Viele Reviere sind schlecht oder kaum betonnt. Zudem müssen Crews daran denken, dass Fahrwasser in der Karibik andersherum betonnt sind als in Europa: Von See einlaufend, liegen Steuerbord die roten Tonnen, nicht die grünen. Ebenfalls wichtig ist die sogenannte Eyeball-Navigation, also nach Sicht, die vor allem mit dem oft von Riffen durchsetzten Grund zu tun hat. Denn die Korallenköpfe gilt es, beim Einlaufen in einsame Buchten zu umschiffen. Das geht am besten mit einem oder zwei Crewmitgliedern am Bug. Die sind idealerweise mit einer polarisierenden Sonnenbrille ausgestattet, weil diese die Reflexionen der Sonne vom Wasser ausblendet und bessere Sicht ermöglicht.
Wichtig: Keinen komplizierten Ankerplatz spät am Nachmittag gegen das Licht anlaufen, dann ist nur schwer noch etwas zu erkennen. Die Sonne geht in der Karibik abends sehr schnell unter. Empfehlenswert ist, spätestens bis 16 Uhr fest zu sein. Die Spotter am Bug suchen nach dunklen Punkten im türkisfarbenen Wasser, die meist auf ein Riff hinweisen. Sind noch etwa zwei Meter Wasser darüber, schimmert es noch braungrün, wird es flacher, wechselt der Ton in Braungelb.
... auf Korallen vermeiden! Denn das zerstört erstens das Riff, zweitens hält der Anker dort entweder gar nicht, oder er kann sich übel verhaken. Also Sandgrund suchen. In vielen Revieren sind auch Muring-Bojen zum Schutz der Korallen und Seegraswiesen – dort grasen die Schildkröten gern – ausgelegt. Die sind oft kostenpflichtig. Meist kommt ein Kassierer per Dingi, manchmal muss man auch an der Strandbar zahlen. Wichtig: Nicht immer sind die Grundgewichte verlässlich. In den französischen Revieren oder den British Virgin Islands sind die Murings oft professionell, andernorts hängt durchaus auch mal statt eines Grundgewichts ein alter Motorblock oder ein Zaunpfahl daran.
Zum Karibik-Törn gehört die Strandbar mit Rum-Cocktail und im Hintergrund dudelndem Reggae einfach dazu. Den Sundowner gibt es in vielen Bars zur Happy Hour ab 16 oder 17 Uhr oft für den halben Preis! In manchen Revieren werden zudem berühmte Partys veranstaltet, etwa die Full-Moon-Partys auf Tortola in der Trellis Bay oder die legendären sonntäglichen Steelband- und Reggae-Partys mit Livemusik und Barbecue auf dem Berg Shirley Heights auf Antigua. Insbesondere auf den französischen Inseln Guadeloupe oder Martinique, aber auch auf anderen sollte man sich eine Rum-Destille anschauen und an einer Verkostung teilnehmen. Dabei sind etwa die Unterschiede zwischen Rum aus frischem Zuckerrohrsaft und solchem aus Melasse zu erleben. Die Touristboards der Inseln haben die Adressen.
Vor allem in den Windwards und anderen Teilen der Karibik, in denen die lokale Bevölkerung sehr wenig Einkommen hat, ist es üblich, dass der Crew schon bei der Anfahrt in eine Bucht kleine Motorboote mit sogenannten Boat Boys entgegenkommen, die wild winkend ihre Dienste anbieten: Etwa die Einlaufenden zur freien Boje geleiten und die Leinen durchziehen, Landausflüge organisieren, Früchte, frisches Brot, T-Shirts oder selbst gebastelten Schmuck verkaufen – es gibt kaum etwas, was nicht im Programm ist. Teils konkurrieren mehrere Boote miteinander, was für Skipper verwirrend sein kann.
