Ministerium will SchutzzonenOstsee soll Nationalpark werden, Seglern drohen Einschränkungen

Jan Zier

 · 15.12.2022

Ministerium will Schutzzonen: Ostsee soll Nationalpark werden, Seglern drohen EinschränkungenFoto: YACHT/A. Fritsch
Allein an der Schlei (hier Schleimünde) gibt es rund 2.000 Liegeplätze

Der Umweltminister Schleswig-Holsteins will große Teile der Küstenreviere als Schutzzonen ausweisen. Die Folgen für den Segelsport wären wohl gravierend

Tobias Goldschmidt, Umweltminister in Schleswig-Holstein, hat erste Pläne für einen „Nationalpark Ostsee“ vorgestellt. Er soll die verschiedenen Natur- oder Vogelschutzgebiete an der Ostsee verbinden und zugleich „ihren Schutz vertiefen“, wie der Grünen-Politiker sagt – damit es der Ostsee „zukünftig wieder besser geht“. Für den Wassersport könnte das massive Einschränkungen mit sich bringen. Insgesamt geht es um eine bis zu 140.000 Hektar große Fläche entlang der Küste. Welche Gebiete am Ende tatsächlich zum Nationalpark gehören sollen, ist aber noch unklar. Goldschmidt fordert jedoch „Großschutzgebiete“. Er bekundete: „Wenn es zu kleinräumig wird, macht ein Nationalpark wenig Sinn.“

Goldschmidts Ankündigung sorgt an der Ostseeküste für jede Menge Aufregung. Im Frühjahr soll daher nun „ein intensiver und ergebnisoffener Konsultationsprozess mit den betroffenen Akteuren stattfinden“, erklärt eine Ministeriumssprecherin. Dabei solle auch erörtert werden, welche Regelungen künftig für den Wassersport an der Ostsee gelten sollen. Bis dahin beantwortet das Ministerium erst einmal keine Fragen: Man wolle den Debatten „nicht vorgreifen“.

Nationalpark bedeutet 50 % Fläche ohne Nutzung

Klar ist, dass es sogenannte Nullnutzungszonen geben soll, in denen Schifffahrt und Fischerei tabu wären. In einem Nationalpark müssten mindestens 50 Prozent der Fläche der Natur überlassen werden – ähnlich wie es beim Nationalpark Wattenmeer der Fall ist, der rund 300.000 Hektar größer ist als das Potenzial an der Ostsee. Dafür gibt es an der Nordsee viel weniger Segler als an der Ostsee. Das Ministerium hingegen erhofft sich von dem neuen Nationalpark „einen echten Attraktivitätsschub“ für die Ostseeküste und „enorme Chancen für den Tourismus und die Wirtschaft“, wie Goldschmidt dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag sagte.

Die dunklen Flächen zeigen bereits in irgendeiner Art geschützte Gebiete, die zum National­park wer­den könnten. Die Daten hat die SHZ veröffentlicht Foto: YACHT
Die dunklen Flächen zeigen bereits in irgendeiner Art geschützte Gebiete, die zum National­park wer­den könnten. Die Daten hat die SHZ veröffentlicht

Schon heute gibt es beispielsweise den Nationalpark Jasmund im Nordosten der Insel Rügen, die zu Mecklenburg-Vorpommern gehört. Er ist etwa 3.000 Hektar groß und damit Deutschlands kleinster Nationalpark. Er besteht zu 20 Prozent aus Wasserflächen und bietet Schweinswalen und Kegelrobben ein Rückzugsgebiet. Das Segeln ist hier in einer etwa 500 Meter breiten Uferzone verboten.

