darüber hinaus Wichtiges auf den Segelrevieren des Landes tut, zeigt der folgende Überblick.

Foto: YACHT

1. Driebondsbrug

Die Brücke vor Groningen ist wie eingangs geschrieben bis auf Weiteres geschlossen. Nur für Berufsschiffe wird sie gelegentlich geöffnet. Dann dürfen auch Yachten mit durch. Rijkswaterstaat informiert einige Tage im Voraus, wann die nächste Öffnung geplant ist, unter anderem per Newsletter. Den kann man abonnieren, indem man eine Mail schickt an nautischloketNN@rws.nl.

2. Tiefe Boontjes

Das Fahrwasser zwischen Kornwerderzand und Harlingen versandet. Noch wird es auf 3,80 Meter unter NAP gehalten. Da das Ausbaggern wegen seiner negativen Auswirkungen auf die Umwelt jedoch in der Kritik steht, könnte künftig nur noch eine Tiefe von 2,80 Metern unter NAP garantiert werden. Bei LAT stünden dann nur etwa 1,60 Meter Wasser über der Barre bei Harlingen.

3. Schleuse Kornwerderzand

Die große Kammer wird bis 2028 verbreitert, sodass danach größere Schiffe als bisher geschleust werden können.

4. Solarinseln vor Medemblik

Zwischen der Vogelinsel Kreupel und Den Oever sollen künstliche Inseln entstehen, auf denen Solaranlagen installiert werden. Dazwischen sind Fahrrinnen und Liegeplätze vorgesehen. Die Inseln, so die Initiatoren, seien gut für die Wasserqualität, den Wassersport sowie für Fische und Vögel. Der Vorschlag liegt gegenwärtig zur Stellungnahme im Umweltministerium, Ausgang ungewiss.

5. Brücken in Friesland

Die Brücken Oude Schouw, Uitwellingerga und Spannenburg werden nun doch erneuert. Den Haag hat die erforderlichen Mittel endlich zur Verfügung gestellt. Die Vorbereitungen sind bereits im Gange, erste Baumaßnahmen noch für dieses Jahr angekündigt. 2025 sollen die ersten Brücken dann schon fertig sein.

6. Fischimbiss in Heeg wieder offen

Die Schließung der „Oude Vishal“ – in Heeg fast schon eine Institution mit Kult-Charakter – hatte unter den Wassersportlern hohe Wellen geschlagen. Daher machen die alten Inhaber nun doch weiter und öffnen ihre Fischbude wieder, und zwar freitags bis sonntags jeweils von 11.30 bis 20 Uhr.

7. Wintersegeln in Friesland

Vercharterer, Provinz und sogar Bäcker aus der Region haben sich zusammengeschlossen, um die Gewässer für Bootsfahrer im Winter besser zugänglich zu machen. Die Verwaltung stellt immer mehr Brücken auf die ganzjährige Bedienung per App um. Vercharterer, die an der Aktion teilnehmen, verpflichten sich, auch Booten von anderen Firmen an ihren Stegen Strom und Wasser zur Verfügung zu stellen. Und die Bäcker liefern frische Brötchen an Bord.

8. Bungalowpark Enkhuizen

Nördlich der Stadt entsteht eine neue Bungalowsiedlung. Im Rahmen des Baus wird dort auch der Strand überarbeitet. Er soll generell attraktiver werden und erhält Spielgeräte. Ideal für Familien. Der Strand ist aus dem Compagnieshaven fußläufig erreichbar. Baubeginn ist dieses Jahr.

9. Windenergie vor Urk

Der Windpark zwischen der Ketelbrug und Lelystad wird modernisiert, das Befahren ist derzeit verboten. Das Sperrgebiet ist engmaschig betonnt. Wassersportler, die von Urk oder dem Ketelmeer nach Lelystad wollen, müssen es in einem Bogen umfahren.

10. Wasserpflanzen-Warner

Das Problem der Verkrautung im Markermeer und den Randmeren bleibt. Gemäht wird nur an den nötigsten Stellen auf etwa einem Prozent der Fläche. Eine neue App soll nun noch besser zeigen, welche Bereiche Segler meiden sollten. Die Daten basieren auf Luftaufnahmen und Simulationen, abrufen lassen sie sich per App und Internet-Browser.