Wer die Dienste in Anspruch nimmt, erlebt auch gelegentlich eine Überraschung, denn sie wollen bezahlt werden, und einige Boat Boys rufen dabei erstaunlich hohe Summen von 10, 20 US-Dollar auf. Die Bojengebühr kommt manchmal noch dazu. Verhandeln kann in dem Fall helfen, muss es aber nicht. Und der Ton kann durchaus rau werden dabei. Die Händler sind dagegen meist sehr umgänglich. Tipp: Immer freundlich und höflich bleiben, auch wenn man eine Leistung ablehnt oder der Händler einmal penetrant ist, dann gibt es eigentlich keine Probleme.
Mitunter werden auch Touren zu Tauchspots angeboten. Equipment kann dann geliehen werden. Eine gute Alternative ist es, vor Ort zu schnorcheln. Fast immer sind dabei Schildkröten anzutreffen. Tipp: Masken, Flossen und Schnorchel mitbringen, die meist vorhandene Bordausrüstung passt selten wirklich gut, oder sie lag neben dem Außenborder-Tank in der Backskiste beziehungsweise ist unhygenisch.
Ungewohnt für Skipper ist, dass in der Karibik das Segeln in der Dunkelheit oft generell verboten ist, aus Versicherungsgründen und wegen der Riffköpfe. Wer also für eine weite Überfahrt zu einer Insel eine Nachtfahrt machen möchte, muss diese vorab vom Flottenbetreiber und dessen Versicherung genehmigen lassen – und zwar vor Törnantritt. Dafür muss der Umfang der Segelerfahrung in einem Fragebogen nachgewiesen werden. Ist die Genehmigung erteilt, enthält sie in der Regel zu beachtende Klauseln, etwa dass die Küste jenseits einer bestimmten Tiefenlinie erst nach Sonnenaufgang befahren werden darf. Trotzdem: Ein Karibik-Nachtschlag ist unvergesslich – wenig Licht zwischen den Inseln, dadurch toller Sternenhimmel, T-Shirt-Bedingungen und sanfter Passat.
Für Europäer ist der Aufwand des Ein- und Ausklarierens oft ungewohnt und überraschend. Da viele der Inseln eigenständige Staaten sind, erfordert ein einfacher Wechsel zur nur ein paar Meilen weiter liegenden Insel meist auch etwas Bürokratie: Ausklarieren bei Immigrations- oder Passpolizei und Zoll, manchmal auch der Marina. Auf der nächsten Insel unbedingt einen Port of Entry anlaufen und dort auch wieder dieselben Gänge absolvieren. Angaben zum Prozedere sowie dazu, wo die Büros liegen und wann sie geöffnet haben, finden sich im Revierführer und oft auch in Info-Mappen der Vercharterer. In manchen Revieren kann das einen Aufwand von durchaus ein, zwei Stunden bedeuten. Der Skipper muss mit Bootspapieren und Pässen der Crew los und diverse Formulare ausfüllen. Die Crew darf derweil das Boot nicht verlassen.
Zwischen französischen Inseln, in den BVIs und Bahamas sind solche Formalitäten nicht nötig. Aber: Praktischerweise kann man bei nur ein- oder zweitägigen Stopps auf Inseln beim Einklarieren gleich auch Ausklarieren! Von Vorteil auf französischen Inseln: Dort gibt es für Europäer die Möglichkeit, einfach an bestimmten Plätzen, oft auch Shops oder Marinabüros, alles auf einmal zu erledigen. Der Skipper trägt die Daten an einem Computer einfach selbst ein. Hilfreich ist, eine Crewliste mit Namen und jeweils Wohnort, Geburtsort und -datum sowie Passnummer dabeizuhaben, dann geht es schneller.
Es ist ein Thema, das gern kleingehalten wird, aber für einige Reviere wichtig ist : Manche Teile der Karibik sind stärker von Kriminalität betroffen, als es Nordeuropäer gewohnt sind. Es darf nicht vergessen werden, dass das Einkommen der Locals einiger Inseln auf dem Niveau von Entwicklungsländern liegt. Gelegenheitsdieben sollte man es daher schwermachen, also Wertsachen nicht offen liegen lassen und das Boot abschließen, wenn man es verlässt.