Analog zum Nationalpark Wattenmeer oder zum Nationalpark Vorpommersche Boddengewässer „wäre jegliches Übernachten auf Yachten nicht mehr möglich“, befürchtet Jens Giermann vom Landes­seglerverband in Schleswig-Holstein. „Segeln mit Wanderjollen im Küstenbereich wäre genauso unmöglich wie Segelausbildung mit den Jüngsten auf Optimisten oder Jugendjollen.“ Er lehnt Goldschmidts Vorhaben strikt ab: „Das wäre aus Sicht des Segelsports inakzeptabel. Selbst die Kieler Woche könnte nicht mehr in ihrer bisherigen Form stattfinden.“

Wassersportbranche fürchtet Einschränkungen

Der Verband vertritt über 200 Vereine mit mehr als 30.000 Seglern. Laut Giermann begrüße man grundsätzlich den Schutz der Artenvielfalt in der Ostsee. Segeln sei aber eine „Schwerpunktsportart“ in Schleswig-Holstein und „ein prägendes Merkmal für das Bild des Landes“. Daher sei klar: „Hier darf es zu keinen Einschränkungen kommen, die uns bei der Erreichung unserer Ziele in der Jugendarbeit in den Vereinen bis hin zum Leistungssport behindern“, so Giermann. „Es kann nicht sein, dass der Segelsport im Land zwischen den Meeren unter dem Tourismus einsortiert wird.“ Man gehe davon aus, dass die Segler „maßgeblich“ in die Planungen des Umweltministeriums eingebunden würden.

Es kann nicht sein, dass der Segelsport im Land zwischen den Meeren unter dem Tourismus einsortiert wird.“

Auch Hafenbetreiber machen sich Sorgen: „Für die Wassersportbranche und den Tourismus ist es wichtig, dass etwa die Schlei von Seglern in der bisherigen Intensität befahren werden darf“, sagt Hauke Steckmest, dessen Marina und Scalar-Werft an der Schlei liegt. Der Großraum Kappeln hat rund 10.000 Einwohner, aber von Arnis bis Maasholm knapp 2.000 Liegeplätze für Yachten. Da ist der Wassersport ein großer Wirtschafts­faktor. Kommt der Nationalpark, so die Befürchtung, könnte der ein oder andere Segler ins nahe Dänemark abwandern. Dort gibt es weniger Beschränkungen.


Drei Fragen an Andreas Löwe

Andreas Löwe, 56, ist hauptberuflich Anwalt und ­kümmert sich als DSV-Vizepräsident um die Themen Umwelt und Recht

Was hält der DSV von den Plänen für einen Nationalpark Ostsee?

Der Deutsche Segler-Verband steht den Plänen kritisch gegenüber. Das Wattenmeer genießt als Drehscheibe für den Vogelzug und aufgrund seiner einzigartigen gezeitengeprägten Morphologie zu Recht den höchsten Schutzstatus nach dem Naturschutzrecht. Wenn jetzt der Zustand der Ostsee verbessert werden soll, ist das nach unserer Überzeugung keine ausreichende Grundlage, den bisherigen Status auf den eines Nationalparks zu erhöhen. Es sind ja bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen für die Ostsee geplant.

Was käme denn auf Segler zu?

Die Ostsee ist das wichtigste und bedeutendste Revier für den Wassersport in Deutschland. Die schleswig-holsteinische Ostsee ist Schauplatz zahlreicher Welt- und Europameisterschaften sowie der Kieler und der Travemünder Woche, die jährlich Tausende Segler sowie Hunderttausende Touristen anziehen. Das ist in Gefahr. Unsere Erfahrungen mit der Wattenmeer-Befahrensverordnung lassen befürchten, dass es auch für die Ostsee eine Reihe von Einschränkungen und ideologisch geprägten Verboten geben könnte.

Wie geht es jetzt weiter?

Der DSV wird sich vehement gegen unverhältnismäßige Beschränkungen aussprechen. Wir erwarten vom Land Schleswig-Holstein, von Anfang an in den angekündigten Dialog über einen möglichen Nationalpark Ostsee einbezogen zu werden.

DSV-Vizepräsident und Anwalt Andreas LöweFoto: Christan Beeck
DSV-Vizepräsident und Anwalt Andreas Löwe

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