11. Amsterdam

Wer auf der Staande Mastroute durch Amsterdam fahren möchte, benötigt eine Vignette. Die kostet 40 Euro und ist drei Jahre lang gültig. Sie kann im Internet bestellt werden und wird per Post zugesendet. Das dauert nach Deutschland etwa zehn Tage. Wer spontan durch Amsterdam will, kann bei der Bestellung angeben, dass die Vignette vor Ort abgeholt werden soll. Die Stellen, wo dies möglich ist, werden beim Kauf mitgeteilt.

12. Staande Mastroute

In Noord-Holland ist der Binnenwasserweg derzeit nicht mit stehendem Mast durchgehend befahrbar. Die Coenbrug in Zaandam bleibt vorerst gesperrt, die Durchfahrtshöhe beträgt 6,20 Meter. Ausweichen über die Nauernasche Vaart auf der westlichen Route geht nicht, da auch die Krommenie-Brücke defekt ist. Ob und wann sie repariert werden kann, ist unklar.

13. Enge von Boskoop

Südlich von Alphen aan den Rijn führt die Staande Mastroute durch Boskoop. Das dort sehr enge Fahrwasser wird verbreitert. Wegen der Arbeiten ist die Durchfahrt für Sportboote vom 11. April bis 30. Juni täglich nur von 9.15 bis 9.45 Uhr und von 14.45 bis 15.15 Uhr möglich. Die Zeiten sind auf die der nachfolgenden Brückenöffnungen auf der Staande Mastroute abgestimmt.

14.Haringvlietbrug

Die Haringvlietbrug wird bis Ende 2023 saniert. Die Klappe des beweglichen Brückenteils wird ausgetauscht und kann während der Bauzeit nicht geöffnet werden. Die Durchfahrtshöhe beträgt 13 Meter.

15. Grevelinger Meer

Gerade erst hatte man Öffnungen in die Deiche zur Nordsee und Oosterschelde eingelassen, um den Wasseraustausch zu fördern. Zu schlecht war die Wasserqualität im Grevelinger Meer geworden. Nun überlegt man, das Gewässer in ein gewaltiges Süßwasserbassin zu verwandeln. Der Grund: Wegen der immer trockeneren Sommer haben die Bauern zunehmend mit der Versalzung ihrer Felder zu kämpfen. Fehlt der Gegendruck von Süßwasser binnen, wandert Salzwasser von der Nordsee allmählich unter den Deichen hindurch auf die Felder. Dem will man mit den neuen Plänen entgegenwirken, und man gewänne zugleich einen enormen Wasserspeicher im Süden der Niederlande.

16. Grevelinger-Meer-Card

Wer die Inseln im Grevelinger Meer ansteuern will, muss dafür eine Gebühr bezahlen. Diese wird zur Saison 2023 um 56 Prozent angehoben. Die Wochenkarte kostet dann knapp 20 Euro.

17. Maasschleusen

Die Schleusen werden modernisiert. Im April wurde mit den damit einhergehenden Arbeiten an den Schleusen Linne, Roermond, Belfeld und Sambeek begonnen. Das kann längere Wartezeiten für Wassersportler mit sich bringen.

18. Windpark Borssele

Eigentlich sollen Windparks auf der Nordsee frei befahrbar sein, zumindest tagsüber und für Schiffe mit UKW-Funk und AIS. Im Windpark Borssele aber gibt es nur einen schmalen Korridor, den Schiffe benutzen dürfen. Dagegen hat der Watersportverbond geklagt. Man fürchtet, dass andere Parks folgen und die generell freie Durchfahrt auf kleine Bereiche einschränken.


Neue Funkkanäle in den Niederlanden

 | Karte: Varen Doe Je Samen
| Karte: Varen Doe Je Samen

Aufgrund internationaler Anpassungen bei der Nutzung von Funkfrequenzen haben sich die Anrufkanäle diverser Bauwerke geändert (rot: alte, grün: neue UKW-Kanäle). Die neuen Kanäle sind zudem an den Bauwerken und in den Blockkanalgebieten angeschlagen.


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