Ursula Meer
· 15.08.2022
Am Ende der Prerower Seebrücke wird ein neuer Schutz- und Etappenhafen gebaut. Er soll bis Ende 2023 fertig sein, mehr als 30 Sportbooten Platz bieten und neue Station der Seenotretter werden. Der Bau läutet das Ende des Schutzhafens Darßer Ort ein. Segler müssen den Baubereich weiträumig umfahren
Einmal rund Rügen - das ist unbestritten ein seglerisches Highlight unter den deutschen Törnzielen. Wer aber von Warnemünde nach Rügen oder Hiddensee – oder in umgekehrter Richtung – segelt, hat außenrum bisher eine mindestens 50 Seemeilen lange Strecke ohne Hafen vor sich. Einzig der Nothafen Darßer Ort kann unterwegs Schutz bieten. Nun wurde am vergangenen Donnerstag (11. August) mit dem Bau eines Schutz- und Etappenhafens in Prerow begonnen, wie das Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern mitteilt.
In ungewöhnlicher Lage am Ende einer mehr als 700 Meter langen Seebrücke wird eine künstliche steinerne Halbinsel aus dem Meeresgrund gestampft, in der rund 30 durchreisende Sportboote und die örtlichen Fischer Platz finden sollen. Zudem wird er neuer Heimathafen des bisher im Nothafen Darßer Ort stationierten Seenotrettungskreuzers „Nis Randers“. In Notfällen sollen auch Dickschiffe dort festmachen können. Geplant ist zudem eine komplette Marina-Infrastruktur mit sanitären Anlagen und einem Wirtschaftsgebäude mit Dachterrasse. Über die detaillierten Pläne berichtete YACHT bereits 2018.
Für die Dauer des Hafenbaus wurde ein Sperrgebiet eingerichtet, dessen genaue Position die Nachrichten für Seefahrer mitteilen; Segler müssen gut eine halbe Meile Abstand von der Küstenlinie halten.
Der Baubeginn markiert das Ende eines langen Ringens um einen Hafen in der marinaarmen Region. Bereits 2012 hatte sich das Ostseebad Zingst mit Plänen zum Bau einer Marina mit 100 Liegeplätzen hervorgewagt. Die zu erwartenden Kosten wurden damals mit 30 Millionen Euro veranschlagt, innerhalb der Ministerien konnte aber seinerzeit kein Finanzierungskonzept gefunden werden. Auch ein Durchstich in die Boddengewässer und eine weitere Hafenvariante in Prerow waren in den vergangenen Jahren in Erwägung gezogen worden, ehe 2015 in Prerow ein Bürgerentscheid über den Bau des Hafens entschied. Seit 2021 liegt die Baugenehmigung vor.
Zuletzt drohte das Projekt an explodierenden Kosten und einer Bauverzögerung zu scheitern, wie in diesem Interview mit einem Mitarbeiter des zuständigen Ministeriums berichtet. Nun aber gibt sich das Ministerium optimistisch, bis Ende 2023 den Hafen fertigstellen zu können. Es beziffert die zu erwartenden Kosten auf 46,2 Millionen Euro. Das Vorhaben wird aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert.
Der Bau läutet zugleich das Ende des Not- und Schutzhafens Darßer Ort ein, der seit der Wiedervereinigung in der Kernzone des „Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft“ liegt und allenfalls in echten Notlagen angelaufen werden darf. Am Darßer Ort ist derzeit auch noch der Seenotrettungskreuzer „Nis Randers“ stationiert – sofern die Zufahrt frei ist. Denn immer wieder versandet sie und muss aufwändig ausgebaggert oder -gesaugt werden – ein kostspieliges Unterfangen, das regelmäßig auch zu Unmut unter Naturschützern führt. Und die Seefahrt gefährdet: Die Seenotretter müssen immer wieder zeitweise ins gut 25 Seemeilen entfernte Barhöft bei Stralsund ausweichen.
In der Kette der Rettungsstationen klafft dann ausgerechnet im Bereich der vielbefahrenen und unfallträchtigen Kadetrinne ein riesiges Loch: Auf einer zirka 80 Seemeilen langen Küstenzone ist dann kein Seenotkreuzer stationiert. Bei Motor- oder Ruderschaden und in sonstigen gefährlichen Lagen müssen Segler und Berufsschifffahrt dann mitunter fatal lange auf Hilfe warten. Die neue Station der Seenotretter im Hafen Prerow hingegen wird nur knapp zwei Meilen vom Darßer Ort entfernt und ganzjährig verfügbar sein.