Ganz wichtig: Dingis sind mit Abstand das begehrteste Diebesgut in der Karibik. Das Beiboot bei Landausflügen am besten samt Motor und Tank am Dock anschließen! Dafür liegen auf der Charteryacht lange Stahlkabel und Schlösser bereit. Nachts das Dingi unbedingt bei Kats in den Davids aufholen, bei Monos aufs Deck stauen und den Motor anschließen. Schwieriger ist, dass es einige Ecken in der Karibik gibt, an denen auch Yachten vor Anker teils aufgebrochen und sogar mit Crew an Bord überfallen werden. Zu solchen Übergriffen kommt es aber sehr selten. Doch es gab auch in den letzten beiden Jahren bewaffnete Überfälle, während die Segler an Bord schliefen. Hotspots sind ein, zwei Buchten an der Westseite von St. Lucia und einige an der Südküste St. Vincents (Kingstown). Man sollte diese Inseln deshalb nicht generell meiden, es gibt auch immer Marinas und Buchten, wo es sehr sicher ist.
Tipp: Vor dem Törn auf der Webseite des Caribbean Safety and Security Net schauen (safetyandsecuritynet.org). Dort gibt es eine animierte Karte, auf der die Übergriffe der letzten Zeit archiviert sind und ihre genaue Position angegeben wird. Diese Plätze sollten Chartercrews konsequent meiden. Oft agieren die Täter nur lokal. Beim Auslaufen am Starthafen den Stützpunktleiter fragen, ob er noch Sicherheitstipps hat oder von bestimmten Plätzen abrät. Oftmals gibt es solche Tipps ohnehin in den Törnunterlagen der Flotte.
In Teilen der Karibik (z. B. St. Vincent und Grenadinen, St. Lucia, Anguilla, Antigua) wird offiziell der Ostkaribische Dollar als Zahlungsmittel genutzt. Das können Crews getrost ignorieren, fast alle Dienstleistungen, Restaurants und Bars in der Yachting-Szene wollen lieber den US-Dollar haben oder nehmen den karibischen Dollar gar nicht an. Deshalb von der ungeliebten Währung möglichst wenig abheben oder wechseln, sie bleibt oft ungenutzt zurück. Kartenzahlung ist zwar vor allem auf amerikanisch und europäisch geprägten Inseln üblich und generell auf dem Vormarsch, aber auf kleinen Inseln kann man sich nicht darauf verlassen.
An die harmonisierten Roaming-Regelungen in Europa gewöhnt, sind Segler oft überrascht, wenn sie hören, dass dies in weiten Teilen der Karibik nicht gilt. Die selbstständigen Insel-Staaten haben oft hohe Gebühren für Roaming, oder man findet gleich gar kein Netz. Die Lösung ist, entweder beim Vercharterer nach einem kostenpflichtigen Mobil-W-Lan-Hotspot fürs Boot zu fragen oder das manchmal sehr langsame W-Lan von Bars oder Restaurants zu nutzen. Ausnahme sind die französischen oder niederländischen Inseln: Dort gilt europäisches Roaming-Recht genau wie zu Hause.
Wer in der Karibik chartert, stolpert hoffentlich schon beim Vertragsabschluss über die relativ hohen Kautionssummen. Revierbedingt und weil viele große Kats unterwegs sind, liegen die oft weit über europäischen Niveau, 6.000 Euro und mehr sind da keine Seltenheit. Bei solchen Risiken tut eine Crew gut daran, rechtzeitig über eine Kautionsversicherung nachzudenken. Die wird oft auch vom Flottenbetreiber selbst angeboten, ist dann aber meist deutlich teurer als bei gängigen Versicherern.